Aus unserer Sicht ist diese Regierungserklärung eher ein untauglicher Versuch Ihrerseits gewesen, sich eine staatsmännische Attitüde zu geben. Sie waren wirklich redlich bemüht, den alten Politiker McAllister hinter sich zu lassen. Sie waren ja bisher der Mann fürs Grobe in der Regierungsfraktion. Nun wollen Sie den Staatsmann geben. Aber wir haben Ihre Angriffe und Ihre Unbeherrschtheit in der Vergangenheit nicht vergessen. Deshalb werden wir jetzt sehr sorgfältig beobachten, ob Sie wirklich wandlungsfähig sind, Herr McAllister.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, vor Ihrer Regierungserklärung fragten wir uns vor allem, ob Sie tatsächlich in der Lage sind, dem Land eine neue Zukunftsperspektive zu geben oder sie zu entwickeln. Wir sind durch Ihre Regierungserklärung wirklich enttäuscht worden.
Aber, meine Damen und Herren, woher soll es denn auch kommen? - Ich will einen kleinen Rückblick wagen. Wulffs Agenda 2003 bis 2008 war schnell verbraucht. Ich erinnere an das Sparprogramm, das Sie bis auf die Knochen betrieben haben. Ich erinnere an Ihre antiquierte Umwelt- und Wirtschaftspolitik. Ich erinnere an die Politik, die gegen die Interessen der Menschen in diesem Land gerichtet war. Ich möchte Sie an das Streichen des Landesblindengeldes erinnern. Ich möchte Sie an das Totalerrichtungsverbot für Gesamtschulen erinnern. Ich möchte Sie an die Massenproteste von Schülern, Eltern und Lehrern erinnern. Ich möchte Sie auch an die zahlreichen Verfassungsbrüche im Rahmen der Haushaltsgesetze und der Innenpolitik erinnern.
Nicht vergessen ist auch die unsägliche Umweltpolitik dieser Koalition, auch die Unzufriedenheit der Kommunen mit Ihrer Arbeit. Das alles stellt keine
Aber vor zweieinhalb Jahren, zu Beginn der zweiten Legislaturperiode, sollte ja alles besser werden. Doch daraus wurde nichts. Nach einem verpatzten Neustart 2008 mit einem katastrophalen Ringtausch der Ministerinnen und Minister wurde es noch schlimmer. Ich erinnere mich an die Kultusministerin. Sie kam mit der Bildungspolitik in Niedersachsen vom Regen in die Traufe. Ich erinnere mich an die Umweltpolitik. Sie setzten seitdem wieder auf das Atomklo Niedersachsen. Ich erinnere auch an die Wirtschaftspolitik. Dazu ist Ihnen bisher außer Streichungen kein einziger innovativer Ansatz eingefallen.
All das haben Sie, Herr Ministerpräsident, immer wieder hartnäckig verteidigt. Sie waren sehr gut, und Sie waren immer dann zur Stelle, wenn es nötig war, Ministerinnen und Minister herauszuhauen. Sie haben aber in den letzten Jahren keine eigene Akzente gesetzt, selbst dann nicht, als Sie Landesvorsitzender wurden. Als Wulffs Adlatus wurden Sie mitsamt Ihrer CDU-Fraktion nur als Anhängsel dieser Landesregierung verstanden. Sie wurden nur als Stütze Ihres Ministerpräsidenten wahrgenommen.
Wir erinnern uns an die Zeit vor acht Wochen, die letzte Regierungserklärung von Herrn Ministerpräsidenten Wulff. Es ging um die Frage: Wie gehen wir mit der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise um? Welche Perspektive hat Niedersachsen bis zum Jahr 2020? - Wir waren ratlos. Wir waren hilflos hinterlassen worden. Sie haben mit dieser Regierungserklärung keine einzige Antwort gegeben.
Auch Ihre Regierungserklärung heute hat sehr viel Pathos enthalten, keine Frage. Aber Sie haben im Kern keine einzige Antwort gegeben. Es gibt keinen einzigen neuen Impuls. Sie haben mit dieser Regierungserklärung keinen einzigen neuen Akzent gesetzt.
Herr McAllister, man nennt das dann immer: Es war ein ganz großes Kino. Aber es war eine extrem dünne Handlung, Herr McAllister.
