Protocol of the Session on November 24, 2009

Ich kann Ihrer Beschreibung der Sozialarbeit in der Begründung zu dem Antrag sehr gut zustimmen; das ist unumstritten. Die zentrale Rolle, die Sie der Schulsozialarbeit zumessen, zu der wir sie durch unsere Politik gemacht haben, kann man wirklich nur unterstützen.

Nach Ihnen - jetzt zu einer Forderung des Antrags - soll es Schulsozialarbeit an allen Schulen geben. Lassen Sie mich Ihnen Folgendes vor Augen führen: Wir haben in Niedersachsen knapp 4 000 allgemeinbildende Schulen und etwa 300 Berufsschulen, wenn ich die ganzen Fachschulen weglasse. Jede Stelle wird durch das Land Niedersachsen aktuell mit 26 000 Euro bezuschusst. Wenn ich das mit der Zahl der Schulen multipliziere, dann wären das im Ergebnis Ausgaben von knapp 120 Millionen Euro. Wenn man sogar noch den Wunsch einer vollen Stellenfinanzierung durch das Land aufgreift, würde sich diese Summe sogar auf 240 Millionen Euro verdoppeln.

Bei allen Ihren Wünschen von Schulsozialarbeitern über gebundene Ganztagsschulen, mehr Lehrern und noch viel mehr, was ich hier an dieser Stelle aufzählen könnte, würde Franz Beckenbauer wahrscheinlich mit seinen bekannten Worten dazu fragen: Ja, is’ denn heut’ scho’ Weihnachten? - Zumindest steht der Weihnachtsbaum im Eingangsbereich des Landtages.

Aber nun zurück zur Realität! Denn damit haben unsere Schulsozialarbeiter jeden Tag vor Ort in den Schulen zu tun. Bei dieser Arbeit wollen wir sie auch zukünftig stärken und unterstützen sowie ihnen Sicherheit für die nächsten Jahre geben.

(Zustimmung von Dr. Karl-Ludwig von Danwitz [CDU])

Deshalb haben wir für den Haushalt 2010 eine Verpflichtungsermächtigung über 12 Millionen Euro eingestellt und damit schon jetzt das Jahr 2011 abgesichert. Das haben wir ganz bestimmt nicht deswegen gemacht, Frau Heiligenstadt, weil Sie Ihren Antrag eingebracht haben, sondern weil wir von diesem Programm, das diese Regierung eingeführt hat, überzeugt sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Darüber hinaus ist bereits jetzt eine Zuwendungsrichtlinie für die Jahre 2011 bis 2014 in Arbeit. Wir möchten damit allen Beteiligten mehr Planungssicherheit geben. Natürlich haben auch wir ein Interesse daran, zu besseren vertraglichen Lösungen zu kommen. Wir wollen den Schulsozialarbeitern eine bessere und verbindlichere Perspektive schaffen. Dies können wir uns mit verschiedenen Möglichkeiten vorstellen: die Finanzierung über eine neue Zuwendungsrichtlinie, die Zusammenarbeit mit den Schulträgern oder die Übertragung der Fördermittel in das Schulbudget.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass diese Aufgabe nicht allein beim Land liegen kann.

Ich habe einführend gesagt, dass sich diese Gesellschaft verändert hat. Auch die Schulen haben sich dadurch verändert. Den Schulen wird immer mehr aufgeladen. Wir machen Ganztagsschule, Ganztagskindergärten, -krippe und -hort. Ich will das alles zwar nicht wegreden; ganz bestimmt nicht. Das Ganze ist wichtig und wird von uns unterstützt. Aber wir müssen festhalten, dass auch Schule auf die gesellschaftlichen Veränderungen reagiert hat, dass wir alle gemeinsam reagieren müssen und dass dies als gemeinsame Aufgabe betrachtet werden muss.

Wir müssen diese Veränderungen als gemeinsame Aufgabe erkennen und annehmen. Deswegen sollten wir aufhören, im Vorwege über Pressemitteilungen mit Vorwürfen zu arbeiten, sondern wir sollten gemeinsam nach realistischen Lösungen suchen. Wir machen das bereits auf jeden Fall.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Reichwaldt das Wort. Bitte!

