Protocol of the Session on June 9, 2010

(Schriftführerin Ursula Weisser-Roelle ver- liest die Namen der Abgeordneten. Die Ab- stimmung verläuft wie folgt: Thomas Adasch Nein Hans-Henning Adler Ja Johann-Heinrich Ahlers Nein Heinrich Aller Ja Dr. Gabriele Andretta Ja Klaus-Peter Bachmann Ja Martin Bäumer Nein Heiner Bartling Ja Daniela Behrens Ja Almuth von Below-Neufeldt Nein Karin Bertholdes-Sandrock Nein Hans-Christian Biallas Nein Dr. Uwe Biester Nein Karl-Heinz Bley Nein Jörg Bode Nein Norbert Böhlke Nein Ralf Borngräber Ja Marcus Bosse Ja Axel Brammer Ja Ralf Briese Ja Markus Brinkmann Ja Prof. Dr. Emil Brockstedt Nein Marco Brunotte Ja Bernhard Busemann Nein Reinhold Coenen Nein Helmut Dammann-Tamke Nein Dr. Karl-Ludwig von Danwitz Nein Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens Nein Otto Deppmeyer Nein Hermann Dinkla Nein Christoph Dreyer Nein Christian Dürr Nein Hans-Heinrich Ehlen Nein Petra Emmerich-Kopatsch Ja Ursula Ernst Nein Kreszentia Flauger Ja Ansgar-Bernhard Focke Nein Björn Försterling Nein Renate Geuter Ja Rudolf Götz Nein Christian Grascha Nein Clemens Große Macke Nein Ulla Groskurt Ja Hans-Dieter Haase Ja Enno Hagenah Ja Swantje Hartmann Nein Karl Heinz Hausmann Ja Wilhelm Heidemann Nein Frauke Heiligenstadt Ja Karsten Heineking Nein Dr. Gabriele Heinen-Kljajić Ja Elisabeth Heister-Neumann Nein Ursula Helmhold Ja Kurt Herzog Ja Bernd-Carsten Hiebing Nein Reinhold Hilbers Nein Jörg Hillmer Nein Dr. Gero Clemens Hocker Nein Carsten Höttcher Nein Wilhelm Hogrefe Nein Ernst-August Hoppenbrock Nein Patrick-Marc Humke-Focks Ja Angelika Jahns Nein Wolfgang Jüttner Ja Karl-Heinz Klare Nein Hans-Jürgen Klein Ja Stefan Klein Ja Ingrid Klopp Nein Lothar Koch Nein Gabriela König Nein Marianne König Ja Ursula Körtner Nein Gabriela Kohlenberg Nein Gisela Konrath Nein Ina Korter Ja Jürgen Krogmann Ja Klaus Krumfuß Nein Clemens Lammerskitten Nein Karl-Heinrich Langspecht Nein Dr. Silke Lesemann Ja Sigrid Leuschner Ja Olaf Lies Ja Helge Limburg Ja Editha Lorberg Nein Dr. Max Matthiesen Nein David McAllister Nein Anette Meyer zu Strohen Nein Christan Meyer Ja Rolf Meyer Ja Axel Miesner Nein Frank Mindermann Nein Johanne Modder Ja Matthias Möhle Ja Dieter Möhrmann Ja Hartmut Möllring Nein Heidemarie Mundlos Nein Jens Nacke Nein Matthias Nerlich Nein Frank Oesterhelweg Nein Jan-Christoph Oetjen Nein Victor Perli Ja Gudrun Pieper Nein Filiz Polat Ja Stefan Politze Ja Claus Peter Poppe Ja Dorothee Prüssner Nein Sigrid Rakow Ja Christa Reichwaldt Ja Klaus Rickert Nein Roland Riese Nein Heinz Rolfes Nein Mechthild Ross-Luttmann Nein Jutta Rübke Ja Hans-Heinrich Sander - Roland Schminke Ja Klaus Schneck Ja Wittich Schobert Nein Heiner Schönecke Nein Stefan Schostok Ja Andrea Schröder-Ehlers Ja Uwe Schünemann Nein Hans-Werner Schwarz Nein Uwe Schwarz Ja Kai Seefried Nein Silva Seeler Ja Wiard Siebels Ja Dr. Stephan August Siemer Nein Dr. Manfred Sohn Ja Brigitte Somfleth Ja Miriam Staudte Ja Karin Stief-Kreihe Ja Lutz Stratmann Nein Detlef Tanke Ja Ulf Thiele Nein Björn Thümler Nein Petra Tiemann Ja Sabine Tippelt Ja Dirk Toepffer Nein Grant Hendrik Tonne Ja Elke Twesten Ja Astrid Vockert Nein Ulrich Watermann Ja Dörthe Weddige-Degenhard Ja Christel Wegner Ja Ursula Weisser-Roelle Ja Stefan Wenzel Ja André Wiese Nein Gerd Ludwig Will Ja Wolfgang Wulf Ja Christian Wulff - Prof. Dr. Dr. Roland Zielke Nein Pia-Beate Zimmermann Ja)

