Protocol of the Session on February 18, 2010

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Bode, bitte!

Sehr geehrter Herr Kollege Lies, für das Bild im Einzelhandel, die dortigen Bedingungen und Entlohnungen konnten wir heute in einer Zeitung - ich glaube, es war die Frankfurter Allgemeine Zeitung - eine Stellungnahme des Unternehmens Lidl nachlesen. Sie haben dort dargelegt, dass in ihren Filialen ein Durchschnittslohn von etwa 13 Euro in der Stunde gezahlt wird und dass die Betriebszugehörigkeit bei Lidl ungefähr bei 5,8 Jahren liegt.

Das heißt, die tatsächliche Situation, die im Einzelfall besteht, und das Bild, das manchmal in der Allgemeinheit dargestellt wird, können durchaus voneinander abweichen. Im Übrigen kommentiere ich die Aussagen des Ministerkollegen Laumann nicht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das ist Ihr Bild! Was haben Sie denn für ein Bild? - Wolfgang Jüttner [SPD]: Ein besonderes Beispiel dafür, wie man an der Frage vorbei arbeitet!)

Die nächste Zusatzfrage stellt die Kollegin Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtslage auch in Brüssel, was die Richtlinie 2008/104/EG, Leiharbeitsrichtlinie, angeht, würde mich interessieren, wie die Landesregierung und nicht die Bundesregierung oder irgendeine Tageszeitung die Situation bei Schlecker und bei anderen Unternehmen bewertet, dass es eben nicht, wie die Richtlinie es vorgibt, faktisch eine Gleichbehandlung zwischen Leiharbeitnehmern und der tatsächlichen Stammbeschäftigung geben soll? Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Rechtslage durch die Leiharbeitsrichtlinie vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in vielen Unternehmen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Bode, bitte!

Sehr geehrte Frau Kollegin Polat, die Abweichung von der Richtlinie ist aufgrund von tarifvertraglichen Vereinbarungen zulässig. Wir werden den Tarifpartnern hier nicht vorgreifen. Die Frage, ob eine Gewerkschaft tarifvertragsfähig ist oder nicht, ist im Einzelfall vom Arbeitsgericht zu prüfen und zu entscheiden und dann entsprechend umzusetzen.

Herr Jüttner, zu der Frage von vorhin zum Berufsbild und wie die Landesregierung dies sieht, sage ich, falls ich sie aus Ihrer Sicht nicht ausreichend beantwortet habe: Ich bin der festen Überzeugung,

dass es auch im Einzelhandel hervorragende Ausbildungsmöglichkeiten gibt, dass dort eine sehr fundierte Ausbildung stattfindet, dass man danach Beschäftigungsmöglichkeiten hat, die sehr interessant und abwechslungsreich sind, und dass ein entsprechend vernünftiger Lohn gezahlt wird. Die Einzelfälle, die in der Öffentlichkeit zu einem anderen Bild führen, kritisiert die Landesregierung sehr entschieden. Praktiken, die zu einer Umgehung und zu einem Missbrauch der bestehenden rechtlichen Situation führen, kritisiert die Landesregierung natürlich. Wir werden mit allen Möglichkeiten daran arbeiten, dass geprüft wird, ob es sich um einen Missbrauch handelt und, wenn ja, dass dieser auch beendet wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt die Kollegin Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE.

Schönen Dank. - Herr Minister Bode, Sie haben bei der Beantwortung der an Sie gerichteten Fragen u. a. gesagt, dass Sie vermuteten, es kann sich bei Schlecker nur um einen Einzelfall handeln. Ich frage vor diesem Hintergrund die Landesregierung: Hat sie über diese Vermutungen hinaus konkrete Kenntnisse, bei wie vielen Menschen das Instrument Leih- und Zeitarbeit in dieser zuwiderlaufenden Art und Weise genutzt wird?

Herr Minister Bode!

Nein.

(Beifall bei der FDP - Lachen bei der LINKEN)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Schneck von der SPD-Fraktion.

Herr Minister, ich frage die Landesregierung aufgrund Ihrer Ausführungen hier vor dem Parlament, was Sie unter dem Thema „vernünftige Entlohnung“ verstehen. Können Sie das etwas genauer definieren ebenso wie etwas dazu sagen, was die Arbeitgeberverbände im Einzelhandel zu dem

Thema der geringfügigen Beschäftigung und der 400-Euro-Grenze ausgeführt haben?

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Frage der Entlohnung bleibt die Landesregierung bei der Auffassung, dass dies die Sache der Tarifvertragsparteien ist, die hierüber zu verhandeln und zu einem Abschluss zu kommen haben. Ich habe Ihnen soeben ein Beispiel mit einem Durchschnittslohn von 13 Euro genannt, der - - -

(Olaf Lies [SPD]: Das glauben Sie doch selber nicht! Das kann doch gar nicht sein! 13 Euro! Fragen Sie auch Verkäuferinnen, was sie wirklich ver- dienen? - Gerd Ludwig Will [SPD]: Das wären 3 000 Euro brutto! - Kres- zentia Flauger [LINKE]: Wovon träu- men Sie denn? - Clemens Große Ma- cke [CDU]: Herr Lies, Sie können eine Zusatzfrage stellen! - Gegenruf von Olaf Lies [SPD]: Geben Sie mir eine ab! Dann stelle ich noch eine! Das ist doch wirklich ein Witz!)

