Protocol of the Session on November 9, 2010

- Mein letzter Gedanke, Frau Präsidentin. - Welchen Effekt wird diese Abschaffung haben? - Es wird mehr Kungeleien und mehr Vorabsprachen bei den Kandidaturen geben.

(Björn Thümler [CDU]: Andersherum ist es richtig!)

Genau das wollen die Menschen nicht. Sie wollen mehr Transparenz und mehr Beteiligung und nicht die Abschaffung von Wahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist wirklich eine falsche Entscheidung, die dieser Landtag heute mehrheitlich treffen wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Briese. - Jetzt hat für die FDP-Fraktion Herr Kollege Oetjen das Wort. Bitte schön!

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Er wird uns jetzt minutiös den Kuhhandel darstellen!)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach sechs Monaten Beratung hier in diesem Hause beschließen wir heute die Abschaffung der Stichwahlen in Niedersachsen. Diese Entscheidung, die Stichwahlen abzuschaffen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist aus der Erfahrung gewachsen, dass die Beteiligung an den Stichwahlen im Vergleich zu den ersten Wahlgängen in der Regel sehr deutlich zurückgeht. Bei den im zweiten Wahlgang gewählten Bürgermeistern ist somit zum Teil ein Verlust an Legitimation gegenüber denen im ersten Wahlgang gewählten Bürgermeistern zu verzeichnen gewesen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es nicht zu einem Demokratieverlust kommen wird, wie es von Ihnen dargestellt wird, sondern dass die Demokratie gewahrt bleibt und es auch nicht zu einem Qualitätsverlust kommen wird.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Die Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wo dieses Verfahren schon praktiziert wurde,

(Christian Meyer [GRÜNE]: Wo es zu- rückgenommen wurde!)

zeigen, dass die Szenarien nicht eintreffen, die Sie an die Wand malen, nämlich dass möglicherweise Kandidaten mit 20 % gewählt werden. Herr Kollege Adler, in diesem Zusammenhang würde ich Sie gerne einmal fragen, wie hoch bei fünf Kandidaten die Wahrscheinlichkeit ist, dass vier bei genau 20 % landen und einer mit 21 % - das haben Sie ja so gesagt - gewählt wird?

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Möglich ist das! - Unruhe)

Das ist wirklich an den Haaren herbeigezogen. Die Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen haben gezeigt - - -

(Anhaltende Unruhe)

Herr Kollege Oetjen, ich möchte auch Sie bitten, zunächst einmal zu warten. - Eine halbe Minute Redezeit erhalten Sie ohne Probleme zusätzlich. Ich werde Ihnen noch mehr Redezeit geben, wenn es wieder laut wird. - Herr Kollege Oetjen hat das Wort - er alleine!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Die Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen haben gezeigt, dass bei einer Abschaffung der Stichwahl die Kandidaten im ersten Wahlgang in der Regel sehr gute Ergebnisse erzielen, nämlich deutlich über 35 % oder 40 %. Das schlechteste Ergebnis lag - bei neun Kandidaten - bei 32 %. Von daher möchte ich Sie wirklich bitten, die Kirche im Dorf zu lassen.

(Zustimmung bei der CDU)

Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund hat dafür plädiert, die Stichwahl abzuschaffen. Auch das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Die Einteilung der Wahlbereiche ist nur von einem Teil der Redner angesprochen worden. Dazu möchte ich deutlich machen, dass es in diesem Bereich zum Teil Auswüchse gab, Herr Kollege Krogmann. Wenn in einer Gemeinde mit 17 000 oder 18 000 Einwohnern 6 Wahlbereiche eingerichtet werden, dann dient das einem einzigen Zweck, nämlich Grüne, Freie Demokraten und Wählergemeinschaften aus einem Rat herauszuhalten. Deswegen ändern wir die Regelung zur Einrichtung von Wahlbereichen. Ich glaube, dass das auch mit Blick auf die Zukunft richtig ist. In anderen Ländern gibt es diese Modelle gar nicht; das hat der Kollege Adler zu Recht gesagt. Es ist richtig, dass wir bei den Wahlbereichen anfangen. Denn so haben die Parteien gleichberechtigte Chancen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und die Kandidaten, die vor Ort verankert sind, werden von den Bürgerinnen und Bürgern auch gewählt. Da gibt es überhaupt keine Probleme.

(Jürgen Krogmann [SPD]: Die werden doch gar nicht gefunden auf einem so breiten Zettel!)

