Protocol of the Session on August 18, 2010

Lassen Sie mich daher kurz auf Ihre Vorschläge eingehen, auch was das Agieren des Landes Niedersachsen selber angeht.

Das Land Niedersachsen kann seinen Einfluss als Minderheitsgesellschafter oder aber auch als Mehrheitsgesellschafter beispielsweise bei der Volkswagen AG, bei der Salzgitter AG, bei der Deutschen Messe AG und bei der NORD/LB im Wesentlichen über die Mitglieder des Aufsichtsrates ausüben.

Bei diesen Unternehmen ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Nichtsdestoweniger muss man feststellen: Der Anteil ist immer noch nicht so hoch, dass er dem tatsächlichen Beschäftigtenanteil von Frauen in dem jeweiligen Unternehmen entspräche, und das, obwohl es natürlich Frauen mit geeigneter Qualifikation in den Unternehmen selbst oder extern gegeben hätte. Deshalb ist es nach wie vor das Ziel und die Aufgabe der Vertreter des Landes in den Aufsichtsräten, für eine Erhöhung der Frauenquote zu werben.

Lassen Sie mich hier ein ganz plakatives Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit in den Raum stellen: Die Besetzung eines Vorstandspostens in der NORD/LB mit einer Frau ist in der Tat auf Initiative des Landes, auf Initiative von Hartmut Möllring erfolgt. Das zeigt: Wir arbeiten da, wo wir können, ebenfalls in diese Richtung.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Nr. 2 des Antrages ist sehr interessant. Hier wird von einer „sanktionsfähigen Quotierungsregelung“ gesprochen, die bewirken soll, dass Aufsichtsräte „ab 2012 freiwillig zu 40 % mit Frauen besetzt werden“. Sanktion bei Freiwilligkeit: Diese Begrifflichkeit ist für mich schlicht und ergreifend ein unauflöslicher Widerspruch. Entweder gibt es eine Pflicht - dann kann es auch Sanktionen geben -, oder es gibt eine freiwillige Basis.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese freiwillige Basis wird von uns, der Landesregierung, als der richtige Weg gesehen. Wir würden in eigentumsrechtliche Fragen, in privatrechtliche Fragen, in die unternehmerische Freiheit eingreifen, wenn wir Eigentümern per Gesetz vorschreiben würden, wen sie auf einer Hauptversammlung wählen dürfen und wen nicht. Das müsste verfassungsrechtlich zumindest sehr genau geprüft werden.

Wir setzen auf freiwillige Vereinbarungen, wie sie die Bundesregierung mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft geschlossen hat. Wir selber haben mit der Qualifizierungsoffensive freiwillige Vereinbarungen mit der Wirtschaft hier in Niedersachsen getroffen und gestartet. Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Maßnahmen den Frauenanteil in Führungspositionen nachhaltig erhöhen werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine Minute zusätzliche Redezeit. Frau Kollegin Twesten, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Bode, Frau König, ich möchte Ihnen mit auf den Weg geben: In der Politik ist es ohne die Quote nicht gegangen, und es wird auch in der Wirtschaft nicht ohne die Quote gehen. Beim Blick auf die Bänke in diesem Hause sehen wir, wie schlüssig die Damen und Herren von der CDU und von der FDP eine Quotenregelung in der Politik umgesetzt haben. Die Quote, die jetzt in der Wirtschaft eingeführt werden soll, erfüllen hier nur meine Partei und die Linken. Nehmen Sie sich ein Beispiel daran! Die Quote in der Politik ist ein gutes Zeichen für die Quote in der Wirtschaft.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Editha Lorberg [CDU]: Nicht alle Frauen wollen eine Quote!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir schließen damit die Beratungen ab.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/2295 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Insofern ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt worden.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 15:

25. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 16/2700 - Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 15/2731 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2732 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2734 (unstrittige und strittige Eingaben)

Wir beginnen mit der Behandlung der unstrittigen Eingaben. Darüber lasse ich auch gleich abstimmen.

Ich rufe zunächst die Eingaben aus der 25. Eingabenübersicht in der Drs. 16/2700 auf, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen. Wer den Ausschussempfehlungen zu diesen Eingaben zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Zustimmung erfolgt.