Wir haben Ihr Programm genau gehört. Ich habe für mich einige Punkte herausgenommen. In der Schulpolitik bilden Sie mit den Kommunen zukünftig eine Arbeitsgruppe. Die Arbeitsgruppe wird mehr Flexibilität für wohnortnahe Schulstrukturen prüfen.
damit sie herausfinden kann, was die entscheidenden Hindernisse dafür sind, dass die Quote der Studierenden aus den sogenannten bildungsfernen Schichten so niedrig ist.
Ein dritter Vorschlag: In der Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik geben Sie jetzt ein Innovationskonzept in Auftrag, um den Wissenstransfer zu fördern. Was war denn mit Ihrem Innovationsfonds? - Der scheint gescheitert zu sein. Kein Wort von Ihnen dazu in dieser Regierungserklärung!
Oder die Förderung des Ehrenamtes, des ehrenamtlichen Engagements: Sie bilden jetzt mit den kommunalen Spitzenverbänden eine Gesprächsrunde.
Oder in der Familienpolitik lassen Sie jetzt eine Bestandsaufnahme erstellen, um Strukturen zu prüfen,
mindestens in einer Region ein Modellprojekt für die Gesundheitsversorgung auf den Weg gebracht werden.
In der Migrationspolitik lassen Sie jetzt eine Informationskampagne vom Stapel. Die Berufsbilder des öffentlichen Dienstes sollen dadurch bekannter gemacht werden.
Finden Sie nicht, Herr Ministerpräsident, dass das für eine Regierung nach sieben Jahren ein bisschen dürftig ist?
Der Titel Ihrer Regierungserklärung war: „Mut zur Verantwortung“. Was wir gehört haben, war höchstens Mut zur Verwaltung und zur Bildung von Arbeitsgruppen.
Herr McAllister, in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom Sonnabend gibt es ein wunderbares Zitat von Ihnen: Das schönste Amt ist das Amt des Schützenkönigs in Bederkesa.
- Ich bin schon einmal durchgefahren. - Spätestens ab 2013 werden Sie dafür wieder viel mehr Zeit haben. Denn Sie sind ein Ministerpräsident des Übergangs!
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es liegen wahrlich große Herausforderungen des Landes vor uns. Dazu will ich sechs benennen: die Bewältigung des demografischen Wandels - auch Sie erwähnten sie -, die Perspektive des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Niedersachsen, die Zukunft der Schule, die Energiepolitik und der Klimaschutz, die Frage der sozialen Gerechtigkeit - das Stichwort tauchte bei Ihnen nicht auf - und schließlich die Finanzierung der öffentlichen Haushalte.
Diese Fragen müssen wir ab heute wirklich entschlossen angehen. Dann werden wir morgen Antworten für die Zukunftsfähigkeit Niedersachsens haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Zum demografischen Wandel, Herr Ministerpräsident: In der letzten Wahlperiode waren Sie doch an den Ergebnissen aus der Enquetekommission zum demografischen Wandel wirklich interessiert. Warum haben Sie gerade jetzt keine Antworten auf die dadurch verursachten Probleme? - Ich gebe Ihnen eine Erklärung dazu: Sie selbst haben die Entwicklung sehr lange verkannt. Sie haben keine Antworten auf die unterschiedliche Entwicklung der Lebensbedingungen in den Regionen Niedersachsens. Ihnen fehlt ein Gesamtkonzept für das Land. Sie stellen keine passgenauen Hilfestellungen für die Regionen zur Verfügung. Es fehlen öffentliche Unterstützungsmodelle für die Sicherung der Daseinsvorsorge. Auch die Verwaltungsstrukturen sind nicht durchdacht. Und Sie haben überhaupt keine Aufgabenanalyse und damit auch kein Gesamtkonzept für eine zukunftsfähige öffentliche Verwaltung!
Sie erwähnten die Politik mit den Fusionsprämien von Herrn Schünemann. Aber Sie können das doch nicht ernsthaft als einen Versuch für die Gestaltung des Landes ansehen! Sie müssten wirklich einmal Farbe bekennen, wie die kommunale Selbstverwaltung in Zukunft aussehen soll. Oder haben Sie einen ganz anderen grandiosen Plan in der Tasche? - Das glaube ich aber kaum! Eher kürzen Sie im nächsten Haushalt wieder den kommunalen Finanzausgleich, wenn es nicht reicht. Für die Kommunen ist nichts mehr übrig, und die Zwangsverwaltung durch das Land wird zukünftig zur Regel. Wir haben so etwas gehört: Wenn Sie von „freiwillig“ reden, befürchten wir eher die Zwangsverwaltung.