Eine kleine Korrektur zu Beginn, Frau Andretta: Der Hochschulpakt lässt es zu, die Mittel einzusetzen, um zusätzlich Studienplätze in der Human-, Zahn- und Tiermedizin aufzubauen. Aber als die Summen berechnet worden sind - 13 000 Euro vom Bund, 13 000 Euro vom Land -, sind die Medizinstudiengänge nicht einbezogen worden. Somit ist klar: Wenn das Land den Bundesanteil verwendet, um einen Medizinstudienplatz aufzubauen, dass muss es mehr dazulegen als die Hälfte. Aber diese Möglichkeit gab es, und sie ist zum Teil auch genutzt worden.
Mit Blick auf das von Ihnen erwähnte Sonderprogramm hat die Kultusministerkonferenz bis jetzt nur gesagt: Wir möchten das gerne. - Vor Kurzem gab es eine Diskussion mit dem Bund: Nur ganz wenige Länder sind bisher bereit - z. B. BadenWürttemberg hat das signalisiert -, diese zusätzlichen, erhöhten Kosten zu tragen. Von niedersächsischer Seite aus wollen wir uns nicht an einer Ausweitung der Medizinstudienplätze beteiligen. Heute stehen noch zwei Anträge zu diesem Thema auf der Tagesordnung, in deren Rahmen das Thema der Medizinstudienplätze ja noch einmal gesondert diskutiert werden wird. Ich kann dazu auch gerne jetzt referieren. Ansonsten werde ich das nachher tun.
Niedersachsen erbringt z. B. im Bereich der Veterinärmedizin - dieser Studiengang gehört zu den teuren Studiengängen - eine große Leistung: Fast ein Drittel aller Veterinärmedizinstudenten der
Das heißt, wir erbringen in diesem Bereich eine große Leistung. Wir können im Medizinbereich nicht einfach über dieses Maß hinaus Medizinstudenten ausbilden. Niedersachsen bildet 8 % der Zahnmediziner aus und fast 6,7 % der Humanmediziner. Rheinland-Pfalz dagegen bildet nur 1,4 % aus. Diese Relationen müssen berücksichtigt werden. Ich denke, wir haben eher an anderen Stellen Nachholbedarf.
Wir haben die Entscheidung getroffen, den Hochschulpakt umzusetzen und ihn konsequent gegenzufinanzieren. Aber wir wollen die Zahl der Medizinstudienplätze in Niedersachsen jetzt nicht ausweiten. Ich werde nachher noch erklären, warum das nicht so einfach geht.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in den nächsten Jahren aufgrund des doppelten Abiturjahrgangs eine große Zahl an Studenten zu erwarten. Die Situation verschärft sich vielleicht noch durch die Aussetzung der Wehrpflicht.
(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Was ist mit Vorbemerkungen? - Kreszentia Flauger [LINKE]: Ja, Herr Präsident! Vorbemerkung!)
Ich frage die Landesregierung daher, welche Maßnahmen sie ergreift, um auch mittel- und langfristig - auch dann, wenn es weniger Studienbewerber gibt - die Versorgung der Gesellschaft und des Arbeitsmarktes mit Hochqualifizierten sicherzustellen.
(Victor Perli [LINKE]: Arbeitszeitver- kürzung! - Kreszentia Flauger [LIN- KE]: Das wäre eine gute Idee!)
Meine Damen und Herren, wenn aufgrund der Reproduktionsquoten die Zahl der jungen Menschen abnimmt - und das wird nach dieser Aufschwungphase passieren; das kann man im letzten Bildungsbericht der Bundesregierung genau nachlesen -, gleichzeitig aber der Anteil der Kinder und Jugendlichen aus Migrantenfamilien enorm steigt, dann gibt es eine ganz wichtige Konsequenz: Wir müssen erstens die Studierquote erhöhen, und zwar insbesondere im Bereich der bildungsfernen Schichten. Eine Maßnahme ist mit der Novelle des Hochschulgesetzes angeschoben worden, und zwar die Offene Hochschule, also der Zugang zur Hochschule ohne Abitur. Diese Möglichkeit wird gerade diejenigen erreichen, die, von ihren Eltern angeregt, erst einmal einen technischen Ausbildungsberuf ergreifen. Wir müssen mehr Zielgruppen ansprechen, auch im gesamten Bereich der Weiterbildung und Höherqualifikation innerhalb des Lebenszyklus.
