Protocol of the Session on June 8, 2010

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die Er- gänzungen sind aber euphemistisch!)

- Ja, Frau Helmhold, man muss mit dem zufrieden sein, was vorgelegt wird. Nicht?

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ich bin aber nicht zufrieden mit dem, was Sie vorgelegt haben!)

- Ja, das können wir hinterher einmal klären.

Ich komme zu dem zweiten Teil, der vielleicht für die große Masse viel interessanter ist, nämlich zu dem Thema Anpassung der Grundentschädigung für die Abgeordneten.

Sie haben dem Entwurf entnehmen können - das ist der gemeinsame Entwurf von CDU, FDP und SPD -, dass wir dem Votum der Diätenkommission folgen wollen, zum 1. Juli dieses Jahres die Diäten von 5 595 Euro auf 5 800 Euro zu erhöhen,

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Schämt euch!)

und uns von der kompletten Empfehlung der Diätenkommission, die Diäten am Ende der Legislaturperiode auf 6 200 Euro erhöht zu haben, verabschieden. Zum 1. Januar 2011 werden wir eine nochmalige Erhöhung auf 6 000 Euro vornehmen und eine Indexregelung einführen, wie sie bereits in Bayern seit 1995 praktiziert wird und sich dort insofern bewährt hat. Darin wird der Durchschnitt sowohl der Bruttoeinkommen der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten als auch der mittleren Einkommen der Arbeitnehmer im kommunalen Bereich der Besoldungsgruppe A 12 zur Grundlage gemacht. Wir haben hier eine ganz hervorragende Regelung gefunden, die dazu beiträgt, das Niveau an die allgemeine Einkommensentwicklung anzupassen.

Wir sollten damit aufhören, unseren „Berufsstand“ herunterzureden, schlechtzureden und unsere

Arbeit unter den Scheffel zu stellen. Unsere Arbeit sollte uns etwas wert sein. Vor dem Hintergrund bitte ich um Zustimmung zu unseren Anträgen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP und Zustimmung von Heiner Bartling [SPD])

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich Herr Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Bitte!

Danke, Herr Präsident. - Ich habe nur eine Frage an den Kollegen Thümler, der hier dargestellt hat, dass diesen beiden Gesetzentwürfen - sowohl zur Diätenerhöhung als auch zur Änderung der Verhaltensregelungen der Abgeordneten - eine intensive und sehr breite Beratung vorausgegangen sei.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Fünf Minuten!)

- Genau! - Nun möchte ich einmal darstellen, wie diese intensive, ausführliche und sehr breite Beratung mit guten GBD-Vorlagen bei mir im Innenausschuss gelaufen ist. Ich kann Ihnen sagen: Fünf Minuten bevor der Ausschuss getagt hat, fand ich auf einmal eine Tischvorlage von der CDU und der FDP auf meinem Tisch vor. Das waren mehrere Seiten. Es war also nicht schnell und einfach zu verstehen, was da stand. Da gab es überhaupt nicht die Möglichkeit, sich auch nur ansatzweise in das Thema einzulesen. Das habe ich in der Ausschusssitzung hinterfragt. Parallel dazu tagte sogar der Rechtsausschuss.

(Zuruf)

- Nein, nein. Das war teilweise parallel, teilweise vorgelagert. Man konnte sich also mit den Kollegen im Rechtsausschuss gar nicht rückkoppeln. Genauso ist dieses Verfahren auch im Ältestenrat praktiziert worden. Herr Thümler, beantworten Sie mir bitte die Frage, wie ausgiebig, ausführlich und intensiv diese Gesetzesentwürfe in den Fachausschüssen beraten worden sind! Stellen Sie das einmal in diesem Hause dar!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion antwortet Herr Biallas. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was der Kollege Briese vorgetragen hat, haben wir schon im Innenausschuss besprochen. Es mag sein, dass das für den Kollegen Briese - ganz anders, als ich das von ihm gewohnt bin - so kompliziert war, dass er das in der Kürze der Zeit nicht hat verstehen können.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Unglaub- lich! Das ist eine Unverschämtheit!)