Die Landesregierung antwortet. Herr Minister Bode hat das Wort. - Herr Kollege Lies, ich weise Sie darauf hin, dass die SPD das Kontingent an Fragen erschöpft hat. Ich kann es nicht ändern. Dann hätten Sie das anders einteilen müssen. Im Moment antwortet Herr Minister Bode.

(Olaf Lies [SPD]: Wenn wir solche Antworten bekommen, müssen wir hier auch noch einmal Fragen stellen können!)

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe versucht, Ihnen darzustellen, dass die Arbeitsbedingungen und natürlich auch die Entlohnung Sache der Tarifvertragsparteien sind.

(Unruhe bei der SPD)

- Ich habe das Gefühl, die SPD interessiert sich nicht für die Antwort.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Kollege Hagenah stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass von der Politik Leiharbeit im Grundsatz als Rahmen möglich gemacht worden ist, um Spitzennachfragen abzupuffern und auf diese Art und Weise den Unternehmen ein Mittel zum Atmen zu ermöglichen, und der Antwort des Ministers, dass ausweislich der Untersuchung bei 50 % der Belegschaften die Anzahl der Beschäftigten unverändert geblieben ist, nachdem Leiharbeit eingeführt worden ist, was das anderes ist als das Austauschen von Stammbelegschaft in Leihbelegschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Minister, bitte!

Sehr geehrter Herr Hagenah, ich verweise insoweit auf meine Beantwortung der Frage, in der wir dargestellt haben, dass ausweislich des 11. Erfahrungsberichts und auch des zugrunde liegenden Forschungsprojekts der Bundesagentur - wir hatten in den letzten Wochen hier im Landtag dazu schon etliche Diskussionen - insbesondere bei Großbetrieben der Einsatz von Zeitarbeit dazu geführt hat, dass sozialversicherungsrechtlich beschäftigte Stammbelegschaften aufgestockt worden sind. Das Ergebnis des Forschungsberichts der Bundesagentur für Arbeit, auf den ich mich nur beziehen kann, weil wir keinen eigenen Bericht erstellt haben, hat die Einschätzung der Landesregierung und das Ergebnis des 11. Erfahrungsberichts bestätigt, nämlich konstante Stammbelegschaften bzw. einen Aufbau der Stammbelegschaften.

(Beifall bei der FDP - Gerd Ludwig Will [SPD]: Auch bei Schlecker?)

Herr Kollege Perli von der Fraktion DIE LINKE stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den von Wirtschaftsminister Bode dargestellten Durchschnittslöhnen bei Lidl möchte ich fragen, ob Sie der Auffassung sind, dass sich diese Zahl von 13 Euro in der Stunde, die einen relativ hohen Bruttolohn - untypisch für eine Verkäuferin bei Lidl - ergeben würde, dadurch ergibt, dass darin auch die Chefetage und die Außenvertretung des Lidl-Konzerns enthalten sind, und der Zahl keine klare Auskunft darüber zu entnehmen ist, wie die Verkäufer bezahlt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Bode!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe heute einen Bericht in der Wirtschaftspresse gelesen, nach dem Lidl einen Durchschnittslohn

(Victor Perli [LINKE]: Was sollen denn Angaben zu Durchschnittslöhnen?)

und eine durchschnittliche Beschäftigungsdauer seiner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Unternehmen angegeben hat. Lidl hat erklärt, dass es auf dieser Grundlage seinen Verband gebeten hat, mit der Gewerkschaft ver.di eine Mindestlohnvereinbarung im Einzelhandel zu verhandeln und zum Abschluss zu bringen. Da Sie die Zahl genauer auf die Verkäuferinnen bzw. Verkäufer bezogen haben wollten, habe ich Ihnen den entsprechenden Tarifvertrag mitgebracht und gebe ihn Ihnen gerne mit dem § 3 mit den jeweiligen Gehaltsgruppen in dem jeweiligen Bereich, wo Sie genau nachlesen können, bei welcher Berufserfahrung welches Entgelt gezahlt wird.

(Olaf Lies [SPD]: Lesen Sie das doch einmal vor! - Unruhe bei der SPD und bei der LINKEN - Minister Jörg Bode übergibt Victor Perli [LINKE] eine Un- terlage)

Herr Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt die nächste Zusatzfrage. - Sie sollten einen kleinen Augenblick warten, damit Herr Minister Bode die Frage mitbekommt.

Herr Minister Bode, das Papier würde natürlich auch mich interessieren, weil meine Frage genau in diese Richtung zielt. Sie haben mit den Zahlen zu Lidl, die Sie offensichtlich lediglich der Presse entnommen haben - insofern frage ich mich, wie valide diese Aussage ist, die auf Firmenaussagen beruht -, mehr oder weniger den Eindruck erwecken wollen, als sei das der Normalfall der Bezahlung von Verkäuferinnen in unserem Land. Sind Sie wirklich der Auffassung, dass das so ist, und haben Sie in diesem Bereich keine anderen Quellen als diese Wirtschaftszeitung?

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN)

Herr Minister Bode, bitte!

Sehr geehrter Herr Klein, ich habe jetzt leider das einzige Exemplar des Tarifvertrages für Groß- und Mittelbetriebe dem Kollegen Perli gegeben. Vielleicht kann er das für Sie kopieren, oder wir müssten ein Exemplar nachreichen.

(Zuruf von der SPD: Lesen Sie es doch einmal vor! Wir alle wollen es haben! - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)