Protocol of the Session on June 4, 2008

- Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie dringend um Ruhe.

Frau Staudte, jetzt haben Sie das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Brunotte, ich kann mir einen kleinen Kommentar nicht verkneifen, weil Sie es zweimal angesprochen haben. Die fünf Minuten, in denen der Antrag im Ausschuss abgebügelt wurde, wären wahrscheinlich länger gewesen, wenn sich der Antragsteller selbst zu Wort gemeldet hätte.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Seit dem 1. Januar 2007 obliegt die Wohnraumförderung den Bundesländern, also seit anderthalb Jahren. Doch von dem angekündigten Wohnraumförderungsgesetz ist in Niedersachsen immer noch nichts in Sicht. Wir haben den Eindruck - dieser konnte in den Ausschussberatungen nicht geändert werden -, dass die Wohnungspolitik im Sozialministerium ein Schattendasein fristet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Tatsache ist: Wir stehen aufgrund des demografischen Wandels vor enormen Herausforderungen im Wohnungsbau. Zuzugsregionen und schrumpfende Gebiete stehen sich in Niedersachsen direkt gegenüber. Insgesamt müssen wir den bedarfsgerechten Umbau des Bestands in den Vordergrund stellen. Der unsägliche Flächenfraß, den einige Kommunen noch immer durch unkoordinierte Baulandausweisungen fördern, muss endlich gestoppt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen mehr altengerechte Wohnungen, wir brauchen mehr Unterstützung für gemeinsames Wohnen im Alter und von Jung und Alt.

Man kann also zusammenfassen - ich möchte mich heute kurz fassen, da wir das Thema schon einmal auf der Tagesordnung hatten -: Wir brauchen ein niedersächsisches Wohnraumförderungsgesetz, das die guten Standards des noch geltenden rot-grünen Bundesgesetzes übernimmt und Leitlinien für eine differenzierte, an den niedersächsischen Bedarfen orientierte Wohnraumförderung vorgibt. Wir sind gespannt, wann die Landesregierung den mehrmals angekündigten Gesetzentwurf dazu vorlegen wird. Im Ausschuss haben wir nichts Konkretes dazu gehört.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Unruhe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser Diskussion ist es sehr unruhig. Es ist auch sehr deutlich auszumachen, woher die Unruhe kommt. Ich bitte die Damen und Herren der Unionsfraktion, ein wenig konzentrierter zuzuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat Frau Meißner von der FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon von Herrn Dr. Matthiesen gesagt worden, und es stimmt: Herr Brunotte, Sie haben eine feurige Rede gehalten.

(Johanne Modder [SPD]: Das kann er!)

Man sollte meinen, dass Sie sich jetzt dazu in der Lage sehen, die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen zu ziehen.

(Jörg Bode [FDP]: Genau!)

Tatsache ist aber leider, dass Sie hinterherlaufen. Genau das ist der Punkt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das ist vielleicht auch der Grund für die Unruhe bei der CDU-Fraktion; denn alle wissen, dass wir das, was Sie wollen, schon machen.

Sie haben gesagt, die Menschen wollen, dass wir handeln.

(Johanne Modder [SPD]: Wie lange brauchen Sie denn?)

Das tun wir ja bereits. Das, was Sie eingefordert haben, gibt es schon, Herr Brunotte. Das habe ich das letzte Mal schon gesagt. Wir machen Förderungen für Wohnraum für Senioren, für alternative Wohnformen, für generationenübergreifendes Wohnen, für soziale Brennpunkte, für Wohnen im Bestand in den Innenstädten und für energetische Sanierung. - Das alles sind Dinge, die die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen auf den Weg gebracht haben.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Die Enquetekommission „Demographischer Wandel“ haben wir ja gerade deswegen eingesetzt, weil wir wussten, dass es Veränderungen in allen Lebensbereichen gibt und dass wir auch bei der Wohnraumförderung darauf reagieren müssen. Das tun wir längst.

Sie haben von teurem Wohnraum gesprochen. Soweit ich weiß, gibt es Leerstände und auch Wohnungen zu durchaus sehr bezahlbaren Preisen. Wenn Sie anmahnen, dass das Wohnen auch durch die Energiekosten so teuer geworden ist, dann kann ich nur sagen: Die Ökosteuer hat das Ihrige dazu beigetragen. Aber das nur als Randbemerkung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wegen der vorgenannten Punkte ist der Antrag im Ausschuss so kurz behandelt worden. Es ist nicht so, dass wir das Thema nicht ernst nehmen. Im Gegenteil, wir nehmen das ernst, was die Menschen in Niedersachsen brauchen. Wir machen das. Wir haben die entsprechenden Förderungen.

