Zu der strittigen Eingabe 4378/15 hat sich Frau Dörte Weddige-Degenhard zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche zu den Petitionen 4378/15 und 4417/15. Die Petenten Timm Ludolph, in der JVA Vechta einsitzend, und Maik Nieland aus der JVA Wolfenbüttel bitten um die Wiederzulassung von Paketsendungen. Hintergrund ist das jetzt geltende Niedersächsische Strafvollzugsgesetz, das im Gegensatz zum früher geltenden Strafvollzugsgesetz in § 34 den Gefangenen den Erhalt von Paketen mit Nahrungs- und Genussmitteln verbietet. Begründet wird dies mit dem hohen Kontrollaufwand. Angeboten wird stattdessen die Einzahlung eines Geldbetrages auf das Hauskonto für den Einkauf in der Anstalt. Aber ist das wirklich ein Ersatz, meine Damen und Herren, besonders im Jugendstrafvollzug, der ja in Ihrem neuen Gesetz mit dem Erwachsenenvollzug in einen Topf geworfen wird? - Herr Busemann ist leider nicht da.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das gesam- te Kabinett ist weggegangen! - Unru- he - Glocke des Präsidenten)
In der Anhörung zu dem neuen Gesetz betonten vor allem Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften den besonderen Wert dieser persönlichen Pakete. Die größten Resozialisierungschancen haben erwiesenermaßen die Gefangenen, die in ein relativ belastbares Umfeld zurückkehren können. Die Familie spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die Plätzchen zu Weihnachten und der Kuchen zum Geburtstag haben nicht nur eine materielle, sondern viel mehr eine emotionale Bedeutung. Der Gefangene erfährt, dass sich die Familie nach wie vor um ihn bemüht und ihn trotz seiner Verfehlung nicht fallen lässt. Das wiederum kann
sich positiv stabilisierend auf seine Persönlichkeit auswirken und kommt durch eine bessere Resozialisierungsprognose uns allen zugute.
Da der, wie gesagt, leider nicht anwesende neue Justizminister, Herr Busemann, bereits in seiner ersten Pressemeldung Korrekturen am Niedersächsischen Strafvollzugsgesetz angekündigt hat, beantragt die SPD-Fraktion, diese beiden Petitionen entgegen der Empfehlung des Ausschusses der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen.
Zur grundsätzlichen Klarstellung - es ist gelegentlich andeutungsweise von Ihnen gesagt worden -: Der Paketverkehr ist unverändert zulässig. Eltern haben ohne Weiteres die Möglichkeit, auch über Pakete mit ihren inhaftierten jugendlichen und heranwachsenden Kindern zu kommunizieren und die Verbindung aufrechtzuerhalten. Es geht um die Beschränkung des Inhaltes von Paketen dahin gehend, dass Nahrungs- und Genussmittel wegen des damit verbundenen unverhältnismäßig hohen Aufwands nicht mehr zulässig sind. Um einen Ausgleich zu schaffen, ist es stattdessen möglich - Sie haben darauf hingewiesen -, dreimal jährlich zusätzliche Geldbeträge auf das Hauskonto einzuzahlen. Mithilfe dieser zusätzlichen Gelder auf dem Hauskonto können Nahrungs- und Genussmittel in der Anstalt beschafft werden, sodass die Versorgung auf diese Art und Weise gewährleistet ist.
Damit sehen wir überhaupt keinen Bedarf, hier eine Änderung vorzunehmen, und plädieren dafür, dabei zu bleiben, die Einsender über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten.
Zu der Eingabe 1756/15 - Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsbefugnis - erteile ich Frau Filiz Polat das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Petent bittet um Erteilung einer Niederlassungserlaubnis aus humanitären Gründen im Ermessenswege. Rechtliche Grundlage hierfür ist § 26 Abs. 4 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 bis 9 des Aufenthaltsgesetzes. Der Petent lebt seit 17 Jahren in Wunstorf. Er kam als Flüchtling aus Afghanistan 1991 nach Deutschland und stellte einen Asylantrag, der wie bei vielen abgelehnt wurde, erhielt aber im Jahre 2000 aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsbefugnis. Nach dem neuen Zuwanderungsgesetz heißt die Aufenthaltsbefugnis heute befristete Aufenthaltserlaubnis. Auch damals gab es eine Petition; das Begehren des Petenten wurde durch den Niedersächsischen Landtag unterstützt - zu Recht, wie ich finde; denn der Petent - er ist 1939 geboren - war schon damals 60 Jahre alt. Infolge seiner koronaren Herzkrankheit, derentwegen er in Afghanistan seinen Job als Pilot aufgeben musste, musste er sich 1998 einer dreifachen Bypassoperation unterziehen. Die Aufenthaltsbefugnis aus humanitären Gründen wurde also zu Recht erteilt.
