Protocol of the Session on November 25, 2009

Es ist für die Bürgerinnen und Bürger nicht nachvollziehbar, wenn diejenigen aus Steuermitteln finanziert werden, die offensiv die Abschaffung der Demokratie anstreben.

Der niedersächsische Innenminister hat bei der letzten Innenministerkonferenz diese Neuregelung erneut angesprochen, nachdem er bereits im Herbst 2008 auf der Grundlage eines Rechtsgutachtens dazu Vorschläge gemacht hat, wie verfassungsfeindlichen Parteien wie der NPD die Finanzierung aus Steuermitteln entzogen werden kann. Es müsste aber zu einer Modifizierung des Grundgesetzes und des Parteiengesetzes kommen, um diese Möglichkeit zu nutzen.

Alles in allem stelle ich für die CDU-Fraktion fest, dass wir dem Rechtsextremismus weiter den Kampf ansagen werden und deshalb die gute Präventionsarbeit fortsetzen müssen. Ich meine, dass es wichtig ist, jetzt bei dem Verbotsantrag keinen Schnellschuss zu machen, weil uns im Jahre 2003 vom Bundesverfassungsgericht ganz klare Voraussetzungen aufgeschrieben worden sind.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meines Erachtens ist es auch wichtig, darüber nachzudenken, welche Wirkung es hätte, wenn wir mit einem neuen Verbotsantrag vor Gericht wieder scheitern würden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mir liegen zwei Wünsche für Kurzinterventionen vor. Als Erster erteile ich der Kollegin Leuschner das Wort.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Ich ziehe zu- rück!)

Als Nächstem erteile ich dem Kollegen Briese das Wort zu einer Kurzintervention. Das Verfahren ist bekannt.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte auf zwei, drei Argumente eingehen, die in dieser Debatte angeführt worden sind. Erstens zu dem Argument,

das sowohl der Kollege Krumfuß als auch der Kollege Oetjen genannt haben: Wenn wir die V-Leute abziehen, dann hätten wir überhaupt keine Möglichkeit mehr, die NPD zu kontrollieren, dann stünden wir quasi nackt da. - Das, was Sie hier in diesen Debatten behaupten, dass wir dann keine Kontrollmöglichkeiten mehr hätten, ist natürlich Unsinn.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir können natürlich alle öffentlichen Informationen, die die NPD betreffen, weiterhin sammeln und uns auch anschauen, sowohl öffentliche Publikationen als auch Demonstrationen. Es gibt ausweislich des Verfassungsschutzberichtes über 1 000 rechtsextremistische Homepages. Niemand hält uns davon ab, darauf zu schauen. Die NPD ist so öffentlich, auch öffentlich gewaltbereit oder gewaltbejahend, dass wir gar keine V-Leute brauchen, um sie entsprechend zu entlarven. Es ist gar kein Problem, den aggressiven, gewaltbereiten Charakter der NPD zu untermauern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist auch noch einmal an Sie gerichtet, Herr Krumfuß. Sie haben angeführt, das Bundesverfassungsgericht habe damals gesagt, man müsse der NPD eine aggressiv-kämpferische Haltung nachweisen. Ich empfehle Ihnen den Bericht der Landesregierung, in dem wortwörtlich steht, dass die NPD immer stärker mit den gewaltbereiten Kameradschaften verzahnt wird. Die Gewaltbereitschaft, die Aggressivität der NPD nimmt also weiter zu. Wir haben nicht das Phänomen, dass die NPDMitglieder sich irgendwie pazifizieren oder friedlicher werden,

(Reinhold Coenen [CDU]: Das hat auch keiner gesagt!)

sondern es ist genau umgekehrt: Die NPD wird immer aggressiver und gewaltbereiter.

Ich will ein drittes Argument in dieser Debatte noch erwähnen: Wir haben etwas Neues in der Parteiengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, etwas Singuläres, das uns ganz große Sorgen machen sollte, nämlich die Wiederwahl einer rechtsextremen Partei in einen Landtag.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist etwas vollkommen Neues. Die NPD ist zum zweiten Mal in einen Landtag eingezogen und kann jetzt auch eine politische Stiftung aufbauen. Das wird rechtlich nicht zu verhindern sein.

Herr Kollege, Sie müssen jetzt bitte zum Schluss kommen!

