Protocol of the Session on June 19, 2013

Mit dieser Antwort hat der frühere Landwirtschaftsminister schon damals Ihr Ansinnen, die Kommunen mit erkennbarer Klientelpolitik in finanzieller Hinsicht zu schwächen, entschieden zurückgewiesen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Deshalb verwundert es mich umso mehr, dass Sie in der Begründung Ihres Antrages keine neuen Erkenntnisse genannt haben. Es mag aber auch sein, dass diese Erkenntnisse unterhalb der Erheblichkeitsschwelle liegen und deshalb nicht explizit im Antrag aufgeführt worden sind.

Meine Damen und Herren von der FDP, bei genauerer Betrachtung Ihres Antrages verwundert mich ein weiterer Punkt. Unter der ehemaligen Landesregierung, an der die FDP beteiligt war, haben Sie ein Programm zur Entschuldung der Kommunen aufgelegt. Auf Grundlage der abgeschlossenen Zukunftsverträge haben überschuldete Kommunen finanzielle Hilfen bekommen. Über Jahre aufgelaufene Kassenkredite wurden zum Teil von einem von Land und Kommunen aufgelegten Hilfsfonds übernommen, um den Kommunen auf Sicht Luft zum Atmen zu geben. Jetzt, wo Sie kaum vier Monate in der Opposition sind, wollen Sie allen Landkreisen und kreisfreien Städten eine fest eingeplante Einnahmequelle wegnehmen. Es tut mir leid: Das ist mir zu hoch und entzieht sich meines Erachtens jeglicher Logik.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielleicht habe ich aber auch trotz mehrfachen Lesens Ihres Antrages einfach nur den Deckungsvorschlag, den Sie hätten unterbreiten sollen, überlesen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, es mag sein, dass Sie mit Ihrem Antrag durchaus Positives im Schilde führen. Immerhin könnte es Kreise geben, in denen der Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der Erhebung der Jagdsteuer über den zu erwartenden Einnahmen liegt.

Ich wäre ganz bei Ihnen, wenn Sie forderten, dann auf eine Erhebung einer Jagdsteuer zu verzichten. Dazu müssen wir aber nicht gleich das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz ändern; denn nach § 3 Abs. 2 des Gesetzes - das haben Sie richtig ausgeführt, Herr Oetjen - können die Landkreise und kreisfreien Städte selbst entscheiden, ob eine Jagdsteuer erhoben werden soll oder nicht.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich rate Ihnen, in diesem Fall einfach mal die kommunalen Mandatsträger vor Ort zu befragen. Sie können Ihnen nämlich am besten sagen, ob sie das Geld brauchen oder nicht.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich kann keine neuen Gründe für eine Abschaffung der Jagdsteuer erkennen. Wie schon die alte Landesregierung, bin auch ich der Meinung, dass unsere Kommunen auf diese Einnahmen nicht verzichten können. Darüber hinaus ist es Ihnen selbst überlassen, die Jagdsteuer zu erheben bzw. davon abzusehen.

Ich freue mich auf die Ausschussberatungen. Vielleicht folgen dann weitere Erkenntnisse, die zur Meinungsfindung beitragen.

Meine Damen und Herren von der FDP, konsequenterweise sollten Sie einen Antrag auf Abschaffung der Hundesteuer stellen, damit spitzfindige Kämmerinnen und Kämmerer nicht auf die Idee kommen, Jägerinnen und Jäger über eine verdeckte Jagdhundesteuer über Gebühr zu belasten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lynack. Ich darf Ihnen sehr herzlich zu Ihrer ersten Rede in diesem Hohen Hause gratulieren. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall)

Nun hat Herr Kollege Ahlers für die CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön!

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Er er- klärt jetzt, weshalb sie das nicht mit der FDP gemacht haben!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Jagdsteuer ist seit langer Zeit Thema bei den kommunalen Gebietskörperschaften und den Landesjägerschaften. Das ist nicht nur in Niedersachsen so. Heute bleibt vorerst festzustellen, dass in den Bundesländern Bayern, Berlin, Bremen, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt die Jagdsteuer nicht mehr erhoben wird oder zwischenzeitlich bereits abgeschafft worden ist, und das hat seine Gründe.