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist Schulsozialarbeit? - Ich zitiere aus einer sozialwissenschaftlichen Abhandlung:

„Unter Schulsozialarbeit wird ein Angebot... verstanden, bei dem sozialpädagogische Fachkräfte kontinuierlich am Ort Schule tätig sind und mit Lehrkräften auf einer verbindlich vereinbarten und gleichberechtigten Basis zusammenarbeiten, um junge Menschen in ihrer individuellen, sozialen, schulischen und beruflichen Entwicklung zu fördern...“

Schulsozialarbeit soll dazu beitragen und trägt dazu bei, Bildungsbenachteiligungen zu vermeiden und abzubauen. Schulsozialarbeit unterstützt Lehrerinnen und Lehrer sowie Erziehungsberechtigte bei der Erziehung.

Die Methoden sind vielfältig: von der Beratung und Begleitung einzelner Schülerinnen und Schüler über sozialpädagogische Gruppenarbeit, offene Gesprächs-, Kontakt- und Freizeitangebote bis hin zur Mitwirkung in Unterrichtsprojekten und in schulischen Gremien sowie Kooperation und Vernetzung mit anderen kommunalen Einrichtungen.

Mit anderen Worten: Schulsozialarbeiter leisten wichtige Arbeit zu einem Zeitpunkt, bevor Probleme eskalieren. Diese Präventionstätigkeit und die Unterstützung der Eltern, Lehrer sowie des schulischen Umfelds und natürlich auch der Schülerinnen und Schüler sind ein wichtiger Bestandteil für den Bildungserfolg der Jugendlichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Schulsozialarbeit ist für uns ein integraler Bestandteil einer guten Schule.

Meine Damen und Herren, es ist kein Zufall, dass ein Merkmal anderer leistungsstarker Bildungssysteme wie z. B. in Skandinavien gute intensive Schulsozialarbeit ist.

In Niedersachsen hat sich die Arbeit der Sozialarbeiter im Rahmen des Hauptschulprofilierungsprogramms bewährt. Sie leisten gute Arbeit, obwohl sie mit schlechten Arbeitsbedingungen zu kämpfen haben.

Die Kontinuität ihrer Arbeit ist nicht gesichert. Derzeit haben sie lediglich die Sicherheit, bis zum 31. Dezember 2011 arbeiten zu können. Das Hauptschulprofilierungsprogramm - dies ist bereits gesagt worden - war von 2004 bis 2010 geplant und wurde gerade um ein einziges Jahr verlängert.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Sie müssen einmal in die mittelfristige Finanzpla- nung schauen!)

Finanzierungsumfang: 12 Millionen Euro. Dies entspricht wohl den derzeitigen Kosten. Das Land finanziert nur halbe Stellen, verlangt aber von den Beschäftigten, dass sie eine wirklich schwierige Klientel beim Übergang von der Schule in den Beruf unterstützen. Dieser gegenwärtige Ansatz der Landesregierung passt vorne und hinten nicht. Daher ist der Antrag der SPD-Fraktion richtig. Schulsozialarbeit muss an den Schulen gestärkt und langfristig abgesichert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu brauchen wir ein Programm, das nicht nur den Übergang von der Schule in den Beruf beachtet, wie es im Rahmen des Hauptschulprofilierungsprogramms geschieht, sondern wir brauchen ein umfassenderes Verständnis von Schulsozialarbeit entsprechend den vorgenannten Grundsätzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen Schulsozialarbeit an allen Schulen. Sie werden nicht bestreiten, dass die Probleme durch Verdichtung der Lehrinhalte und durch die gesellschaftlichen Veränderungen nicht nur an Hauptschulen, sondern auch an allen weiterführenden allgemeinbildenden Schulen, auch an den Gymnasien, existieren. Die Landesregierung stellt selber fest, dass sich der Einsatz von Sozialpädagogen an Hauptschulen eindeutig bewährt hat.

Dann stellt sich die Frage, warum der Einsatz nur auf die Hauptschulen beschränkt werden soll und warum Sie den Beschäftigten keine längerfristige Perspektive geben, sondern weiterhin nur halbe Stellen finanziert werden.

Ich glaube, der Beitrag des Kollegen Seefried hat es schon bestätigt: Der Finanzminister betreibt hier wieder Bildungspolitik zulasten der Schülerinnen und Schüler.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Mein Gott! Wir haben sie doch eingeführt! Was sollen denn diese Sprüche?)