Ich frage: Befindet sich ein Mitglied des Landtages im Saal, das noch nicht aufgerufen wurde oder noch nicht abgestimmt hat? - Das ist nicht der Fall.

Ich schließe die Abstimmung und bitte Sie, sich einen Moment zu gedulden. Das Ergebnis der Auszählung wird gleich vorliegen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Abgestimmt haben 150 Mitglieder des Landtages, davon 70 mit Ja und 80 mit Nein. Es hat keine Enthaltungen gegeben. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

(Beifall bei der CDU)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drs. 16/2543 zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/1501 in geänderter Fassung annehmen will, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Ich komme jetzt zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 19, der in der Aussprache ja mit abgehandelt wurde.

Hier liegt die Empfehlung vor, den Antrag an den Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz zu überweisen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag unter Tagesordnungspunkt 19 an den Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz überwiesen worden.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 20 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: Potenziale nutzen: Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungs- und Berufsabschlüssen erleichtern - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1500 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration - Drs. 16/2466 - Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2542

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Der gemeinsame Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/2542 zielt ebenfalls auf eine Annahme des Antrages in geänderter Fassung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten jetzt in die Beratung ein. Ich erteile der Kollegin Frau Dr. Lesemann das Wort. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Ingenieur als Hausmeister, der Taxifahrer mit akademischer Ausbildung oder Putzhilfen mit Diplom - es ist eine paradoxe Situation, in der sich viele Zuwanderer mit akademischer Ausbildung befinden.

Ursache hierfür ist die bisher miserable Anerkennungspraxis im Ausland erworbener Berufs- und Bildungsabschlüsse. Hinter ihr verbergen sich zahlreiche menschliche Schicksale. Mit der Migration findet offensichtlich auch ein Bruch in der Berufsbiografie statt. Das erschwert eine gelingende Integration; denn ein erheblicher Teil der bisherigen Lebensleistung des Zuwanderers wird ausgeblendet.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In Deutschland leben Hunderttausende, deren Berufsabschlüsse in Deutschland nicht anerkannt werden. Sie werden deshalb weit unterhalb ihrer Qualifikation beschäftigt und oft auch schlechter bezahlt als ihre einheimischen Kollegen.

