Protocol of the Session on April 30, 2010

Ich habe noch einiges aufgeschrieben, mit dem ich aufzeigen wollte, was der Sport sonst noch ist und was er leistet. Ich glaube, das ist schon gesagt worden. Deshalb spare ich mir das jetzt und gehe auf die wesentlichen Sachen ein.

Frau Jahns, Sie haben vorhin darüber gesprochen, was Sie alles möchten. Daran schließen wir uns natürlich vollständig an. Wir möchten das aber nicht nur, sondern wir bringen auch Vorschläge, wie man das erreichen kann. Das ist der Unterschied.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Sport wird nicht nur in Vereinen, sondern auch in Schulen getrieben. Wenn es um die Sportstunden geht, belegt das Land Niedersachsen den ersten Platz, aber leider den ersten Platz, wenn man die Rangfolge von hinten betrachtet. Derzeit werden nur zwei Sportstunden angeboten, die oftmals gar nicht durchgeführt werden. Andere Bundesländer haben inzwischen das doppelte Stundenkontingent. Ich meine, wir sollten wenigstens eine dritte Sportstunde für unsere Schülerinnen und Schüler einführen.

(Zustimmung bei der SPD)

Ansonsten liest sich Ihr Antrag sehr schön. Es ist auch alles richtig, was darin steht. Letztlich muss das aber auch umgesetzt werden. Was man umsetzen will, das kostet Geld, das eigentlich nicht vorhanden ist. Dabei sollten wir uns Gedanken darüber machen, für welche Zwecke wir unser Geld sonst noch ausgeben. Dann fragt man sich, ob wir für den Sport noch ein bisschen mehr Geld ausgeben können und ob dies notwendig ist. Es ist notwendig.

(Beifall bei der SPD)

Damit verbunden sein sollten eine bessere Qualifizierung und Ausbildung der Sportlehrer. Ich habe mir sagen lassen, dass es dabei manchmal gewaltig hapert. Wir hatten vor Kurzem einige Vorschläge eingebracht. Ich möchte zumindest einige unserer Lösungsvorschläge aufzeigen und darlegen, was wir für den Sport tun möchten.

Wir haben einmal einen Antrag gestellt, der auf einen kostenfreien Zugang zum Sport für Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien

abzielte. Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass jeder Mitglied in einem Sportverein sein kann. Das muss wieder sichergestellt werden. Insbesondere Kinder aus sozial schwachen Familien können heute manchmal nicht Mitglied eines Sportvereins sein.

Als wir den Antrag eingebracht haben, haben Sie ein schönes Programm genannt, nämlich „Familie in Not“. Nennen Sie mir bitte ein Beispiel, bei dem das Programm „Familie in Not“ dazu geführt hat, dass Kinder und Jugendliche zum Sport gehen können! Es ist kaum Geld da, und außerdem ist das sehr kompliziert. Ich spreche nicht von einigen wenigen, sondern von allen. Diese Möglichkeit bietet dieses Programm meiner Meinung nach nicht.

(Beifall bei der SPD)

Es ist nichts zum Nulltarif zu haben. Die Sportvereine sollte man natürlich nicht mit den zusätzlichen Kosten belasten. Das habe ich schon einmal gesagt. Wer sich erkundigen möchte, wie es um den Sport steht und welche Probleme Sportvereine haben, dem empfehle ich die Lektüre des Sportentwicklungsberichts. Mir liegt der Sportentwicklungsbericht 2007/08 vor.

Darin heben die Vereine die Bedeutung der Bildung und der Gewinnung von ehrenamtlichen Funktionsträgern hervor. Das ist sehr wichtig; denn das brauchen die Sportvereine.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe gerade die Klingel gehört. Das heißt, die Zeit wird knapp. Eines möchte ich aber noch sagen: Wenn wir in den Sport investieren, dann erzielen wir eine sehr hohe Rendite. Wir sind uns sicher einig, dass der Sport auch zur Gesundheitsbildung beiträgt.

Ich möchte nur ein Beispiel nennen: Vor Kurzem habe ich in der Zeitung von einer Studie gelesen, die in den USA durchgeführt wurde. Dabei ging es um die Reduzierung der Zahl der Demenzerkrankungen. In den USA hat man festgestellt, dass das regelmäßige Sporttreiben die Gefahr der Demenzerkrankungen in den USA um 20 % reduziert.

