Protocol of the Session on August 19, 2010

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Keine Tradition? Was ist das denn für ein Argument? - Sie sind aus dem Grund nicht zulässig. Die Regelungen über das gewerbliche Automaten- spiel finden sich im Gewerberecht des Bundes. Aus dem Bereich der Suchtberatung und -therapie wird die besondere Gefahr hervorgehoben, die sich aus diesen insbesondere in Spielhallen und Gaststätten angebotenen Spielen ergibt. Der Bund hat nach der letzten Neufassung der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinn- möglichkeit im Jahr 2006 eine Evaluation durchge- führt, deren Ergebnisse noch nicht vorliegen. Von daher kann auch die fachliche und politische Dis- kussion über diesen Bereich insbesondere im Bundestag noch nicht zu Ende geführt werden. Die Länder haben sich durch ihre Ministerpräsidenten, aber auch innerhalb der Fachministerkonferenzen für Soziales und Gesundheit, Finanzen und für Inneres deutlich für eine Beschränkung und Regu- lierung in diesem Aufgabenfeld des Bundes im Ressort des Bundeswirtschaftsministers ausge- sprochen. Wetten an der Börse auf Sportereignisse sind aus Niedersachsen nicht bekannt, andere Länder sind allerdings in Einzelfällen erfolgreich dagegen vor- gegangen. Andere Aktivitäten an den Börsen fallen nicht unter die Bestimmungen des Glücksspiel- rechts. (Wolfgang Jüttner [SPD]: Eigentlich überraschend!)

- Wenn die Fraktion DIE LINKE danach fragt, muss man das ja noch einmal sagen. - Nach dem Glücksspielstaatsvertrag verbotene Glücksspiele finden nicht allein im Internet statt. Zu diesem Bereich zählen insbesondere die nicht erlaubten Angebote in Sportwettlokalen, Pokerveranstaltungen und andere private Glücksspielangebote. Weiter verboten ist auch eine Vielzahl von Werbeaktivitäten in den Medien.

Hinsichtlich des Vollzuges ist darauf hinzuweisen, dass die Angebote aus dem erlaubten Lotteriebereich, die bis einschließlich 2008 erlaubt waren, generell wegen ihrer potenziellen Gefahr für die Suchtgefährdeten und für Jugendliche im Internet freiwillig vollständig eingestellt worden sind. Die Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages erfolgt konsequent. Zunächst waren die neuen rechtlichen Vorgaben bei den erlaubten Veranstaltungen und Vermittlungen umzusetzen. Die Bekämpfung der nicht erlaubten Glücksspiele wurde fortgesetzt, von der Rechtsprechung geprüft und weiterentwickelt. Angebote im Internet aus dem In- und Ausland sind auch bisher nicht sanktionslos geblieben, sondern Gegenstand zahlreicher Untersagungs- und Zwangsverfahren der Glücksspielaufsichtsbehörden. Besonders erfolgreich war die Untersagung von sogenannten Hausverlosungen im Internet.

Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen die Gesetze zum Glücksspielwesen unbeanstandet gelassen und damit die politische Grundentscheidung für ein Glücksspielmonopol durch die Länder bestätigt. Vorrangige Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts die

Suchtprävention sowie der Jugend- und Spielerschutz. Daneben stehen die Begrenzung des Angebotes, das Kanalisierungsgebot und die Sicherstellung des ordnungsgemäßen Glücksspielbetriebes einschließlich der Kriminalitätsabwehr, aber auch die Verpflichtung der Länder, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen.

Die Frage der Zielerreichung ist Gegenstand der gesetzlich vorgegebenen Evaluation des Glücksspielstaatsvertrages, die gegenwärtig von den Glücksspielaufsichtsbehörden durchgeführt wird. Deren Ergebnisse sind zusammen mit einer international vergleichenden Analyse des Glücksspielwesens im Auftrag der Staatskanzleien bis Ende dieses Jahres der Konferenz der Chefinnen und Chefs der Staatskanzleien sowie der Ministerpräsidentenkonferenz vorzulegen. Die notwendigen umfangreichen Erhebungen und Auswertungen sind weitgehend abgeschlossen und werden spätestens zum Jahresende vorliegen. Dann ist auch über die Fortgeltung des Glücksspielstaatvertrages oder Neuregelungen zu entscheiden.

