Protocol of the Session on June 16, 2009

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich mich im Namen meiner Fraktion herzlich bei der Strukturkommission und ihren Mitgliedern unter der Führung von Herrn Professor Klockner bedanken. Sie haben wichtige Anstöße und Empfehlungen ausgesprochen und uns damit geholfen, dieses Gesetz vorzulegen. Für die Hochschulen im Nordwesten beginnt heute eine neue Zeit - eine gute und eine bessere Zeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Dr. Heinen-Kljajić das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf zur Defusion der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven hätte die Möglichkeit bestanden, die früheren Fehler der SPD-Vorgängerregierung zu korrigieren. Jetzt wird einfach nur ein Fehler behoben, indem er durch einen anderen ersetzt wird. Zum wiederholten Mal heißt das Motto Ihrer Hochschulpolitik „Nieder mit der Hochschulautonomie, es lebe der Staatsdirigismus“.

Der Sinn der Empfehlung der Experten, die Fusion der Fachhochschulen rückgängig zu machen, wird in diesem Hause, wie ich glaube, von niemandem

bestritten. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, die vorgeschlagene Umsetzung zeugt aber wieder einmal vom rückwärtsgewandten Geist Ihrer Hochschulpolitik. Statt auf Hochschulautonomie setzen Sie auf das Modell des Staatskommissars, der den Senaten schlicht eine Statistenrolle zuweist. Sechs Jahre lang sollen die vom Minister eingesetzten Präsidien der beiden Fachhochschulen ihre Häuser ohne die Legitimation und damit ohne die Rückendeckung ihrer eigenen Hochschulgremien leiten. Einen solchen Eingriff in die Hochschulautonomie haben Sie nicht einmal der Universität Lüneburg zugemutet, die, wie ich finde, wesentlich schwierigere Startbedingungen als jetzt die Hochschulen der ehemaligen FH OOW hatte.

Immerhin haben Sie nach der Anhörung das Recht des Senats, ein Präsidium abzuwählen, wieder aufgenommen. Das lindert zwar das Problem, aber es löst es nicht.

Außerdem beschneiden Sie nicht nur die Autonomie der entflochtenen Fachhochschulen. Durch den Lenkungsausschuss - das hat Frau Kollegin Andretta schon angesprochen -, der die gemeinsame Entwicklungsplanung der Fachhochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth und der Universität Oldenburg festlegen soll, wird die Autonomie der Universität Oldenburg gleich mit einkassiert. Obwohl die Entwicklungsplanung nach dem Niedersächsischen Hochschulgesetz eigentlich ausdrücklich in die Zuständigkeit der Senate fällt, hat jetzt ein Gremium das letzte Wort, in dem die Senate überhaupt nicht vorkommen. Nicht einmal das verfassungsrechtlich vorgegebene Aufsichts- und Informationsrecht gegenüber dem neu einzurichtenden Leitungsorgan ist hier noch gegeben. Die jeweiligen Präsidien sind zwar im Lenkungsausschuss vertreten, aber im Zweifel hängen die Entscheidungen dieses Gremiums von der Stimme eines Dritten ab, der vom Ministerium eingesetzt worden ist. Kommt es zum Konfliktfall, entscheidet letztendlich der Minister höchstselbst.

Auch wenn Sie nach der Anhörung von der Idee eines gemeinsamen Hochschulrates abgerückt sind und den Lenkungsausschuss nicht mehr in die Berufungsverfahren einbinden - mit autonomer Hochschule hat das vorliegende Gesetz nun wahrlich nichts zu tun. Wie schon beim Gesetz über die Gründung der NTH haben Sie die Warnungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes ignoriert und begeben sich verfassungsrechtlich zumindest auf ziemlich dünnes Eis.

