Kurz zu diesen Aspekten. In Ihren Anträgen kommen immer nur Betriebsprüfungen vor. Natürlich gibt es regelmäßige Betriebsprüfungen, Großbetriebsprüfungen, normale Betriebsprüfungen. Die Mitarbeiter des Finanzamtes kontrollieren die Ab
führung der Umsatzsteuer im Rahmen der regelmäßigen Umsatzsteuervoranmeldungen. Es gibt Umsatzsteuersonderprüfungen. Die Finanzämter prüfen unterjährig durch Vorlage einzelne Rechnungen, die zu größeren Umsatzsteuererstattungen führen können. Eine weitere wichtige Prüfungsart ist die Lohnsteuerprüfung. Außerdem gibt es Kontrollen zur Abführung der Sozialabgaben. Die Berufsgenossenschaften prüfen, ob z. B. Bauvorhaben korrekt abgewickelt wurden. Der Zoll verfolgt bundesweit konsequent Schwarzarbeit. Bei klarem Anfangsverdacht auf kriminellen Steuerbetrug wird die Steuerfahndung tätig.
Nun zum Prüfungsturnus. Bei Betriebsprüfungen ist es sinnvolle Praxis, z. B. im Turnus von fünf Jahren auch fünf Steuerjahre zu prüfen. Einige scheinen dem irrigen Glauben zu unterliegen, dass im Abstand von fünf Jahren durchgeführte Prüfungen nur ein Steuerjahr betreffen. Sie betreffen aber fünf Steuerjahre. Dadurch erreicht das Finanzamt eine lückenlose Prüfung und gestaltet gleichzeitig seinen Arbeitsaufwand und den Arbeitsaufwand des Steuerpflichtigen effizient, ohne auf mögliche Steuernachzahlungen zu verzichten. Dass große Einkommensmillionäre dauerhaft nicht geprüft werden, ist schlichtweg falsch.
Nun zur Verknüpfung von Prüfungen. Tauchen bei Prüfungsvorgängen Fragen auf, werden Kontrollmitteilungen erstellt, die zu Nachfragen bei anderen Prüfungsvorgängen und bei anderen Steuerpflichtigen führen.
Ich habe eine Frage zu dem Prüfungsturnus, den Sie angesprochen haben. Ich möchte Sie bitten, dem Hohen Hause einmal bekannt zu geben, bei welchen Betrieben der fünfjährige Prüfungsturnus im Land Niedersachsen tatsächlich eingehalten wird.
Ich habe über die Verknüpfung von Prüfungen gesprochen. Herr Möhrmann, Sie sehen, es wird - auch bei Mitgliedern dieses Hauses - umfangreich geprüft. Das zeigt eigentlich sehr deutlich, dass das Land Niedersachsen an Steuereinnahmen interessiert ist und dass wir damit Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit realisieren.
Ich will nun noch ganz kurz auf weitere Aspekte eingehen. Das Land Niedersachsen investiert in die Steuer-EDV. In diesen Bereich sind mehr als 50 Millionen Euro geflossen. Künftig wird es Steuerabschlüsse und Steuererklärungen in elektronischer Form geben, was Steuerprüfungen ganz erheblich vereinfacht. Bei nicht steuerschöpfenden Verwaltungstätigkeiten wird dies zu mehr Effizienz führen. Das erklärt die Personaleinsparungen im Verwaltungsbereich in wesentlichem Umfang.
Es wird weiterhin in die Fortbildung der Mitarbeiter investiert. Es gibt bei uns mehr als 2 000 Mitarbeiter im Bereich von Betriebsprüfung und Steuerfahndung. Zum 1. August dieses Jahres werden etwa 200 neue Steuer- und Finanzanwärter eingestellt. Wir arbeiten übergreifend mit anderen Bundesländern und auch auf EU-Ebene zusammen.
Lassen Sie mich nun kurz noch ein paar Zahlen nennen. Das System funktioniert erfolgreich. Das können Sie an den aktuellen Steuereinnahmen ablesen; denn diese sind 2007 im Vergleich zu 2006 um mehr als 40 Milliarden Euro gestiegen. Allein bei der Lohn- und Einkommensteuer belief sich die Steigerung auf ca. 17 Milliarden Euro. Wenn wir kein effizientes System hätten, wäre dies ja wohl nicht möglich. Auch die Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer fließen reichlich. Der grassierende Steuerbetrug, den Sie hier an die Wand malen, findet in der Realität also nicht statt. Medial groß aufbereitete Fälle und fette Balkenüberschriften in der Boulevardpresse haben Ihnen kein korrektes Bild von der Steuerwirklichkeit vermittelt.
