Protocol of the Session on December 14, 2009

Darf ich noch einmal um Ruhe bitten!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bezüglich der von mir getätigten Äußerungen auf dem Internetmedium Twitter von heute Vormittag zur Debatte um die Bleiberechtsregelung erkläre ich, dass ich die Kritik am niedersächsischen Innenminister in der Sache aufrechterhalte. Aber die Wortwahl, insbesondere soweit bei Ihnen der Eindruck entstanden ist, ich würde ihn in die Nähe von Rechtsradikalen rücken, nehme ich ausdrücklich zurück.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, eine Nachfrage: Es ging auch um einen konkreten Begriff.

(Zurufe von den GRÜNEN: Das hat er doch gesagt!)

- Ich möchte es jetzt präzise haben!

(Widerspruch bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Auch das, Herr Präsident. Den Begriff „unerträglicher Hetzer“ in Bezug auf den niedersächsischen Innenminister nehme ich hiermit zurück.

Mir liegt jetzt noch eine Wortmeldung vor, die vorhin nicht abgearbeitet werden konnte. Herr Kollege Adler wollte sich noch zur Geschäftsordnung melden. Ich erteile ihm jetzt das Wort.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Jetzt aber keine neue Aufregung! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich spreche zu dem Geschäftsordnungsantrag des Kollegen McAllister und weise darauf hin, dass das nach unserer Geschäftsordnung gar kein Geschäftsordnungsantrag war. Ich lese deshalb § 75 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung vor. Dort steht:

„Ein Mitglied des Landtages, das das Wort zur Geschäftsordnung erhalten hat, darf sich nur zur verfahrensmäßi

gen Behandlung des gerade anstehenden oder des unmittelbar vor ihm behandelten Beratungsgegenstandes oder zum Ablauf der Sitzungen des Landtages äußern.“

(Zurufe aus der CDU: Das hat er doch!)

Eine Äußerung in dem Medium Twitter ist keine Äußerung innerhalb des Landtages, und zwar schon deshalb nicht, weil nicht alle Mitglieder des Landtages das mitbekommen.

Es gibt ja den Unterschied zwischen Immunität und Indemnität. Unter die Indemnität fällt das, was im Landtag geschieht. Das wird auch im Landtag protokolliert. Was Sie angesprochen haben, fällt allenfalls unter die Immunität. Wenn es einen beleidigenden Charakter hat, wäre das dort zu erörtern. Hier hat die ganze Sache einen völlig falschen Verlauf genommen, weil ein unzulässiger Geschäftsordnungsantrag gestellt wurde.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, nur zur Klarstellung: Herr Kollege McAllister hat sich nicht ausschließlich auf das, was in Twitter kommuniziert worden ist, berufen, sondern auf die Debatte, die hier geführt worden ist. Insofern habe ich das als einen Geschäftsordnungsantrag akzeptiert.

Vielen Dank.

(Widerspruch bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir hierzu nicht vor.

Mir liegt dann die Wortmeldung des Herrn Finanzministers vor. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst darf ich mich nach dem Dank, der uns hier für die geleistete Arbeit entgegengebracht wurde, umgekehrt dafür bedanken, dass der Landtag und seine Ausschüsse den Haushaltsplanentwurf 2010 so zügig beraten haben, dass wir wie auch in den letzten Jahren, seit 2003, den jeweiligen Haushalt vor Beginn des neuen Haushaltsjahres verabschieden und damit zum Gesetz machen können. Dafür herzlichen Dank!

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Mit diesem Haushaltsplan haben wir die krisenbedingten Maßnahmen abgesichert und den Weg in die Zukunft bereitet. Die Idee, den Haushaltsplanentwurf 2010 noch zu stoppen, halte ich für abwegig. Wenn wir den Haushaltsplan 2010 nicht in diesem Jahr beschließen könnten, müssten wir mit einer vorläufigen Haushaltsführung ins neue Jahr starten. Das hielte ich wirklich für völlig absurd; denn ohne Haushalt würde Niedersachsen als Sozialpartner, als Investor und als Arbeitgeber ausfallen.

Ich will das etwas verdeutlichen: Alles das, was keine Pflichtaufgabe ist, kann während einer vorläufigen Haushaltsführung nicht bewilligt werden. Ich möchte Sie sehen, wenn wir den Frauenhäusern, anderen sozialen Einrichtungen und Kultureinrichtungen kein Geld bewilligen könnten, weil wir keinen Haushalt hätten. Das Gleiche gilt für die Investitionen und natürlich auch für neue Stellen, die wir mit diesem Haushaltsplan schaffen. Man kann nicht auf der einen Seite sagen, dass wir hier und dort nicht genug Personal haben, und auf der anderen Seite durch Haushaltsverweigerung die Besetzung dieser Stellen verhindern.