Diesen Zangengriff mit ministeriellem Durchgriffsrecht - das ist meines Erachtens der größte Skandal - verpassen Sie noch nicht einmal quasi auf dem Boden liegenden Hochschulen, die dringend einer Intervention von außen bedürften. Herr Nacke, Sie haben eben selbst von einem Leuchtturm gesprochen. Herr Kollege Grascha hat die Leistungen der Fachhochschulen erwähnt. Sowohl die Universität Oldenburg als auch die Fachhochschulen brauchen den Vergleich mit anderen Hochschulen in Niedersachsen nicht zu scheuen. Herr Minister, Sie haben den Hochschulen Ihres Heimatortes Oldenburg einen Bärendienst erwiesen. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem Oldenburg den Titel „Stadt der Wissenschaft“ trägt, in dem der regionalen wie der überregionalen Öffentlichkeit demonstriert werden soll, dass Oldenburg als Wissenschaftsstandort für morgen gewappnet ist, verpassen Sie den Hochschulen eine Rosskur mit Rezepten von gestern. Sie bleiben in der Frage der Hochschulautonomie unbelehrbar. Wo immer Sie sich an Hochschulkooperationen versuchen - ob es die NTH war oder ob es jetzt die Hochschulen in Oldenburg sind -, hinterlassen Sie Leitungsgremien, die ohne Rückdeckung ihrer Kollegialorgane arbeiten müssen. Sie hinterlassen demotivierte Leistungsträger - das haben Sie eben erwähnt, Herr Nacke -, was eigentlich durch die Defusion jetzt hätte behoben werden müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So richtig die Entscheidung war, die Fusion der Fachhochschulen rückgängig zu machen - diesem Gesetz kann man nicht zustimmen, lieber Herr Nacke. Das hat auch nichts mit Sturheit zu tun. Dieses Gesetz schafft neue Probleme, statt neue Lösungen zu bringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Herr Adler zu Wort gemeldet. Herr Adler, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zusammenlegung der drei Fachhochschulen im Nordwesten basierte auf einem zentralistischen Konzept. Dieses zentralistische Konzept ist gescheitert. Das hat die Praxis bewiesen. Nun wird dieser Fehler korrigiert. Unserer Meinung nach wäre es konsequent gewesen, wenn man die drei ursprünglichen Fachhochschulen wiederher

gestellt hätte; denn zwischen den Fachhochschulen Oldenburg und Wilhelmshaven besteht nach wie vor ein Abstand von 60 km, was die Gremienarbeit und auch die Zusammenarbeit der jeweiligen Verwaltungen ausgesprochen kompliziert macht.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wäre also richtig gewesen, den alten Zustand mit drei Fachhochschulen wiederherzustellen. Dies ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass Sie, Herr Minister, versucht haben, dieses Gesetz in einem Schnellverfahren durchzubringen. Bei einer Beratung, die wir hier im Landtag am Rande geführt haben, haben Sie gesagt: Wir machen das so, damit wir nicht eine Expertenanhörung durchführen müssen, wie es bei einem Regierungsentwurf der Fall wäre. Wir wählen deshalb den Weg über die Fraktionen.

(Jens Nacke [CDU]: Sie kennen doch noch nicht einmal den Unterschied!)

- Doch, es gibt einen Unterschied.

(Jens Nacke [CDU]: Sie haben doch Frau Heinen-Kljajić nach dem Unter- schied gefragt!)

In diesem Verfahren konnten Sie es sich aber nicht ersparen, zur Kenntnis zu nehmen, was Ihnen die Experten gesagt haben. Was Sie bei dieser Anhörung gehört haben, war für Sie ein Fiasko. Es war eine totale Blamage für den Wissenschaftsminister.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass es hier nicht wirklich um ein Gesetz der Fraktionen von CDU und FDP, wie es vordergründig heißt, geht, hat der Minister - manchmal sind Worte ja verräterisch - in einem Interview in der Nordwest-Zeitung gesagt. Zu dem Ergebnis der Anhörung sagte er - ich zitiere -:

„Bei der Anhörung haben sich einige Kritikpunkte ergeben, die ich aufgreifen werde.“

Herr Stratmann ist gar nicht Mitglied dieses Hauses. Was hat er da aufzugreifen? - Das zeigt, wes Geistes Kind dieser Gesetzentwurf ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Der kritischste Punkt dieses Gesetzentwurfs ist in der Tat der Lenkungsausschuss, der neudeutsch Steering Board genannt wird. Ich verweise hier auf § 54 a des Niedersächsischen Hochschulgesetzes. Eigentlich hat die Carl-von-Ossietzky-Universität

