Protocol of the Session on May 13, 2009

Danke schön, Frau Rübke. - Zu einer Kurzintervention auf Ihre Rede erteile ich Herrn Perli von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rübke, zu einem Argument muss ich doch etwas sagen. Sie haben beklagt, dass die Teilnahme an den studentischen Wahlen zu gering sei. Das ist doch eine ganz klare Sache von Nutzen und Aufwand: Wenn man nichts zu entscheiden hat, dann geht man auch nicht zu den Wahlen. Das ist doch das Problem.

(Widerspruch von der SPD)

Die studentischen Mitbestimmungsgremien haben viel zu wenige Einflussmöglichkeiten. Deswegen nutzen die Studierenden diese Möglichkeit nicht im ausreichenden Maße.

Im Übrigen begeben Sie sich in ein sehr gefährliches Terrain; denn dies ist die Argumentation von Roland Koch gewesen, um die studentische Mitbestimmung in Hessen per se abzuschaffen, es sei denn, die Teilnahme an den Wahlen betrüge 25 % der Studierenden. Was ist dann passiert? Auf einmal war die Wahlbeteiligung wesentlich höher. Sie ist sogar noch heute höher als die Wahlbeteiligung an den Kommunalwahlen in Hessen.

Ich denke, gerade Sie als die SPD sollten aufpassen, dass Sie sich nicht in dieses Fahrwasser be

geben, was dazu führt, dass die studentischen Mitbestimmungsrechte noch mehr beschnitten anstatt gestärkt würden.

(Beifall bei der LINKEN - Widerspruch von Jutta Rübke [SPD])

Frau Kollegin Rübke möchte antworten? - Nein, aber dafür Frau Dr. Andretta. Bitte schön, Sie haben eineinhalb Minuten Redezeit.

Lieber Kollege Perli, die Probleme bei der Beteiligung der Studierenden - die niedrigen Quoten - sind nicht erst ein Ergebnis der Reform der niedersächsischen Hochschulverfassung. Darin sind in der Tat bestehende Möglichkeiten zur demokratischen Teilhabe abgebaut worden; das sehen auch wir. Den Weg, den Sie gehen, dass Sie glauben, dass man mit Sitzungsgeldern gegensteuern kann, verkennt in unseren Augen völlig das Problem. Das Problem ist mit der Studienorganisation begründbar. Wir treten für eine Stärkung ein, indem z. B. ein Vetorecht der Studierenden bei der Verwendung von Studiengebühren eingeführt wird. Das sind konkrete Forderungen, für die wir uns stark machen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Nun hat sich für die CDU-Fraktion Herr Kollege Brandes zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Perli, meine Damen und Herren von der Linken, ich hatte Ihnen schon bei der Einbringung Ihres Antrags gesagt, dass Ihre Überlegungen in die völlig falsche Richtung gehen. Deshalb wundern Sie sich nicht, wenn Sie jetzt etwas enttäuscht sind, dass die Beratungen äußerst kurz ausfallen.

Sie wollen - das ist jedenfalls mein Eindruck, aber ich glaube, auch der Eindruck der anderen Fraktionen -, was die Hochschulreform angeht, eine Rolle rückwärts machen. Das wollen wir nicht. Wir wollen unsere Hochschulreform fortsetzen.

Lesen Sie sich einmal die einzelnen Punkte durch und machen Sie sich klar, was diese bedeuten. Wir wollen die Hochschulreform fortsetzen, entsprechende Projekte wie beispielsweise Hochschulverbünde oder Anpassungen gesetzlicher Regelun

gen einbringen und diese Dinge vor allem auch umsetzen. Daran muss sich das Handeln immer orientieren, dass man die Dinge am Ende auch umsetzen kann. Selbstverständlich sollen die Hochschulen ihre Unabhängigkeit behalten. Selbstverständlich soll es dort auch Mitbestimmungsprozesse in den Entwicklungen geben. Wir wollen die Gremien aber nicht unnötig aufblähen und Entscheidungsprozesse verlängern oder sogar Blockadesituation provozieren. Wenn man das umsetzen würde, was Sie geschrieben haben, würde genau das passieren.

Wenn man die Qualität von Forschung und Lehre verbessern will - das wollen wir erreichen, meine Damen und Herren -, dann muss man genau das Gegenteil von dem tun, was Sie hier anregen.

(Victor Perli [LINKE]: Autoritäre Struk- turen einführen?)

Wir müssen professionelle Strukturen herstellen. Wir müssen Entscheidungswege zielführend gestalten und eher verkürzen als verlängern. Natürlich müssen wir die betreffenden Hochschulen auch frühzeitig einbinden. Was diese Grundsätze angeht - das ist auch deutlich geworden -, sind wir uns mit den anderen Fraktionen einig. Deshalb sind wir uns auch in der Ablehnung Ihres Antrages einig.

Weil Sie etwas enttäuscht sind, Herr Perli, dass wir uns vielleicht nicht lange genug mit Ihrem Antrag befasst haben, ein Tipp zum Schluss: Denken Sie noch einmal in Ruhe über die Dinge nach, die Sie dort anregen. Sprechen Sie vielleicht auch einmal mit den Universitäten. Das wäre vielleicht auch ganz gut; denn ein Blick in die Praxis hat eigentlich noch nie geschadet.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Er ist näher an der Praxis als Sie!)

Wenn Sie dann wirklich sinnvolle Punkte haben, dann bringen Sie diese ein, wenn das Niedersächsische Hochschulgesetz auf der Tagesordnung steht. Wenn die Dinge dann Hand und Fuß haben, können wir sie auch in die Beratungen einbeziehen und werden uns damit befassen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Er stu- diert noch! - Gegenruf von Jens Na- cke [CDU]: Welch Qualifikationsbe- leg!)

Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Dr. Heinen-Kljajić das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Perli, in Sachen Hochschulpolitik geraten Sie, offen gestanden, doch immer wieder auf recht zweifelhafte Abwege.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie machen sich hier ein ums andere Mal - ich glaube, ohne es zu merken - zum Verbündeten konservativer Reformkritiker, die sich um des Erhalts Ihrer Privilegien willen zu Besitzstandswahrern überholter Strukturen machen. Sie geben vor, mit Ihrem Modell einer angeblich demokratischen Hochschulsteuerung den gesellschaftlichen Anforderungen an Lehre und Forschung besser gerecht werden zu können. Aber faktisch ist, wenn man sich das, was Sie da vorschlagen, genau anschaut, genau das Gegenteil; denn das Ziel, die Hochschulen in den Dienst der Gesellschaft zu stellen - das ist zunächst einmal eine ehrenwerte Forderung -, erreicht man nicht dadurch, dass man sie zum abgeschotteten Mikrokosmos erklärt, der im Wesentlichen durch Binnenentscheidungen seiner Mitglieder gesteuert wird.

(Victor Perli [LINKE]: Das will nie- mand!)

Was, lieber Herr Perli, haben denn paritätische Mitbestimmungen inklusive Funktionärsprivilegien und einer Degradierung der Hochschulräte auf eine unverbindliche beratende Funktion mit Forschung und Lehre in gesellschaftlicher Verantwortung zu tun?

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Nichts!)

Was Sie in Ihrem Antrag vorschlagen, würde doch nur eine weitere Abschottung der Hochschulen von der Gesellschaft bedeuten, aber sicherlich keine Öffnung.

Agenten gesellschaftlicher Reformen werden Hochschulen doch nicht dadurch, dass man zu ihrer Steuerung ein vordemokratisches, ständisches Kurienwahlrecht einführt. Die aktuelle Herausforderung besteht nicht darin, die Binnendemokratie in den Hochschulen zu stärken, sondern darin, die Mitsprachemöglichkeiten der Eigentümerin, nämlich der Gesellschaft sicherzustellen. Erst recht brauchen wir keine Hochschulräte, in denen obligatorisch Kommunen, Gewerkschaften und

Industrie- und Handelskammern vertreten sind. Hochschulräte sollen doch keine Stakeholder sein, die als Interessenvertreter ihrer eigenen Gliederung marktwirtschaftliche Verteilungskämpfe in die Hochschulen tragen, sondern wir wollen Hochschulräte, die das Profil einer Hochschule stärken, die sich mit diesem Profil identifizieren und die Profilierung der Hochschule dann auch als gemeinsames Interesse begreifen.

Davon sind wir in der Realität - das gebe ich gerne zu - noch entfernt. Aber Ihre Vorschläge sind in dieser Frage wahrlich nicht hilfreich. Hochschulen, die zu stark über den internen Zwang eines Interessenausgleichs ihrer Mitglieder gesteuert werden - das hat die Vergangenheit hinlänglich gezeigt -, sind schlicht und ergreifend reformunfähig, weil das Partikularinteresse immer über das Gemeininteresse gestellt wird. Deshalb müssen die jüngsten Reformen der Hochschulsteuerung, jedenfalls aus grüner Sicht, weiterentwickelt, aber bestimmt nicht abgewickelt werden. Lieber Herr Perli, mehr vom Falschen macht Hochschulen nicht besser.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP - Jens Nacke [CDU]: Sehr gut!)

Herzlichen Dank. - Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Grascha. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Perli, wenn Sie über die Ausschussberatungen so enttäuscht sind: Vielleicht hat Herr Jüttner noch ein Taschentuch für Sie. Sie sollten sich deshalb noch einmal an ihn wenden.

(Victor Perli [LINKE]: Ein wenig ent- täuscht!)

Die Ausschussberatungen zu Ihrem Antrag haben es aus unserer Sicht an den Tag gebracht: Die Vorstellung, wie eine Hochschule funktionieren und arbeiten soll, sind zwischen den Linken und der FDP diametral unterschiedlich.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist ab und zu mal so in der Politik!)

Das ist für uns beruhigend, vielleicht für Sie auch.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir begreifen Hochschule als einen Ort, an dem Bildung vermittelt wird und an dem junge Menschen auf ihr späteres Berufsleben vorbereitet werden. Sie dagegen wollen eine Hochschule, die um ihrer selbst willen besteht und sich eher mit sich selbst beschäftigt als mit den Studierenden.

(Victor Perli [LINKE]: Quatsch!)

Sie fordern Sitzungsgeld, Aufwandsentschädigung sowie Anrechnung von Gremienarbeit.

(Victor Perli [LINKE]: Das ist Quatsch!)

Aus Sicht der FDP-Fraktion setzt das völlig falsche Anreize. Eine Hochschule soll in erster Linie für die Bildung von Studierenden da sein und nicht Sammelbecken von Leuten werden, die wegen der Gremienarbeit an den Hochschulen sind. Außerdem fragen wir uns: Woher soll das Geld kommen?

In weiteren Punkten Ihres Antrages geht es um den Hochschulrat. Wir halten den Hochschulrat weiterhin für ein sinnvolles Gremium, das dazu beiträgt, die Hochschule gesellschaftlich und wirtschaftlich zu öffnen. Die Hochschulen profitieren von diesem externen Sachverstand, und das wollen wir als FDP auf jeden Fall weiterentwickeln.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Lieber Herr Perli, es bleibt bei unserem Ausschussvotum. Wir werden den Antrag ablehnen.