(Anhaltende Unruhe)

Herr Minister, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Ich habe ja Verständnis dafür, dass der Vorgang von vorhin jetzt in den Reihen der Fraktionen noch nachdiskutiert wird. Aber ich bitte darum, jetzt den Ausführungen des Herrn Minister Gehör zu schenken.

Das ganze Konjunkturprogramm II ginge genauso daneben. Das hieße, dass wir ohne Hochbau, ohne neue Fahrzeuge und Technik keine die Konjunktur stützenden Effekte, sondern stattdessen Stillstand hätten. Diese Konsequenzen sind meines Erachtens nicht hinnehmbar. Deswegen ist und war es richtig, dass wir die Ausschussberatungen durchgeführt haben und den Haushalt jetzt beschließen können. Dem Hohen Hause vielen Dank dafür, dass das hier heute Morgen so bekräftigt worden ist.

Die Auswirkungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes haben wir im Zuge der Ausschussberatungen eingearbeitet. Das ist uns im Rahmen der geplanten Nettokreditaufnahme gelungen.

Der Kollege Wenzel, der im Moment nicht da ist,

(Heinz Rolfes [CDU]: Doch, da hinten steht er!)

hätte sich von seinen Haushaltsfachleuten dahin gehend beraten lassen können, dass wir, egal ob wir es eingearbeitet hätten oder nicht - wir haben es eingearbeitet -, selbst wenn das Gesetz nicht kommen würde, nicht die Steuermindereinnahmen hätten, die dieses Gesetz vorsieht. Aus Haushaltsplansicht wäre das nicht das Schlimmste.

Wenn wir den Haushalt vor Verabschiedung des Gesetzes beschlossen hätten, hätten wir umgekehrt trotz der Änderung durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz rechtlich auch keinen Nachtragshaushalt gebraucht. Wir haben aber Vorsorge getroffen. Deshalb war der Geschäftsordnungsantrag sicherlich zulässig, inhaltlich aber nicht berechtigt. Wir werden das Gesetz mittragen - der Ministerpräsident hat es hier gesagt -, weil wir die Maßnahmen zur Unterstützung der Unternehmen in der Krise für alternativlos halten und weil wir gerade den Schwächsten in unserer Gesellschaft sowie den Familien in schwierigen Zeiten beistehen wollen.

Wie gesagt: Die zu erwartenden Einnahmeausfälle in Höhe von 135 Millionen Euro halten wir für vertretbar. Dabei beteiligen wir die Kommunen fair an der Kompensationszahlung des Bundes; das ist selbstverständlich. Dies haben wir auch schon bei der Kindergelderhöhung zum 1. Januar 2009 gemacht. Als das Kindergeld dieses Jahr erhöht worden ist, habe ich keine Kritik von dieser Seite gehört. Warum dies dann im nächsten Jahr falsch sein soll, hat man mir bisher noch nicht erklären können.

Selbstverständlich haben wir auch die Ergebnisse der aktuellen November-Steuerschätzung berücksichtigt. Bisher liegen die Steuereinnahmen noch einigermaßen im Rahmen - darüber ist mehrfach berichtet worden -, was vor allem an der überproportional starken Umsatzsteuer liegt. Trotzdem mussten wir für dieses Jahr ein Minus von 1,3 Milliarden Euro einplanen. Wie die aktuelle Steuerschätzung zeigt, ist das richtig gewesen.

(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Warum muss man dann in diesem Jahr 2,3 Milliarden Euro aufnehmen? In diesen Tagen werden wir nämlich eine Aus- gleichszahlung - - - Wie war die Frage? (Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Warum muss man dann in diesem Jahr 2,3 Milliarden Euro aufnehmen?)

- Frau Emmerich-Kopatsch, das will ich gerne erklären. Die SPD möchte 150 Millionen Euro aus der allgemeinen Rücklage zur Deckung ihres Haushaltsvorschlags verwenden. David McAllister, der Fraktionsvorsitzende der CDU, hat vorhin darauf hingewiesen. Wenn das in dem Vorschlag der SPD so richtig ist, dann nehme ich an, dass das auch allgemein für richtig anerkannt wird.