Die niedersächsischen Finanzämter mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern leisten hervorragende Arbeit. Dafür sei ihnen an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich gedankt.
Unser Land ist organisatorisch, personell und technisch hervorragend aufgestellt. Deshalb sehen wir eine weitere Beratung des Antrages oder eine Anhörung als nicht erforderlich an.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! DIE LINKE unterstützt den Entschließungsantrag der Grünen. Nun ist nichts so gut, dass es nicht noch verbessert werden könnte. Verbesserungsfähig scheint uns vor allen Dingen der folgende Satz aus dem Entschließungsantrag zu sein - ich zitiere -:
„Der Landtag stellt weiterhin fest, dass der konzeptionslose Personalabbau in den Finanzämtern Betrug und Hinterziehung in immer größerem Umfang erleichtert.“
Das Wort, das wir gerne korrigiert hätten, ist das Wort „konzeptionslos“; denn hinter der systematischen Förderung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug steht eine Konzeption. Davon sind wir fest überzeugt.
CDU und FDP tragen auf Landesebene, CDU und SPD auf Bundesebene die politische Verantwortung für eine Verschärfung der sozialen Kluft auch mit den Mitteln des Steuerrechts und der Anwendung des Steuerrechts. Das ist - dies haben Sie irgendwie von den Jusos geklaut und umgewendet - im Grunde eine neue Art von Doppelstrategie. Diese Doppelstrategie führt einerseits zu einer Belastung der Lohnempfänger und andererseits zu einer systematischen Entlastung der Bezieher von Vermögenseinkommen.
Alle Änderungen der Steuergesetze, bei denen der Bundesrat gefragt war, sind von dieser Landesregierung mit durchgewunken worden. Auf diesen Punkt will ich hier kurz eingehen, obwohl er nicht der Hauptpunkt in dem vorliegenden Antrag ist. Gestern tauchten hier Quellenfragen auf. Die Quelle der Zahlen, die ich gleich nenne, ist die EUKommission. Nach dieser Quelle - ich beziehe mich auf die letzten vollständig verfügbaren Zahlen aus dem Jahre 2005 - hatten wir in Deutschland eine Besteuerung der Kapital- und Unternehmenseinkünfte von durchschnittlich 19,3 %. Damit liegen wir unter dem Durchschnitt aller EU-Länder, übrigens auch unter dem Durchschnitt aller der EU vor der Erweiterung angehörenden Länder. Wir haben eine völlig unterdurchschnittliche Steuerquote bei Kapital- und Unternehmenseinkünften. Die durch
schnittliche Steuerquote der Beschäftigten liegt in Deutschland aber bei 38,7 % und damit über dem EU-Durchschnitt von 19,4 %. Sie ist somit fast doppelt so hoch. Herr Dr. Siemer, Sie haben diesen Bereich ja eben angesprochen. Wir werden das, was Sie gesagt haben, im Protokoll noch einmal genauer nachlesen. Die von Ihnen genannten sprudelnden Steuerquellen befinden sich im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer. Aus den anderen Quellen werden die Erträge immer spärlicher.
Im Ergebnis heißt das, dass diejenigen, die von ihrer Arbeit leben müssen, von Ihnen inzwischen doppelt so stark besteuert werden wie diejenigen, die, ohne zu arbeiten, von Vermögenseinkünften - das sind die Couponschneider und Zinskassierer - leben.
Damit aber noch nicht genug. Inzwischen steht ja in allen Zeitungen, dass nicht nur die Lücke zwischen oben und unten immer größer wird, was übrigens unseren politischen Erfolg ausmacht. Auch die Lücke zwischen nominaler und realer Steuerlast - das ist der Punkt, um den es heute geht - wird größer, und zwar vor allem bei den Vermögenden und den Unternehmen. Ich nenne in diesem Zusammenhang noch eine Zahl: Effektiv liegt die von den Unternehmern bezahlte Steuerquote inzwischen bei 16 %. Das ist weniger als die Hälfte dessen, was sie nominal zu zahlen hätten. Das ist der Kern des steuerpolitischen Skandals in diesem Lande.
