Protocol of the Session on June 4, 2008

Folgender Hinweis: Es gibt hier vorne gewisse Probleme mit der Anzeige. - Ich habe diese aber nicht bestellt, um jetzt noch einmal die Dringlichkeit der Maßnahmen hervorzuheben. - Dadurch werden die folgenden Rednerinnen und Redner keinen Hinweis haben, welche Redezeit ihnen verbleibt. Das nur als Hinweis für die kommenden Rednerinnen und Redner.

Ich erteile dem Abgeordneten Rolfes das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Hinweis auf die Redezeit, dass sie nunmehr unbegrenzt ist, ist hervorragend.

(Heiterkeit)

Ich möchte zunächst einmal der FDP-Fraktion herzlich für das Thema dieser Aktuellen Stunde danken.

Frau Flauger hat gerade bewiesen, dass man in diesen fünf Minuten keinen Rundumschlag in der Bildungspolitik machen kann.

(Zurufe von der CDU)

Die Unterstellungen weise ich zurück. Im Übrigen bin ich sehr beruhigt, dass wir in fast keinem Punkt mit Frau Flauger übereinstimmen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Privatschulen sind ganz unzweifelhaft eine wichtige Säule im Bildungssystem unseres Landes.

(Zurufe von den GRÜNEN: Ganz was Neues!)

Ich glaube, dass diese Vielfalt im Bildungsbereich den Kindern insgesamt zugute kommt.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen ist es auch ein völlig untaugliches Instrument, die Bildung an staatlichen Schulen und an Privatschulen an dieser Stelle gegeneinander ausspielen zu wollen.

Herr Bundesfinanzminister Steinbrück hat das wohl ein wenig anders gesehen. Denn er wollte bis zum Jahr 2010 nach und nach und dann ab dem Jahre 2011 endgültig die steuerliche Abzugsfähigkeit des Schulgeldes abschaffen, die es bisher völlig ohne jede Kritik gab.

Jetzt zu den Fakten. Der Europäische Gerichtshof hat im September vergangenen Jahres entschieden, dass das Schulgeld für den Besuch von ausländischen Schulen im EU-Bereich steuerlich nicht schlechter behandelt werden darf als das für den Besuch von Schulen im Inland.

Wie reagierte nun Herr Steinbrück darauf? - Er sagt nicht, dass das dann so gemacht wird, sondern er macht sich Sorgen um die Einnahmen von den 17 000 Privatschülerinnen und -schülern im EU-Ausland, die dort Schulgeld zahlen müssen.

Ich nenne Ihnen noch andere Zahlen: Wir haben in Deutschland rund 873 000 Schülerinnen und Schüler an Privatschulen, davon 68 000 Privatschülerinnen und -schüler in Niedersachsen. Von den 873 000 Privatschülerinnen und -schülern in Deutschland besuchen insgesamt 17 000 Schülerinnen und Schüler Schulen im Ausland. Das sind also 1,9 %. 98 % haben also bisher auch die steuerliche Vergünstigung in Anspruch nehmen können.

Damit bis 2011 niemand mehr seine Schulgeldausgaben von der Steuer absetzen kann, hat Herr Steinbrück diesen Vorschlag gemacht. - Herr Rösler, haben Sie - wie immer - Vertrauen zur CDU!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sofort deutlich gemacht, dass das mit ihr in diesem Maße nicht zu machen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Von daher ist klar, dass das ein Wunsch von Herrn Steinbrück bleibt, aber so nicht umgesetzt wird.

Wir müssen tatsächlich endlich aufhören, dass wir für breite Mehrheiten in der Bevölkerung das umsetzen, was kleinste Minderheiten betrifft, um bei denen abzukassieren. 1,9 % - das habe ich eben gesagt - sind die Gruppe, die von der EU gemeint war. 98 % sind diejenigen, die bisher schon ihr Schulgeld steuerlich geltend machen konnten.

Natürlich kann man darüber reden, den Sonderausgabenabzug für das Schulgeld mit einem Höchstbetrag zu deckeln. Das gilt gerade vor dem Hintergrund, dass auch nach Angaben des Bundesfinanzministeriums der absetzbare Höchstbetrag bisher nur in 3 % aller Fälle über 2 000 Euro lag. - In 3 % aller Fälle über 2 000 Euro, was den absetzbaren Betrag anbelangt! - Nur so viel zur Frage des Sozialneids.

