(Björn Thümler [CDU]: Jetzt kann es zur Sache gehen! - Roland Riese [FDP]: Jetzt kommt ein Fachmann! Dr. Max Matthiesen (CDU):
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgefordert, bis spätestens zum 31. Dezember dieses Jahres die Regelsätze nach
Im Gegensatz zu den Anträgen von Grünen und Linken sind CDU und FDP der Überzeugung, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfüllt, mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.
Entsprechend verfassungsrechtlich einwandfrei ist die Ermittlungsmethode für die Regelbedarfe, jeweils getrennt für Erwachsene und Kinder. Der Entwurf des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes (RBEG) legt Grundlagen, Berechnungsschritte und Ergebnisse der Ermittlung des Regelbedarfs für das Existenzminimum fest. Damit trifft der Gesetzgeber vertretbare Wertentscheidungen, welche Positionen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 (EVS 2008) als regelsatzrelevant zu werten sind. Eingeflossen sind dabei flankierende Anhörungen von Wissenschaftlern und Praktikern aus unterschiedlichen Bereichen. Das sind die Sachverständigen, die Sie fordern. Diese unabhängigen Sachverständigen sind hier gehört worden.
Die insgesamt 230 Positionen der EVS 2008 bilden die verfassungsrechtlich gebotene Grundlage der Berechnungen. Dabei sind übrigens 13 Positionen neu hinzugekommen und 10 Positionen als nicht regelsatzrelevant entfallen. Es sind also insgesamt mehr Positionen als bisher.
Im Gegensatz zum ständig wiederholten Vorwurf der Opposition ist es gerade nicht zu beanstanden, dass das Gesetz zur Referenzgruppe bei den Einpersonenhaushalten die unteren 15 % bestimmt. Dafür gibt es einen Hintergrund; denn zu den 15 % sind die ausgeschlossenen Haushalte mit geringem Einkommen hinzuzurechnen. Hier liegt die Zahl deutlich höher als im Jahr 2003 bei der damaligen EVS. Das bedeutet - es ist etwas kompliziert -, dass insgesamt die Obergrenze der Referenzgruppe bei den Einpersonenhaushalten jetzt bei 22,3 %
aller nach dem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte liegt. Das ist deutlich höher als 2003 mit 20,4 %. Also kein Fehler.
Dementsprechend sind die kommunalen Spitzenverbände in Niedersachsen der Auffassung, dass Höhe und Methode zur Ermittlung der Regelbedarfe nicht zu beanstanden sind.
Entscheidend ist es, auf die Gesamtleistungen nach SGB II und SGB XII abzustellen und ein angemessenes Verhältnis zwischen Leistungsberechtigten einerseits und voll erwerbstätigen Arbeitnehmern andererseits zu finden.
(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Führen Sie doch ei- nen Mindestlohn ein! Dann verdienen die auch besser!)
Außerdem stellt sich heraus: Entgegen rot-grüner Behauptungen ist keine Neuberechnung der Regelbedarfe nach Kassenlage erfolgt. In den 5 Euro mehr bei den Erwachsenen-Regelsätzen liegt auch kein Verstoß gegen die Menschenwürde, wie uns die Grünen in ihrem Antrag einreden wollen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE] - Gegenruf von Ursula Helmhold [GRÜNE]: Es ist doch traurig, dass Sie solche Reden halten müssen!)
Jetzt hören Sie bitte genau zu! So hat eine vierköpfige Familie durchschnittlich zwischen 1 600 und 1 800 Euro netto zur Verfügung, inklusive Miet- und Heizkosten. Dies ist pauschal und in Eigenverantwortung. Dazu kommen noch weitere Vergünstigungen, beispielsweise Beitragsfreiheit in Kindertagesstätten und Fahrpreisermäßigen im ÖPNV.
Zusätzlich zum Regelbedarf erhalten Leistungsberechtigte noch weitere Leistungen wie die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten.