Zweitens ist die Qualität der Ausbildungsangebote an den Hochschulen das A und O; denn die Konkurrenz wird stärker, wenn die Zahl der jungen Leute sinkt. Deswegen ist es richtig, dass im Moment nicht einfach nur Maßnahmen ergriffen werden, um Tausende Studierende mehr aufzunehmen, und die Betreuungsrelationen gesenkt werden, sondern wir müssen auf Qualität achten und in Niedersachsen eine exzellente Hochschulausbildung sichern. Eine Anstrengung muss also die Erhöhung der Studierquote sein.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Wanka hat ausgeführt, dass sich ca. 45 % der Abiturienten aus dem doppelten Abiturjahrgang für ein Studium entscheiden. Daraus ergibt sich, dass 55 % der zusätzlichen Abiturientinnen und Abiturienten dann eventuell einer dualen Ausbildung nachgehen und es dadurch möglicherweise zu einem Verdrängungswettbewerb für andere Bewerberinnen und Bewerber, insbesondere aus den Real- und Hauptschulen, kommt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung, was sie für die von diesem Verdrängungswettbe
Korrektur. Ich hatte gesagt: Von allen Abiturienten in Niedersachsen - das ist die Erfahrung der letzten 20 bis 30 Jahre - studieren 55 %. Mit den von uns bis jetzt ergriffenen Maßnahmen wird sichergestellt, dass für sie auch Studienplätze vorhanden sind. Kein einziger Abiturient muss im nächsten Jahr sagen: Ich bekomme keinen Studienplatz, also suche ich mir einen Ausbildungsplatz. - Einen Verdrängungswettbewerb kann man individuell nicht verhindern. Wir haben ihn aber insofern grundsätzlich verhindert, als alle im nächsten Jahr - auch wenn die Problematik der Aussetzung des Wehrdienstes noch nicht gelöst ist - einen Studienplatz bekommen können. Das heißt, man versucht vonseiten des Wirtschaftsministeriums bzw. der Beteiligten, dem normalen Verdrängungsmechanismus, der sich sonst zum Teil ergeben hat, durch den Ausbildungspakt zu begegnen.
Ich habe versucht, es deutlich zu machen: Vonseiten der Hochschulen stehen so viele zusätzliche Kapazitäten zur Verfügung, dass kein Einziger sagen muss: Jetzt sind wir so viele, und ich kann nicht studieren. - Jeder, der will, kann studieren. Es ergibt sich keinerlei Verschärfung der Situation.
(Zuruf von der SPD: Was ist mit den anderen 45 %? - Astrid Vockert [CDU]: Die SPD möchte sie aber zwangsweise ins Studium schicken! - Minister Bernd Althusmann und Minis- ter Jörg Bode melden sich zu Wort - Ronald Schminke [SPD]: Vorsichtig!)
Ich erteile die Wortmeldungen hier ganz persönlich. Herr Kultusminister Althusmann hat sich zuerst gemeldet. Bitte schön, Herr Minister Althusmann!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte noch etwas ergänzen. Die SPD hat auch gefragt, ob es zu einem Engpass bei den Angeboten für Ausbildungsplätze kommen könnte. Dazu möchte ich auf
die Ausbildungsplatzsituation - das lässt sich auch aktuellen Medienberichten entnehmen -, die sich insbesondere in den nächsten Jahren ergeben wird, aufmerksam machen.