Weil die Verringerung der Zahl der Wahlbereiche in Verbindung mit der Verringerung der Zahl der Mandate in den Räten an der einen oder anderen Stelle zu Problemen führen könnte, haben wir eine entsprechende Anregung aufgenommen und geregelt, dass bei einer Verringerung der Anzahl der Ratsmandate vor Ort noch einmal überprüft werden kann, ob es bei dieser Verringerung bleiben soll oder die ursprüngliche Anzahl der Ratsmandate beibehalten werden soll, um die Wahlbereiche zu bilden. Langenhagen ist ein solches Beispiel.

Dafür schaffen wir eine Übergangsregelung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Nicht Kostenargumente - da möchte ich dem Kollege Biallas ausdrücklich widersprechen - leiten uns bei der Abschaffung der Stichwahl. Wir sagen ganz klar: Die Demokratie ist auch bei der Abschaffung der Stichwahl weiterhin gewährleistet. Deswegen haben auch wir als Freie Demokraten keine Probleme damit, heute diesen Schritt zu gehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Bevor ich Herrn Minister Schünemann das Wort gebe, erteile ich Herrn Adler von der Fraktion DIE LINKE das Wort, der sich zur Geschäftsordnung gemeldet hat. § 75 lese ich nicht vor, den kennen Sie. Herr Adler, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle den Antrag, heute noch nicht über dieses Gesetzesvorhaben abzustimmen, sondern den Gesetzentwurf noch einmal in den Ausschuss zu überweisen, um später im Plenum darüber zu entscheiden.

(Björn Thümler [CDU]: Was soll das denn?)

Hintergrund ist, dass nach unserem Eindruck die Hinweise des Vereins „Mehr Demokratie e. V.“, das System der integrierten Stichwahl, also das Präferenzwahlsystem, in die Erörterung einzubeziehen, im Ausschuss nicht hinreichend diskutiert worden sind. Ich denke, man sollte sich die Möglichkeit geben, dies noch einmal in Ruhe zu diskutieren. Deshalb stellen wir diesen Antrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank. - Ebenfalls zur Geschäftsordnung spricht Herr Nacke von der Fraktion der CDU. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktionen von CDU und FDP werden diesen Antrag ablehnen. Wir beraten die

ses Gesetz jetzt seit mehreren Monaten in den Ausschüssen.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das stimmt ja gar nicht!)

Es gibt keine diesbezüglichen Änderungsanträge im Ausschuss. Die Kommunen warten dringend darauf, dass die Änderung des Kommunalwahlrechts Gesetzeskraft erlangt, um die Listen aufstellen zu können. Noch länger warten zu müssen, wäre eine Zumutung für die Kommunen. Daher müssen wir den Geschäftsordnungsantrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ebenfalls zur Geschäftsordnung hat sich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Heinen-Kljajić gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Briese hat es eben in seiner Rede ausgeführt. Auch wir plädieren dafür, den Antrag noch einmal zurückzuüberweisen; denn in der Ausschussberatung sind alternative Wahlverfahren angesprochen worden, die man aber nicht weiter beraten wollte und die deshalb auch nicht erörtert werden konnten. Deswegen stimmen wir dem Geschäftsordnungsantrag der Linken zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin Modder das Wort ebenfalls zur Geschäftsordnung. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Auch wir würden den Antrag unterstützen, weil wir die Entscheidung, die wir heute fällen sollen, schon für weitreichend halten. Ich glaube, dass eine Rücküberweisung von daher richtig ist.

Es ist ganz einfach nicht richtig, dass wir sechs Monate lang über das Gesetz beraten haben. Zu Anfang haben wir nur über die Kommunalverfassung beraten, und diese Änderungen sind erst ziemlich zum Schluss gekommen. Deswegen werden wir diesen Antrag unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Grascha ebenfalls zur Geschäftsordnung das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch meine Fraktion lehnt den Vorschlag von Herrn Adler von der Fraktion DIE LINKE ab, und zwar aus folgendem einfachen Grund: Der Vorschlag, die Stichwahl abzuschaffen, liegt in der Tat seit sechs Monaten auf dem Tisch. Sie haben es in diesen sechs Monaten nicht geschafft, dieses Thema im Ausschuss zu diskutieren. Der Kollege Nacke hat recht: Unsere Kommunalpolitiker warten auf einen Entschluss, und deswegen muss er heute gefasst werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung liegen mir nicht vor. Von daher lasse ich gleich über diesen Geschäftsordnungsantrag abstimmen. Dann hat sich der Herr Innenminister zu dem Tagesordnungspunkt zu Wort gemeldet.