Eine gute Schule braucht gute Rahmenbedingungen, d. h. gute Schulsozialarbeit mit ausreichenden Ressourcen. Der SPD-Antrag zeigt den richtigen Weg auf. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt hat Frau Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

(Unruhe)

- Aber einen kleinen Moment bitte! - Würden Sie bitte das Reden einstellen und die Aufmerksamkeit Frau Korter widmen! - Danke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gute Schule muss mehr als eine Aneinanderreihung von Unterrichtsstunden und eine Ansammlung von Unterrichtsfächern sein. Gute Schule soll Schülerinnen und Schüler befähigen, die nötigen Kompetenzen zu entwickeln, ihr Leben verantwortlich zu gestalten, selbstständig zu lernen und Spaß und Freude an Lernen, Forschen und Leistung zu finden. Gute Schule soll ihnen die Möglichkeit eröffnen, Empathie und Solidarität mit anderen in der Schule zu empfinden und zu entwickeln sowie sich verantwortlich im Hinblick auf Demokratie, den Erhalt der Umwelt und den Einsatz für die Menschenrechte zu verhalten. Ich könnte diese Aufzählung noch fortsetzen. Das alles sind wichtige Ziele, hinter denen wir als Grüne voll stehen.

Gute Schule soll aber noch viel mehr. Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben in den vergangenen fünf, sechs Jahren immer wieder neue Aufgaben gefunden, die Schule bewältigen soll. Ich nenne hier Gewaltprävention, Medienerziehung, Gesundheitserziehung, Vermittlung von Alltagskompetenzen, Entwicklung zu Ganztagsschulen, Berufsorientierung und vieles mehr. Sollen Schulen alle diese Aufgaben ohne Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter bewältigen? - Ich glaube, die Antwort ergibt sich von selbst.

Schulen brauchen vernünftige Sozialarbeit unter verlässlichen Bedingungen. Das ist ganz klar. Ich glaube, darüber brauchen wir uns nicht zu streiten. Verlässliche Bedingungen heißt aber auch, dass man Arbeitsverträge so ausgestaltet, dass sie unbefristet sind und dass man Personen wirklich auf Dauer anstellen kann. Gute und erfolgreiche Sozi

alarbeit braucht Verlässlichkeit und Kontinuität. Es geht in diesem Bereich nicht anders. Das wissen Sie selbst ganz genau, wenn Sie die Schulen besucht und Sie mit den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern gesprochen haben. Sozialarbeit verlangt, dass man verlässliche Beziehungen zu den Eltern, zu den Schülerinnen und Schülern und zu den Kollegen aufbaut, wenn man erfolgreich arbeiten will. Daran müssen wir einfach festhalten. Dafür müssen auch Sie sich einsetzen. Ich glaube, das wissen Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es reicht aber nicht, wenn man, wie das in dem Antrag angedeutet ist, sagt, man wolle an der einen oder anderen Schule oder auch an allen Schulen eine halbe oder eine ganze Stelle mehr für eine Sozialarbeiterin oder einen Sozialarbeiter schaffen. Ich glaube, das reicht nicht. Um Schülerinnen und Schüler an den Schulen erfolgreich unterstützen zu können, brauchen wir auch die Kompetenzen aus der Jugendhilfe, wie wir es schon zu Anfang dieses Jahres in unserem Antrag zur Inklusion dargestellt haben. Unterstützung, Beratung und Hilfe für Eltern, Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte muss gewissermaßen in die Schulen kommen. Es geht nicht in der Weise, dass gerade diejenigen Kinder und diejenigen Familien, die diese Hilfe und Unterstützung besonders nötig haben, nachmittags zu den entsprechenden Einrichtungen fahren und diese aufsuchen müssen. Das scheitert oft. Diejenigen, die am ehesten auf die Unterstützung durch Sozialarbeit angewiesen sind, brauchen diese Unterstützung vor Ort in der Schule. Es geht darum, entsprechende Konzepte zu entwickeln. Dies sollten wir in der Ausschussberatung vorantreiben. Wir sollten uns also nicht nur an irgendwelchen Zahlen und Berechnungen orientieren, sondern wirklich tragende Konzepte entwickeln.

Ich bin gespannt auf die Beratungen im Ausschuss. Ich hoffe, dass alle Fraktionen das Anliegen ernst nehmen. Ich glaube, wir brauchen mehr als nur die Fortführung des Hauptschulprofilierungsprogramms. Wir brauchen Sozialarbeit im Sinne von effizienter, guter Unterstützung an allen Schulen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Herr Försterling für die FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Försterling!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vorweg sagen, dass die Schulsozialarbeiter in Niedersachsen, egal an welcher Schulform, eine hervorragende Arbeit leisten und das Schulleben unseres Landes bereichern.