Ich eröffne die Beratung. Dazu hat sich Herr Kollege Schminke von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich für meine Fraktion am 8. Oktober 2008 den Antrag mit der Überschrift „Faire Arbeitsbedingungen für Leiharbeitskräfte“ einbringen durfte - - -
Herr Kollege Schminke, jetzt unterbreche ich Sie gleich. Wenn Sie von fairen Arbeitsbedingungen sprechen, dann möchte ich diese auch Ihnen ermöglichen, und das bedeutet, dass es etwas ruhi
ger werden muss; denn es ist fair, dass man Ihnen zuhört. Alle, die sich unterhalten möchten, sind dringend gebeten, sich nach draußen zu begeben.
Als ich damals zu diesem Thema „Faire Arbeitsbedingungen für Leiharbeitskräfte“ gesprochen habe, haben wir die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise noch nicht im Ansatz erahnen können. Die Zeitarbeit hat seither massiv abgenommen, weil Leiharbeiter in schlechten Zeiten immer zuerst von Kündigungen betroffen sind. Das haben wir bereits erlebt.
Die Leiharbeiter werden oft wie Arbeitnehmer zweiter Klasse behandelt. Fast immer ist damit verbunden, dass sie weniger Rechte haben. Es gibt keine Mitbestimmung für sie. Sie bekommen weniger Urlaub, weniger Weihnachtsgeld und vor allem deutlich weniger Lohn für gleiche Arbeit. Darum müssen wir diese ungerechten, teilweise auch menschenverachtenden Zustände schnellstens und dringend grundsätzlich ändern, meine Damen und Herren.
Wir Sozialdemokraten fordern klare Regeln. Wir wollen Fairness und gleiches Geld für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Das ist für uns ein wichtiger Grundsatz. Wir fordern mit unserem Antrag eine Bundesratsinitiative von Ihnen. Leider sind Sie auf diesem Ohr taub. Sie haben im Herbst keinen Handlungsbedarf gesehen, und Sie werden auch jetzt wieder alles gesundbeten und Veränderungen blockieren.
Wir wollten die Gleichstellung hinsichtlich Entgelt, Sozialleistungen und Arbeitsbedingungen spätestens nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten. Es bleibt zu fragen: Warum wollen Sie das eigentlich nicht?
Wir wollen mündige Arbeitnehmer im Betrieb, ergo auch die Mitbestimmungsrechte und ein aktives Wahlrecht für Leiharbeiter.
Ferner muss der Betriebsrat im Entleiherbetrieb über die Quote der einzusetzenden Leiharbeiter mitentscheiden können. Was ist daran falsch?
Wir wollen die Höchsteinsatzzeit auf maximal 24 Monate begrenzen und erneut das Synchronisationsverbot festschreiben.
(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Die hö- ren doch gar nicht mehr zu! - Christian Dürr [FDP]: Tarifpartei ist die Gewerk- schaft!)
Nun zu dem, was Sie aktiv tun, um faire Arbeitsbedingungen zu verhindern: Zunächst verweise ich auf die Bundesebene; denn dort blockiert die CDU mit allen Mitteln die Einführung von Lohnuntergrenzen für Leiharbeit im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, obwohl im Koalitionsausschuss bereits Einigkeit zwischen den Parteien erzielt war.
Eigentlich wäre jetzt Niedersachsen im Bundesrat gefordert, noch mehr Druck zu machen. Aber da ist wenig Hoffnung; denn für die FDP sind Lohnuntergrenzen Teufelszeug.
Die FDP vermutet dahinter die Einführung eines versteckten Mindestlohnes. Meine Damen und Herren, das ist nicht der Fall. Aber wenn wir schon bei dem Thema sind, sagen wir hier ganz klar: Wir Sozialdemokraten stehen für einen gesetzlichen Mindestlohn. Der muss endlich her, und zwar ganz dringend.
Mit dem Mindestlohn ist es übrigens ähnlich wie mit den Gesamtschulen. Beides können Sie hartnäckig bekämpfen - verhindern werden Sie beides jedoch mit Sicherheit nicht.
Die Morgenlektüre der heutigen Presse zum Thema Schulpolitik war super. Solche quälenden Schlagzeilen verschaffen wir Ihnen zukünftig auch mit diesen beiden Themen Leiharbeit und Mindestlohn. Das garantiere ich Ihnen.
Sie treten in Berlin auf die Bremse, und Sie verweigern sich auch in Hannover kontinuierlich. Wenn es bei Qualifikationsmaßnahmen Fortschritt
in Berlin gibt, dann ist das sozialdemokratische Handschrift. Meine Damen und Herren, Sie selbst sind stur wie ein sizilianischer Esel.
Wenn es darum geht, etwas für die gebeutelten Leiharbeiter zu verändern, dann kennen Sie deren Schicksal zwar sehr genau, aber Sie unternehmen nichts.
Ihrer Beschlussempfehlung zufolge wollen Sie die Erfahrungen mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz überprüfen. Sie wollen prüfen, ob es tatsächlich Missbrauch gibt. Sie wollen prüfen, welche neuen Maßnahmen notwendig sind. Sie wollen seit Monaten alles prüfen, aber es passiert nichts. Selbst die EU-Vorgaben nehmen Sie nicht an. In Brüssel hat man Fehlentwicklungen längst erkannt; denn der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist dort bereits abgesegnet. Vielleicht sollten Sie das einmal zur Kenntnis nehmen.
Ihre Beschlussempfehlung ist angesichts mehrmonatiger Ausschussarbeit eine vollständige Arbeitsverweigerung. Ihre Durchschlagskraft entspricht der von weich gekochten Makkaroni, mit denen Sie einen Nagel in die Wand schlagen wollen.
Es wird Sie deshalb nicht verwundern, wenn wir Ihre Beschlussempfehlung aus tiefster Überzeugung ablehnen werden. Eines gebe ich Ihnen heute noch mit auf den Weg: An dieser Stelle werden Sie uns nicht kleinkriegen. Wir kommen mit einem neuen Antrag wieder. Wir werden Sie weiterhin mit der Beschreibung dieser Zustände quälen. Die Schicksale der betroffenen Menschen werden wir Ihnen auch weiterhin vor Augen halten,
bis Sie begriffen haben, dass es hierbei um elementare Menschenrechte und insbesondere - meine Damen und Herren, sollte Ihnen das entgangen sein? - auch um die Würde der Menschen geht. Vielleicht sollten Sie auch darauf einmal achten.
(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD - Johanne Modder [SPD]: Das kann eigentlich nicht mehr getoppt werden!)
Danke schön, Herr Schminke. - Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Höttcher das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit Ihnen über Zeitarbeit sprechen.
- Prima! Das ist schon der erste Unterschied zur letzten Debatte, als ständig Zwischenrufe kamen. Dann sind wir ja schon ein Stück weitergekommen.
- Wahrscheinlich wünschen Sie das nur für Ihre Wähler. Aber wir wollen das schon für alle. Das ist ganz klar.