sigkeit und Hochschulzulassung, kann man wirklich sagen - das können Sie sich von Ihren Kollegen Zöllner, Doris Ahnen und anderen aus den SPD-geführten Ländern bestätigen lassen -, dass Niedersachsen dort eine Vorreiterrolle eingenommen hat.
Diese Vorreiterrolle hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Beschluss der Kultusministerkonferenz von Stralsund - also von vor wenigen Wochen - so überhaupt möglich sein konnte. Das heißt, uns hier zu kritisieren und uns Vorwürfe zu machen, liegt wirklich neben der Sache.
Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie selber eingeräumt haben, dass die Frage der Bildungsmobilität, also die Frage Eltern mit akademischem Abschluss und deren Kinder versus Eltern mit nichtakademischen Abschlüssen und deren Kinder und die Chancen, die sich daraus ergeben, wirklich keine Frage ist, auf die es nur monokausale Antworten gibt. Auch hier gehört zur Wahrheit dazu, dass sie heute keiner Regierung dieser Bundesrepublik Deutschland die Bildungsabschlüsse der Eltern unserer Studentinnen und Studenten vorwerfen können. Das sind doch Prozesse, die sich über Jahrzehnte hinweg erstreckt haben. Auch Sie müssten doch zugeben, dass beispielsweise die partizipatorischen Ansätze der 70er- und 80erJahre, die die Hochschulpolitik - beginnend mit dem Beschluss der Ministerpräsidenten, Studienbeiträge abzuschaffen, die es bis 1971 gegeben hat - im Wesentlichen geprägt haben, keineswegs einen Beitrag dazu geleistet haben, die Bildungsmobilität in Deutschland zu verbessern, sondern dass wir im internationalen Vergleich nach wie vor relativ schlecht dastehen. Das heißt, wenn wir bei dieser Thematik wirklich vorankommen wollen - wir wollen das -, dann sollten wir zugeben, dass auch die Wege der Vergangenheit, die offensichtlich noch immer Ihre Wege zu sein scheinen, gescheitert sind, und dass es - das ist nun besonders an die LINKE gerichtet - nicht nur an der Frage hängt: Führe ich Studienbeiträge ein oder nicht?
Wenn dies so wäre, Herr Perli, würde z. B. bei den Anfängerzahlen, die Sie ebenfalls kritisiert haben, nicht der Tatbestand zu konstatieren sein, dass die Anfängerzahlen in den beitragsfreien Ländern Rheinland-Pfalz und Bremen derzeit schlechter sind als im Beitragsland Niedersachsen. Womit
hängt es denn zusammen, dass wir in den neuen Ländern, die, wie jeder weiß, beitragsfrei sind, seit drei Jahren einen weiteren Rückgang der Anfängerzahlen um 40 % verzeichnen können? - Da bahnt sich eine demografische Katastrophe an. Man könnte heute im Grunde jedem Abiturienten sagen: Wenn du optimale Studienbedingungen haben willst, dann müsstest du wegen der gesunkenen Studentenzahl und der gleich hoch gebliebenen Zahl des Lehrpersonals heute eigentlich nach Chemnitz, Schwerin usw. gehen. - Gleichwohl gehen die Leute dorthin, wohin sie immer gegangen sind, nämlich in die vermeintlich attraktiven Oberzentren Berlin, Hamburg usw.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, fairerweise müssten Sie doch auch einmal einräumen, dass Niedersachsen auch deshalb, weil es das Land mit den meisten Nachbarländern ist - darunter zwei Stadtstaaten, zwei starken Magneten -, beim Wanderungssaldo immer - auch zu Ihren Zeiten - schlechter abgeschnitten hat, als das heute der Fall ist, und dass wir zurzeit beim Wanderungssaldo sogar relativ bessere Zahlen aufweisen. Ich erwarte in diesem Zusammenhang nur, dass wir fair mit den Fakten umgehen. Nur wenn wir das tun, kommen wir auch zu guten Ergebnissen.
Natürlich bestreite ich überhaupt nicht, dass auch die Ergebnisse dieser Großen Anfrage in einigen Bereichen so sind, dass wir sagen können, wir sind auf einem sehr guten Weg, und in anderen Bereichen so, dass wir sagen müssen, da sind wir noch Durchschnitt, und da gibt es noch Nachbesserungsbedarf. - Aber auch das ist ein Tatbestand, den Sie in Rheinland-Pfalz genauso wie in Bayern und Baden-Württemberg vorfinden. So einfach sind die Dinge eben nicht.
