Protocol of the Session on June 4, 2008

Meine Damen und Herren, dies zeigt für mich eines ganz deutlich: Unsere Schwerpunkte sind schon jetzt richtig gewählt.

Den Gesetzentwurf werden wir sicherlich in Kürze vorlegen. Aber entscheidend ist: Welche Handlungsoptionen setzen wir wie zum Wohle der Menschen um? - Das ist die Leitlinie unseres politischen Handelns.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu diesem Punkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Das ist so beschlossen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zweite Beratung: Mehr Freiheit und Verantwortung wagen in Niedersachsen - das kommunale Bürgerbegehren reformieren! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/112 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration - Drs. 16/162

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten jetzt in die Beratung ein. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Briese von der Fraktion der Grünen. Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch die Ablehnung dieses Antrages heute im Landtag wird eines ganz klar deutlich: Die Mehrheit in diesem Landtag - die große Mehrheit, muss ich leider sagen - traut den Menschen in Niedersachsen nicht mehr

Verantwortung zu. Sie wollen nicht mehr Verantwortung in Niedersachsen. Sie wollen nicht mehr Freiheit. Sie trauen den Menschen auch nicht mehr Urteilskompetenzen zu. Sie haben schlicht und ergreifend Angst vor den mündigen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dies ist ganz besonders ärgerlich; denn normalerweise können insbesondere die CDU und FDP die beiden Schlagworte „Mehr Freiheit und mehr Verantwortung für den Einzelnen, für die Bürgerinnen und Bürger“ gar nicht oft genug buchstabieren. Dies hört man immer wieder ritualhaft.

Trauen Sie doch den Menschen etwas mehr zu! Delegieren Sie mehr auf die Bürgerinnen und Bürger! Sie müssen mehr direkte Verantwortung übernehmen. Wir brauchen nicht überall mehr Staat! Genau das wollen wir mit diesem Antrag. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern mehr Verantwortung, mehr Mündigkeit und mehr Freiheit liefern. Und was sehen wir? - Nichts als Ablehnung, nichts als Angst vor den mündigen Bürgerinnen und Bürgern. Das ist wirklich enttäuschend!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir fordern hier wahrlich keine Revolution, anders als bei der Senkung des Wahlalters auf 14 Jahre. Dort haben wir in der Tat einen gewagten, aber eben auch gut begründeten Antrag eingebracht. Hier hingegen fordern wir nur eine ganz kleine Reform der Kommunalverfassung, die sich in anderen Ländern längst empirisch bewährt hat und sehr gut funktioniert.

Normalerweise kann es in Niedersachsen gar nicht bajuwarisch genug zugehen. Alles kupfert man aus Bayern ab, insbesondere jedes Sicherheitsgesetz. Hier nun ist Bayern sehr fortschrittlich, aber auf einmal will man davon gar nichts mehr wissen. In diesem Parlament sitzen wirklich richtige Bangbüxen und Büxenschieter.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch bei der CDU)

- Auf Plattdeutsch, Herr McAllister, ist das hier erlaubt.

Ich muss ehrlich sagen, von der CDU habe ich aber auch nicht wirklich etwas anderes erwartet.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Wir von Ihnen auch nicht!)

Sie sind eine konservative Partei, und in diesem Bereich bleiben Sie Ihrer eigenen Ideologie verhaftet. Sie wagen nichts Neues, nichts Progressives. Herr Hiebing hat in seiner Rede in der ersten Lesung zwar das Pro und das Contra abgewogen,

(Reinhold Coenen [CDU]: Er ist ja auch gut!)

aber in der Ausschussberatung hat auch er die Bürgerflatter bekommen. Die CDU bleibt sich treu: Keine progressive Reform! Wir wollen alles so lassen wie es ist! Bloß nicht nach vorne gehen!

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Keine Experimente!)

Von den Sozialdemokraten war ich wirklich sehr enttäuscht. Sie sind derzeit ja auch insgesamt ziemlich von der Rolle. Sie waren nämlich schon einmal weiter, liebe Frau Modder, und zwar in doppelter Hinsicht. In der letzten Legislaturperiode haben Sie noch erklärt, den kommunalen Bürgerentscheid reformieren zu wollen.

Sie waren insgesamt doch einmal so etwas wie eine emanzipatorische Kraft in diesem Land. Ich kann mich jedenfalls noch daran erinnern. Der Kollege Tonne hat in seiner Rede vorhin ebenfalls Wert darauf gelegt. Eine emanzipatorische Kraft sind Sie jetzt aber nicht mehr. Auch Sie haben Angst vor den Bürgerinnen und Bürgern und wollen keine Reform des kommunalen Bürgerentscheids. Das ist der typische paternalistische Sozialdemokratismus, so will ich es einmal nennen: Lewer Bürger, du brukst di gar nich kümmern, Johanne makt dat all for di.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Modder, ich finde das nicht gut. Die Leute sollten auch ein Stück weit selbst entscheiden. Was Sie gesagt haben - die Kommunalparlamente würden irgendwie enteignet oder in ihrer Bedeutung reduziert werden -, war fadenscheinig und hanebüchen,

(David McAllister [CDU]: Es gibt keine Kommunalparlamente!)

das war wirklich Kappes.

(Johanne Modder [SPD]: Das war die Wahrheit, mein Lieber!)

Das funktioniert alles sehr gut, vor allem weil die Menschen es auch wollen. Die Menschen in diesem Land sind sehr mündig. Sie können die Verantwortung übernehmen. Sie müssen sie nicht immer paternalistisch entmündigen, sondern Sie

können ihnen diese neuen Rechte durchaus zutrauen.

(Zuruf von Johanne Modder [SPD])

Kommen wir zur letzten Fraktion in diesem Landtag. Die FDP hat die Reform des Bürgerentscheides ebenfalls abgelehnt. Das ist ganz besonders verwunderlich.

(Jörg Bode [FDP]: Das ist überhaupt nicht verwunderlich!)

- Bei Ihnen wundere ich mich nicht, Herr Bode, das stimmt. Sie sind kein verkappter innenpolitischer Hardliner mehr. Sie sind nicht einmal mehr verkappt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Hans-Christian Biallas [CDU]: Was ist dann erst Herr Schünemann!)

Sie waren derjenige, der z. B. die Bürgerpolizei eingefordert hat. Das wurde von Ihrer eigenen Fraktion wieder einkassiert.

Wissen Sie, was mich an der FDP wirklich ärgert? - Seit fünf Jahren regieren Sie in einer Koalition mit,

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Sehr erfolgreich!)

aber in diesen fünf Jahren haben Sie nicht einen einzigen liberalen Akzent gesetzt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Tun Sie mir also den Gefallen, und nehmen Sie die Worte „Freiheit und Verantwortung“ nicht mehr in den Mund. Sie haben keinen einzigen liberalen Akzent gesetzt: Wir haben ein Informationsfreiheitsgesetz eingefordert. Sie haben gesagt: Mehr Bürgerrechte wollen wir nicht. Wir fordern den kommunalen Bürgerentscheid. Sie sagen: Den wollen wir nicht.

(Jörg Bode [FDP]: Integration!)

Wir fordern das Wahlalter ab 14. Sie sagen, das wollen Sie nicht.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aber die Telefonüberwachung wollen sie!)

Statt liberale Akzente zu setzen, machen Sie in diesem Landtag jedes Sicherheitsgesetz mit. Damit haben Sie überhaupt kein Problem. Deswegen sind Sie nichts anderes mehr als der Wurmfortsatz der CDU.