Aber gegen das, Herr Limburg, was hier eben vorgetragen worden ist, spricht wenigstens eines: Die Grünen haben sich schon vor der Beratung im Innenausschuss mithilfe einer Pressemitteilung zu dem Sachverhalt geäußert,

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Zu wel- chem?)

den Herr Briese nicht verstanden hat. Das tut mir sehr leid. Aber Herr Briese hat diese Pressemitteilung auch nicht zu verantworten.

(Zurufe von den GRÜNEN: Unver- schämtheit! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Es ist in angemessener Weise dort darüber diskutiert worden. Herr Limburg, Sie waren gar nicht dabei.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich habe eine weitere Wortmeldung von Frau Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorliegen. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mit der Frage der Diätenerhöhung anfangen und einmal die Frage stellen, was hier heute eigentlich los ist.

Gestern hat die Bundesregierung ein Sparpaket im Wesentlichen zulasten der sozial Schwachen verabschiedet, der Ministerpräsident dieses Landes ist auf der Flucht aus Niedersachsen, das Kabinett hat heute die geplante Haushaltsklausur verschoben, und die Mehrheit des Hauses hat nichts anderes zu tun, als hier einen Diätendoppelbeschluss zu fassen und sich kräftig zu bedienen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist angesichts der dramatischen Haushaltslage nicht zu verantworten, schon gar nicht in der von Ihnen geplanten Ausführung, die die niedersächsischen Bürgerinnen und Bürger jährlich mit rund 1,3 Millionen Euro belasten wird.

Nur als Beispiel: 800 000 Euro kostet die Gesamtfinanzierung aller 29 Beratungs- und Interventionsstellen bei häuslicher Gewalt. Wie diese blicken viele Initiativen mit Sorge auf die anstehende Sparrunde; denn sie wissen: Jeder Euro im Haushalt kann nur einmal ausgegeben werden.

Sie verfahren hier nach dem Motto „Augen zu und durch“ und wollen hier heute durchziehen. Ich sage Ihnen: Eine gemeinsame genügsame Haltung aller Fraktionen wäre in diesen dramatischen Zeiten das einzig angemessene Signal gewesen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ein entsprechendes Signal hat heute übrigens auch Angela Merkel ausgesendet: Sie verzichtet mit ihrem Kabinett auf eine Gehaltserhöhung und empfiehlt dem Bundesgesetzgeber, dies auch für die Staatssekretäre so zu halten.

(Hört! hört! bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es scheint so zu sein, als hätten Teile dieses Parlaments die Bodenhaftung ein wenig verloren.

(Zustimmung bei der LINKEN - Jo- hanne Modder [SPD]: Unverschämt!)

In Zeiten, in denen die Bevölkerung auf Heulen und Zähneklappern eingeschworen wird, verschanzt man sich hier in der Wagenburg, beschließt unmäßige Diätenerhöhungen und will sich auch noch mit Millionensummen ein neues Plenargebäude bauen lassen.

Und reden Sie bitte nicht davon, dass die Diätenerhöhung von einem neuen Selbstbewusstsein der Parlamentarier zeugt! Selbstbewusstsein kann man nicht beschließen und auch nicht kaufen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das bekommt man durch Anerkennung und Erfolg. Und Sie sind gerade dabei, das hier zu verschießen.

Meine Damen und Herren, Sie werden uns in der Debatte sicherlich gleich wieder Populismus vorwerfen.

(Zurufe von der CDU: Ja!)

Aber in den vergangenen Jahren haben immer auch Abgeordnete von CDU, SPD und FDP, z. B. in Berlin, gegen Diätenerhöhungen protestiert. Waren das alles Populisten? Und sind diejenigen, die in der CDU-Fraktion gegen die Diätenerhöhung gestimmt haben, Populisten? - Wenn das so wäre, meine Damen und Herren, dann wäre mein Lieblingspopulist der Kollege Wittich Schobert. Er sagt zwar in Hannover nicht so viel zu dem Thema, aber in einer Pressemitteilung des CDUGemeindeverbandes Lehre begründete er die Diätennullrunde des letzten Jahres mit dieser Aussage:

„Eine Erhöhung der Bezüge für Politiker passt nun wahrlich nicht in dieses wirtschaftlich schwierige Jahr.“

„Politiker müssen Vorbilder sein. Wir können nicht über weitere Einsparungen diskutieren und uns im selben Atemzug die Diäten erhöhen.“

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ach! Und warum gilt das eigentlich nicht in diesem Jahr?