Ist dies auch Wahnsinn, so hat es doch Methode. Die Absenkung der Realsteuerlast für Vermögensbesitzer und Unternehmer ist eine der Konstanten der Politik der Großen Koalition, die in Niedersachsen in dieser Frage leider auch besteht, und zwar zeitversetzt. Herr Althusmann - ich kann Sie aus Zeitgründen leider nicht mehr zitieren -, Sie haben in der 120. Plenarsitzung am 25. Oktober 2002 hier eine großartige Rede gehalten.
- Diese Rede war wunderbar. - In dieser Rede wiesen Sie darauf hin, dass wir aufgrund der Personalknappheit in den Finanzämtern immer weniger Steuern eintreiben.
Das Problem ist, dass Sie heute solche klugen Reden nicht mehr halten, weil Herr Möllring jetzt Finanzminister ist. An der Situation hat sich aber nichts geändert. Zeitversetzt treiben Sie gemeinsam deutlich zu wenig Steuern ein. Ich bin noch neu hier und arbeite mich im Moment mit viel Vergnügen in die GNOFÄ und in die SteuBel, die steuerliche Beleglesung mit Scannertechnik, ein. Beim Studium dieser Amtsvorschriften und Dienstanweisungen unserer Finanzämter drängt sich der Eindruck auf, dass es hier ein Bündel von Maßnahmen zur gezielten Tolerierung des organisierten Steuerbetrugs von Vermögenden und Unternehmen gibt. DIE LINKE wird darauf zurückkommen. Ich kann Ihnen das garantieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bekämpfung des Steuerbetruges als eine wesentliche Voraussetzung zur Verbesserung der Steuergerechtigkeit wird in diesem Hause heute nicht zum ersten Mal besprochen. Und das ist auch gut so.
Die Finanzverwaltung ist eine Kernaufgabe des Staates, und gerade in Zeiten der Haushaltskonsolidierung ist es von grundlegender Bedeutung, nicht nur die Ausgabenseite zu betrachten, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass der Staat alle Einnahmen erhebt, die ihm gesetzlich zustehen. Von den Bürgerinnen und Bürgern wird zu Recht immer weniger akzeptiert, dass Steuern hinterzogen werden. Wir halten den von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Antrag und die darin vorgeschlagenen Maßnahmen im Grundsatz für berechtigt und werden ihn daher unterstützen.
Menschen in den Finanzämtern als das Wissen darum, dass man für den Staat deutlich mehr an Steuern herausholen könnte, wenn man nur mit ein wenig mehr Zeitaufwand pro Fall prüfen dürfte. Aber das Personal reicht dafür nicht.“
Ich gehe davon aus, dass der Abgeordnete Möllring damals die Steuerverwaltung des Landes Niedersachsen gemeint hat.
Wir hätten uns im Haushaltsausschuss eine intensive Diskussion darüber gewünscht, welche Schlussfolgerungen der Finanzminister Möllring in den letzten Jahren aus dieser Erkenntnis gezogen hat, und hatten angeregt, uns im Rahmen einer Anhörung über die derzeitige Situation in der niedersächsischen Steuerverwaltung im Bereich der Steuerprüfung zu informieren. Dies haben die Vertreter der Mehrheitsfraktionen ebenso abgelehnt wie den Vorschlag des Landesrechnungshofes, in der nächsten Ausschusssitzung darüber zu berichten, welche Erkenntnisse dieser bei seinen zahlreichen Prüfungen zur Effizienz der Außenprüfung gewinnen konnte. Man darf getrost darüber spekulieren, aus welchen Gründen eine zeitnahe Information zu diesem Thema von den Vertretern der Regierungsfraktionen ausdrücklich nicht erwünscht war.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der niedersächsischen Steuerverwaltung leisten eine hervorragende Arbeit.
Gerade deshalb ist es nicht zu verantworten, dass in der letzten Legislaturperiode im Rahmen der sogenannten Zielvereinbarung II weitere 600 Stellen abgebaut werden mussten, ohne dass dies mit einem entsprechenden Abbau von Aufgaben verbunden war.