Angesichts der demografischen Entwicklung geraten wir in Deutschland - im Übrigen auch in Niedersachsen - sehr schnell in die Situation, dass ausbildungswillige und ausbildungsfähige Jugendliche gesucht und gebraucht werden. Im Moment bringen sowohl die Handwerkskammern als auch die sozialen Berufe intensive Imagekampagnen für ihre Ausbildungsberufe auf den Weg, weil sie feststellen, dass sich im Prinzip eine völlige Umkehrung der Situation im Vergleich zu der Situation von vor fünf bis zehn Jahren ergeben hat und dass es jetzt darum geht, sich um die Besten, die auf den Ausbildungsmarkt kommen, zu bewerben.
Es geht letztendlich darum, Frau Heiligenstadt, den Fachkräftemangel zu verhindern. Dies und die guten Erfahrungen, die wir in Niedersachsen im Übrigen mit dem Pakt für Ausbildung gemacht haben, stimmen sehr zuversichtlich, dass es zu dem von Ihnen prognostizierten Engpass nicht kommen wird. Auch die Hauptschülerinnen und Hauptschüler sowie die Realschülerinnen und Realschüler werden einen entsprechenden Ausbildungsplatz vorfinden.
Darüber hinaus begleiten wir die Absolventenjahrgänge 2011 und 2012 der berufsbildenden Schulen im Land mit passgenauen Angeboten und stellen Schulkapazitäten sicher. Die Vertreter der Wirtschaft sagen uns heute: Der doppelte Abiturientenjahrgang ist die Chance, dem Fachkräftemangel in Deutschland und damit auch in Niedersachsen entgegenzutreten.
Die Wirtschaft rechnet auch nicht mit einem Verdrängungswettbewerb, wonach der Abiturient den Realschüler oder den Hauptschüler vom Ausbildungsplatz verdrängt. Im Gegenteil, sie haben unterschiedliche Ausbildungsgänge gewählt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sehen schon, dass sich die Landesregierung in allen ihren Ressorts diesem Thema widmet und versucht, das Beste für unsere jungen Menschen in Niedersachsen zu erreichen.
In der Tat stellt sich die Frage, ob Realschüler oder Hauptschüler bei dem doppelten Abiturjahrgang, wenn also mehr Abiturienten auf den Ausbildungsmarkt drängen, in gewissen Bereichen schlechtere Chancen haben, einen Ausbildungsplatz ihrer Wahl zu bekommen.
Ich kann nur bestätigen, was der Kultusminister gerade gesagt hat. Von den Industrie- und Handelskammern, die ja insbesondere wissen, wie sich die Situation in ihren Mitgliedsbetrieben darstellt, heißt es, dass dies wahrscheinlich die letzte Möglichkeit ist, in einer derartigen Größenordnung qualifiziertes Personal für den Betrieb sozusagen zu tanken. In den nächsten Jahren wirke sich der demografische Wandel dermaßen aus, dass man jetzt die Chance nutzen müsse, sich einen Vorrat an jungen qualifizierten Mitarbeitern zuzulegen, um in die Zukunft zu gehen.
- Das Wort von der Tankstelle hat IHK-Präsident Manzke gebraucht. Ich habe das nur entsprechend wiedergegeben.
Und genau darum geht es. Die Betriebe suchen sich die jungen Menschen zielgerichtet aus. Dabei hat ein Realschüler oder Hauptschüler nicht per se schlechtere Chancen als ein Abiturient. Durch das Hauptschulprofilierungsprogramm, durch die Berufsqualifizierung an den Realschulen - - -
(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Wo le- ben Sie denn eigentlich? - Dr. Gabrie- le Heinen-Kljajić [GRÜNE]: Das glau- ben Sie doch selber nicht!)
- Wir reden mit den Schülerinnen und Schülern, wir reden mit den Betrieben. Sie sagen, dass die Schüler nach ihrem Abschluss durch die Qualifizie