Protocol of the Session on September 7, 2010

Das hat auch etwas damit zu tun, dass Sie, wenn Sie den Antrag heute ablehnen, den Ministerpräsidenten quasi zwingen, die Eckpunkte wieder aufzukündigen; denn in dem Antrag steht ja beispielsweise:

„Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene für die Abschaffung der bisherigen Rundfunkgebührenerhebung … pro Gerät einzusetzen.“

Das steht in den Eckpunkten drin. Wenn Sie das heute ablehnen, bekommt Ihr Ministerpräsident ein ziemliches Problem.

„Die Mediengebühr … soll so ausgestaltet werden, dass Haushalte eine einheitliche Gebühr zahlen.“

Exakt das steht darin. Ich finde es wirklich schwierig, wie Sie hier Ihrem Ministerpräsidenten sozusagen in die Parade fahren und diese Selbstverständlichkeiten ablehnen.

(Reinhold Coenen [CDU]: Ihre Für- sorge ist unbeschreiblich!)

Lassen Sie uns doch gemeinsam weiter diskutieren! Wir geben das Ding einfach in den Ausschuss zurück. So viel Geduld bis zum nächsten Plenum habe ich noch.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Nun hat ebenfalls zu einer Kurzintervention Frau Kollegin Behrens von der SPDFraktion auch für anderthalb Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Helmhold, wir können den Antrag natürlich wieder zurücküberweisen. Wir können auch die nächsten zwei Jahre über dieses Thema diskutieren. Aber ich finde, man sollte, wenn man in der politischen Entscheidung steht, schon zu dem Zeitpunkt diskutieren, wenn es insgesamt in Deutschland entschieden wird. Ende dieses Monats wird der erste Entwurf des Rundfunkände

rungsstaatsvertrages zu diesem Thema von der Ministerpräsidentenkonferenz auf den Weg gebracht. Dann kann man immer noch darüber debattieren, ob wir uns über die Staffelung bei den Betrieben noch einmal intensiv unterhalten, um dort bestimmte Härten abzufedern.

Aber insgesamt muss doch das Thema Mediengebühren für diesen Landtag und für den Ausschuss parteiübergreifend nicht zur Diskussion stehen. Daher ist es eigentlich unsinnig, jetzt das Fass noch einmal neu aufzumachen, sondern wir sollten diesen Antrag heute beschließen. Dann sollten wir uns darüber verständigen, dass wir über das Thema „wirtschaftliche Belastung“ im Ausschuss noch einmal reden und auch mit dem Ministerpräsidenten darüber sprechen.

Wir können gerne darüber diskutieren. Aber wenn die Entscheidungen bereits an uns vorbeigegangen sind, dann nützt auch die beste Debatte nicht mehr viel.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schobert möchte antworten. Sie haben ebenfalls anderthalb Minuten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Verehrte Frau Helmhold! Wir sind sehr gerne bereit, diesen Antrag erneut im Ausschuss zu beraten.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Zuruf: Sehr gut!)

Nun hat sich Frau Kollegin Flauger für die Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum Beratungsprozess möchte ich mich nicht weiter äußern, sondern ich möchte auf das Thema Haushaltsgebühr eingehen.

Lange wurde über eine Reform der Rundfunkgebühr gesprochen. Die Öffentlichkeit konnte aus der Diskussion den Eindruck gewinnen, dass die GEZ jetzt ihrem verdienten Ende zugeht. Sie ist ja immerhin oft wegen ihrer Schnüffeleien bis weit ins

Privatleben hinein kritisiert worden, und das oft auch zu Recht.

Einfacher sollten die Gebühren werden, besser, unbürokratischer. Viele haben sicherlich auch auf ein gerechteres System gehofft. Nun liegt das Modell vor: ein neuer Rundfunkgebührenstaatsvertrag - ein schönes Wort - unschöner Inhalt.

Jetzt soll es eine Haushaltsgebühr geben. Was wird damit besser? - Kurz gesagt: nichts. Eine Menge Unklarheiten kommen dazu, z. B. in der Frage, was denn ein Haushalt ist und wer Gebührenschuldner ist. Ist das eigene Zimmer eines volljährigen Kindes in der elterlichen Wohnung ein Haushalt? Diese und andere Fragen bleiben offen und wurden nicht zu Ende gedacht. Die Antworten gehen aus dem Entwurf nicht hervor.

Die GEZ wird es in der Sache nach wie vor geben. Es ist dann von einer nicht rechtsfähigen Verwaltungsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Rede.

Gegen die geplante Speicherung von noch mehr Daten müssten die Datenschutzbeauftragten der Länder Sturm laufen, aber diese wurden noch nicht gefragt.

Wer wo und in was für Mietverhältnissen wohnt, jeder Auszug aus einer Wohnung, wie viele Menschen in einem Betrieb arbeiten, jede Personalveränderung müssen mitgeteilt werden. Ohne Wissen der Betroffenen können auch bei anderen Institutionen Auskünfte eingeholt werden. Vermieter sind zur Auskunft über Mieter verpflichtet. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt dazu heute zynisch: „Der Blockwart feiert fröhliche Wiederauferstehung.“ Keine Rede vom Ende der Schnüffelei.

Die neue Gebührenstruktur wäre auch kein bisschen sozialer. Dies hat jetzt keinen konkreten Bezug zu dem Antrag, aber ich will es an dieser Stelle kurz ausführen: Wer blind, seh- oder hörbehindert ist, soll künftig zahlen, wenn auch nur ein Drittel. Bisher waren diese Menschen von der Gebühr befreit. Sie sind die Verlierer dieses Konzepts. Nach Ansicht der Linken sollten sie auch weiterhin von der Gebühr befreit bleiben, wie sie es bisher waren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen außerdem, dass die Beitragsfreiheit auch auf Menschen erweitert wird, die ähnlich arm wie Hartz-IV-Empfänger sind, seien es Rentnerinnen und Rentner, Studierende ohne BAföG oder

Niedriglohnempfänger. Unser entsprechender Antrag dazu liegt vor.

