Protocol of the Session on April 10, 2008

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir die Umwelt gerade auch in Niedersachsen vor der Umweltpolitik bestimmter Parteien beschützen müssen. Wir werden unsere Verantwortung wahrnehmen und in den kommenden Monaten und

Jahren die richtigen Entscheidungen treffen. Diesen von Ihnen vorgelegten Antrag lehnen wir ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Kollegin Twesten von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Kollege Bäumer, ich bin, gelinde gesagt, entsetzt, wie Sie sich einem so wichtigen Thema für unser aller Zukunft hier in so abwertender Weise widmen. Ich bin entsetzt. Ich wiederhole es.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir, also Bündnis 90/Die Grünen, sind nicht händeringend auf der Suche nach einem Thema. Wir haben es auch überhaupt nicht nötig, populistisch tätig zu werden. Wir sind bereit, Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen. Ich frage Sie: Wo bleibt Ihre? - Sie nehmen uns die Luft zum Atmen, wenn Sie dieses Thema nicht endlich ernst nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wer international glaubwürdig sein will - ich glaube, dass Frau Merkel diesen Anspruch hat -, der muss seine Hausaufgaben machen. Ich wiederhole das ganz bewusst, was Herr Wenzel gesagt hat.

Frau Kollegin Twesten, Sie können das Mikro nicht verschieben, Sie können es nur in der Höhe einstellen. Wenn Sie geradeaus sprechen, versteht man Sie sehr gut.

Vielen Dank für den Hinweis.

Wer 40 % verspricht - das hat Frau Merkel international versprochen -, der muss diese Versprechungen auch einhalten. Er muss vor allen Dingen seine Hausaufgaben machen und muss sich insbesondere dessen bewusst sein, dass die internationale Staatengemeinschaft auf uns schaut. Wir wollen vorangehen. Deutschland hätte sich mit 30 % zufriedengeben können. Nein, Frau Merkel musste noch 10 Prozentpunkte draufsatteln. Ich

frage Sie ernsthaft: Wo bleibt Ihre Verantwortung für die Zukunft?

Das Thema der Stromlücke: Besorgen Sie sich doch einmal die Zahlen! Um wie viel Strom geht es eigentlich, der fehlen würde, wenn wir keine neuen Kohlekraftwerke bauten?

(Christian Dürr [FDP]: 11 700 MW!)

Und umgekehrt: Wie viel CO2 wäre das eigentlich, wenn wir neue Kraftwerke bauten?

Ich möchte Sie vorsorglich darauf hinweisen, falls Sie das nicht wissen: Wenn wir die 19 oder wohl sogar 25 Kohlekraftwerke, die gebaut werden sollen, realisieren, dann ist das so viel CO2, wie der gesamte Verkehrssektor in Deutschland schon jetzt ausstößt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und jetzt sind die eineinhalb Minuten vorbei, wobei ich Ihnen schon einen Zuschlag wegen der Unterbrechung durch mich gewährt habe. Frau Twesten, Sie haben jetzt also keine Möglichkeit mehr, noch etwas zu sagen.

Herr Kollege Bäumer hat die Chance zu antworten. Die möchte er auch wahrnehmen. Bitte schön!

Verehrte Frau Kollegin, Sie haben gefragt, wo unsere Verantwortung ist. Unsere Verantwortung liegt darin, dass wir den Menschen in Niedersachsen garantieren, dass die Energieversorgung bezahlbar und sicher bleibt. Wenn wir alte Kohlekraftwerke durch neue, effizientere ersetzen, dann leisten wir einen großen Beitrag in Sachen Klimaschutz.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Meyer [GRÜNE]: Das ist aber nicht klimafreundlich!)

Eines, verehrte Frau Kollegin, lasse ich überhaupt nicht zu, nämlich dass man von Ihrer Seite versucht, die CDU in eine bestimmte Ecke zu drängen. Wir sind verantwortungsbewusst, wir wissen, worum es geht, und wir als Konservative, als Menschen, die bewahren, haben die große Verantwortung, diese Schöpfung zu bewahren. Dieser Verantwortung stellen wir uns. Das haben die Menschen schon vor Tausenden von Jahren getan, und das werden Konservative wie wir auch in den kommenden Jahren tun. Aber wir tun es anders als Sie. Wir haben die gesamte Umwelt, die gesamte

Natur im Blick. Wir konzentrieren uns nicht nur auf einzelne Teile, die Sie plakativ herauspicken, um den Menschen Angst zu machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Hans-Henning Adler [LINKE]: Die tau- sendjährige CDU!)

Wenn wir, verehrte Frau Kollegin, gemeinsam unsere Verantwortung wahrnehmen, wenn Sie in der Lage wären, von diesem hohen idealistischen Ross herunterzusteigen, um gemeinsam mit uns vernünftige, praktische Politik zu machen, wie das Ihren Kollegen in Hamburg anscheinend gelingt, dann würde dabei für die Menschen in Niedersachsen eine ganze Menge herauskommen.