In der Bundesrepublik Deutschland geben wir jedes Jahr rund 263 Milliarden Euro im Gesundheitswesen und ca. 48 Milliarden Euro im Sozialbereich aus. Das sind mehr als 300 Milliarden Euro. Wenn wir diese Summe durch Sport um 1 % reduzieren, dann sparen wir jedes Jahr etwa 3,1 Milliarden Euro. Vorhin habe ich von einer Re

duzierung um 20 % gesprochen. Das können Sie jetzt selbst weiter hochrechnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich danke für ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Schönen Dank, Herr Hausmann. - Nächster Redner ist Herr Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Auch ich habe mich über diesen Antrag gefreut; denn ich meine, wir sollten in diesem Hause öfter über Sportpolitik reden,

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

weil der Sport eine ganz faszinierende Angelegenheit ist. Ich bin selbst relativ aktiver und begeisterter Sportler.

(Zuruf von den GRÜNEN: Ironman!)

Deswegen freue ich mich, dass wir jetzt über Sportpolitik reden können.

In verschiedenen Redebeiträgen haben Sie bereits dargestellt, welche wichtige Funktion der Sport insgesamt für die Gesellschaft hat. Dies betrifft die Gesundheitspolitik, aber auch das Erlernen allgemeiner Regeln oder auch die Integrationsfunktion.

Herr Hausmann, es ist tatsächlich so, dass der Sport nicht nur im Bereich der Demenzprophylaxe entscheidend ist. Man hat jetzt auch herausgefunden, dass aktiver und regelmäßiger Sport eine sehr wichtige Prophylaxe bei der Massenerkrankung Depression ist. Das ist eine Erkrankung, die im Hinblick auf ihre Häufigkeit die Herz-KreislaufErkrankung mittlerweile fast schon überholt hat. Wer regelmäßig Sport, insbesondere Ausdauersport praktiziert, der unterliegt einer sehr viel geringeren Wahrscheinlichkeit, unter Depressionen zu leiden. Der Sport hat also eine sehr breite und segensreiche Wirkung für die Gesellschaft. Wir sollten ihn auf jeden Fall weiter politisch fördern.

Dabei sollte man die Schattenseite des Sports aber nicht außer Acht lassen. Es gab natürlich Phänomene, bei denen der Sport politisch missbraucht worden ist, insbesondere in der globalen Systemkonkurrenz. Dabei hat man durch Anaboli

kaversuche Leute zu Versuchskaninchen gemacht. Das ist dann die Schattenseite, wenn gesunder Breitensport in Leistungsterror ausartet. Das ist die dunkle Seite des Sports - des „Sportterrors“, so kann man fast schon sagen - in der Geschichte Deutschlands.

(Christian Dürr [FDP]: Das stimmt überhaupt nicht, Herr Briese! Sie ha- ben nicht zugehört!)

- Gut, dann stellen Sie sie hier vor.

(Christian Dürr [FDP]: Wir fordern ei- nen anderen Glücksspielstaatsver- trag!) Heute schafft das der Sport schon fast allein durch die große Kommerzmaschine, die wir mittlerweile haben. Der Leistungssport ist kaum noch wirklich sauber zu halten; das fällt uns jedenfalls mittlerweile sehr schwer. Trotzdem finde ich es ganz wichtig, dass die Politik immer wieder sagt: Wir wollen definitiv keine Freigabe, keine Liberalisierung von Doping, weil eine Freigabe von Doping im Spitzensport definitiv sehr in den Breitensport hineinwirken würde, und das können wir nicht wollen. - Ich glaube, da sind wir uns in diesem Hause einig. Also keine Liberalisierung von Dopingpraktiken im Spitzensport! Die zweite wesentliche Frage: In welchem Zustand sind unsere Sportstätten? Dazu werden wir heute auch noch kommen; das hat sehr viel mit den Kommunalfinanzen zu tun. Herr Kommunalminister, wir haben momentan das Phänomen, dass wir Sportstätten schließen müssen. Leider ist meine Redezeit schon abgelaufen. Die letzte, entscheidend wichtige Frage: Brauchen wir eigentlich eine Verordnung in diesem Landtag, damit auch das Kabinett etwas mehr Sport praktiziert? - Sie sind ja nun auf der Langstrecke, haben wir gestern gehört. Deswegen fordere ich, dass am Behördenmarathon in diesem Jahr endlich auch einmal das Kabinett teilnimmt. Das wäre dann ein wirklicher Beitrag. (Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt also zu den konkreten Forderungen in diesem Antrag. Da bin ich sehr nah bei Herrn Hausmann. Ich finde das alles sehr unterstützenswert, was Sie, Frau Jahns, in diesen Antrag geschrieben haben. Das findet auch unsere Zustimmung. Aber es bleibt natürlich im Wesentlichen sehr unkonkret. Sie sagen, allgemeine Rahmenbedingungen sollen verbessert werden. Aber dazu, wie das konkret praktiziert werden soll, sagen Sie nichts.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich will endlich einmal mit dem Sportminister um die Wette rennen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ich danke Ihnen. Die große Frage wird sein - das muss die Landesregierung mit den Mehrheitsfraktionen klären -: Was machen wir eigentlich zukünftig mit dem Glückspielstaatsvertrag? - Große Teile des Sportes in Niedersachsen werden aus dem Glückspielstaatsvertrag finanziert. Die FDP möchte diesen Vertrag nicht mehr. Das kann für die Vereine bedeuten, dass sie große Einnahmeausfälle zu verzeichnen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Nächster Redner ist Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE.

