Protocol of the Session on April 10, 2008

Angesichts der skandalösen Vorgänge in Guantánamo wäre das ja wohl mehr als angemessen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann auch noch ein anderes Beispiel geben, das ganz in der Nähe von Europa liegt. Der Konflikt, über den wir sprechen, ist mit dem Konflikt Kurdistan/Türkei durchaus vergleichbar. Ein Vorredner hat gestern gesagt, die Olympischen Spiele hätten ja auch nach Istanbul vergeben werden können. Ich möchte nicht wissen, was dann passiert wäre. Dann hätte die gleiche Instrumentalisierung der Olympischen Spiele stattgefunden, indem kurdische Bewegungen unterdrückt worden wären, wie vor Kurzem anlässlich des Newroz-Festes in Diyarbakir und in anderen Orten des kurdischen Teils der Türkei geschehen. Diese Problematik haben wir also auch bei anderen Gelegenheiten. Lassen Sie uns nicht immer so selektiv auf diese Vorgänge reagieren!

Zum Schluss will ich, was die Instrumentalisierung von Olympia betrifft, Folgendes sagen: Der Olympische Gedanke wird schon durch die zunehmende Kommerzialisierung instrumentalisiert. Ihn jetzt auch noch politisch zu instrumentalisieren, ist kein Gewinn für den Sport. Deswegen finden wir das nicht richtig.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Nächster Redner ist Jörg Bode von der FDPFraktion. Herr Bode, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte über die Menschenrechtsverletzungen und die Menschenrechtsprobleme in China und in Tibet hat eine Vorgeschichte im gestrigen Tag und in der Debatte in der Aktuellen Stunde im Landtag. Auch in der gestrigen Debatte haben sich, wie ich denke, die vier demokratischen Fraktionen im Landtag eindeutig geäußert, was wohltuend ist, und es gab Zweifel bei den Äußerungen des Vertreters der Fraktion der Linken. Herr Sohn, nach Ihren gestrigen Ausführungen gab es bei uns natürlich Zweifel daran, ob es gelingen kann, mit fünf Fraktionen einen gemeinsamen Entschließungsantrag zu dieser Frage zustande zu bringen. Ihre heutigen Ausführungen, in denen Sie uns vorgeworfen haben, die Regierungsfraktionen hät

ten ihre Mittagspause nicht anders planen wollen, um zu einem Nenner zu kommen, waren schon ziemlich dreist, da wir die ganze Nacht über und auch noch heute zusammengesessen und gemeinsam versucht haben, einen Antrag zusammenzuschustern, während Sie heute zwei Minuten vor der Mittagspause ankamen und sagten: Ich hätte hier mal ein paar Formulierungen. - Nach dem, was Herr Adler hier eben vorgetragen hat, bin ich eigentlich ganz froh, dass wir nur zu viert einen vernünftigen Entschließungsantrag formuliert haben, den wir hier mit einer breiten Mehrheit des Niedersächsischen Landtags beschließen werden.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Adler, ich kann es Ihnen und den Zuhörern nicht ersparen; denn ich habe es genau mitgeschrieben. Man muss sich das, was Sie hier gesagt haben, einmal auf der Zunge zergehen lassen. Sie haben gesagt: Im Tibet müsste man doch einmal genau hinschauen, damit man das Böse auf beiden Seiten sucht. - Da erleben Sie mit uns als FDP in der Historie von Walter Scheel, von Hans-Dietrich Genscher und von Klaus Kinkel in der Außenpolitik jemanden, der sich so etwas in einem gemeinsamen Antrag in keiner Art und Weise bieten lassen kann. Wir haben uns in der Historie der FDP und gemeinsam mit den anderen Volksparteien immer für die Öffnung und für die Entspannung eingesetzt und mit allen Instrumentarien versucht, die Menschenrechtssituation nicht nur in China, sondern auch in anderen Ländern, in denen sie problematisch ist, zu verbessern. Vor dem Hintergrund kann ich das, was Sie hier gesagt haben, nicht fassen!

(Zurufe von der LINKEN: Warum?)

Aber daran muss man sich hier in den nächsten fünf Jahren wohl gewöhnen.