Wir werden also noch mehr Steuergelder in diese Partei hineinpumpen, schlicht und ergreifend deshalb, weil man sich nicht traut, sie zu verbieten. Und das ist falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion antwortet Herr Kollege Biallas.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt sicherlich überhaupt keinen Zweifel daran, dass es in diesem Hohen Hause niemanden gibt, der nicht lieber heute als morgen die NPD verboten sehen würde.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der LINKEN)

Das sage ich hier ganz klar. Das heißt, wir führen hier einen ziemlich akademischen Streit.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Es geht darum: Selbst wenn es juristisch funktionieren würde, die NPD zu verbieten - gehen wir einmal davon aus, dass das unter Umständen auch funktioniert, wenn man jetzt alle V-Leute abzieht oder wenn man sie alle dabei lässt -, würden wir am Ende feststellen, dass die NPD zwar verboten ist, aber die Mitglieder, die Mitläufer, die Unterstützer alle noch da sind. Die würden sich neu organisieren, und wir hätten unter einem anderen Namen dasselbe Phänomen. So sieht das aus!

(Zurufe von der SPD und von der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir kennen das doch. Es sind doch selbst in diesem Hause welche, die waren früher in der SED oder in der DKP, und heute sitzen sie hier. Das ist eben so. So ist das.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD, von den GRÜ- NEN und von der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wenn man ein solches Verfahren einleitet, dann muss man sich vorher genau überlegen, wie man das juristisch anstellt.

Ich will eines zum Schluss noch sagen: Herr Kollege Bartling und ich haben uns sehr sachlich darüber ausgetauscht, und Herr Kollege Bartling war immer der Auffassung - - -

(Zurufe von der LINKEN - Unruhe)

Herr Kollege, darf ich Sie kurz unterbrechen? - Es muss ja nicht so sein, dass die Abgeordneten die Ausführungen des Redners teilen, aber sie sollten ihm wenigstens zuhören können.

(Zurufe von der LINKEN - Kreszentia Flauger [LINKE] meldet sich zur Ge- schäftsordnung)

Mit Herrn Kollegen Bartling war ich mir zum Beispiel darüber einig, dass wir einen Weg finden müssen, dass das NPD-Verbotsverfahren Erfolg hat. Aber der Kollege Bartling hat mir gegenüber ausdrücklich erklärt - das fand ich sehr fair - über die Parteigrenzen hinweg, er teile unsere Auffassung, dass wir im Hinblick auf die Beobachtung der NPD und auf all das, was sie hier anrichtet, gänzlich ohne V-Leute nicht auskommen werden. Das hat gar nichts mit parteipolitischem Streit zu tun. Ich sage das hier nur. Wir müssen einen Weg finden, auf der einen Seite die V-Leute beizubehalten und auf der anderen Seite das Verfahren zu betreiben. Weil das so ist - das ist der einzige Grund -, werden wir, CDU und FDP, die vorliegenden Anträge ablehnen. Das will ich hier sehr deutlich sagen. Der Streit darüber, ob hier womöglich jemand für die NPD ist und alle anderen dagegen sind, ist unzulässig, den weise ich zurück. Ich denke, das muss hier einmal deutlich gesagt werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es liegt eine Wortmeldung von Frau Kollegin Flauger zur Geschäftsordnung vor. Ist das richtig?

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Ja!)

- Dann erteile ich Ihnen dazu das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben zu Beginn dieser Legislaturperiode einige Informationen zu Verhaltensregeln in diesem Parlament bekommen. Wir haben dabei u. a. erfahren, dass Vergleiche mit dem Regime des ehemaligen Nationalsozialismus und Vergleiche mit dem ehe

maligen SED-Regime in diesem Parlament nicht gewollt sind.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das hat er doch gar nicht gemacht! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Biallas hat eben in seinen Ausführungen gesagt, dass hier in diesem Parlament Leute sitzen, die schon einmal in der SED waren. Ich erwarte von Ihnen, Herr Biallas, dass Sie hier Namen nennen, dass Sie sagen, wem Sie unterstellen, jemals in der SED gewesen zu sein.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Ich ha- be gesagt: SED oder DKP!)

- Dann sagen Sie hier, wen Sie damit meinen. Außerdem verbitte ich mir hier jeden Vergleich meiner Partei mit Nationalsozialisten. Das ist nach der Geschäftsordnung und nach den Verhaltensregeln dieses Parlaments nicht zulässig. Ich erwarte auch von Ihnen, dass Sie sich danach richten.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Reinhold Coenen [CDU]: Das hat er doch gar nicht gemacht!)

Frau Kollegin, da Sie sich eben zur Geschäftsordnung gemeldet haben, muss ich Sie darauf hinweisen, dass Ihre Ausführungen kein Beitrag zur Geschäftsordnung waren.

(Zurufe: Doch! Das war zur Ge- schäftsordnung!)