(Die Vizepräsidentin schaltet dem Redner das Mikrofon aus)

Das war eigentlich ein guter Schlusspunkt; denn eineinhalb Minuten sind vorbei.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Emmerich-Kopatsch das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zur Sicherung der finanzierbaren und umweltverträglichen Energieversorgung in Deutschland ist es von ganz entscheidender Bedeutung, dass wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen. Man könnte auch sagen: Die Zukunft des Landes hängt in wesentlichen Teilen von der Klärung dieser Zukunftsfragen ab, auch und ganz besonders unter Klimaschutzaspekten. Deshalb hat die SPD folgende Grundsätze:

Erstens. Wir wollen die Energieeffizienz steigern und gleichzeitig für bezahlbare Energie sorgen.

Zweitens. Wir sind für Versorgungssicherheit - und das auch in der Grundlast.

Drittens. Wir sind für eine unabhängige Energieversorgung, ohne auf ausländische Stromlieferanten angewiesen zu sein.

Viertens. Vor allem aber sind wir für den Ausstieg aus der Atomkraft und für den konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien.

(Beifall bei der SPD)

Hier liegt zweifellos eine besonders verantwortungsvolle und gesamtgesellschaftliche Aufgabe

vor uns. Die inzwischen überall - auch hier - sehr emotional geführte klima- und energiepolitische Debatte darf aber nicht dazu führen, dass wir nach dem Sankt-Florians-Prinzip agieren. Von daher, lieber Stefan Wenzel, halte ich den Begriff „Klimakiller“ in der Überschrift eures Antrages für denkbar ungeeignet. Schließlich geht es ja momentan gerade darum, klimaschädliche ältere Kraftwerke vom Netz nehmen zu können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, viele Punkte des Antrags sind leider ohne tatsächlichen Lösungsansatz geblieben,

(Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

gilt es doch auch, sicher und unabhängig von Importstrom zu bleiben. Dass es in der niedersächsischen Energiepolitik noch erheblichen Beratungsbedarf gibt, zeigte schon die gestrige Diskussion. Da empfahlen CDU und FDP in der Aktuellen Stunde ausgerechnet unter dem Stichwort „preisgünstig“ die Kernkraft. Aber, lieber Herr Dürr, wir beziehen derzeit noch Energie aus Kernkraftwerken, und ein Blick auf die Stromrechnung würde schon zeigen, dass diese Energie keineswegs unter „preiswert“ zu subsumieren ist. Die Landesregierung aus CDU und FDP hat es durch ihr Hoffen auf eine Verlängerung der Laufzeiten bei Kernkraftwerken bis heute aus ideologischen Gründen unterlassen, ein Energiewirtschaftskonzept und ein Klimaschutzkonzept vorzulegen.

Nun stehen wir ganz am Anfang der Debatte, sind als einziges Bundesland ohne Konzepte und ohne Ziele. Wir finden das beschämend und industriepolitisch hochgefährlich. Wir müssen endlich zu bilanziellen Betrachtungen kommen und über echte Bedarfspläne reden. Nichts ist in den vergangenen fünf Jahren bei dieser Regierung geschehen. Erst als Herr Dr. Töpfer Sie unterrichtet hat, hat bei Ihnen das Nachdenken eingesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Es kann nicht sein, dass Herr Ministerpräsident Wulff, nachdem er sich schon bundesweit für die Endlagerung des Atommülls aus ganz Deutschland in Niedersachsen stark gemacht hat, nun auch noch alle Kohlekraftwerksbetreiber, die in anderen Ländern auf wenig Gegenliebe stoßen, einlädt, in Niedersachsen zu bauen.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Lastenverteilung in Deutschland muss gerecht sein. Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung sollten nach Möglichkeit immer dort sein, wo die Hauptabnehmer sind - strom- und wärmeseitig.

(Beifall bei der SPD)

Auch dass von der Landesregierung immer wieder unterschiedliche Zahlen zu den notwendigen Kraftwerksneubauten genannt werden, ist wenig hilfreich. Es verunsichert die Bürger zutiefst und trägt mit dazu bei, dass überall erheblicher Widerstand entsteht, und zwar inzwischen gegen Kraftwerke jeglicher Art. In Goslar bildete sich eine Bürgerinitiative sogar gegen ein Holzhackschnitzelheizkraftwerk. Borkum, Emden: Wir haben überall die gleichen Probleme, wobei wir für Emden großes Verständnis haben. Emden hat sich dafür ausgesprochen, Technologiestandort für erneuerbare Energien zu sein. Emden macht das ausgezeichnet und ist eine Tourismusregion. Von daher hat Emden unsere volle Unterstützung. In Wilhelmshaven und Stade ist die Situation aber völlig anders. Hier hätte die Landesregierung schon längst eine moderierende Rolle einnehmen können.

Dass die Meinungen auch innerhalb der Parteien nicht immer deckungsgleich sind, zeigt, wie kompliziert es inzwischen geworden ist. Während hier CDU und FDP noch von Kernkraft schwärmen, beschließen die CDU-Landtagsabgeordneten Frau Körtner und Herr Deppmeyer im Landkreis Hameln-Pyrmont gemeinsam mit FDP und Grünen, dass man möglichst den gesamten Bedarf des Landkreises aus erneuerbaren Energien decken möchte.

Auch die Koalitionsverhandlungen in Hamburg zeigen, dass die CDU zum Machterhalt im Zweifel gegen das bereits so gut wie genehmigte Kraftwerk Moorburg sein wird. Eine Klage in Höhe von 1,3 Milliarden Euro ist bereits angedroht.