Bei einer möglichen Weiterentwicklung des Glücksspielrechts werden auch die Belange der privaten Glücksspielanbieter, Glücksspielvermittler und der Vertriebsstellen von Glücksspielanbietern zu berücksichtigen sein. Dies ist auch Gegenstand der Landtagsentschließung vom 14. Dezember 2007. Im Frühjahr hat eine strukturierte Anhörung der Adressaten des Glücksspielstaatsvertrages stattgefunden, deren differenziertes Meinungsbild in den Evaluierungsbericht der Länder eingehen wird.

Auch die für den 8. September 2010 angekündigten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs über acht deutsche Vorlageverfahren aus dem Glücksspielbereich und die bisherige Rechtsprechung dieses Gerichts werden bei konkreten Vorschlägen zu Weiterentwicklungen des Glücksspielrechts berücksichtigt werden.

Unter gesellschafts- und ordnungspolitischen Gesichtspunkten hat das Glücksspielrecht die Suchtprävention wirksam unterstützt. Nach dem neuen Glücksspielrecht wurde sowohl die wissenschaftliche Forschung im Bereich der Suchtbekämpfung vorangetrieben als auch praktische Hilfe an spielsüchtige oder spielsuchtgefährdete Personen geleistet. Neben diesen Angeboten der Suchtberatung und Suchttherapie hat ein unabhängiger Fachbeirat den Ländern wertvolle Unterstützung geleistet, wenn es darum ging, z. B. Erlaubnisse

nach den suchtpräventiven Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu erteilen.

Einen Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 25. Juni 2008 mit dem Ziel einer Besteuerung von Werbung für Glücksspiele hat der Landtag am 12. November 2008 abgelehnt; aber es ist natürlich Ihr Recht, jetzt noch einmal danach zu fragen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Eine abschließende Bewertung bleibt dem Ergebnis der gemäß § 27 des Glückspielstaatsvertrages durchzuführenden Evaluation vorbehalten. Diese wird bis Ende dieses Jahres vorliegen. Über eine Fortgeltung des Staatsvertrages hat die Ministerpräsidentenkonferenz gemäß § 28 bis Ende des vierten Geltungsjahres, also 2011, zu beschließen.

Zu Frage 2: Bei vollständiger Liberalisierung des Glücksspiels hätte ein im Ausland ansässiger Anbieter die Wahl, seinen Sitz nach Deutschland zu verlegen oder nicht. Die Besteuerung eines Auslandsangebotes im Internet ist auch nach Auffassung der Finanzministerkonferenz derzeitig von Deutschland aus weder rechtlich noch tatsächlich möglich. Das heißt, man hat keine Chance, einen Anbieter zu verpflichten, sein Angebot unbedingt in Deutschland zu unterbreiten. Nur dann könnte es auch besteuert werden. Wenn er beispielsweise nach Gibraltar geht, muss er 0,5 % Steuern bezahlen. Davon haben wir in Deutschland nichts. Das ist die Rechtslage, die nicht zu ändern ist.

Zu Frage 3: Es erscheint aus steuersystematischer Sicht äußerst zweifelhaft, eine Steuer auf Werbung zu erheben. Werbeleistungen werden bereits in nicht unerheblichem Ausmaß innerhalb der EU, insbesondere umsatzsteuerlich, erfasst. Ertragsteuerlich wirken sie sich als Betriebsausgaben steuermindernd aus. Wenn daher überhaupt zulässig, würde die Einführung einer Werbesteuer zu einer weiteren Komplizierung des Steuerrechts führen. Die Werbung stellt mangels Wertschöpfungsertrag kein geeignetes Besteuerungsobjekt dar. Daher kommt eine Besteuerung auch rechtspolitisch nicht in Betracht.

Vielen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage wird vom Kollegen Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE gestellt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, ich habe noch eine Frage zu der Abgrenzungsproblematik - aber nicht zu Pferden und Hunden. Manche Spiele sind ja reine Glücksspiele, während bei anderen auch Geschicklichkeit mit im Spiel ist, z. B. bei Kartenspielen wie Skat. Das weiß ja jeder: Wenn man gewinnt, dann lag das am Können, und wenn man verliert, dann hat man Pech gehabt.