Wir treten jetzt in die Behandlung der strittigen Eingaben ein. Wir wollen versuchen, das etwas zu strukturieren.

Als Erster erteile ich der Kollegin Geuter von der SPD-Fraktion zur Eingabe 01428/07/16 (01) das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Danke, dass Sie die Nummer der Eingabe schon genannt haben. Es handelt sich um die Eingabe von Schülerinnen und Schülern von drei zehnten Klassen der Realschule Lohne. Diese Eingabe wird ausdrücklich von den betroffenen Lehrerinnen und Lehrern unterstützt.

Diese drei Klassen waren im November letzten Jahres zu Besuch hier im Niedersächsischen Landtag; in einer Zeit, in der wir ganz intensiv über das Thema Schulobstprogramm und Verweigerung Niedersachsens gesprochen haben. Die Schülerinnen und Schüler konnten nicht nachvollziehen und haben auch ihr Unverständnis darüber geäußert, dass die Landesregierung zwar einerseits behauptet hat, der Grundidee zuzustimmen, den Obst- und Gemüseverbrauch von Kindern und jungen Menschen in einer Phase, in der ihre Ernährungsgewohnheiten noch nachhaltig beeinflusst und geprägt werden können, zu erhöhen, dass man aber gleichzeitig das Schulobstprogramm abgelehnt hat, ohne irgendeine Alternative anzubieten.

Die Schülerinnen und Schüler haben dann eigene Überlegungen angestellt, wie ein Themenkomplex „gesunde Ernährung in der Schule“ erarbeitet werden kann und haben genau das gemacht, was die Landesregierung immer gefordert hat. Sie haben versucht, ein regionalspezifisches Konzept zu erarbeiten. Die Schülerinnen und Schüler haben aber auch darauf hingewiesen, dass es nicht möglich ist, dieses Thema in der Schule zu behandeln, wenn es keine Unterstützung der Landesregierung dafür gibt.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Landesregierung hat darauf hingewiesen - das kennen wir schon aus der Diskussion im letzten Jahr -, dass das Thema gesunde Ernährung zwar primär in den Bereich der Erziehungskompetenz der Eltern fällt. Sie musste aber auch zugeben, dass man heute verstärkt feststellen muss, dass genau das nicht immer überall geleistet werden kann und dass die Schulen sehr häufig auch feststellen müssen, dass Kinder morgens in die Schule kommen, ohne gefrühstückt zu haben und ohne irgendetwas für den Vormittag zum Essen mitbekommen zu haben.

Die Landesregierung hat in epischer Breite eine Vielzahl von Projekten aufgeführt, die in Niedersachsen an einigen Stellen mit Unterstützung von Institutionen, von Firmen oder anderen Gruppierungen stattfinden. Sie hat die Meinung vertreten, dass das ausreichend ist. Ich glaube: So kann man nicht damit umgehen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Es darf nicht vom Zufall abhängen, ob in einer Schule Projekte zum Thema gesunde Ernährung

nachhaltig durchgeführt werden können, sondern die Landesregierung muss selbst etwas dafür tun. Ich erinnere an ein Wort des damaligen Landwirtschaftsministers zu diesem Thema, der erklärt hat, dass die Landesregierung die Dinge, die mit gesunder Ernährung, Schulobst usw. zu tun haben, begrüßen und fördern werde. Die neue Landwirtschaftsministerin hat in der Darstellung ihrer Themenschwerpunkte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Thema gesunde Ernährung für sie ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit sein wird. Wir sind daher der Meinung, dass genau diese Eingabe der Landesregierung als Material überwiesen werden könnte. Sie hat dann die Möglichkeit, daraus entsprechende Konzepte zu erarbeiten und sich einzubringen - und zwar nicht nur mit warmen Worten.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Zu dieser Eingabe möchte Herr Kollege Dr. Deneke-Jöhrens Stellung nehmen. Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Kollege Dr. Siemer hat die Schulklassen des zehnten Schuljahrgangs der Realschule in Lohne besucht und mit ihnen während einer Unterrichtsstunde über das Thema gesunde Ernährung diskutiert.

