Gestatten Sie mir abschließend noch einen Satz. Diese offene Diskussion, die in den nächsten Monaten stattfindet, sollten wir nutzen, um ein Gesetz auf den Weg zu bringen, welches die gerade genannten Punkte auch wirklich berücksichtigt. Deswegen lade ich für mein Ministerium sowohl hinsichtlich der Anhörung als auch generell diejenigen ein, die Sorgen haben, dass sie uns diese Sorgen vortragen. Das ist der Weg, den wir gehen wollen. Die neue Landesregierung hat sich ein Ziel gesetzt: Das, was wir machen, machen wir im Dialog. Das ist der richtige Weg.
Federführend soll der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sein und mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sowie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der Jagdsteuer - Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drs. 17/275
- Diejenigen von Ihnen, die gerne den Plenarsaal verlassen möchten, sollten das jetzt tun. Wir würden uns alle über etwas Ruhe und Aufmerksamkeit freuen. - Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Jäger sind qualifizierte Naturschützer. Ihre Qualifikation erlangen sie nicht durch Mitgliedschaft in einem Verein oder durch Pacht eines Jagdbezirkes, sondern durch das Ablegen der Jägerprüfung. Sie sind sozusagen staatlich geprüfte Naturschützer.
Jäger investieren in Naturschutz. Sie legen beispielsweise Hecken an und pflanzen Hegebüsche. Der Schutz von gefährdeten Arten wie z. B. Wiesenbrütern ist ohne das Prädatorenmanagement durch die Jäger nicht möglich. Jäger regulieren den Wildbestand, der sich in unserer Gesellschaft nicht selbst regulieren kann. Sie helfen bei der Bekämpfung der Schweinepest. Jäger entsorgen Fallwild von unseren Straßen und suchen angefahrenes Wild nach. - Das ist gelebter Tierschutz, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Außerdem entlasten sie durch diese Tätigkeit die öffentliche Hand von einer Aufgabe, deren Kosten höher sind als die Einnahmen aus der Jagdsteuer.
Jäger bringen Kindern aus unseren niedersächsischen Schulen unsere heimische Flora und Fauna nahe und engagieren sich in der Jugendarbeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für all diese gesellschaftlich positiven Leistungen werden die Jäger mit einer Steuer bestraft. Sie empfinden es jedenfalls als Bestrafung. Die Steuer wurde im 19. Jahrhundert als Ertragsteuer auf Wildbret konzipiert, analog zur Schlachtsteuer. Heute bringt ein Jagdbezirk keinen Ertrag, sondern er kostet Geld.
Heute ist die Jagdsteuer eine Aufwandsteuer, eine Luxussteuer, wie man auch sagt. Dahinter steht das Bild des dicken reichen Pfeffersacks, der aus Hamburg oder Bremen
- oder hier in der Region vielleicht auch aus Hannover - raus aufs Land fährt, um dort zur Jagd zu gehen und seinem Hobby zu frönen. Doch dieses Bild des reichen Pfeffersacks ist lange überholt.
Mitte der Gesellschaft, die meistens mit örtlichem Bezug zu ihrer Heimat einen Jagdbezirk pachten. Es sind Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, Menschen wie du und ich.
Diese Menschen eint die Liebe zur Natur und die Bereitschaft, sich für unsere Gesellschaft zu engagieren. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten aufhören, diese Menschen mit einer Steuer zu bestrafen, deren Erhebung wahrscheinlich mehr kostet, als sie tatsächlich einbringt.
Heute erheben zwölf Landkreise und kreisfreie Städte bei uns in Niedersachsen keine Jagdsteuer mehr. Daher ist es aus unserer Sicht Zeit, diese Steuer aus dem Kommunalabgabengesetz zu streichen und Jäger nicht länger zu belasten. Stellen Sie sich doch einmal vor, wie sich all die Menschen, die sich in unserem Land ehrenamtlich im Bereich des Sports, im Bereich von Kunst und Kultur und im sozialen Bereich engagieren, fühlen würden, wenn sie auf ihre Tätigkeit eine Steuer bezahlen müssten.
Jäger sind Naturschützer und engagieren sich für die Gesellschaft, aber müssen eine Jagdsteuer zahlen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, die Jagdsteuer ist einfach nur ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Es ist an der Zeit, sie endlich abzuschaffen.
Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Nun hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Lynack das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist aus Sicht der FDP nur konsequent, Herr Oetjen: Nach Meinung der selbsterklärten Steuersenkungspartei muss selbstver
ständlich jede Steuer und jede Abgabe nach und nach auf den Prüfstand. Die Hoteliers waren nur der Anfang;
jetzt sind es die Jägerinnen und die Jäger, auf deren Stimmen es auch bei der Bundestagswahl am 22. September ankommen wird. Allgemeine Leihstimmen sind nach den Erfahrungen aus Niedersachsen sicherlich nicht mehr zu erwarten.
Klar: Gemessen an den Gesamteinnahmen, stellen die Einnahmen aus der Jagdsteuer nur einen Bruchteil dar. Die einen mögen es „Peanuts“ nennen; ich sage: Kleinvieh macht auch Mist.
Bei der Gelegenheit erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, dass die Landkreise und kreisfreien Städte mit den Einnahmen aus der Jagdsteuer einen Beitrag zu Jagd- und Naturschutzprojekten leisten; Sie haben darauf hingewiesen, Herr Oetjen. Da diese Projekte jedoch aus Ihrer Sicht wie auch die zu erwartenden Mindereinnahmen der Landkreise und kreisfreien Städte bei Abschaffung der Jagdsteuer unter der Erheblichkeitsschwelle liegen, dürften diese Projekte nach Ihrer Meinung sicherlich entbehrlich sein.
Meine Damen und Herren von der FDP, ich frage mich, weshalb Sie diesen Antrag nicht schon in der letzten Legislaturperiode gestellt haben.
Da haben Sie eine der Regierungsfraktionen gestellt und hätten Ihren Antrag ohne großes Federlesen durchsetzen können. Oder kann es sein, dass dieses Anliegen schon in der alten Koalition, vor dem 20. Januar, nicht mehrheitsfähig war?
Als erster Testlauf für Ihr Anliegen könnte die Anfrage der Abgeordneten Dr. Philipp Rösler, Jörg Bode und von Ihnen, Herr Oetjen, vom 21. März 2007 zur Entbürokratisierung im Jagdrecht gelten. Können Sie sich erinnern? Seinerzeit haben Sie die alte Landesregierung u. a. gefragt, ob das Einsparpotenzial, das sich aus der Übertragung weiterer hoheitlicher Aufgaben auf die Landesjägerschaft ergibt, ausreichen könne, um die Abschaffung der von Ihnen als unzeitgemäß empfundenen Jagdsteuer zu finanzieren. Schon damals hat Ihnen die Landesregierung ins Stammbuch geschrieben, dass unsere Landkreise und kreisfreien
Städte auf das Jagdsteueraufkommen von rund 3,7 Millionen Euro jährlich nicht verzichten können. Auch eine mögliche Kosteneinsparung infolge der Aufgabenübertragung an die Landesjägerschaft würde - so die Antwort Ihres ehemaligen Landwirtschaftsministers, Herrn Ehlen - keinesfalls die Verluste aus dem Verzicht auf die Jagdsteuer als Einnahmequelle der Landkreise und kreisfreien Städte ausgleichen.
Mit dieser Antwort hat der frühere Landwirtschaftsminister schon damals Ihr Ansinnen, die Kommunen mit erkennbarer Klientelpolitik in finanzieller Hinsicht zu schwächen, entschieden zurückgewiesen.