Das gilt sowohl für die inhaltliche Weiterentwicklung als auch für die Entwicklung flexibler Lösungen angesichts des Rückgangs der Schülerzahl, der sehr stark ist. Bis zum Jahre 2020 werden wir 250 000 Schülerinnen und Schüler weniger in Niedersachsen haben.
Bei der inhaltlichen Weiterentwicklung knüpfen wir in der Tat an den erfolgreichen Projekten und an der Arbeit der vergangenen Jahre an. Das hat etwas mit den Hauptschulen und ihrer Profilierung zu tun. In diesem Bereich wurden tatsächlich messbare Erfolge erzielt. Daran führt kein Weg vorbei, so sehr Sie das auch verneinen mögen.
Die Gesamtzahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit einem Abschluss ist signifikant gestiegen.
- Das ist ein riesengroßer Erfolg, Frau Helmhold. Es geht dabei um die Zukunft jedes einzelnen Schülers, jeder einzelnen Schülerin, die dann eine Perspektive für ein selbstständiges Leben in unserer Gesellschaft haben.
Deshalb werden wir diesen Weg konsequent fortsetzen. Für die Hauptschulen wird eine individuelle Berufsorientierung und Schwerpunktbildung im Bereich der beruflichen Bildung angeboten, Allgemeinbildung gepaart mit beruflicher Fachpraxis. Damit werden Schülerinnen und Schüler in den Schulen ganz anders motiviert. Es wird ihnen eine gute Perspektive für den Übergang in ein erfolgreiches Berufsleben geboten. Die KGS Neustadt - ich nenne sie als Beispiel - hat es bewiesen.
Es gibt weitere erfolgreiche Projekte in unserem Land. Mit der Änderung von § 9 in Richtung Hauptschule werden die Inhalte und Möglichkeiten der in der Praxis erprobten Projekte in ganz Niedersachsen allen Hauptschulen zugänglich gemacht werden können. Die noch engere Verzahnung von Hauptschule und berufsbildender Schule kann vor Ort ausgebaut werden, und zwar regional angepasst. Dies wird von der Wirtschaft ausdrücklich begrüßt. Die Unternehmen und Betriebe sind diejenigen, die die Ausbildungs- und Arbeitsplätze zur Verfügung stellen und auf die entsprechenden Fachkräfte angewiesen sind.
Die Realschulen werden zukünftig gemäß dem geänderten § 10 unter Berücksichtigung ihrer Zügigkeit Berufsorientierung und auch eine individuelle Schwerpunktbildung anbieten. Die Berufsorientierung setzt dabei den Schwerpunkt im jeweiligen Profil und wird zeitlich gegenüber den bisherigen Regelungen noch verstärkt. Die Bildung fachlicher Schwerpunkte im Wahlpflichtbereich der Realschule ermöglicht es den Realschulen - das ist sehr wichtig; mir ist dies besonders wichtig - auch künftig, mit einer erweiterten Allgemeinbildung gute Voraussetzungen für den Weg zum Abitur an der Fachoberschule, dem Fachgymnasium oder dem Gymnasium zu erwerben.
Die geplanten Veränderungen im Bereich der Integrierten Gesamtschule haben in den letzten Tagen und Wochen tatsächlich die größte Aufmerksamkeit gefunden. Sie haben die meisten Emotionen hervorgerufen. Emotionen und Leidenschaft gehören ohne Frage zur Politik. Über Fakten sollte
man aber, wie ich glaube, auch auf dem Feld der Schulpolitik nachdenken. Das sollte unser Denken und Handeln bestimmen.