Frau Helmhold, Sie haben mit Ihrer Darstellung recht, dass jede Fraktion in diesem Entschließungsantrag einen anderen Schwerpunkt hat. Das ist auch üblich, wenn man sich von verschiedenen Gesichtspunkten leiten lässt. Der eine sieht den Sport und Olympia als einen der wesentlichen Bereiche. Ich finde es doch beeindruckend, dass wir hier heute ein Interview des Dalai Lama erlebt haben, in dem der Dalai Lama dazu aufgerufen hat, keinen Boykott der Olympischen Spiele vorzunehmen, und dazu aufgerufen hat, die Olympischen Spiele in China zu unterstützen. Dem hat er hinzugefügt, dass er das auch selbst tun werde. - China ist ein Land mit einer langen Kultur und das

bevölkerungsreichste Land der Welt. Diese kulturelle Geschichte und die Menschen in China haben natürlich ein Anrecht darauf, dass auch dort einmal derartige Ereignisse stattfinden. Wir alle haben bei der Vergabe bewusst darauf hinwirken wollen, dass durch diese Entscheidung die Menschenrechtssituation in China verbessert wird. Das ist bisher nicht eingetreten. Man kann hoffen, dass vielleicht jetzt in China ein entsprechendes Einsehen stattfindet und der erwünschte Effekt noch eintritt.

Andere Redner haben auch gestern andere Schwerpunkte gesetzt, wie beispielsweise Herr Schwarz, der auch den wirtschaftlichen Aspekt bei Partnerschaften in den Vordergrund gestellt hat. Das wird auch für uns immer ein wesentlicher Aspekt bleiben, und zwar nicht nur, weil auch Niedersachsen Vorteile aus einer wirtschaftlichen Entwicklung hat. Es ist nun einmal so, wie wir in unserem Entschließungsantrag ausführen, dass sich insbesondere die Situation in China durch die Partnerschaften verbessert. In dem Moment, in dem dort Wirtschaftswachstum stattfindet, dort Menschen ausgebildet werden und höher qualifizierte Arbeitsplätze besetzen und mehr Menschen Zugang zu Bildung und zu Hochschulen bekommen und in diesem Globalisierungsprozess Austausche mit Europa stattfinden, wird sich das Bewusstsein der dort lebenden Menschen verbessern und wird dort der Wille nach mehr Freiheit, nach mehr Rechten, nach mehr Autonomie und nach mehr Freiheit gedeihen. Deshalb ist aus unserer Sicht auch der wirtschaftliche Kontakt für die Menschenrechte vor Ort sehr wichtig.

So kann man zusammenfassend sagen: Jede Fraktion hat in diesem Antrag ihre besonderen Schwerpunkte. Ich freue mich sehr darüber, dass wir diesen Antrag hier heute mit einer so großen Mehrheit und Einmütigkeit beschließen werden, und wir hoffen, dass - genau so, wie Frau Helmhold es gesagt hat - durch die Übermittlung dieser Resolution an unsere Partnerschaften in China dort das Signal wahrgenommen wird und dass man dort, genau so, wie wir es wollen, künftig mehr für die Menschenrechte tut.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Ministerpräsident. Herr Ministerpräsident, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es sehr kurz machen. Ich bedanke mich dafür, dass es zu einem fraktionsübergreifenden Antrag der CDU, der SPD, der FDP und der Grünen gekommen ist und dass damit diese Entschließung eine breite Mehrheit finden wird. Ich finde, sie nimmt das angemessen auf, was der Dalai Lama selbst in Interviews - bis heute Vormittag übertragen - zum Verbleib Tibets in der Volksrepublik Chinas gesagt hat. Das entspricht auch der deutschen Ein-China-Politik, beide Seiten zum Gewaltverzicht aufzurufen und für kulturelle Autonomie für Tibet einzutreten. Diese klare Haltung des Landesparlamentes in Niedersachsen erleichtert natürlich den Bau tragfähiger Brücken.

Ich bin allerdings genauso dankbar dafür, dass hier alle Rednerinnen und Redner dazu ermutigt haben, diesen Weg in Richtung China weiterzugehen. Wir als Land Niedersachsen haben zwar nur bescheidene Möglichkeiten, sind aber doch stärker in China präsent als nahezu jedes andere Bundesland. In Shanghai gibt es inzwischen über 150 niedersächsische Unternehmen. Wir haben eine intensive Partnerschaft. Es war die erste eines Bundeslandes; darauf hat Herr Dr. Althusmann hingewiesen. Wir haben heute eine Verpflichtung bei Landwirtschaft, bei Wissenschaft, bei Hochschulen, aber auch in der Wirtschaft. Unternehmen wie Volkswagen, TUI, aber auch die Deutsche Managementakademie oder die CeBIT Asia in Shanghai sind vor Ort sehr stark präsent, zum Teil Marktführer, und sie alle haben eine Verantwortung, diese starke wirtschaftliche Rolle auch für soziale Verbesserungen, für Menschenrechte, für die Öffnung des Landes, für Minderheitenbeteiligungen und für Oppositionsrechte zu nutzen.