Ein weiteres Problem ist die uneinheitliche Anerkennung ausländischer Abschlüsse, egal ob Universitätszertifikat oder Ausbildungszeugnis. Einen Anspruch auf Anerkennung ihrer mitgebrachten Qualifikation haben bisher nur Spätaussiedler und EU-Bürger, und dies auch nur bei einigen wenigen Berufen. Andere Zuwanderer haben keinen Rechtsanspruch auf die Anerkennung ihrer mitgebrachten Bildungsabschlüsse. Genau dies wollen wir mit diesem Antrag ändern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Eine bessere Anerkennung ausländischer Berufs- und Bildungsabschlüsse von Zuwanderern ist aus dreierlei Sicht ein zentrales politisches Thema: aus integrationspolitischer Sicht, aus wirtschaftlicher und aus arbeitsmarktpolitischer Perspektive. Sie ist aber auch ein wichtiger Schritt hin zur Verwirklichung von Chancengleichheit zwischen Einheimischen und Zuwanderern.

Ich greife hier das Thema des Fachkräftemangels auf, mit dem wir uns schon verschiedentlich beschäftigt haben. Alle Anstrengungen müssen un

ternommen werden, um Fachkräfte, ob in Deutschland geboren oder mit Migrationshintergrund, in unsere Betriebe und Unternehmen zu bringen. Es geht aber auch darum, Menschen mit Migrationshintergrund eine Wertschätzung ihrer Kompetenzen und damit ihrer Berufs- und Bildungsabschlüsse entgegenzubringen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, eine bessere berufliche Anerkennung nutzt uns allen. Das vorhandene Potenzial der Zuwanderer kann den Arbeitsprozess bereichern und trägt zum wirtschaftlichen Wohlstand bei. Um den etwa 800 000 Zuwanderern mit nicht anerkannten Hochschulabschlüssen sofort zu helfen und ihr Know-how nicht weiter zu verschwenden, müssen Maßnahmen zur verbesserten Anerkennung von Berufsabschlüssen schnell umgesetzt werden. Viel zu viel Zeit ist bereits vergangen und vertan worden. Wir brauchen jetzt Taten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Eine versagte, verschleppte oder zu langsame Anerkennung führt dazu, dass gut ausgebildete Arbeitskräfte unqualifizierte Tätigkeiten verrichten. Ständige Unterforderung und Dequalifizierung demotivieren. Angesichts des Fachkräftemangels ist dies eine Ressourcenverschwendung. Gerade Deutschland ist auch aufgrund des demografischen Wandels in Zukunft verstärkt auf qualifizierte Migrantinnen und Migranten angewiesen.

Ich möchte aus dem vorliegenden Antrag vor allem drei wesentliche Punkte nennen.

Erstens muss damit Schluss sein, zwischen Spätaussiedlern, EU-Bürgern und Drittstaatenangehörigen zu unterscheiden und sie in der Anerkennungspraxis unterschiedlich zu behandeln. Bisher genießen nämlich nur Spätaussiedler das Recht auf ein Anerkennungsverfahren in allen Berufsbereichen. Andere Migrantengruppen, wie z. B. jüdische Zuwanderer und Angehörige von Drittstaaten, haben weit schlechtere Voraussetzungen. Die Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Bildungsabschlüsse ist in Deutschland nämlich nicht vorgesehen. Das ist ein Skandal. Je höher die Qualifikation, desto tiefer der mögliche Fall.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Man führe sich einmal vor Augen, was das bedeutet. Hierzulande ist die Anerkennung weniger vom Wert der Qualifikation als vielmehr vom Status des Inhabers abhängig. Wir wollen einen Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Beruf, um dessen Anerkennung es geht.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zweitens. Der Verfahrensdschungel muss gelichtet werden. Er führt dazu, dass Leistungen von Migranten nicht anerkannt werden. Das Bürokratielabyrinth unterschiedlicher Zuständigkeiten bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse muss dringend aufgelöst werden. Der Weg zur Anerkennung einer ausländischen Qualifikation ist unübersichtlich.

Um das einmal zu verdeutlichen: Für einige Berufe ist der Bund zuständig, beispielsweise bei Ärzten, Apothekern oder Juristen, für andere die Länder, beispielsweise bei Architekten, Lehrern und den Sozialberufen. Jedes Bundesland hat zudem eine eigene Behörde. Für unterschiedliche Berufe gibt es verschiedene Anlaufstellen. Von Bundesland zu Bundesland ist die Anerkennungspraxis unterschiedlich. Das muss aufhören.