Worüber wir uns trotzdem freuen, ist, dass der Anteil derjenigen Studierenden, deren Eltern nicht akademisch gebildet sind, in Niedersachsen höher ist als im Bundesdurchschnitt. Da scheinen wir nicht so schlecht aufgestellt zu sein. Das hat überhaupt nichts mit CDU und FDP oder mit SPD, GRÜNEN und LINKEN zu tun. Daran wollen wir alle arbeiten. Der Weg, auf dem wir uns befinden, ist im Vergleich zum Bundesdurchschnitt offensichtlich nicht der schlechteste. Dass der Anteil derjenigen, die über sozusagen nicht traditionelle Wege - beispielsweise die Meister - zum Studium kommen, in Niedersachsen höher ist als im Bundesdurchschnitt, ist auch etwas, was uns im Großen und Ganzen positiv stimmt.
Wir wollen uns darauf überhaupt nicht ausruhen. Deshalb arbeiten wir ja daran, uns sozusagen nicht nur monokausal auszurichten, sondern viele Antworten auf diese wichtigen Fragen zu finden. Deshalb haben wir uns mit dem NIFBE der frühkindlichen Bildung stärker zugewandt. Selbstverständlich würde ich an die Ausgaben, die wir haben, gerne noch eine Null anhängen, wenn ich es mir leisten könnte. Aber wir haben immerhin etwas getan und erste Schritte unternommen. Damit unterscheiden wir uns positiv von anderen Ländern.
Der Ausbau der Ganztagsbetreuung in Schulen und Kindergärten ist ein wichtiger Ansatz. All dies trägt mit dazu bei, dass wir im Ergebnis mehr Abiturienten haben, die dann an unsere Universitäten und Fachhochschulen gehen können.
Ich will auch all das, was in der Vergangenheit zum Zukunftsvertrag und zum Hochschulpakt gesagt worden ist, gar nicht wiederholen, weil wir es viele Male miteinander diskutiert haben. Eines ist mir aber wichtig. Ich habe das gestern Abend noch einmal in Bezug auf die privaten Fachhochschulen ausgeführt: Die Zahl der Studenten ist ein ganz wichtiger Indikator. Wir wollen mehr Studenten in Niedersachsen haben, und wir freuen uns darüber. Aber, meine Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen kein zweites Mal den Fehler machen, den wir in den 70er- und 80er-Jahren gemacht haben, dass die Zahl der Studenten zum Maßstab aller Dinge wurde und die Qualität darunter massiv gelitten hat mit der Folge, dass die jungen Leute nachher keine richtigen Zukunftsperspektiven hatten.
Das darf es nicht sein, sondern die hohe Kunst der Politik heute ist es, die Zahl der Studierenden zu steigern und gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass die Studienbedingungen so sind, dass dabei ordentliche Abschlüsse herauskommen, die den jungen Leuten die Berufschancen und Karrieren ermöglichen, die sie brauchen, um später ihre Familie zu ernähren und um ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen. Darauf kommt es doch an.
Unter anderem ist das der Grund, warum wir über die Studienbeiträge dafür Sorge getragen haben, dass wir den Hochschulen mittlerweile etwa 93 Millionen Euro - das ist die aktuelle Zahl - zusätzlich für die Verbesserung der Studienbedingungen zur Verfügung stellen können. Die Hochschulen nutzen das auch. Vor einigen Wochen
habe ich ein Gespräch mit der LandesAStenKonferenz gehabt. Dort wurde mir gesagt, dass das, was an Sachausgaben getätigt worden ist, mittlerweile zu der Situation geführt hat, dass sie sagen: Bitte keine Flachbildschirme und dergleichen mehr - auch das haben wir hier bereits diskutiert -, sondern investieren Sie bitte mehr in Personal, als Sie es in der Vergangenheit getan haben. - Wir sind mit anderen Ländern auf diesem Weg. Die Betreuungsrelationen verbessern sich signifikant.
Um auch hier mit einer Legende aufzuräumen: 70 % aller Studenten in Deutschland zahlen Beiträge, weil es die bevölkerungsreichen Länder sind, die Beiträge eingeführt haben. Hier werden immer Scheindiskussionen geführt, dass das ganze Beitragsmodell in Deutschland in Frage gestellt werden muss, wenn ein Land wie beispielsweise Hessen aussteigt. 70 % aller Studenten bezahlen Beiträge. Diese Beiträge haben zu einer signifikanten Verbesserung der Studienbedingungen geführt. Deshalb halten wir daran fest.