mit der Frage der Defusion der Fachhochschulen gar nichts zu tun. Sie haben sie bei dieser Gelegenheit aber ohne Not mit hineingenommen. Mit diesem Lenkungsausschuss haben Sie ein Gremium geschaffen, in dem die Vertreter einer Hochschule, nämlich die Präsidien zusammen mit dem Vertreter des Ministeriums, jeweils die andere Hochschule überstimmen können. Jetzt zitiere ich den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst: Der Lenkungsausschuss hat weitgehende Entscheidungsbefugnisse. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst kommt zu dem Ergebnis, dass erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Sie sind nicht gänzlich ausgeräumt - so wurde es höflich und vorsichtig formuliert. Ich bin der Meinung, wenn Sie den jeweiligen Hochschulen ein solches Gremium überstülpen, schaffen Sie eine verfassungswidrige Regelung. Ich bin froh, dass die SPD-Fraktion meiner Anregung, die ich im Rechtsausschuss geäußert habe, gefolgt ist. Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, dieses Gesetz beim Staatsgerichtshof zu Fall zu bringen! Es ist eindeutig verfassungswidrig, weil es gegen die Hochschulautonomie verstößt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein letztes Argument. Herr Minister, Sie kennen die gegenwärtige Situation an der Carl-von-OssietzkyUniversität. Diese Universität hat gegenwärtig keine Präsidentin und keinen Präsidenten. Nun schaffen Sie eine Situation, in der sich jeder, der sich um dieses Amt bewirbt, mit der Frage konfrontiert sehen muss, dass ihm demnächst ein Vorsitzender des Lenkungsausschusses vor die Nase gesetzt wird. Meinen Sie, dass Sie jetzt noch eine qualifizierte Präsidentin oder einen qualifizierten Präsidenten finden werden? Ich glaube es nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Wulf noch einmal zu Wort gemeldet. Sie haben noch 2:13 Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 23. Mai haben Sie, Minister Stratmann, in der Nordwest-Zeitung unter der Überschrift „An Hochschulen nichts erzwingen“ ausgeführt:

„Mir ist sehr daran gelegen, nicht die Fehler der SPD-Vorgängerregierung zu wiederholen, indem ich eben nicht

versuche, etwas von oben aufzustülpen.“

Doch was tun Sie nun? - Genau das tun Sie, Sie stülpen nämlich der Fachhochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth und der Carl-von-Ossietzky-Universität eben doch etwas von oben auf, nämlich jenen schon zitierten unsäglichen Lenkungsausschuss.

Herr Stratmann, wenn es Ihnen wirklich, wie Sie im Interview ausgeführt haben, um eine breite Zustimmung im Parlament oder auch vor Ort gegangen wäre, dann hätten Sie auf den Lenkungsausschuss in dieser Form verzichtet.

Es geht hier nicht darum, ob man eine Kooperation eingeht oder nicht. Eine Kooperation wollen alle Beteiligten. Es kommt - so wie Gabi Andretta es gesagt hat - entscheidend auf das Wie an. Nicht nur wir sind der Meinung, dass der vorgesehene Lenkungsausschuss - das muss ich ganz eindeutig sagen, Kollege Nacke - die Hochschulen entmündigt, sondern das haben alle beteiligten Hochschulen in der Anhörung ganz klar und deutlich gesagt!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Präsidenten der beiden beteiligten Hochschulen werden durch diesen Lenkungsausschuss in ihrer Tätigkeit entmündigt. Bei den Entscheidungen insbesondere über die Steuerung der Hochschule hat der Ministeriumsvertreter das Sagen. In Oldenburg wird bereits gemunkelt, wer das sein könnte. Viele ahnen es. Nennen Sie das Freiheit der Wissenschaft? - Wir nicht. Dies ist eindeutig eine Kastration der Hochschulautonomie.

Meine Damen und Herren, die Situation für die Oldenburger Universität - das hat Herr Adler gerade gesagt - ist im Augenblick tatsächlich etwas schwierig, nicht nur vor dem Hintergrund der nicht vorhandenen Präsidenten, sondern auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Studierendenzahlen rapide abgenommen haben. Auch das liegt im Übrigen wesentlich an Ihrer Politik, nämlich an den Studiengebühren. An der 40 km entfernt liegenden Universität Bremen gibt es nämlich keine Studiengebühren. Dort gehen die Studenten im Augenblick hin.

(Beifall bei der SPD)

In einer solchen Situation käme es natürlich entscheidend darauf an, einen starken Präsidenten zu haben. Das ist vollkommen klar. Wer soll sich aber jetzt noch um den Posten des Präsidenten bewer

ben, wenn man sowieso nur Präsident zweiter Ordnung ist und alle Zukunftsentscheidungen doch in der Hand des Ministeriums liegen?

Kommen Sie bitte zum Schluss. Sie haben Ihre Redezeit bereits überzogen.

Das tue ich, Herr Präsident. - Richtig wäre es, mitzunehmen und gemeinsam zu gestalten. Sie führen nur vor und halten eng an der Leine, im wahrsten Sinne des Wortes.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD - Unruhe)