Meine Damen und Herren, wir stimmen in den wesentlichen Dingen überein, was den Rettungsschirm, das Konjunkturpaket und auch die weitergehenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wie die Verlängerung der Kurzarbeit und die weitere Qualifizierung von Arbeitnehmern oder von von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmern angeht. Aber - um hier auch mit Gesine Schwan zu sprechen -: Wir dürfen die Wirklichkeit nicht ausblenden. Wir müssen aussprechen, was ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Und wir stellen für Niedersachsen fest: Kurzarbeit nimmt massiv zu. Massenentlassungen entwickeln sich sehr, sehr stark. Auch Ausbildungsplätze sind in Gefahr, wie hier von einigen Kollegen schon angesprochen worden ist. Wir steuern jetzt aber auch geradewegs auf eine große Ausbildungsmisere zu. Dagegen müssen wir etwas tun, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Unternehmen gehen in der Krise - jedenfalls einige, auch einige namhafte - dazu über, Strukturbereinigungen im Inland vorzunehmen. Kapazitäten werden ins Ausland verlagert, und inländische Kapazitäten werden abgebaut. Hier werden Arbeitsplätze vernichtet, und mit dem Rückenwind der Krise werden die Arbeitnehmer für Betriebsschließungen gefügig gemacht. Auch das ist ein Stück der Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Weil Niedersachsen eine bestimmte Struktur hat, trifft es hier bestimmte Regionen und Branchen besonders. Beispielhaft erwähnen möchte ich hier den Logistikbereich, die Mobilitätswirtschaft, aber auch die maritime Wirtschaft. Die Hafenbetriebe Wilhelmshaven haben inzwischen alle Leiharbeiter entlassen. Das ist die Realität, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Damit steigen natürlich auch die Anforderungen an die Beschäftigungspolitik des Landes Niedersachsen, insbesondere in der Krise. Wir brauchen einen öffentlichen Dienst, der Vorbildfunktion hat. Es gilt auf der einen Seite, gestützte Beschäftigung zu organisieren und den öffentlichen Sektor stabil zu halten. Auf der anderen Seite gilt es aber auch, im öffentlichen Dienst weitere Einstellungen vorzunehmen und auszubilden. Was will ich von der privaten Wirtschaft verlangen, wenn der öffentliche Dienst hier zurückfährt? - Nein, an dieser Stelle haben wir in Niedersachsen eine klare Vorbildfunktion.
Öffentliche Aufträge und Investitionen müssen aufgestockt werden. Frau König, wir waren in dieser Woche an der Hochschule Vechta, die nun zur Universität Vechta wird. Man darf solche Dinge hier nicht nur beschließen, sondern man muss auch dafür sorgen, dass die zukünftige Uni räumlich, sächlich und technisch auch so ausgestattet wird, dass sie ihren zukünftigen Aufgaben gerecht wird. Die haben eine Menge Forderungen an uns. Ich meine, dort könnte das Land mit Zukunftsinvestitionen richtig einsteigen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen Schutz für die DAX-Gesellschaften in Niedersachsen und den Erhalt der Standorte für Konzerne in diesem Bundesland. VW ist hier in einer relativ guten Ausgangslage. Gerade weil die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht nur nach dem VW-Gesetz herausragend ist, besteht die Chance, Niedersachsen als Standort für VW zu erhalten. Dies sollten Sie anerkennen und deshalb auch einmal über eine Initiative für mehr Mitbestimmung nachdenken,
Meine Damen und Herren, wir fordern natürlich kein umfassendes Beschäftigungsprogramm von Herrn Dr. Rösler, zumal seine ersten 100 Tage noch nicht ganz herum sind. Trotzdem darf man auch in den ersten 100 Tagen schon arbeiten.
Herr Dr. Rösler, passen Sie auf, dass Sie nicht der Michael Glos der Landesregierung werden und dass es Ihnen nicht so wie Herrn Wulff in der CDU geht: Der neue Wulff heißt bei der CDU inzwischen bekanntlich Koch.
Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich nun Herr Minister Dr. Rösler gemeldet. Bitte schön, ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Kollege Will, dass Sie sich so nett um mich bemühen. Ich bemühe mich auch um Sie: Sie haben Ihren Stift hier vergessen.
- Dann ist er von einem Ihrer Vorgänger. Aber wir können Ihnen diesen Stift gern zur Verfügung stellen, damit Sie sich das eine oder andere noch einmal mit richtigen Zahlen aufschreiben können. Zu Ihren Beiträgen komme ich nämlich gleich noch.
Zunächst möchte ich etwas zu Frau Kollegin Weisser-Roelle sagen. Ihr Beitrag hat einmal mehr bewiesen, dass die Politik der Linken auch hier im Hause mit seriöser Politik definitiv nichts zu tun hat.
Niemand stellt infrage, dass wir uns vor einer wirklich schwierigen wirtschaftlichen Situation befinden. Aber dennoch hilft Panikmache hier definitiv nicht. Vielmehr sollten wir mit den vorhandenen Zahlen ehrlich umgehen. Zunächst einmal können wir feststellen, dass Niedersachsen der Krise aus einer Position der Stärke heraus begegnen kann; denn nach wie vor haben wir die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 14 Jahren. Sie aber stellen es hier so hin, als hätten wir zum heutigen Zeitpunkt mit Massenarbeitslosigkeit zu kämpfen. Dies, Frau Kollegin, ist definitiv falsch.