(Christian Dürr [FDP]: Im Gegenteil! Das ist nicht richtig!) Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der einleitende Teil des Entschließungsantrages der Fraktionen der CDU und der FDP enthält viele richtige Feststellungen, die auch wir unterschreiben können. Aber sobald es um die konkreten Probleme geht, wird es schon schwieriger. Auf der zweiten Seite führen sie aus, dass an der bisherigen Förderung des Sports durch Bund, Länder und Gemeinden festgehalten werden soll. Dann kommt folgender Satz: - Herr Dürr, dann müssen Sie diesem Hause einmal ein konkret durchgerechnetes Modell vorlegen. Das haben Sie nicht. Es sind Allgemeinforderungen, die Sie da präsentieren. Bitte schön, bringen Sie ein entsprechendes Modell in diesen Landtag ein, das für den Sport Niedersachsen aufkommensneutral ist! Dann kann man darüber reden. Sie haben aber gar kein entsprechendes Modell, sondern fordern populistisch eine Aufhebung des Glücksspielstaatsvertrages ohne eine wirklich vernünftige Alternative. „Allerdings verkennt der Niedersachsische Landtag nicht die Grenzen, die der öffentlichen Hand aufgrund der fi nanziellen Gegebenheiten gesetzt sind. Er ruft daher alle im und für den Sport Verantwortung Tragenden dazu auf, durch Kooperation z. B. mit Wirtschaft und Medien ergänzende Finanzierungsquellen zur Förderung von Breiten- und Spitzensport zu erschließen.“ (Angelika Jahns [CDU]: Ein sehr guter Satz!)

- Frau Jahns, wo leben Sie denn? Haben Sie denn schon einmal mit den Sportvereinen gesprochen? Auf die Idee sind die doch schon längst gekommen.

(Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Dazu müssen wir vom Landtag sie doch nicht auffordern.

(Angelika Jahns [CDU]: Warum nicht?)

Die Sportvereine berichten uns doch, dass die Sponsorengelder in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise zurückgehen. Wir wissen doch aus der gegenwärtigen Wirtschaftskrise, dass jetzt die kommunalen Einnahmen zurückgehen. Von daher reduziert sich die Frage der Sportförderung im Wesentlichen darauf, ob die Kommunen das, was sie gegenwärtig an Sportförderung zahlen, überhaupt aufrechterhalten können. Überall haben die Sportvereine Angst, ob die Zuschüsse, die sie in den bisherigen Jahren bekommen haben, weiter gezahlt werden können. Das ist doch das Problem. Das kritisiere ich auch an Ihrem Entschließungsantrag. Das Mindeste, was man erwartet, ist, dass die Probleme benannt und anschließend Lösungsvorschläge gemacht werden. Das kann ich aber hier nicht erkennen. Das ist ein Schönwetterantrag, als ob es diese Probleme gar nicht gäbe.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Dann steht in Ihrem Antrag unter Ziffer II.3 etwas, was ich überhaupt nicht verstanden habe: Die Landesregierung soll

„prüfen, ob kommunale Zuschüsse an gemeinnützige Sportvereine generell steuerfrei gestellt werden können“.

Ich weiß gar nicht, was das soll. Die Sportvereine sind gemeinnützig. Ich habe deswegen mit dem Vorsitzenden des Stadtsportbundes Oldenburg

telefoniert. Er hat mir bestätigt: Alle Mitglieder des Stadtsportbundes und des Landessportbundes sind gemeinnützige Sportvereine. Die zahlen doch gar keine Steuern.