Im Vergleich hierzu müssen wir die ganz normalen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer sehen. So verdient eine Bandarbeiterin in der Nahrungsmittelindustrie in Vollzeit 1 300 Euro monatlich brutto,
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Weil Sie nichts dagegen tun! - Helge Limburg [GRÜNE]: Was sagt denn die CDA dazu?)
und ein Krankenwagenfahrer in Hannover 1 700 Euro brutto. Ähnlich verdient ein Busfahrer bei der üstra in Hannover. Rot-grün!
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Warum tun Sie nichts dagegen? Die neu eingeführten Sachleistungen des Teilha- be- und Bildungspakets machen noch einmal zu- sätzlich rund 60 Euro monatlich pro Kind aus. (Björn Thümler [CDU]: Hört, hört!)
Vielen Dank, Herr Matthiesen. Ich wollte Sie fragen, warum Sie in Ihrem Vergleich zunächst die Transferempfänger - Vater, Mutter, zwei Kinder - heranziehen und dann bei den Bruttolöhnen immer den Verdienst von Einzelpersonen nennen. Teilen Sie nicht meine Meinung, dass der Vergleich sinnvoller und vor allen Dingen redlicher wäre, wenn man entweder jeweils das Gesamteinkommen einer vierköpfigen Familie oder jeweils nur den Alleinverdiener miteinander vergleichen würde? Ich finde, dass das so nicht in Ordnung ist.
Sie können und müssen es so darstellen, wie ich es getan habe, weil Sie auf den Verdiener der Familie abstellen müssen. Daher ist es ein völlig zutreffender Vergleich.
Dieses Teilhabe- und Bildungspaket, die 700 Millionen Euro, die wir dafür bereitstellen, sind der springende Punkt. Damit legen wir den Schwerpunkt des Einsatzes massiver öffentlicher Mittel auf Bildung, Ausbildung und Arbeit, also auf Aktivierung und nicht auf passiven Empfang von Geldtransfers. Das ist seit Jahren die Politik von CDU und FDP im Niedersächsischen Landtag.
Wer heute Morgen Zeitung gelesen hat, weiß, wie sich die Lage ändert: ein gewaltiger Wirtschaftsaufschwung, immer mehr unbesetzte Stellen, im dritten Quartal dieses Jahres 800 000 Fachkräfte gesucht, viele Stellen nicht besetzt. Es werden allein etwa 20 000 bis 30 000 ungelernte Kräfte gebraucht. Hier müssen wir Menschen fit machen, Arbeit zu übernehmen,
Wir müssen erreichen, dass Kinder und Jugendliche trotz schwieriger Startbedingungen - auch dann, wenn die Eltern sich nicht um sie kümmern -, Zugang zu Teilhabe, Bildung und sozialen Kompetenzen erhalten. Sie sollen fähig werden, später unabhängig vom Arbeitslosengeld II zu leben. Das ist unser großes Ziel. Insofern ist das Teilhabe- und Bildungspaket für Kinder und Jugendliche im SGB II tatsächlich etwas Neues und Bahnbrechendes.
Es umfasst den Zugang zu Vereinen von Sport bis Kultur, außerschulische Bildung, Zuschüsse zum Kita- und Schulmittagessen und vieles andere mehr. Diese Sachleistung lässt die Erziehungsverantwortung der Eltern unberührt. Sie ermöglicht es aber am besten, dass die Förderung bei den Kindern ankommt.
Für die Umsetzung des Teilhabe- und Bildungspaketes organisatorisch verantwortlich sind die Jobcenter und - das ist neu - die kommunalen Träger auf Verlangen. Nach dem Gesetzentwurf sind das
die Landkreise und kreisfreien Städte. Das liegt schon einmal voll auf der Linie der CDU-Fraktion und auch der FDP; denn die Kommunen sind am besten in der Lage, Teilhabe- und Bildungsleistungen bei den Kindern und Jugendlichen ankommen zu lassen.
Vor Ort sind die Bildungs- und sozialen Leistungen ganz unterschiedlich ausgestaltet. Die Kommunen steuern diese Angebote bereits jetzt. Sie können sie demzufolge am besten mit dem Teilhabe- und Bildungspaket verzahnen.