Protocol of the Session on April 27, 2010

Wir müssen uns also zwei Dinge merken: Erstens. Die Bildungsproteste, die hier angesprochen worden sind, hatten größtenteils rein gar nichts mit dem Bologna-Prozess zu tun.

(Victor Perli [LINKE]: Zum Beispiel? - Dr. Gabriele Andretta [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Zweitens. Die Öffentlichkeitsarbeit für die Ziele des Bologna-Prozesses muss und darf noch forciert werden.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Weiter wird ausgeführt, Herr Präsident:

„Wir stellen fest, dass Anpassungen und weitere Arbeit unter Einbeziehung des Hochschulpersonals und der Studierenden auf europäischer, nationaler und insbesondere institutioneller Ebene notwendig sind, wenn der Europäische Hochschulraum so wie von uns“

- der Ministerkonferenz -

„geplant, verwirklicht werden soll.“

Es gibt also noch viel zu tun in Europa. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Selbstverpflichtung, die man sich auferlegt hat. Dazu darf ich auch aus der deutschen Übersetzung dieser Erklärung zitieren - ich habe sie auch im englischen Original dabei, wenn jemand nicht glaubt, was da steht -:

„Wir, die Ministerinnen und Minister, verpflichten uns zur vollständigen und angemessenen Umsetzung der vereinbarten Ziele und der Agenda für die nächste Dekade, die im Leuven/Louvain-la-Neuve-Kommuniqué festgelegt sind. In enger Zusammenarbeit mit Hochschulen, Hochschulpersonal, Studierenden und anderen Beteiligten werden wir unsere Anstrengungen verstärken, die bereits begonnenen Reformen zu vollenden, um den Studierenden und dem Personal zu ermöglichen, die Lehre und das Lernen in den Hochschulen zu

verbessern, die Beschäftigungsfähigkeit von Absolventen zu erhöhen und hochwertige Hochschulbildung für alle zu bieten. Auf nationaler Ebene streben wir außerdem eine Verbesserung der Kommunikation und des Verständnisses des Bologna-Prozesses unter allen Betroffenen und in der Gesellschaft insgesamt an.“

Meine Damen und Herren, für uns als CDUFraktion war das mit ausschlaggebend für diesen Entschließungsantrag, den wir zusammen mit der FDP-Fraktion gestellt haben, der die Fortschritte des Bologna-Prozesses bestätigt und die Vorreiterrolle des Landes Niedersachsens dabei festschreibt.

Ich kann nur appellieren: Nutzen wir die Gelegenheit, die erreichte erfolgreiche Umsetzung durch das Land Niedersachsen gemeinsam mit den Hochschulen im Sinne der Studierenden und der Wirtschaft noch weiter zu optimieren. Uns sind dabei drei Punkte wichtig, die in unserem Entschließungsantrag aufgeführt sind: erstens die Umsetzung der KMK-Beschlüsse auf Bundesebene weiterhin konstruktiv zu begleiten, zweitens die Verbesserung der Studierbarkeit der Studiengänge im Dialog mit Hochschulen und Arbeitsmarkt voranzutreiben und drittens die Hochschulen in ihren Bemühungen zu unterstützen und zu ermutigen, Qualitätssicherungssysteme für eine nachhaltig gute Lehre aufzubauen.

Meine Damen und Herren, erfreulich ist: CDU und FDP im Niedersächsischen Landtag sind und bleiben verlässliche Partner der Hochschulen - heute, morgen und übermorgen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zu Kurzinterventionen haben sich Frau Kollegin Andretta und Herr Kollege Perli gemeldet. Frau Andretta, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dreyer, Sie haben leider keine Zwischenfrage zugelassen, deshalb habe ich mich auf diesem Wege zu Wort gemeldet.

Sie haben es geschafft, in Ihrem Beitrag über alle anstehenden konkreten Probleme elegant hinweg

zugehen: Null Antwort auf ein einziges konkretes Problem!

(Zustimmung von Frauke Heiligen- stadt [SPD])

Das könnte, finde ich, beim nächsten Mal etwas ambitionierter sein.

Konkret möchte ich auf die Übergangsproblematik hinweisen, den Übergang vom Bachelor zum Master, der viele Studierende umtreibt. Dazu haben wir nichts gehört. Und wenn Sie behaupten, der Bildungsstreik habe nichts mit dem Bologna-Prozess zu tun, dann verweigern Sie damit bis heute die Einsicht, dass das Herzstück des BolognaProzesses die soziale Dimension ist. Die treten Sie hier mit Füßen!

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Jetzt hat Herr Perli von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dreyer, immer wenn Sie in Ihrer Rede Behauptungen in den Raum gestellt haben, war ich gespannt und dachte: Jetzt kommt das Argument. - Aber es kam nichts.

(Christian Dürr [FDP]: Darauf warten wir bei Ihnen auch immer!)

Sie stellen Behauptungen in den Raum, aber belegen sie nicht. Wissenschaftlich ist das jedenfalls nicht, obwohl Sie im Wissenschaftsausschuss sind. Aber hier mag es vielleicht noch reichen.

Meine Damen und Herren, Herr Dreyer hat vor dem Hintergrund seiner familiären Verbindungen Frau Wanka angesprochen. Frau Wanka, sozusagen zur spannenden Erhellung: Ich bin aufgrund der Maßnahmen Ihres Vorgängers - Studiengebühren und Hochschuloptimierungskonzept, also die Massenkürzungen - aus Niedersachsen geflüchtet und nach Potsdam gekommen. Ein halbes Jahr später musste ich dort aber auch auf der Straße demonstrieren.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Aber nicht gegen Studiengebühren!)

