Auch die Koalitionsverhandlungen in Hamburg zeigen, dass die CDU zum Machterhalt im Zweifel gegen das bereits so gut wie genehmigte Kraftwerk Moorburg sein wird. Eine Klage in Höhe von 1,3 Milliarden Euro ist bereits angedroht.
Nun ist auch der geschäftsführende hessische Ministerpräsident Koch bereit, dort die Energiewende herbeizuführen und Hessen zu einem Vorzeigeland für erneuerbare Energien zu machen. Das zeigt deutlich, dass die Umorientierung in Energiefragen - aus welchen unterschiedlichen Gründen auch immer - weite Kreise zieht. Auch in der SPD wird intensiv um den besten Weg gerungen. Das will ich gar nicht verhehlen.
Am liebsten würden wir den Bedarf zu 100 % aus erneuerbaren Energien decken. Bis das technisch möglich ist, müssen wir additiv andere moderne
und umweltschonende Verfahren bereithalten, die ökologisch und ökonomisch vertretbar sind. In den letzten Jahren fand bereits ein massiver Umbau statt. Der Anteil der erneuerbaren Energien ist in der Stromproduktion bereits auf 18 % gestiegen. Wir wollen den Anteil bis zum Jahr 2020 möglichst auf 30 % steigern. Jeder weitere Prozentpunkt wäre ein Erfolg. Die fehlenden 60 bis 70 % müssen wir aber in verantwortungsvoller Weise darstellen. Allein auf Gaskraftwerke zu setzen könnte wegen des stark gestiegenen volatilen Öl- und Gaspreises das gesamte Vorhaben der Energieversorgung in Deutschland infrage stellen. Allein auf Gas zu setzen, birgt alle Risiken der Importabhängigkeit. Wir wollen stattdessen weiter die Einsparpotenziale nutzen und die Energieforschung in der Wirtschaft und an den Hochschulen vorantreiben. Dazu ist es aber dringend notwendig, dass auch diese Landesregierung Forschungsmittel erhöht und gezielte Programme auflegt.
Es gibt bereits hoffnungsvolle Ansätze für Verfahren, die irgendwann grundlastfähige Energie erzeugen. Professor Dietz in Clausthal hat ein Verfahren entwickelt, bei dem Offshoreanlagen mit einem Mix aus Gezeitenkraftwerk und Ausnutzung eines schwachen Nordseegases grundlastfähige Energie erzeugen könnten. Bis ein solches Verfahren allerdings zur Anwendung kommen kann, muss auch in der Grundlast die Versorgungssicherheit gewährleistet sein. Wir müssen den Industriestandort Niedersachsen über eine verlässliche Energieversorgung stärken und weiterentwickeln können. Aus Klimaschutzgründen - damit komme ich zu der netten jungen Kollegin von vorhin - ist es unerlässlich, die alten ineffizienten und klimaschädlichen Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen. Damit könnten bereits heute 42 Millionen t Kohlendioxid pro Jahr eingespart werden.
Bei den neuen Anlagen setzen wir vorrangig auf Kraft-Wärme-Kopplung. Wir sind für die Intensivierung der Forschung bei der Abscheidung von CO2. Diesen Bereich hat die Landesregierung bisher völlig ignoriert.
Lieber Stefan Wenzel, euer Antrag klammert den Emissionsrechtehandel aus. Bei den dezentralen Anlagen kommt noch ein ganz großes Problem hinzu: Es fehlen die Netze, um den Strom zukünftig durchzuleiten.
Damit will ich es bewenden lassen. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Vielleicht bekommen wir gemeinsam etwas hin.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Emmerich-Kopatsch, ich muss fairerweise sagen: Das war eine Rede, die zwar nicht überall, aber doch in großen Teilen von Realismus geprägt war. Etwas anders war es bei Herrn Kollegen Wenzel. Er scheint an Amnesie zu leiden. Als Sie im Jahr 2000 gemeinsam mit der SPD den sogenannten Atomausstieg beschlossen haben, haben wir Ihnen damals gesagt, dass genau dies den Wiedereinstieg in die Kohlewirtschaft bedeuten würde.