(Jens Nacke [CDU]: Skat ist nicht an- satzweise ein Glücksspiel! Das weise ich zurück!)

- Herr Nacke, da sind wir uns völlig einig.

(Vizepräsident Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Vor diesem Hintergrund habe ich eine Frage zur Abgrenzung. Warum gilt auf der einen Seite Skat, wie Herr Nacke eben noch einmal zu Recht insistiert hat, nicht als Glücksspiel, während auf der anderen Seite bestimmte Pokerarten, bei denen es auf Glück und auf Können oder Nichtkönnen ankommt, kategorisch als Glücksspiele kategorisiert werden. Das verstehe ich nicht.

(Jens Nacke [CDU]: Da kenne ich mich nicht aus! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Vielleicht weil Poker in Deutschland keine Tradition hat!)

- Sehen Sie, Herr Nacke, man kann immer dazulernen.

Herr Minister Schünemann, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dabei spielt der Zufallsfaktor die entscheidende Rolle. Skat gilt nicht als Zufallsspiel.

(Jens Nacke [CDU]: Sehr richtig! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Ich dach- te, es wäre Zufall, welche Karten ich kriege!)

- Ja, das ist so. Wenn man es gut kann, ist es vielleicht kein Zufall.

Aber hier ist es eindeutig: Bei der Einstufung der Spiele kommt es auf den Zufallsfaktor an. Beim Poker ist das durchaus umstritten, da gebe ich

Ihnen recht. In der Schweiz hat es gerade ein Gerichtsurteil dazu gegeben.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Es ist ein Geschicklichkeitsspiel! In Italien ist das auch so!)

Dabei ist eindeutig festgestellt worden, dass beim Poker der Zufallsfaktor überwiegt. Insofern gibt es dort eine Klarheit. In Deutschland - das gebe ich zu - ist das nicht genau geregelt. Da werden wir die Rechtsprechung abwarten müssen.

Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Biallas von der CDUFraktion. Bitte!

Frau Präsidentin! Nachdem sich der Kollege Dr. Sohn als sehr fundierter Kenner des Glücksspiels geoutet hat, frage ich die Landesregierung: Haben sich die betroffenen Lotteriegesellschaften zum Glücksspielstaatsvertrag geäußert, und, wenn ja, was haben sie dazu gesagt?

(Christian Dürr [FDP]: Das ist be- kannt! Das stand in der Zeitung!)

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Schünemann. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gab in diesem Zusammenhang diverse Anhörungen, in denen sie sich dazu geäußert haben. Im Verhältnis zum alten Lotteriestaatsvertrag wird in dem Glücksspielstaatsvertrag eine sichere Grundlage dafür gesehen, das System fortzusetzen. Die Lotteriegesellschaften sind bereit, ihre Anstrengungen in Fragen der Suchtprävention und des Jugendschutzes fortzusetzen. Sie sehen in dem Vertrag eine gute Grundlage für ein maßvolles staatliches Glücksspielangebot, das zusätzliche Vorteile bei der Eindämmung von Kriminalitäts- und Korruptionsgefahren bietet. Gleichzeitig bietet das System eine solide Grundlage für die nachhaltige Förderung von Breitensport, sozialen Organisationen und all den Dingen, die ich in meiner Antwort bereits dargelegt habe.

Nach den erwarteten Umsatzrückgängen ist bei den Umsätzen inzwischen - so wurde es ausgeführt - eine weitgehende Stabilisierung eingetreten.

Nach ihren Einschätzungen sind Lockerungen im Bereich des Internetangebotes mit notwendigen Auflagen möglich. So wird gefordert, dass das Internet als Medium für Angebote zugelassen wird. Ich darf in Erinnerung rufen, dass sich Niedersachsen - leider Gottes als einziges Bundesland - bei der Verhandlung des Ersten Glücksspielsstaatsvertrages in diesem Zusammenhang sehr offen gezeigt hat. Das Abstimmungsverhalten war dabei 1 : 15. Insofern hat es damals dafür keine Möglichkeit gegeben. Ich darf aber zumindest die Tendenz mitteilen, dass das Abstimmungsverhalten jetzt nicht mehr 1 : 15 ist.

(Christian Dürr [FDP]: Das ist auch mein Eindruck!)