Es wurden zwar keine Studiengebühren eingeführt - wobei das nicht unbedingt an Frau Wanka gelegen hat -, aber viel besser waren die Maß

nahmen auch nicht. Trotzdem billige ich Ihnen natürlich 100 Tage zu, in denen Sie hier eine Marke setzen können.

Die Kurzintervention gilt aber nicht der Ministerin, Herr Perli.

Danach bekommen Sie dann auch von mir die volle Pulle Opposition.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Oh! bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Dreyer hat die Gelegenheit, für die CDU-Fraktion zu antworten. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier wurde kurz das Thema des Übergangs von Bachelor zu Master angesprochen. Frau Dr. Andretta, ich muss feststellen, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Mindestnote als Voraussetzung für einen Masterstudiengang nur dann zulässig ist, wenn sie durch Kapazitätsbegrenzung gerechtfertigt ist. Das ist eine rein deutsche Diskussion. Weltweit haben Hochschulen natürlich das Recht zur Auswahl ihrer Studierenden. Dies muss man sagen, wenn man die Dinge in einen internationalen Zusammenhang stellt. Im Übrigen ist die Durchschnittsnote nur ein Zulassungskriterium unter vielen. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn Sie das eine Kriterium immer so deutlich herausstellen.

Es geht darum - das möchte ich noch einmal betonen -, dass wir hier deutlich machen: Der Bachelor ist der erste berufsqualifizierende Abschluss. Danach soll eine Praxisphase folgen. Deswegen habe ich hier auch mehrfach vom Arbeitsmarkt gesprochen. Auf diesem Ohr sind Sie offensichtlich immer taub. Ich stoße bei Ihnen dabei jedenfalls nicht auf Resonanz. Wahrscheinlich fehlen Ihnen entsprechende Schwingungen in der Stimmgabel. Wir können aber gern etwas Nachhilfe geben.

Es ist wichtig, dass die Leute, die aus dem Arbeitsmarkt kommen, eine Weiterbildung, eine Spezialisierung erfahren. Genau das ist Sinn und Inhalt des lebenslangen Lernens, von dem wir spre

chen. Wir haben festgestellt, dass eine einmalige Ausbildung heute nicht ausreicht. Wir müssen uns immer weiter qualifizieren, damit wir im globalen Wettbewerb bestehen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die nächste Wortmeldung ist die von Frau von Below-Neufeldt. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bologna-Prozess bietet beste Chancen für die Reform der Hochschulen. Deshalb sind die Bildungsminister aus 27 EU-Staaten bereits 1999 übereingekommen, ein Programm mit klar definierten Zielen und Zeitgrenzen anzugehen.

Die Umsetzung des Bologna-Prozesses ist nicht einfach. Er bedeutet für die Hochschulen einen Kraftakt im laufenden Betrieb, und er bedeutet für die Studierenden, dass sie dies erleben und durchleben müssen. Sie spüren die unmittelbaren Auswirkungen, was zu Verdichtung und Verschulung der Lehre und zu einer hohen Prüfungsdichte führte. Es führte aber auch dazu, dass Hochschulabschlüsse inzwischen gegenseitig anerkannt wurden.

In der Rückschau ist festzustellen, dass die Proteste und Demonstrationen insofern gerechtfertigt waren. Sie fanden auch hier in Niedersachsen an vielen Orten statt und hatten, wie gesagt, ihre Berechtigung. Von der Landesregierung wurde das Signal sehr ernst genommen. Sie hat nicht nur richtungsweisend an der Formulierung der KMKBeschlüsse mitgewirkt. Sie hat in den anschließenden Gesprächen vielmehr auch die Studierenden in die notwendigen Diskussionen über Veränderungsprozesse an den Hochschulen einbezogen.

Aus den Protesten wurde deutlich, dass es erneut eine Kurskorrektur an den Hochschulen geben musste. Dieser Prozess wird auch weiter fortgesetzt. Ohne die Studierenden kann eine solche Kurskorrektur nach Auffassung der Liberalen nicht erfolgen. Das wiederhole ich hier heute.

Damit wird auch dem wichtigen Anspruch auf Verbesserung der Qualität der Lehre Rechnung getragen. Die Studierenden sollen grundsätzlich den Abschluss Bachelor als Qualifizierung für eine

Berufstätigkeit erhalten. Davon gibt es, wie wir wissen, Ausnahmen, z. B. bei den Lehrern. Insgesamt gibt es hinsichtlich der Studierbarkeit Verbesserungsbedarf. Das Studium muss insgesamt qualifiziert ausgestaltet sein und sollte im Übrigen nicht allein in die Berufstätigkeit in einem Beschäftigungsverhältnis führen. Ein Studium kann durchaus auch auf eine Berufsausübung als Selbstständiger vorbereiten. Dann steht gegebenenfalls eine Existenzgründung aus der Hochschule heraus an.

Wir Liberalen wollen, dass innovative Geschäftsmodelle und Unternehmen entstehen. Der Weg aus der Krise kann nicht aus Ängsten heraus und aus Verharren in Altem gefunden werden. Mut, Kreativität und Innovation sind meines Erachtens Schlüsselqualifikationen, mit denen heute Märkte erschlossen werden und wodurch die Wirtschaft florieren kann.