Sie alle kennen die wesentlichen Gestaltungsprinzipien der Integrierten Gesamtschulen. Die bereits vorhandenen Möglichkeiten des Wahlpflichtbereichs und der Fachleistungsdifferenzierung sollen genutzt werden, um das Abitur nach zwölf Jahren auch an der Integrierten Gesamtschule umzusetzen. Dies soll geschehen, damit alle Schülerinnen und Schüler, die die Begabung dazu haben, auch an den Gesamtschulen das Abitur nach zwölf Jahren machen können. Diejenigen, die das nicht möchten, werden auch weiterhin die Möglichkeit haben, an den IGSen das Abitur nach 13 Jahren zu machen, nämlich dann, wenn sie wie bisher den Weg über den A- oder den B-Kurs und den Sekundarabschluss I gehen. Ich war bei unseren Integrierten Gesamtschulen zu Gast und habe mich bei meinen Erkundigungen davon überzeugt, dass sie gute Arbeit leisten und wirklich innovativ sind und vorangehen. Unsere Integrierten Gesamtschulen, die in ihrem Schulprogramm die individuelle Förderung als ein zentrales Merkmal haben, sind ebenso wie die Gymnasien und die Kooperativen Gesamtschulen mit Sicherheit in der Lage, das Abitur nach zwölf Jahren anzubieten. Das traue ich allen diesen Schulen in unserem Land zu.
Alle unsere Grundschulen leisten wohl unbestritten wesentliche und hervorragende Grundlagenarbeit für das weiterführende Schulangebot. Nur noch wenige dieser Grundschulen - es ist nur ein kleiner Teil - werden als Volle Halbtagsschule geführt. Ich muss wirklich sagen, dass ich es schon ziemlich unwahrhaftig finde, mit welcher Vehemenz Sie jetzt für die Volle Halbtagsschule streiten. Es geht ja nicht mehr um das Wahlprogramm, das Sie irgendwann einmal konzipiert haben. Es geht darum, dass Frau Jürgens-Pieper durch aktives Tun die Umwandlung in die Verlässlichen Grundschulen angeordnet und ihnen nur eine Übergangsfrist eingeräumt hat.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich dachte, wir sollten Sie ernst nehmen!)
Für uns ist eines wichtig. Für uns ist wichtig - damit sind wir wieder bei den wirklich bedeutenden Aussagen -, dass die Arbeit in den Vollen Halbtagsschulen - - -
- nein - und in den Verlässlichen Grundschulen gleichermaßen gut ist, dass sie von der Schulinspektion auch so beurteilt wird und dass sich in den Vergleichsarbeiten auch die gleiche Qualität herausgebildet hat.
Deshalb gehen wir davon aus, dass nach dem Gleichheitsgrundsatz und der Verteilungsgerechtigkeit alle Grundschulen künftig nach dem Maßstab der Verlässlichen Grundschulen gleichbehandelt werden. Die Eltern aber können sicher sein, dass mit einer durchschnittlichen Unterrichtsversorgung von immer mehr als 100 % sichergestellt wird, dass der Unterricht der Stundentafel für die Grundschule in vollem Umfang durch Lehrkräfte erteilt wird.
Wie gesagt: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird ein wichtiges Zeichen für die Weiterentwicklung unserer Schulstrukturen gesetzt - eine Weiterentwicklung, bei der es mir um folgende Eckpunkte geht, die mir besonders wichtig sind: Wir wollen ein qualitativ hochwertiges Bildungsangebot, wir wollen ein wohnortnahes Bildungsangebot, und wir möchten angesichts der rückläufigen Schülerzahlen flexible Möglichkeiten zur Zusammenarbeit von Schulen.
Meine Damen und Herren, es gibt zwei Wünsche nach zusätzlicher Redezeit nach § 71 Abs. 3. Zunächst erteile ich Frau Heiligenstadt das Wort für drei Minuten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich ganz kurz etwas zu den Ausführungen der Ministerin und zu dem sagen, was Herr Klare hier in der Debatte geäußert hat. Erstens. Es ist richtig, dass es nicht die SPD gewesen ist, die das Wahlversprechen zum Thema „Volle Halbtagsschule“ abgegeben hat. Sie waren es, die eine Bestandsgarantie für die Vollen Halbtagsschulen abgegeben hat. Und Sie brechen jetzt dieses Wahlversprechen. Das ist Ihr Problem an der Stelle.
Zweitens. Frau Ministerin Heister-Neumann, mit diesem Gesetzentwurf werden Sie in der Tat fast alle Schulformen gleichbehandeln, und zwar mit dem Argument, es müsse alles gleichbehandelt werden.