Meine Damen und Herren, die neue Struktur benachteiligt kleine und mittelständische Unternehmen gegenüber großen Firmen. Dafür werden Sie von der Linken sicher keine Zustimmung bekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Rundfunkgebührenreform mit der Haushaltsgebühr ist kein großer Wurf, sondern eine unsoziale, unausgegorene Verschlimmbesserung, die wir ablehnen. Deshalb müssen wir auch den Antrag der Grünen in der Sache ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Zu einer Kurzintervention hat nun Herr Kollege Schobert von der CDU-Fraktion für anderthalb Minuten das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Die Behindertenverbände und die Verbände, die sich mit der Thematik beschäftigen, begrüßen es, dass Menschen mit Behinderungen, wenn sie über das entsprechende Einkommen verfügen, auch ihren Beitrag dazu leisten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren. Warum ist das so? - Es ist so, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk - fast als einziger, wie ich glaube - viele barrierefreie Möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen bietet. Das Drittel der Gebühr, das von Menschen mit Behinderungen als Rundfunkgebühr erhoben wird, die sich dies auch leisten können, soll auch dazu verwendet werden, die barrierefreien Zugänge noch zu erweitern. Wir halten das für richtig.

Man kann im Grunde genommen vielleicht auch nicht richtig vermitteln, wenn Menschen, die über ein entsprechend hohes Einkommen verfügen, nicht an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks teilnehmen. Die Verbände, die mit uns Kontakt aufgenommen haben, haben uns allesamt gesagt: Wenn es vor dem Hintergrund des zur Verfügung stehenden Einkommens auch weiterhin die bisherigen Befreiungstatbestände gibt, ist es vollkommen in Ordnung, dass man die Gebühr von einem Drittel auch für Behinderte einführt.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Frau Flauger möchte antworten. Auch sie hat anderthalb Minuten Redezeit. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Schobert, wir sind uns sicherlich darüber einig, dass Menschen, die blind, seh- oder hörbehindert sind, ohnehin benachteiligt sind. Es gibt eine Protokollnotiz zum Rundfunkgebührenstaatsvertrag, in der es sinngemäß heißt - ich wiederhole es hier -: Mit diesem Beitrag soll die Schaffung barrierefreier Angebote ermöglicht werden. - Das haben auch Sie sinngemäß gerade ausgeführt.

Wir als Linke sind ganz klar der Meinung, dass die Schaffung barrierefreier Angebote für Menschen mit Behinderung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die gemeinsam finanziert werden muss. Es ist schon fast zynisch, wenn man sagt, auch diese Menschen sollten ihren Beitrag leisten, damit für die Zielgruppe, die ohnehin benachteiligt wird, das Angebot quasi von ihr selbst finanziert wird. Diese Aufgabe haben wir gemeinsam zu stemmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Kollege Rickert das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Helmhold, dass Sie eine gewisse genugtuende Freude angesichts des Verfahrens empfinden, kann ich nachvollziehen. Einen Teil der zeitlichen Verzögerung nehme ich auf meine Kappe. Der Abgeordnete Rickert ist erst später in die Debatte im Ausschuss hineingestoßen und musste sich erst einmal schlau machen.

Sie haben aber völlig zu Recht festgestellt, dass Sie sich mit Ihrem Antrag mittlerweile auf der Grundlage des Eckpunktepapiers der Ministerpräsidenten befinden. Insofern ist noch nichts in den Brunnen gefallen und auch noch keine Zeit verloren.

Frau Behrens, ich habe auch Verständnis dafür, dass Sie hier und da gerne eine Antragsarithmetik gesehen hätten. Eines muss ich Ihnen aber sagen: Ich kann nicht feststellen, dass der Landtag sich

aus der Debatte abmeldet. Wir tun nämlich seit ungefähr einer halben Stunde nichts anderes, als zu debattieren. Wir debattieren als Landtag über ein Thema, das uns wichtig ist. Wir haben die Absicht - dies wurde auch schon beschlossen -, diese Debatte fortzusetzen, nämlich im Ausschuss. Ich möchte Ihnen dennoch den einen oder anderen Gesichtspunkt aus der Sicht der FDP-Fraktion darlegen. Dabei möchte ich mich auf folgende Punkte konzentrieren.

Selbstverständlich sind auch wir der Meinung, dass ein Rundfunkbeitrag pro Wohnung und Betriebsstätte erforderlich ist. Auch wir sind der Auffassung, dass der Rundfunkbeitrag so ausgestaltet werden sollte, dass private Haushalte einen einheitlichen Betrag zahlen, der nicht über den Umfang des bisherigen Beitrags hinausgeht. Ich erlaube mir dennoch die Bemerkung, dass es in diesem Zusammenhang auch erlaubt sein muss, die Frage zu stellen, ob der Beitrag auf der derzeitigen Höhe bleiben muss oder ob er nicht vielleicht auch sinken könnte.

Weiterhin war immer in der Diskussion, dass Unternehmen und Behörden - dies findet auch unsere Zustimmung - nicht überproportional belastet werden sollen und dass darauf zu achten ist, dass Behörden eine gerechte, maßvolle und einfach strukturierte Abgabe entrichten. In diesem Zusammenhang geht es uns als FDP-Fraktion in der Tat auch um Kleinstunternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht zu stark belastet werden sollten. Die gesamte Betriebsstättenstruktur, die in dem bereits vorliegenden Entwurf des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags enthalten ist, halten wir für diskussionswürdig.