Der Petent hat sich nun an den Landtag gewandt, weil er, heute 70-jährig, seine befristete Aufenthaltserlaubnis regelmäßig bei der Ausländerbehörde verlängern muss. Er möchte sie in eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, also eine Niederlassungserlaubnis, umwandeln. Für unsere Fraktion ist es ein selbstverständliches Anliegen, dass ein 70-jähriger, kranker Mann mit einer wahrhaft schweren Fluchtgeschichte endlich ankommen und vor allem zur Ruhe kommen können soll.
Für die Niederlassungserlaubnis gelten bestimmte Voraussetzungen. Das wissen Sie; ich will Sie hier nicht im Einzelnen aufführen. Entscheidend für den Petenten ist, wie für viele andere auch, eine Voraussetzung, nämlich die Sicherung des Lebensunterhaltes. Das Gesetz sieht vor, dass in seinem Fall von der Voraussetzung der Sicherung des Lebensunterhaltes abgesehen werden kann. Nun möchte ich mit Erlaubnis des Präsidenten aus der Niedersächsischen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz zitieren:
„Wenn eine körperliche, geistige oder seelische Erkrankung oder Behinderung die Erfüllung der Voraussetzungen“
„unmöglich oder unzumutbar macht …, ist von ihnen abzusehen. … Im Übrigen kann von diesen Voraussetzungen zur Vermeidung einer Härte abgesehen werden; etwa wenn bei der Einreise das 50. Lebensjahr bereits überschritten war.“
Meine Damen und Herren, der Bundesgesetzgeber hat im Bereich der Niederlassungserlaubnis bewusst Härtefallkriterien in dieser Form formuliert. Schon wegen des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes müssen auch alte, kranke und behinderte Zuwanderer die Chance haben, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Das stellt hier hoffentlich niemand infrage.
Deshalb sehen wir das Anliegen des Petenten als berechtigt an. Wir haben eine rechtliche Grundlage; wir haben den Ermessensweg. Wir beantragen daher, diesen besonderen Härtefall der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Polat, Sie haben die Hintergründe dieser Petition dargestellt. Der Petent hat 17 Jahre hier in Deutschland gelebt, nachdem er 1991 eingereist war. Seine Asylanträge wurden abgelehnt. Allein der Tatsache, dass er sich einer schweren Herzoperation unterziehen musste, hat er es letztendlich zu verdanken, dass er eine Aufenthaltsbefugnis bekommen hat. Diese Aufenthaltsbefugnis wird auch überhaupt nicht infrage gestellt. Das Land Niedersachsen hat ganz klare Richtlinien, dass bei einer solchen Erkrankung keine Rückführung ins Heimatland stattfindet.
zu stellen, ist nach meiner Auffassung absolut zumutbar und ist in keinster Weise eine besondere Härte.
Heute kann man auch einem 70-Jährigen durchaus zumuten, alle zwei Jahre einmal ein Amt aufzusuchen, um einen Antrag zu stellen.
Sie müssen vielleicht auch einmal die Hintergründe dieser Petition ein bisschen beleuchten. Herr Akbari war ja nicht krank, als er nach Deutschland kam. Er hat acht Jahre lang in Deutschland gelebt und kein einziges Mal bei der Ausländerbehörde einen Antrag gestellt, um eine Berufstätigkeit aufzunehmen.
Nichts hat er unternommen, was in irgendeiner Form aktenkundig geworden wäre, woran man erkennen könnte, dass er irgendwann einmal vorhatte, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten. Ich finde, allein unter dieser Maßgabe ist es vollkommen ausreichend, ihm heute diese Befugnis zu geben. Natürlich kann er aufgrund seiner körperlichen Situation hier bleiben. Aber alle zwei Jahre muss die Befugnis verlängert werden. Das ist so vorgesehen, und daran wird auch nicht gerüttelt. Ich denke, mehr als diese Befugnis kann einfach nicht erteilt werden.
Eine Niederlassungserlaubnis ist hier in keinem Fall begründet und kann deshalb auch nur abgelehnt werden. Ich bitte, hier ganz klar nach Sach- und Rechtslage zu entscheiden.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: So etwas nennt sich christlich! - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Christliche Barmher- zigkeit sieht anders aus!)
Vielen Dank. - Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Beratung über die Eingaben.
Wir stimmen nun über die Eingaben ab. Ich rufe sie einzeln bzw. bei gleichem Sachinhalt im Block auf und lasse zunächst über die Änderungsanträge
In gleichlautenden Änderungsanträgen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der SPD wird für „Berücksichtigung“ plädiert. Ich lasse darüber abstimmen. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das Zweite war die Mehrheit. Die Änderungsanträge wurden abgelehnt.
Dann kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses, die „Sach- und Rechtslage“ lautet. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das Erste war die Mehrheit. Dementsprechend wurde so beschlossen.
Es geht um gleichlautende Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der SPD. Sie lauten auf „Berücksichtigung“. Ich komme zur Abstimmung. Wer den Änderungsanträgen folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das Zweite war die Mehrheit. Die Änderungsanträge wurden abgelehnt.
Dann stimmen wir über die Beschlussempfehlung des Ausschusses „Sach- und Rechtslage“ ab. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das Erste war die Mehrheit. Es ist so beschlossen worden.