Dass Niedersachsen so gut dasteht, ist aber keine Leistung Ihrer politischen Richtung, sondern das ist vor allem eine Leistung der Unternehmen und der Menschen in Niedersachsen in den letzten Jahren. Es ist gelungen, die Boomjahre 2006, 2007 und 2008 für die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu
nutzen. Deswegen, Herr Kollege Hagenah, noch einmal zu den richtigen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit: im Februar 2009 Steigerung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse um 0,9 %, damit über dem Bundesdurchschnitt von 0,6 %. Das ist nicht weniger, sondern mehr. Dies nur zur Richtigstellung. Herr Kollege, Sie können die Unterlagen gleich von mir geschenkt haben und sie sich auch gern an die Wand nageln.
Entscheidend ist aber, wie wir mit der wirtschaftlich schwieriger werdenden Situation vernünftig umgehen. Hier handelt die Landesregierung längst; das wurde schon mehrfach gesagt. Wir haben in diesem Hause übrigens mit großer Mehrheit unser zweites Konjunkturpaket einschließlich unserer Niedersachsen-Initiative und einer Erhöhung des Bürgschaftsrahmens verabschiedet, um Unternehmen in schwierigen Zeiten in besonderer Weise zu helfen. Wir haben die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ erhöht und die Fördersätze angeglichen, sodass wir die nötigen Fördermöglichkeiten für Einzelinvestitionen haben, wenn jetzt noch Unternehmen investieren wollen. Ferner haben wir die Fördermöglichkeiten für Investitionen in wirtschaftsnahe Infrastruktur erhöht. Hier können wir nunmehr die Höchstfördersätze zulassen, die uns die EU genehmigt, sodass wir weitere Maßnahmen in Gang setzen können, um unseren Unternehmen in schwieriger Situation zu helfen. Wir haben einen Eigenkapitalfonds mit 70 Millionen Euro ausgestattet, womit wir gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen in Niedersachsen helfen wollen, und wir arbeiten sehr eng mit der Bundesagentur für Arbeit zusammen, um beispielsweise Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen gerade in Zeiten der Kurzarbeit unseren Unternehmen zur Verfügung zu stellen.
Wir geben auch selbst Landesmittel mit hinein. Mit 3,5 Millionen Euro haben wir nunmehr 18,5 Millionen Euro für Weiterbildung in der Kurzarbeit. Sie sehen an diesen wenigen Beispielen, dass die Landesregierung mit ihren Maßnahmen handelt und auch weiterhin handeln wird.
Noch wichtiger ist aber, dass wir nicht einfach nur Forderungen aufstellen, die teilweise absurd sind. Ich denke hier etwa an die Forderung nach einem öffentlichen Beschäftigungssektor; denn wir wissen, dass die meisten Arbeits- und Ausbildungs
All die Maßnahmen, die wir jetzt in der Krise auf den Weg bringen, stimmen wir eng mit den betroffenen Menschen in Niedersachsen ab. Das tun wir in Gesprächen mit den großen Unternehmen wie Karmann, Conti und Schaeffler, aber auch mit vielen kleinen mittelständischen Unternehmen, die gerade jetzt in schwierigen Zeiten Hilfe brauchen, wenn es darum geht, Bürgschaften zu bekommen und Einzelgespräche mit ihren jeweiligen Hausbanken zu führen.
Gerade am letzten Freitag gab es ein Gespräch auf Einladung des Ministerpräsidenten mit dem Wirtschaftsminister, dem Finanzminister und dem Innenministerium, um gemeinsam mit den Banken, den Unternehmerverbänden und den Gewerkschaften darüber zu diskutieren, wie wir in schwierigen Zeiten unseren Beitrag dazu leisten, dass Niedersachsen gut durch die Krise kommen kann. Diese Gespräche werden weiter fortgesetzt, übrigens auch Einzelgespräche mit unterschiedlichen Branchen, etwa mit den Automobilzulieferern und dem Bankenwesen. Es ist wichtig, dass man auch mit den Banken redet und an deren Verantwortlichkeit appelliert. Aber wir sprechen auch mit Gewerkschaften. Es gab vor Kurzem ein Treffen des Ministerpräsidenten und des Wirtschaftsministers mit allen Einzelgewerkschaften in Niedersachsen, um uns nicht auf die Worte verlassen zu müssen, die Frau Weisser-Roelle hier vorträgt, sondern um uns selbst mit den Betroffenen ernsthaft zu unterhalten.
Abschließend kann ich Ihnen eines versichern: Die Menschen in Niedersachsen können sehr wohl unterscheiden, ob es politische Parteien gibt, die ihre Sorgen, Ängste und Nöte einfach nur missbrauchen, um sich selbst politisch gut darzustellen, oder ob Politiker bereit sind, in ihrem Interesse zu handeln. Die Landesregierung hat sich für das Handeln entschieden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich stelle fest, dass zum Tagesordnungspunkt 1 b keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. Damit ist der Punkt 1 b erledigt.
Ich eröffne die Besprechung. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Klare von der CDU-Fraktion. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wenzel, gestatten Sie mir eine Replik auf Punkt 1 a: Ich verstehe etwas von Schulpolitik, ich bin in den Großstädten unterwegs und ich rede auch mit den Eltern von Gesamtschülerinnen und -schülern.
Herr Kollege Klare, ich bitte Sie, kurz innezuhalten. - Einige Kolleginnen und Kollegen stehen oder laufen irgendwo im Plenarsaal herum. Ich bitte Sie, entweder Platz zu nehmen oder Ihre Gespräche draußen fortzuführen.
Herr Wenzel, Sie können mir glauben, dass ich die Aussagen und Proteste der Eltern so ernst nehme wie wir alle. Aber ich merke auch, dass viele Eltern falsch oder nur halb informiert sind. Mit diesen Debatten und Informationen - nicht Sie persönlich, aber andere - tragen Sie dazu bei. Dabei verfolgen Sie das Ziel, Eltern für Ihre parteipolitische Kritik zu instrumentalisieren. Dies lassen wir nicht zu; das sage ich Ihnen in aller Klarheit.