Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung: Welche Erkenntnisse hat sie zu einem Vorgang, über den verschiedene Zeitungen am 11. Juni berichtet haben - u. a. die HAZ -, der sich direkt vor dem Niedersächsischen Landtag ereignet hat und den viele mit großer Empörung aufgenommen haben,
dass der Linken-Bundestagsabgeordnete Herr Dehm anlässlich einer Demonstration, die im Übrigen innerhalb der Bannmeile stattgefunden hat, einen Polizeibeamten - oder wie er später angab, den Abgeordneten der Linken, Herrn Dr. Sohn - als „Affenarsch“ bezeichnet haben soll? Wie bewertet die Landesregierung diesen aufsehenerregenden Vorgang?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Vorgang ist auch mir bekannt. Dabei handelt es sich um ein laufendes Gerichtsverfahren.
(Unruhe - Glocke des Präsidenten - Ralf Briese [GRÜNE]: Ich fühle mich gleich viel sicherer! - Heiterkeit)
(Helge Limburg [GRÜNE]: Das war ja auch schon einmal anders! - Unruhe - Glocke des Präsidenten - Heinz Rol- fes [CDU]: Zum Lachen ist das sicher- lich nicht! Unglaublich!)
- Herr Kollege Rolfes, Sie haben absolut recht. Wir müssen uns, glaube ich, insgesamt Gedanken machen - auch wenn das nicht hier im Parlament passiert ist, aber es war direkt vor dem Parlament -, wenn sich Abgeordnete, auch wenn sie Bundestagsabgeordnete sind, in einer Art und Weise äußern, die zumindest nicht vorbildlich ist, um es vorsichtig auszudrücken.
Insofern kann ich nur sagen, dass das insgesamt - ich will diesen Vorgang gar nicht bewerten - mit dieser Wortwahl und, wenn es tatsächlich eine Äußerung gegenüber einem Polizeibeamten gewesen ist, nicht zu akzeptieren ist. Das ist völlig klar. Wenn Abgeordnete unseres Landes tatsächlich so agieren, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Missachtung von Polizeibeamtinnen und -beamten von einigen wenigen sogar noch gerechtfertigt wird. Das ist empörend, wenn es denn so ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass es zweifelsohne besorgniserregend ist, wenn es zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte gibt, und gestern 55 000 Schülerinnen und Schüler für die größte völlig friedliche Bildungsdemonstration in der Geschichte des Landes Niedersachsen gesorgt haben, frage ich die Landesregierung, ob sie mir zustimmt, dass es auch unverantwortlich ist, wenn im Vorfeld dieser Demonstration von den Kollegen von Danwitz und Försterling hier in diesem Saal von „Krawallmacherei“ und von „Gewalt auf Straßen“ gesprochen wird,
um die es den Schülerinnen und Schülern gehe. Ich frage, ob Sie auch das von Ihrer Seite aus ablehnen, weil es zu einer aufgeheizten Stimmung beiträgt.
Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut. Insofern tut auch gerade die Polizei alles, um Demonstrationen friedlich durchführen zu können. Wir haben das auch schon in anderem Zusammenhang thematisiert. Insofern bin ich froh, dass die Demonstrationen zumindest in Niedersachsen nach meinen Erkenntnissen grundsätzlich friedlich durchgeführt worden sind. Ich will aber nicht verschweigen, dass es heute Nacht in der Universität Göttingen zu erheblichen Ausschreitungen gekommen ist. Das macht mich sehr nachdenklich. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass die Universitätsleitung durchaus Probleme hat, die Polizei dort einzusetzen, dann muss man auch das auf jeden Fall aufarbeiten.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass es nicht richtig ist, in irgendeiner Weise darzustellen, dass man irgendwo zur Gewalt aufruft. Ich glaube, das habe ich hier in diesem Parlament von dieser Seite nie gehört. Allerdings macht es mir durchaus Sorgen, wenn Abgeordnete auch dieses Hauses Anmelder von linksextremen Demonstrationen sind. Damit habe ich selbst große Probleme.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will an das anknüpfen, was der Innenminister eben zum Thema Demonstrationen mit Ausschreitung gegen Polizeibeamte sagte, und frage die Landesregierung, wie sie den Umstand bewertet, dass die Partei DIE LINKE als Anmelder für Versammlungen mit überwiegend linksautonomen Teilnehmern fungiert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bewerte das als sehr problematisch. Das muss man sicherlich noch einmal diskutieren.
Aber jeder hat selbstverständlich das Recht, Demonstrationen anzumelden. Allerdings muss er dann auch die Verantwortung übernehmen, wenn es zu Ausschreitungen kommt.
Eine Vorbemerkung gestatten Sie mir, Herr Präsident. Ich wüsste nicht, was diese Frage noch mit der ursprünglichen Frage zu tun hat. Das ist wirklich eine Ausweitung der Fragestunde.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das darf er schon! Denkverbote haben wir hier nicht!)
Jetzt meine konkreten Fragen: Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Innenminister vorhin noch einmal den Strafrahmen - § 113 des Strafgesetzbuches, Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte - angesprochen hat, frage ich die Landesregierung erstens: Gibt es Hinweise, dass die niedersächsischen Gerichte diesen Straf
rahmen nicht adäquat ausschöpfen? Zweite Frage: Gibt es Erkenntnisse aus der Strafrechtswissenschaft, dass eine Erhöhung des Strafrahmens die Anzahl der Straftaten reduziert?
Wir müssen insgesamt feststellen, dass insbesondere auch im Zusammenhang mit Demonstrationen zwar viele Anzeigen erstattet werden, aber Verurteilungen dann eher die Seltenheit sind.
(Christian Meyer [GRÜNE] und Ralf Briese [GRÜNE]: Es gibt dafür doch keine Statistik! Ist das nur gefühlt?)
- Trotzdem wissen wir das schon. Es ist so, wie ich es Ihnen eben gerade dargestellt habe. Das hat uns auch in der Innenministerkonferenz beschäftigt. Wir müssen gerade bei Demonstrationslagen alles daran setzen, dass man, wenn etwas passiert, die Beweise so vorlegen kann, dass es dann auch zu Verurteilungen kommt. Das ist meiner Ansicht nach der wichtigste Punkt. Das hat auch abschreckende Wirkung. Wenn Straftaten begangen werden und die Täter dann nicht zur Rechenschaft gezogen werden, dann ist das in unserem Rechtsstaat nur schwer zu ertragen. Deshalb müssen wir uns auch gerade im Hinblick auf die Polizeitaktik überlegen, ob wir hier noch besser werden können. Das ist meiner Ansicht nach ein ganz wichtiger Punkt; denn ansonsten ist das auch für die Polizeibeamtinnen und -beamten ein unerträglicher Zustand. Sie werden teilweise heftig attackiert, es kommt zu Straftaten, und der Täter kommt im Prinzip ungeschoren davon. Dann muss man sich nicht wundern, wenn es für manche Polizeibeamte wirklich schwierig ist, sich so einzusetzen, wie sie sich immer eingesetzt haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass es auch in der Zukunft so sein wird. Aber die Politik ist gefordert, auch hier zu Änderungen zu kommen.
Des Weiteren ist völlig klar: Wenn das Strafmaß höher ist - jetzt zwei Jahre und, dann, wie es von Sachsen, meine ich, vorgeschlagen worden ist, fünf Jahre -, hat das eine höhere abschreckende Wirkung. Das kann natürlich nur dann greifen, wenn es zu Verurteilungen kommt. Wenn es gar nicht zu Verurteilungen kommt, dann ist eine reine Ausweitung überhaupt nicht erfolgreich. Wenn es