Die Deckelung auf einen angemessenen Betrag könnte daher ein vernünftiger Kompromiss sein. Die vollständige Streichung der steuerlichen Absetzbarkeit des Schulgeldes schießt aber weit über das Ziel hinaus, und für eine Neiddiskussion ist dies das völlig falsche Thema.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Ganz ge- nau!)

Steuergerechtigkeit über Neiddiskussionen zu erreichen, ist ohnehin falsch. Solange der Staat an jeder Preiserhöhung über die Umsatzsteuer mitverdient, gibt es nur einen Weg zu mehr Steuergerechtigkeit: Wir müssen die Menschen, die buchstäblich jeden Tag ihre Arbeit tun, entlasten -

(Zustimmung bei der CDU)

nicht einzelne Gruppen zusätzlich belasten, nicht einzelne Gruppen gegeneinander ausspielen, sondern diejenigen entlasten, die buchstäblich jeden Tag ihre Arbeit tun.

(Beifall bei der CDU)

Nur in einem solchem Gesamtkonzept kann man dieser Frage nähertreten. Von daher ist mein Vorschlag an Herrn Steinbrück, seinen Vorschlag dem Papierkorb zu überantworten und im Bundeskabinett dann einen Vorschlag zu machen, der auf einen vernünftigen Kompromiss - möglicherweise mit einer Kappung bei 2 000 Euro oder 3 000 Euro - hinausläuft. Das wäre ein vernünftiger Vorschlag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Das war überzeugend!)

Ich erteile der Abgeordneten Geuter von der SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mit einem Zitat beginnen:

„Für die FDP bleibt es dabei: Steuerliche Ausnahmen sollten wirklich nur Ausnahmen sein. Sie sind der Grund für unsere viel zu hohe Steuerbelastung.“

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Es gibt Ausnahmen, Frau Geuter!)

Meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, diese und ähnliche Bekundungen waren auch auf Ihrem letzten Bundesparteitag zu hören. Wir jedenfalls können uns daran noch erinnern.

(Beifall bei der SPD und bei DER LINKEN)

Ihr Erinnerungsvermögen scheint in dieser Hinsicht etwas eingeschränkt zu sein; denn gerade heute kämpfen Sie für die uneingeschränkte Beibehaltung eines solchen steuerlichen Ausnahmetatbestandes.

Meine Damen und Herren, wir stehen zu dem im Grundgesetz verbürgten Recht der Privatschulfreiheit und der damit verbundenen Garantie des Privatschulwesens. Privatschulen und Schulen in freier Trägerschaft sind eine bereichernde Ergänzung unseres Schulwesens und nicht - wie von Ihnen suggeriert - ein qualitativ besserer Ersatz.

(Beifall bei der SPD)

Das Angebot der unterschiedlichen Träger - wie z. B. der Kirchen, der Freien Waldorfschulen, der Montessori-Schulen - enthält eine Vielfalt von wichtige pädagogischen Konzepten und Profilen. Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang auch das Angebot für Schülerinnen und Schüler mit speziellen Beeinträchtigungen.

Diese Trägervielfalt der Schulangebote wollen auch wir erhalten. Dazu dient ja auch die finanzielle Förderung der anerkannten Schulen in freier Trägerschaft und der Privatschulen.

Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass die Regelung, 30 % des Schulgeldes für Privatschulen steuerlich als Sonderabgabe absetzen zu können, entgegen den ursprünglichen Planungen von der gesamten Großen Koalition jetzt beibehalten wird.

Es gibt aber noch eine Sache, die wir für bedenkenswert halten, nämlich die Tatsache, dass bei den Planungen zum Jahressteuergesetz 2009 die Berufsbildenden Schulen ausgenommen werden sollen. Wir haben in einigen Regionen unseres Landes für bestimmte Berufszweige ausschließlich ein Angebot von Privatschulen. Von daher halten wir da noch einiges an Nachbesserung für erforderlich und sind wir da für die Unterstützung durch die CDU sehr dankbar.

(Beifall bei der SPD)

Der Europäische Gerichtshof hat bekanntlich im September 2007 entschieden, dass im europäischen Ausland gezahlte Schulgelder für anerkannte Privatschulen im gleichen Maße steuerlich zu behandeln sind wie in Deutschland gezahlte Gelder.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das sagte ich schon!)