Wir haben also durchaus Hoffnungen, dass es in diesem Bereich zu Veränderungen und Verbesserungen kommt.

Für Lotterien mit geringerem Gefährdungspotenzial werden erweiterte Möglichkeiten der Werbung vorgeschlagen. Auch das ist im Moment in der Diskussion. Nicht zuletzt sollen durch neue Angebote wie Eurojackpot verlorene Stammkunden zurückgewonnen werden. Dabei haben wir einen Zielkonflikt; wir müssen dabei natürlich auch die Suchtprävention im Auge haben. Der Fachbeirat hat sich in diesem Zusammenhang sehr kritisch geäußert. Es gibt verschiedene Gutachten, die ausgewertet werden müssen.

Auch bei den Sportwetten sind sich die Lotteriegesellschaften darüber bewusst, dass nur mit einem attraktiven Angebot diejenigen zurückgewonnen werden können, die heute illegale Angebote nutzen. Dafür wären allerdings Umstrukturierungen notwendig, für die es bereits Pläne gibt, über die aber noch zu diskutieren sein wird.

Eine Kommerzialisierung der Sportwetten wird von den Lotteriegesellschaften hingegen abgelehnt, da damit - und das ist das Entscheidende; das müssen wir uns sehr sorgfältig anschauen - das Lotteriemonopol konkret gefährdet wäre. Bei der gesamten Diskussion in diesem Zusammenhang sind sich alle einig, dass das Lottomonopol erhalten bleiben muss. Wenn aber Rechtsgutachten belegen, dass ein Glücksspiel suchtgefährdender ist als ein anderes, dann muss man das sehr ernst nehmen. Abschließend kann man bei allen Diskussionen nur sagen: Das Lotteriemonopol ist unantastbar. Alles andere muss man rechtlich prüfen. Die Gutachten liefern aber durchaus Hinweise, dass man sehr sensibel sein muss. So weit zu den Äußerungen der Lotteriegesellschaft.

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Hilbers von der CDUFraktion.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Hat sich durch die Antwort erledigt, Frau Prä- sidentin!)

- Das hat sich erledigt, herzlichen Dank. - Dann hat sich Herr Kollege Siemer von der CDU-Fraktion gemeldet.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Dringlichen Anfrage wird eine Behauptung aufgestellt, die ich nicht nachvollziehen kann, nämlich dass die Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages inkonsequent verfolgt wurde. Könnte die Landesregierung bitte darlegen, wie sie ihrer Aufgabe als Aufsicht nachgekommen ist? - Danke.

Herzlichen Dank. - Herr Minister Schünemann, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte in meiner Antwort zumindest angedeutet, dass die Glücksspielaufsicht sehr konsequent vorgegangen ist. Ich will das anhand von Zahlen zu den illegalen Wettlokalen noch einmal deutlich machen: Von den rund 270 illegalen Sportwettlokalen, die dem Innenministerium Ende 2009 bekannt waren, bieten heute 161 Betriebsstätten endgültig keine Sportwetten mehr an. Die restlichen Betriebsstätten befinden sich noch im Verfahren. Tatsächlich sind z. B. in Braunschweig und Hannover ganze Bereiche frei von öffentlichen Wett- und Spielangeboten nicht erlaubter Anbieter. Das ist also ganz konsequent umgesetzt worden.

Inzwischen - darauf ist hingewiesen worden - ist in Einzelbereichen ein Parallelangebot aus anderen Staaten Europas entstanden. Dort wird zum Teil auf die Gewinnzahlen des Deutschen Lotto- und Totoblocks eine Wette angeboten, die dieselben Quoten verspricht wie die staatlichen Lottounternehmen und erlaubten gewerblichen Spielvermittler im Lotteriemonopol. Diese Angebote sind in Deutschland rechtswidrig. Solche Angebote sowie Ihre Nutzung sind für die Anbieter und Spieler, die sich in Deutschland aufhalten, strafbar, und dürften auch den Tatbestand der Steuerhinterziehung

erfüllen. Gegen diese Angebote bestehen aus verschiedenen Bundesländern rechtsbeständige Untersagungen, und es wird auch mit Zwangsgeldern und demnächst auch mit Internetsperren vorgegangen. In diesem Bereich wurden seit 2008 460 Untersagungen ausgesprochen.