Vor rund 200 Jahren, als erstmals eine vergleichbare Abgabe erhoben wurde, war die Ausübung des Jagdrechtes noch ein besonderes Privileg. Heute steht dieses Recht nicht ausschließlich besonders vermögenden, privilegierten Schichten zu. In Niedersachsen gibt es derzeit 53 000 Waidmänner und Waidgesellinnen. Einige von ihnen sitzen hier; sie sind in den verschiedenen Fraktionen zahlreich vertreten. Das ist auch gut so.

Ich selber gehöre der Landesjägerschaft seit 42 Jahren an

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

und weiß nur zu gut, wovon ich spreche. Ich organisiere regelmäßig mit Gerd Will das Schießen für jagende Abgeordnete; im nächsten Jahr findet es im Emsland statt. Ich lade schon jetzt Herrn Minister Pistorius dazu ein - wir haben auf dem Flur darüber gesprochen -, damit er die Gelegenheit nutzen kann, sich konstruktiv mit den Jägern zu unterhalten, auch über diese Dinge.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Jagdsteuer ist nicht mehr zeitgemäß. Dass die Jagd heute keineswegs mehr ein Vergnügen der gehobenen Stände ist, hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1957 klargestellt. Aus Sicht der Land- und Forstwirtschaft ist die Jagd, insbesondere die Bejagung des Schalenwildes, unbedingt notwendig, um den landwirtschaftlichen Betrieb aufrechtzuerhalten, weil ein Verzicht darauf zu verheerenden Schwarzwildschäden bei Mais, Getreide und Grünland zur Folge hätte. Aber auch beim geplanten Waldumbau - Umwandlung von Nadelwäldern in Naturwälder und Laubwälder - ist man auf Schalenwildbestände angewiesen. Deshalb ist die Jagd auch dort unverzichtbar.

Meine Damen und Herren, Jäger sind gesetzlich zur Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes und zur Sicherung und Verbesse

rung seiner Lebensgrundlagen verpflichtet. Deshalb dienen nachhaltige Jagd und Hege auch dem Interesse des Naturschutzes. Die Landesjägerschaft Niedersachsen mit ihren Untergliederungen ist ein anerkannter Naturschutzverband. Herauszustellen ist die Tatsache, dass viele Revierinhaber mit eigenen finanziellen Mitteln in vielfältiger Form neue Biotope in der intensiv genutzten Landschaft geschaffen haben.

Die Jäger wirken bei der Bekämpfung und Verhütung von Seuchen und Wildkrankheiten mit, die für Menschen und Haustiere gefährlich sein könnten, wie z. B. Tollwut, Fuchsbandwurm, Schweinepest oder Vogelgrippe. Hier wird ein unverzichtbarer Beitrag zur Lebensmittelsicherheit geleistet.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ein springender Punkt ist die Tatsache, dass die Jäger freiwillig - sie sind nicht dazu verpflichtet - und unentgeltlich Wildtiere entsorgen, die auf den Bundes-, Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen überfahren wurden. Die Jäger entlasten damit die jeweiligen Träger der Straßenbaulast. Würde diese inzwischen als Selbstverständlichkeit angesehene freiwillige Leistung von den Jägern eingestellt, würde der dafür notwendige Aufwand bei den Behörden den Ertrag der Jagdsteuer erheblich übersteigen.

(Vizepräsident Klaus-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Die Wildunfälle finden meistens zur Nachtzeit statt und sind häufig mit großen Mühen und Nachsuchen verbunden. Bei der Entsorgung des Fallwildes geht der Jäger zusätzlich ein Unfallrisiko ein, das nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt ist, weil die Unfallversicherungen die Auffassung vertreten, die Bergung und Beseitigung von Fallwild sei keine Jagdausübung.

Während andere Naturschutzverbände Biotopmaßnahmen vielfach mit Mitteln der öffentlichen Hand fördern lassen, wenden Jäger dafür in großem Umfang eigene Mittel auf und werden dafür auch noch zur Jagdsteuer herangezogen. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen hat 1994 Eingang in die Verfassung gefunden. Deshalb ist es geradezu ein Widerspruch, dass ein verfassungsrechtlich verankertes Staatsziel zwar durch die Absetzbarkeit von Spenden an Natur- und Umweltschutzvereine einkommensteuerlich privilegiert ist, aber die Jäger, die sich oftmals für

dieses Staatsziel viel mehr einsetzen, durch kommunale Steuern benachteiligt werden.