Das Problem bei dieser Gleichbehandlung besteht allerdings darin, dass Sie sie nicht gleich gut, sondern gleich schlecht behandeln. Das ist ein Riesenproblem.
Drittens. Sie haben davon gesprochen, dass Leidenschaft dazu gehört, dass man aber auch die Fakten entsprechend beurteilen soll. Frau HeisterNeumann, ich bin gerne dabei, die Fakten entsprechend zu beurteilen. Ich gehe davon aus, dass wir sie in den Ausschussberatungen berücksichtigen können. Folgendes muss man aber doch festhalten: Wer Schulpolitik in Niedersachsen und Bildungspolitik im Allgemeinen gänzlich ohne Leidenschaft und Empathie betreibt, der hat seine Aufgabe verfehlt!
Danke schön. - Nächste Rednerin ist Frau Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie haben das Wort für zwei Minuten. Bitte schön!
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Jetzt aber ein bisschen mehr als Frau Heiligen- stadt! Das hat uns nicht vom Hocker gerissen!)
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Heister-Neumann, angesichts des Rückgangs der Schülerzahlen erzählen Sie uns etwas vom Erhalt des gegliederten Systems. Das kann ich logisch nicht mehr nachvollziehen. Wenn ich weniger Kinder habe, dann kann ich nicht möglichst viele verschiedene Schulen nebeneinander haben. Diese Logik erschließt sich mir nicht mehr.
Ich war vor Kurzem in Springe. Dort haben die Hauptschule in diesem Schuljahr 5,38 % der Kinder angewählt. Wie lange wollen Sie eigentlich noch warten? Wollen Sie warten, dass die Anwahl bei 2 % der Kinder liegt, bis Sie beginnen, darüber nachzudenken, was aus der Hauptschule werden soll? Sie trauen sich nicht und kommen überhaupt nicht weiter. Sie treten bei der Entwicklung der Hauptschule und der Schulstruktur seit sechs Jahren auf der Stelle.
Frau Ministerin, Sie haben gesagt, es könne bei der IGS alles so bleiben. Von wegen! Ihr Gesetzentwurf sieht vor: Trennung nach Klasse 6 in drei verschiedene Kursstufen. Die Intelligenten, die Schnellen und die Kinder mit gutem Elternhaus und viel Förderunterricht gehen
- natürlich, schauen Sie doch in Ihren Gesetzentwurf! - in den Hauptfächern, in denen differenziert werden muss, in drei Kurse, und zwar ab Klasse 7 in den Z-Kurs Englisch, ab Klasse 8, wie ich Ihrem Entwurf entnehmen kann, in den Z-Kurs Deutsch und Mathe und ab Klasse 9 in den Z-Kurs Naturwissenschaften. Sie ziehen die Kinder auseinander. Wer nicht im Z-Kurs ist, der kann kein Abitur nach Klasse 12 ablegen. Damit täuschen Sie dieses Haus. Mogeln Sie sich an diesem Punkt nicht aus der Affäre. Das ist eine klare Trennung und eine Zerstörung des Integrationsansatzes.
Sie reden immer vom internationalen Vergleich. Ich habe nichts gegen Vergleiche. Aber, Herr Försterling und Herr Klare, bei solchen Vergleichen muss man auch genau gucken. Finnland hat flexible Lösungen nach Klasse 11 bis Klasse 13 für das Abitur. Ich habe nichts dagegen, dass wir es den Schulen in der Oberstufe freistellen, in zwei, drei oder vier Jahren zum Abitur zu gelangen. Da ist Flexibilität richtig. Im Übrigen ist schon gesagt worden, dass nach der augenblicklichen Erlasslage jede Gesamtschule Kinder, die schneller lernen, individuell schneller zum Abitur führen kann. Das stelle ich überhaupt nicht in Frage. Aber Sie wollen das allen Schulen aufzwingen. Das ist das, was wir ablehnen.
Stellen Sie es der Eigenverantwortlichen Schule endlich frei, ob das Abitur nach Klasse 12 oder nach Klasse 13 abgelegt werden soll, und statten Sie sie mit entsprechenden Ressourcen aus! Wenn Sie das tun, sind wir konform.