Wir haben ja auch keinen gesetzesfreien Zustand. Darauf hatte ich schon einmal hingewiesen. Das Wohnraumfördergesetz des Bundes gilt ja noch. Dieses Gesetz lässt uns so handeln, wie wir es für richtig halten, und Schwerpunkte bei der Wohnraumförderung setzen. Wir brauchen jetzt ein Wohnraumfördergesetz auf Landesebene, weil wir nun zuständig sind; das ist richtig. Aber im Grunde genommen lässt uns das bisherige Gesetz noch alle Freiheiten, die wir brauchen. Daher können wir ganz in Ruhe ein Gesetz entwerfen, das uns als Land die Möglichkeit gibt, eigene Akzente zu setzen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Als Letztes noch etwas zu dem Wecker: Ich fand das eine schöne Idee. Aber ich könnte ja sagen,

Herr Brunotte: In diesem Fall muss vielleicht die Ministerin Ihnen den Wecker zurückgeben, damit Sie aufwachen und merken, dass schon alles läuft.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sehr gut!)

Nächste Rednerin ist Frau Ministerin RossLuttmann. Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Entschließungsantrag befassen wir uns heute zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit. Dabei wird in Anbetracht der Ausführungen von Ihnen, Herr Brunotte, eines sehr deutlich: Immer wieder behauptete Unwahrheiten werden nicht zu Wahrheiten!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es bringt auch niemandem etwas, Erfolge nur aus parteipolitischen Erwägungen schlechtzureden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir ohne ein Niedersächsisches Wohnraumfördergesetz in keinem rechtsfreien Raum stehen, dürfte inzwischen eigentlich jedem klar sein. Das Bundesgesetz gilt in allen Bundesländern nach der Föderalismusreform aufgrund des Grundgesetzes so lange weiter, bis es jeweils durch ein Landesgesetz ersetzt wird. Schon allein aufgrund dieses Bundesgesetzes können wir im Interesse der Menschen vor Ort Wohnungsbaupolitik betreiben. Das muss die Mehrzahl der anderen Bundesländer übrigens genauso sehen. Wie sonst wäre es zu erklären, Herr Brunotte, dass bisher noch kein - ich betone: noch kein - SPD-geführtes Land ein eigenes Wohnraumfördergesetz verabschiedet hat?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Aha! Wir können denen ja den Wecker schen- ken!)

Eigene Wohnraumfördergesetze haben bisher die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg verabschiedet.

Meine Damen und Herren, dass wir auf der Basis des Bundesgesetzes vielfältige Handlungsoptionen haben, die wir entsprechend dem tatsächlichen Bedarf nutzen, möchte ich gerne an einigen Punkten exemplarisch darlegen:

Erstens. Für Familien mit Kindern und für schwerbehinderte Menschen fördern wir schon jetzt das Wohneigentum sowie das Mehrgenerationenwohnen. Fördermaßnahmen sind der Neubau einschließlich der energiesparenden Bauweise, der Aus- und Umbau sowie die Erweiterung von Eigenheimen für Familien mit drei und mehr Kindern.

Zweitens. Für Senioren fördern wir den Neubau von Altenwohnungen, die altengerechte Anpassung im Wohnungsbestand und vor allen Dingen auch den barrierefreien Zugang. Neue Wohnformen im Alter fördern wir als Neubaumaßnahmen sowie Um- und Ausbaumaßnahmen für Wohngruppen und Wohngemeinschaften.

Drittens. Um die Energieeffizienz im Wohnungsbestand zu verbessern, fördern wir die energetische Wohngebäudesanierung sowohl für selbstgenutztes Wohneigentum als auch im Mietwohnungsbestand.

Meine Damen und Herren, allein diese drei Beispiele zeigen, dass wir mit unserem aktuellen Wohnraumförderprogramm für die derzeitigen Herausforderungen des demografischen Wandels an den Wohnraumbedarf gut aufgestellt sind. Dies wird uns von den wohnungswirtschaftlichen Verbänden immer wieder bestätigt, mit denen wir regelmäßig das Gespräch führen.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen an dieser Stelle eines besonders deutlich sagen: Nur in Gesprächen mit den verantwortlich Handelnden vor Ort können Sie erfahren, wo der Schuh drückt. Genau das machen wir regelmäßig. Genau darauf passen wir unsere Wohnraumförderprogramme an. Das geht schnell, flexibel und unbürokratisch, viel schneller, als es ein Gesetz jemals könnte.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte an dieser Stelle gerne die Gelegenheit nutzen, Herr Jüttner, weitere Beispiele erfolgreicher Baupolitik dieser Landesregierung zu benennen: Die Städtebauförderung wird mit einer Gesamtinvestitionssumme von rund 76 Millionen Euro weiter ausgebaut. Neue Programmkomponenten wie Stadtumbau West sowie Aktive Stadt- und Ortsteilzentren werden mit Landesmitteln gegenfinanziert. Mehr als 60 Gemeinden und Städte haben daneben Budgets aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung erhalten. Für die Stadtentwicklung kann damit bis zum Jahr 2013 ein Investitionsvolumen von sage und schreibe rund 157 Millionen Euro eingesetzt werden. Finanzschwachen Kommunen haben wir die Mög

lichkeit eröffnet, Zuschüsse zur energetischen Sanierung von öffentlichen Gebäuden, wie z. B. Kindergärten, Schulen oder Begegnungsstätten, zu erhalten. Hierfür sind in Niedersachsen Investitionen in Höhe von 57 Millionen Euro vorgesehen.

Meine Damen und Herren, dies zeigt für mich eines ganz deutlich: Unsere Schwerpunkte sind schon jetzt richtig gewählt.