Meine Damen und Herren, die dpa-Meldung von heute, wonach der Naturschutzbund, NABU, für die Beibehaltung der Jagdsteuer plädiert, „um daraus stärker als bisher Naturschutzmaßnahmen zu fördern“, ist aufgrund dessen, was ich gerade vorgetragen habe, völlig absurd. Die Ungleichbehandlung der Jägerschaften als anerkannte Naturschützer und anderer, staatlich geförderter Naturschützer ist nicht mehr nachzuvollziehen.

Deshalb freue ich mich - genauso wie Sie, Herr Lynack - auf die Debatte im Ausschuss für Inneres und Sport. Vielleicht können wir diese Widersprüche dann aufhellen. Vielleicht, Herr Lynack, wird es dann irgendwann logisch.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Ahlers. - Das Wort hat jetzt Frau Meta Janssen-Kucz, Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man den Gesetzentwurf liest, dann weiß man, wen die FDP - mittlerweile anscheinend auch die CDU - zum Freunde hat. Aber es wird auch ganz deutlich, dass Sie nicht unbedingt die Freunde der Kommunen sind. Sie wollen eine der wenigen Steuern abschaffen, die die Kommunen nach dem Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz noch erheben können. Nicht alle Kommunen erheben diese Steuer, aber die meisten. Die Beträge sind sehr unterschiedlich.

Wir alle wissen - das wurde an den Ausführungen meiner Vorredner deutlich -, welche Maßnahmen im Bereich Umwelt- und Naturschutz über die Landesjägerschaft als anerkanntem Naturschutzverband vorgenommen werden.

Aber ich bin jetzt etwas irritiert, gerade über die CDU. Ich frage mich jetzt wirklich: Wieso haben Sie nicht schon etwas früher die Jagdsteuer zur Strecke gebracht, zusammen mit der FDP in zehn Jahren Regierungsverantwortung?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich habe mich auch einmal ein bisschen umgehört. Das war 2004 Thema. Es gibt diverse Aktenordner

in den Ministerien, einige mittlerweile auch schon im Keller, weil es dieses Ansuchen immer wieder gab. Ihr Sinneswandel - jetzt in der Opposition - ist schon erstaunlich. Aber das macht es spannend, diese Gesetzesinitiative zu beraten.

Sehr erstaunt hat mich auch: Der FDP scheint der eigene Gesetzentwurf nicht geheuer zu sein. Erst einmal wollen Sie die Beträge ein Jahr lang um 50 % reduzieren. Sie sind doch sonst für Bürokratieabbau! Aber hier wollen Sie Bürokratie aufbauen. Sie sind doch sonst für die Selbstverwaltung! Sie wollen den Kommunen Freiheit geben! Aber Sie trauen den Kommunen nicht zu, das selber zu regeln. Wir haben ein wunderbares Gesetz, das den Kommunen den erforderlichen Spielraum gibt.

Noch einmal zu den Einnahmeverlusten: Der Kollege Lynack hat das bereits angesprochen. Selbst auf der Homepage der Landesjägerschaft ist zu lesen: 2005 wurden in Niedersachsen 2,2 Millionen Euro eingenommen. Das ist nicht unerheblich. Wenn Sie die Jagdsteuer abschaffen, bedeutet das Einnahmeverluste für die Kommunen, die auch zulasten des Natur- und Umweltschutzes gehen.

Für uns ist Ihre Forderung nach Abschaffung ein alter Hut. Wie gesagt, ich bin erstaunt, dass man so etwas nicht schon vor zehn Jahren auf den Weg gebracht hat. Dann hätten wir uns nämlich überlegen können, welche Steuern wir den Kommunen zukommen lassen.

Wir werden dafür plädieren, die Steuer beizubehalten. Die Ausgestaltung vor Ort ist ein Beispiel dafür, wie gute Landes- und Kommunalpolitik Hand in Hand gehen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)