In diesen Tagen werden wir eine Ausgleichszahlung im Finanzausgleich in Höhe von rund 800 Millionen Euro leisten müssen. Für das letzte Quartal 2009 werden wir - dies ist schon jetzt erkennbar - ebenfalls eine Ausgleichszahlung leisten müssen. Dies alles wird uns wegen der rückwirkenden Ermittlung und Abrechnung der Ausgleichsbeträge noch weit ins Jahr 2010 hinein beschäftigen.

Die zeitliche Zuordnung der jeweiligen Steuermindereinnahmen - auch dies habe ich hier schon einmal gesagt - ist ausgesprochen schwierig. Deshalb muss man die Jahre 2009 und 2010 gemeinsam betrachten. Natürlich sind die Rückzahlungen im März 2010 wirtschaftlich dem Jahr 2009 zuzurechnen, weil sie sich aus den Steuerströmen in diesem und im nächsten Jahr berechnen.

Die Nettokreditaufnahme, wie wir sie Ihnen vorschlagen, ist in der momentanen Lage richtig, auch der Höhe nach, weil es keine Alternativen gibt. In der aktuellen Situation können wir Einnahmeausfälle, die wir unbestritten haben, nicht durch Ausgabekürzungen auffangen. Das würde die „Initiative Niedersachsen“ und die Konjunkturprogramme von Bund und Land - zusammen mit den Gemeinden - torpedieren. Diese sind zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise nötig.

Herr Klein, das entsprechende Gesetz ist übrigens am 20. Februar dieses Jahres hier beschlossen worden. Sie können mir also nicht vorwerfen, dass seit 1. Januar 20 Millionen Euro im Kultusministerium herumlägen. Das geht nicht, weil sie am 20. Februar überhaupt erst zur Verfügung gestellt werden. Sie wissen ja, wie das haushaltstechnisch funktioniert. Die Mittel liegen nicht herum, sondern es ist ein bisschen kompliziert gebucht worden. Sie stehen dem Kultusministerium zur Verfügung, werden aber dann von den 100 Millionen Euro beim Einzelplan 13 wieder abgezogen. Das ist nur eine interne Verrechnung. Das Geld liegt nicht ungenutzt herum, sondern steht selbstverständlich ohne

Abstriche für die Unterrichtsversorgung zur Verfügung.

(Zustimmung bei der CDU)

Unser Programm, das wir gemeinsam mit Ihnen am 20. Februar aufgelegt haben, ist offensichtlich erfolgreich. Die Talsohle ist offenkundig durchschritten. Wir haben heute genau 4 257 Vorhaben in Niedersachsen, und es werden täglich mehr. Das Volumen dieser 4 257 Vorhaben beträgt 1,165 Milliarden Euro. Wenn Sie wissen, dass das ganze Programm nur 1,3 Milliarden Euro umfassen sollte, dann werden Sie feststellen, dass wir hier erfolgreich einen deutlichen Konjunkturschub gegeben haben. Sinn des Konjunkturprogramms ist es nämlich, zu investieren und dadurch die Konjunktur zu beleben. Dies erfordert eben zusätzliche Ausgaben. Aus diesem Grund haben wir bewusst auf kurzfristige tiefe Einschnitte in die Ressorthaushalte verzichtet.

Wir setzen weitere Prioritäten bei Bildung und Wirtschaft. Wir machen unser Land durch energetische Maßnahmen zukunftsfest. Damit setzen wir die erfolgreiche Politik der letzten Jahre fort.

Niedersachsen hat sich auch jenseits der Haushaltspolitik hervorragend entwickelt. Das alles darf man jetzt nicht kurzerhand einreißen. Deshalb finanzieren wir trotz der Krise weiterhin in unsere Prioritäten.

Darüber hinaus ist es gelungen, weitere wichtige Akzente - ich möchte nur einige nennen - zu setzen. Wir haben das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr mit einem Mittelvolumen von jährlich 100 Millionen Euro eingeführt. Das war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wir müssen uns ja nicht immer über die Vergangenheit streiten. Aber lassen Sie mich Ihnen sagen, dass das den Eltern deutlich mehr bringt als die 13 Jahre SPDRegierung,

(Jutta Rübke [SPD]: Na, na, na!)

als nämlich versprochen worden war, die Personalkosten würden zu 100 % vom Land getragen. Das war 1990 vor der Wahl so versprochen worden. Herr Bartling erinnert sich noch daran. 2003, als Sie die Regierung abgegeben haben, war jedoch noch nichts davon umgesetzt, sondern wir haben dann das dritte Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)