Jetzt sind wir genau an diesem Punkt. Selbst bei optimistischen Prognosen für den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Reduzierung des Stromverbrauchs wird in Deutschland in absehbarer Zeit weniger Strom produziert werden, als benötigt wird. Das sagen nicht nur CDU und FDP, sondern u. a. die von uns allen - zumindest bisher - geschätzte Deutsche Energie-Agentur, die ebenfalls für eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke plädiert.
Herr Wenzel, wir haben Ihren Atomausstieg immer für falsch gehalten. Im Gegensatz zu Ihnen stecken wir aber nicht den Kopf in den Sand.
Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Kohle allein ist nicht die erste Wahl. Wenn wir aufgrund des Atomkonsenses an neuen Kohlekraftwerken aber nicht vorbeikommen, dann ist es mir lieber, dass diese in Niedersachsen gebaut werden, wo die Kohle an der Küste ankommt, als dass die Arbeitsplätze woanders entstehen.
Frau Kollegin Emmerich-Kopatsch, bei Ihnen habe ich das Gefühl, dass Sie auf einem guten Weg sind. Vielleicht muss man aber einigen in der SPD noch einmal sagen, was Ihr Bundesumweltminister und niedersächsischer Parteifreund dazu meint. Ich habe mir einmal die Hannoversche Allgemeine
Zeitung von heute angeschaut. In der Überschrift steht „Umweltminister setzt auf Strom aus Kohle“. In dem Artikel heißt es:
„Bis 2012 müssten als Ersatz für alte Kraftwerke neun bis zehn neue Anlagen gebaut werden, sagte Gabriel vor Mitgliedern des rechten Parteiflügels, des sogenannten Seeheimer Kreises.“
Ich weiß, Herr Jüttner hat keinen guten Zugang zu diesen Kollegen. Nichtsdestotrotz kann er sich ja vielleicht privat bei Herrn Gabriel informieren. Weiter heißt es:
„Ein Verbot der Kohleverstromung würde laut Gabriel nur dazu führen, dass die leistungsschwachen veralteten Anlagen, die große Mengen des Klimakillers Kohlendioxid ausstoßen, und auch die Atomkraftwerke länger laufen müssten.“
Selbst wenn man mittelfristig 40 % oder meinetwegen auch 50 % an erneuerbaren Energien erreicht, muss man den Menschen erklären, wie die anderen 60 oder 50 % produziert werden sollen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wer dann noch sagt, dass man Kohle- und Kernenergie nicht braucht, der hat entweder keine Ahnung von einfacher Mathematik, meine Damen und Herren, oder er erzählt bewusst die Unwahrheit.
In Deutschland gehen zwar nicht sofort die Lichter aus, aber die Last haben am Ende die Stromkunden zu tragen, wie es Herr Wenzel schon angesprochen hat. Sie müssen dann für den teuren Importstrom bezahlen.
Sie haben vorhin über Monopole und Monopolgewinne geredet, Herr Kollege Wenzel. SPD und Grüne sind die Parteien, die den Energieunternehmen Milliardengeschenke in Form von kostenlosen CO2-Zertifikaten gemacht haben. Es sind die beiden Parteien, die die Megafusion von E.ON und Ruhrgas gegen den Willen des Bundeskartellamtes durchgedrückt haben. Es sind die beiden Parteien, die den Strompreis wie keine Bundesregierung zuvor durch massive Steuererhöhungen in die Höhe getrieben haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Parteien haben jedes Recht verspielt, sich hier als Anwalt der Stromkunden hinzustellen.
- Herr Kollege Bartling, Sie wissen, wie wir im Landtag damit umgehen. Sie wissen auch, wie ich persönlich es sehe. Ich bitte Sie, sich zu mäßigen. Danke schön. - Herr Sander!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben schon in der gestrigen Aktuellen Stunde einige Argumente ausgetauscht. Ich muss anerkennend feststellen, Frau Emmerich-Kopatsch, es wirkt sich langsam positiv aus, dass Sie gemeinsam mit Herrn Gabriel in einem Bezirks- und Landesverband tätig sind.
Wenn man die Überschrift in der heutigen Ausgabe der HAZ mit dem vergleicht, was Sie gesagt haben, kann man wirklich nur hoffen, dass zumindest Sie unseren Weg mit einschlagen wollen, was die Landesregierung begrüßt.