Er hat zum einen die Gründe erläutert, warum das Land Niedersachsen kein flächendeckendes Schulobstprogramm gestartet hat. Zum anderen hat er mit den Schülerinnen und Schülern sehr konstruktiv darüber diskutiert, welche Möglichkeiten schon jetzt bestehen, die Leitgedanken zu einer gesunden Ernährung in der Schule zu vermitteln.

Er hat Kontakt zur Deutschen Gesellschaft für Ernährung - Vernetzungsstelle Schulverpflegung - aufgenommen. Er hat den Schülern Unterlagen zugeleitet, auf deren Grundlage sie selbstständig mit Eigeninitiative weiterarbeiten können. Außerdem ist Kontakt aufgenommen worden zu den berufsbildenden Schulen und zur Schule für Hauswirtschaft, sodass wir hier zu dieser Petition feststellen können, dass dem Ansinnen der Schüler in wesentlichen Teilen nachgekommen ist. Die 1,50 Euro pro Schüler durchgehend für Niedersachsen sind nicht bewilligt worden. Darüber ist

hier auch eingehend schon diskutiert worden. Für uns ist hier „Sach- und Rechtslage“ zu entscheiden.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Kollegen Humke-Focks, Fraktion DIE LINKE, das Wort zur Eingabe 1309/08/16 (01).

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Eingabe setzt sich für eine unterstützende Initiative des Landes zur Abschaffung des Sanktionsparagrafen 31 SGB II ein.

Allein im Jahr 2008 wurden bundesweit ca. 790 000 Sanktionen verhängt. Die Fehlerquote hierbei im Zusammenhang mit Hartz IV war immens. Sie lag bei 37 %. 65 % der Klagen wurde zumindest zum Teil stattgegeben.

Auf eine Anfrage, die meine Fraktion vor dem Hintergrund unterschiedlicher Sanktionsquoten in den unterschiedlichen niedersächsischen Kommunen an die Landesregierung gerichtet hat, heißt es in der Drs. 16/1301:

„Aufgrund der dezentralen Organisationsstrukturen ist es systembedingt, dass in den einzelnen Regionen eigenverantwortlich unterschiedliche Ansätze zur Eingliederung der SGB IIHilfeempfängerinnen und -empfänger in die Arbeit verfolgt werden.“

Ich sage es einmal auf Deutsch: Hier wird mit willkürlichen Maßnahmen vorgegangen. In diesem Zusammenhang ist es schon sehr zynisch, die Menschen Pauschalvorwürfen auszusetzen, sie damit zu verhöhnen und gleichzeitig keine begleitende aktive Arbeitsmarktpolitik zu entwickeln.

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Wer macht das denn?)

Eine Arbeitsmarktpolitik mit wirklich nachhaltiger Wirkung müsste in die entgegengesetzte Richtung Ihrer aktuellen Politik gerichtet sein, u. a. wenn wir darüber diskutieren, die Wochen- und Lebensarbeitszeit sukzessive zu kürzen und umfassendere Betreuungsangebote für unsere Kinder zu schaffen.

Eine weitere wichtige Frage ist auf alle zu beziehen, die weiterhin sanktioniert werden, also auf

Grundlage eines fehlerhaften Bescheides oder aber nach § 31 SGB II zu Recht: Wovon sollen die Menschen denn leben? Das beantworten Sie bei den Sanktionen nicht. Wie Sie alle wissen, geht es um die Mindestsicherung und darum, dass es nach Ihrer Definition die Armutsgrenze sein soll. Sollen die Leute künftig Tafeln besuchen? Sollen die Menschen in den Abfällen herumsuchen? Oder sollen sie Mundraub begehen? Wir meinen: Nein, das kann nicht sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Petenten wollen, dass sich das Land mittels einer Initiative gegen diesen Missstand engagiert. Die Beschlussfassung des Ausschusses hierzu ist die Variante „Sach- und Rechtslage“. Das hat beinahe schon einen satirischen Charakter, denn die Petenten müssen hierüber wahrlich nicht aufgeklärt werden. Es ist doch gerade die akute Sach- und Rechtslage, die zu dieser Petition geführt hat.

Vielleicht - damit möchte ich mein Plädoyer auf „Berücksichtigung“ schließen - sollte hier die Politik und Gesetzgebung einmal genauer über die Sach- und Rechtslage aufgeklärt werden, die sie sonst nur vom Schreibtisch aus kennt.