Ganz abgesehen davon - auch das zur aktuellen Diskussion - sagen diejenigen, die beispielsweise Vorschläge zu Themen wie der BAföG-Reform, einem wichtigen Thema, unterbreiten, immer auch: Das heißt aber nicht, dass man sich deshalb von den Studienbeiträgen verabschieden sollte, weil sie auch als Steuerungsinstrument einen ganz wichtigen Faktor für die Hochschulen darstellen.
- Herr Perli, das ist doch Quatsch. Ich weiß gar nicht, wie Sie das begründen wollen. Das ist doch völliger Blödsinn. Wo wird denn aus der linken Tasche etwas herausgenommen, wenn ich etwas in die rechte Tasche hineingesteckt habe? - Sie müssen die Tatsache anerkennen, dass dies ein wichtiger Beitrag für die Verbesserung der Studienbedingungen ist. Sie behaupten, Sie würden die Abschaffung über den allgemeinen Haushalt finanzieren. Wir wissen, dass Sie das nicht können. Wenn Sie es täten, dann nur über neue Schulden. In Zeiten wie diesen aber ist das allerletzte, was wir gebrauchen können, ein Beitrag zur weiteren Destabilisierung unserer Haushalte.
Zum Thema Offene Hochschule habe ich etwas gesagt, Sie ebenfalls. Ich will es dabei belassen. Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie sich bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedankt
- Ja, sofort wenn ich fertig bin. - - - in denen so viel statistisches Material angefordert wird, ist mit einem enormen Arbeitsaufwand verbunden. Deshalb bin ich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer sehr dankbar, wenn sie sich wochenlang in die Arbeit hineinknien. Wenn dann, wie in diesem Fall, Zahlen vorgelegt werden, die auch unsere Arbeit erleichtern - das will ich überhaupt nicht bestreiten -, dann ist das sehr positiv. Insoweit bedanke ich mich auch für Ihre Fragen - es waren 114, wenn ich mich richtig erinnere. Aber ich bin auch sehr dankbar, dass Sie die Arbeit meiner Mitarbeiter anerkannt haben.
Herr Minister, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie gerade gesagt haben, dass neue Schulden das Letzte sind, was wir uns erlauben können - und in Ihrem Koalitionsvertrag haben Sie entsprechend ein hohes Ziel festgelegt, nämlich die Neuverschuldung auf Null zurückzufahren -, bzw. dass Sie eine Neuverschuldung generell als ein Übel ansehen, frage ich Sie: Können Sie mir erklären, nach welcher Logik Sie das auf der einen Seite so sehen und auf der anderen Seite junge Menschen auffordern, zu studieren, gleichzeitig aber sagen: Die können ruhig ein Darlehen aufnehmen. - Warum sind Schulden an dieser Stelle nicht von Übel? - Ihrer Meinung nach sind Schulden an dieser Stelle eine Investition in die Zukunft oder können es zumindest sein. Das ist der Maßstab, nach dem das bewertet werden muss. - Vielleicht können Sie mir diese Diskrepanz einmal erläutern.
Das kann ich gerne machen. Ich bin Ihnen sogar dankbar für diese Frage, weil sie mir erlaubt, noch etwas zu diesem Thema zu sagen. - Erstens regen
sich diejenigen, die solche Fragen stellen, überhaupt nicht darüber auf, dass außerhalb der akademischen Ausbildung - ich denke beispielsweise an die Meisterausbildung und Ähnliches - wie selbstverständlich erwartet wird, dass diejenigen, die sich ausbilden lassen, dafür zahlen müssen.
Zweitens. Wir haben zur Sozialverträglichkeit in der Tat ein Darlehensmodell aufgestellt. Wir bieten jedem zu zinsgünstigen Bedingungen ein Darlehen mit einer Deckelung von maximal 15 000 Euro an. Diese maximale Höhe von 15 000 Euro kann überhaupt nur dann erreicht werden, wenn der Höchstsatz des BAföG gezahlt wird. BAföG muss in Teilen ja auch zurückgezahlt werden, wie Sie wissen. Aber auch darüber regt sich übrigens von denjenigen, die das Studienbeitragsmodell kritisieren, niemand auf. Im Rahmen des BAföG wird wie selbstverständlich eine jahrzehntelange Rückzahlung erwartet.