Drittens ist es ganz wichtig, im Sinne von Anpassungs- und Nachqualifizierungsmaßnahmen Angebote zur Sprachförderung auszubauen. Berufsbezogene Sprachförderung muss als Element der aktiven Arbeitsmarktpolitik als Regelinstrument ausgebaut werden.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der gemeinsam zu verabschiedende Antrag von SPD, CDU, Grünen und FDP erhält noch eine Reihe mehr Forderungen, die ich hier aufgrund der Kürze der Zeit nicht weiter ausführen möchte.

Ich möchte aber betonen, es ist ganz selten, dass ein aus der Opposition heraus gestellter Antrag zu einem guten Ende gemeinsam mit den Regierungsfraktionen weiterentwickelt wird. Dies ist hier geschehen, nicht zuletzt deshalb, weil auch die Mitglieder der Integrationskommission ein ureigenes Interesse daran hatten.

Ich möchte meinen Dank an die Kollegen Filiz Polat, Christoph Oetjen und André Wiese anschließen. Wir haben konstruktiv und gut zusammengearbeitet; das war schön. Ich würde mich

freuen, wenn das an anderer Stelle fortgesetzt werden könnte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ich erteile jetzt der Kollegin Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nahtlos an den Beitrag der Kollegin Frau Dr. Lesemann anknüpfen.

Wir haben im Ausschuss den Antrag der Fraktion der SPD „Potenziale nutzen: Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungs- und Berufsabschlüssen erleichtern“ beraten. Das ist ein Thema, das uns in den Parlamenten schon seit Jahrzehnten beschäftigt und jetzt vielleicht doch zu einem erfolgreichen Ende kommt, wenn die Länderparlamente und der Bundestag gemeinsam an einem Anerkennungsgesetz arbeiten, weil es bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen einen Behördendschungel gibt, weil viele verschiedene Institutionen, Kammern, Organisationen und auch staatliche föderale Systeme für diesen Bereich mit verantwortlich sind.

Wir haben den Antrag in den beteiligten Ausschüssen beraten. Die Kollegin Lesemann und ich haben dann einen gemeinsamen Änderungsantrag zu dem Antrag der SPD-Fraktion erarbeitet. In der Integrationskommission - Frau Lesemann hat darauf hingewiesen -, in der wir den Antrag mitberaten haben, ist von allen neun Mitgliedern der Wunsch geäußert worden, sich auf einen gemeinsamen Antrag zu verständigen. Es lag dann auch ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP vor, der uns noch nicht weit genug ging.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Der war schon ganz gut! - Gegenruf von Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Für Ihre Verhältnisse ja!)

- Ja, er war gut, aber die Forderungen darin hatten eher appellativen Charakter.

Ich möchte drei Punkte herausgreifen, die - trotz Ablehnung des Änderungsantrags von SPD und Grünen - letztendlich doch übernommen worden sind und dazu geführt haben, dass ein gemeinsa

mer Antrag erarbeitet werden konnte. Zum einen der gesetzliche Anspruch auf ein Bewertungs- und Anerkennungsverfahren auf Bundesebene - ich zitiere aus Nr. 2 des Änderungsantrags -: „Fehlen dem Anerkennungssuchenden Ausbildungsbestandteile, so hat er einen Anspruch auf ‚Teilanerkennung’ bzw. eine Anpassungsqualifizierung, die nach erfolgreicher Teilnahme zur endgültigen Anerkennung führt.“ Das ist ein ganz wichtiger Punkt; denn so können viele trotz der Nichtanerkennung ihres Abschlusses durch eine Nachqualifizierung oder Anpassungsqualifizierung doch noch eine endgültige Anerkennung erhalten. Das war auch eine explizite Forderung der Integrationskommission.