Herr Wenzel, ich verstehe Sie langsam nicht mehr. Sie schüren Ängste. Das haben Sie bei der Kernenergie gemacht, und das betreiben Sie auch heute noch. Ihrem wirtschaftspolitischen Sprecher passt es ja nicht, dass in Niedersachsen eine positive Wirtschaftsentwicklung festzustellen ist. Das ist einer der Gründe, warum Sie, was unverantwortlich ist, jetzt den Energiestandort Niedersachsen miesmachen.
Wir setzen unsere Hoffnung darauf, dass durch die Investoren, und zwar nicht durch die vier großen bekannten deutschen, sondern die Investoren aus dem Ausland - aus Dänemark, aus Belgien und der Schweiz -, mehr Wettbewerb entsteht und die Preise für die Verbraucher unter Umständen günstiger werden.
eingehen. Frau Emmerich-Kopatsch, Sie haben ja schon deutlich gemacht, dass es sich mit den Zahlen für Niedersachsen noch ganz anders verhält. Rund 57 % unserer Grundlast-Stromerzeugung stammt heute aus der Kernenergie. Die letzten Kernkraftwerke gehen 2022 vom Netz. Deswegen könnte man alleine aus niedersächsischer Sicht schon ganz zufrieden sein. Aber bis dahin muss Ersatz dafür geschaffen werden. Herr Dürr hat es Ihnen schon gesagt: Selbst unter den günstigsten Voraussetzungen müssen in der Bundesrepublik mindestens 50 % des Stroms in konventionellen Kraftwerken hergestellt werden.
Herr Wenzel, Ihr damaliger Umweltminister ist zum Teil unverantwortlich mit den erneuerbaren Energien umgegangen, gerade im Bereich von Sunfuel, Rapsöl und Bioanlagen. Und wir spüren jetzt die Auswirkungen. Es waren nämlich zu kleine Anlagen, Anlagen, bei denen keine Direkteinspeisung möglich ist.
Diese Unternehmen, die Rapsmühlen gehen eine nach der anderen pleite wie jetzt in Wittingen oder Ottenstein. Die Zeche zahlen die Bürger. Und Sie gaukeln den Menschen noch vor, das sei ein Erfolg.
Wir haben Probleme, die Sie mit der unüberlegten Politik Ihres Umweltministers damals hervorgerufen haben.
Meine Damen und Herren, Sie werfen der Landesregierung vor, sie würde mehr CO2 durch moderne Kraftwerke erzeugen und sich darum reißen, Kohlekraftwerke in Niedersachsen anzusiedeln. Frau Emmerich-Kopatsch, man kann ja darüber streiten. Aber die Unternehmen bauen, nicht die Landesregierung. Die Landesregierung hat kein Planungsrecht, und die Verfahren müssen gemäß BImSchG ablaufen. Wenn das BImSchG nicht eingehalten wird, wird keine Genehmigung erteilt, das wissen Sie. Aber die Unternehmen entscheiden, wie es für sie am wirtschaftlichsten ist.
In Moorburg haben heute 3 000 Menschen für das Kraftwerk demonstriert. Herr Kollege Wenzel, Sie haben dem Landtag gedroht, wir würden schon noch die Macht der Bürgerinitiativen sehen - so haben Sie es eben bezeichnet. Heute waren die Sorgen der Bürger und insbesondere der Gewerkschaften und der Arbeitnehmer sehr groß.
Frau Emmerich-Kopatsch, es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder bauen Sie die Kraftwerke dort, wo der Strom benötigt wird, oder Sie bauen sie an der Küste, wo Sie die Kohle möglichst preisgünstig anlanden und dann die Energie durch das Stromnetz in die Verbrauchsgebiete weiterleiten können. Das können wir nicht lenken. Das ist eine unternehmerische Entscheidung. Aber gerade in Niedersachsen bei den riesigen Investitionsvorhaben in Wilhelmshaven, in Stade, in Emden an der Küste wird Strom benötigt, und zwar schnell. Daher wäre es zumindest ökologisch sehr fragwürdig, wenn man die Importkohle ins Binnenland, nach München oder nach Stuttgart, transportieren würde.