Meine Damen und Herren, wichtig ist auch - das muss man immer wieder sagen, weil es viele nicht wissen -: Die Rückzahlungspflicht entsteht erst dann, wenn die Absolventen aufgrund ihrer akademischen Ausbildung einen Job bzw. ein Gehalt bekommen, das sie in die Lage versetzt, das Darlehen zurückzuzahlen. Meine Damen und Herren, ich frage Sie, wieso jemand, der eine akademische Ausbildung durchlaufen und somit seine Jobchancen und Gehaltsmöglichkeiten verbessert hat und deshalb ein Gehalt in einer bestimmten Höhe erhält- das kann statistisch belegt werden -, überfordert sein sollte, wenn er sein Darlehen zu sehr moderaten Konditionen - das können 50 Euro im Monat sein - zurückzuzahlen hat.
Meine Damen und Herren, ich halte das nicht für eine Überforderung. Damit ist auch kein Bruch in der Logik gegenüber der derzeitigen Verschuldungssituation in Deutschland gegeben.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Das war eine sehr überzeugende Ansprache! - Ge- genruf von Victor Perli [LINKE]: Real- satire! - Gegenruf von Kreszentia Flauger [LINKE]: Wenn Sie das be- friedigt, Herr McAllister!)
Meine Damen und Herren, die nächste Rednerin ist Frau Heinen-Kljajić von der Fraktion der Grünen. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Minister Stratmann, lieber Herr McAllister, der Versuch, sich die vorliegende Bilanz schönzureden, indem man sich nur die positiven Punkte heraussucht, ist nicht ganz so überzeugend.
Ich will mich in meinen Ausführungen nur auf die wirklich zentralen und brisanten Punkte beschränken; denn das Zahlenmaterial insgesamt ist in der Tat sehr umfangreich.
Erstens belegt es, dass diese Landesregierung das Potenzial an Hochschulzugangsberechtigten völlig unzureichend ausschöpft.
Das heißt, mit einer Studienanfängerquote von 30,3 % liegen wir deutlich, nämlich ein Viertel, unter dem Bundesdurchschnitt von 39,3 %. Trotz dieser miserablen Ausgangslage haben wir die Studienanfängerzahlen in den letzten zehn Jahren nur um 20 % steigern können, während die anderen Bundesländer im Schnitt knapp 42 % zulegen konnten.
Meine Damen und Herren, d. h. während andere Bundesländer ihre Position halten oder verbessern konnten, ist Niedersachsen seit Antritt der schwarz-gelben Landesregierung dank eines radikalen Abbaus von Studienplätzen zu Beginn der Regierungszeit weit abgeschlagen im Keller gelandet. In den ersten vier Regierungsjahren ist die Zahl der Studienanfänger um knapp 21 % gesunken. Trotz des mit Bundesmitteln aufgestockten Hochschulpaktes hat Niedersachsen zurzeit immer noch 10 % weniger Studienanfänger als bei Regierungsantritt. Wir sind also immer noch im Negativsaldo. Das ist ein Ausmaß ohne Beispiel.
Fast alle anderen Bundesländer haben mithilfe des Hochschulpaktes die Zahlen aus 2003 halten oder aber - die Mehrzahl - deutlich steigern können. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, diese Zahlen sind ein Skandal. Niedersachsen
Das, was Sie angesichts eines Anstiegs der Studierendenzahlen als Erfolg feiern, ist nämlich schlicht Makulatur angesichts des massiven Rückbaus, den Sie vorher betrieben haben. Vor dem Hintergrund dieser Bilanz als Zielmarge immer noch die 40 % Studienanfängerquote hochzuhalten, kann doch eigentlich nur ein schlechter Witz sein.
Wir haben in Niedersachsen dank des dreigliedrigen Schulsystems ohnehin eine nur sehr geringe Abiturientenquote. Aber mit Blick auf die Zahl derjenigen, die wir in Niedersachsen an die Hochschulen holen könnten, unterbieten wir diese Bilanz noch. Wir liegen inzwischen mit einer Hochschulübergangsquote von 73,1 % abgeschlagen auf Platz 12 im Ländervergleich. Ende der 1990erJahre waren wir immerhin mal bei 80 %. Und dann, als gäbe es nicht schon genug Zugangshindernisse, führen Sie auch noch Studiengebühren ein und schrecken genau diejenigen von einem Studium ab, die ein Studium ohnehin eher als finanziell riskantes Unternehmen ansehen. Herr Minister Stratmann, da kann dann auch der höhere Anteil von Studierenden aus Nichtakademikerfamilien nicht wirklich als Gegenbeweis herhalten. Denn das ist schlicht ein statistischer Effekt, der der Tatsache geschuldet ist, dass Niedersachsen eine sehr geringe Akademikerquote hat.