Ich bin dagegen, dass man gänzlich trennt und sagt: Was hat Olympia mit Politik zu tun? - Nein, hier besteht immer die Gefahr, dass Olympische Spiele ins Gegenteil verkehrt werden, dass sie genutzt und instrumentalisiert werden. Deshalb bin ich betont nicht Ihrer Meinung, Herr Sohn, und auch nicht der des zweiten Redners der Partei der Linken, dass man diese Dinge voneinander trennen müsse. Ich bin froh darüber, dass wir die Gelegenheit nutzen, auf die Menschenrechtsfrage in China hinzuweisen. Ich denke, dass ich gestern für

die Landesregierung dazu das Notwendige gesagt habe. Wir begrüßen die Entschließung und werden versuchen, sie mit unseren Möglichkeiten umzusetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Althusmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir geht es nur um eine Klarstellung.

Erstens. Herr Sohn und Herr Adler, Sie berufen sich einzig und allein auf einen einzigen Korrespondenten, nämlich auf Georg Blume, der in einigen Medien - in Deutschland im Übrigen beim Spiegel, beim Economist und anderswo - zitiert wurde. Uns liegt inzwischen ein Schreiben des Generalkonsulats China in Hamburg vor, dass an den Fraktionsvorsitzenden der CDU und - das nehme ich an - auch an die anderen Fraktionsvorsitzenden gegangen ist, in dem den Medien in Deutschland sehr generell unterstellt wird, sie hätten ihre Unabhängigkeit verloren und würden nicht auf den einzigen Berichterstatter, der überhaupt noch glaubwürdig sei, hören. Stattdessen gibt es natürlich noch einige andere Zeugen, Augenzeugen, die vor Ort ganz andere Dinge berichtet haben als Herr Blum.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Das war nicht der von Economist!)

Aber mir geht es nicht darum. Sie haben gerade gesagt, Sie könnten unserem Antrag nicht zustimmen, weil Frau Merkel, wenn sie in die USA reist, die Problematik Guantánamo nicht entsprechend anspreche. Ich darf zitieren:

„Wenige Tage vor ihrem Antrittsbesuch in den USA hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Schließung des umstrittenen US-Gefangenenlagers Guantánamo gefordert. ‚Eine Institution wie Guantánamo kann und darf auf Dauer so nicht existieren. Es müssen Mittel und Wege für einen anderen Umgang mit den Gefangenen gefunden werden.’“

Ich denke, das ist ein weiterer Beweis dafür, dass unsere Bundeskanzlerin das Thema Menschen

rechte ausgesprochen ernst nimmt, egal, wo auf dieser Welt Menschenrechte infrage stehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer persönlichen Bemerkung hat sich Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE gemeldet. Ich verweise noch einmal auf § 76 der Geschäftsordnung:

„Das Mitglied des Landtages darf in der persönlichen Bemerkung nur Angriffe zurückweisen, die in der Aussprache gegen es gerichtet wurden, oder eigene Ausführungen berichtigen.“

Herr Adler, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin eben falsch zitiert worden; deshalb habe ich mich gemeldet. Ich habe nicht das Böse auf der anderen Seite gesucht, sondern ich habe lediglich auf den Umstand verweisen wollen - ich glaube, ich habe das auch deutlich gemacht -, dass Gewalttaten, nämlich die Verwüstung von mehreren hundert Tibeter Läden, Banken und Hotels durch Chinesen, zu verurteilen sind. Das meinte ich mit dem Bösen. Das, glaube ich, ist auch auf der einen Seite vorhanden. Es hat überhaupt nichts damit zu tun, dass das Böse auf der anderen Seite ist, wenn Freiheitsbestrebungen oder Bestrebungen für Autonomie unterdrückt werden.

Ich bitte zur Kenntnis zu nehmen, dass ich mich so differenziert geäußert habe. Drehen Sie mir nicht das Wort im Munde herum!

(Beifall bei der LINKEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich schließe die Beratung.

Die Fraktionen sind übereingekommen, über die Anträge sofort abzustimmen.

Der guten Ordnung halber frage ich dennoch, ob zu einem der Anträge Ausschussüberweisung beantragt wird. - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Dann stimmen wir jetzt über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 16/79 und da

nach über den gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 16/80 ab.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 16/79 zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag wurde abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 16/80. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ist es korrekt, dass auch das fraktionslose Mitglied dagegen gestimmt hat?

(Christel Wegner [fraktionslos]: Ja!)

Der Antrag wurde angenommen.