Herr Hagenah, ich muss Sie unterbrechen. Es ist noch nicht die Ruhe eingekehrt, die der Redner braucht. Ich bitte Sie darum, dies sicherzustellen. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Die bevorstehende Fertigstellung des JadeWeserPorts wird von Ihnen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, in diesem Antrag nur genutzt, um Ihre langfristig erhofften Großprojekte Küstenautobahn und Y-Trasse neu zu begründen. Das hat sich aber ausweislich des vom Land selbst in Auftrag gegebenen Gutachtens zur A 22 zum Thema Verkehrsnachfrage und des DLR-Gutachtens zum Hafenhinterlandverkehr auf der Schiene als falsch erwiesen.
Da die Transportprobleme aus den Küstenhäfen mit Ihren Vorschlägen nicht bedarfs- und zeitgerecht gelöst werden, legen wir Ihnen heute zu dem Themenkomplex einen eigenen Antrag vor, den wir zuvor in seinen Kernforderungen auch mit den Fachleuten der Grünen in den norddeutschen Bundesländern, also Bremen und Hamburg als den Hauptbetroffenen, abgestimmt haben. Wir fühlen uns in unserer Argumentation auch deshalb bestätigt, weil sie inzwischen in Teilen von der Landesregierung und der DB AG übernommen wurde. Das freut mich natürlich sehr. Deshalb halten wir in unserem Antrag fest, dass wir den Vorstoß der Landesregierung, 20 Millionen Euro als ersten Beitrag zum bedarfsgerechten Ausbau der nicht bundeseigenen Eisenbahnen in Niedersachsen einzusetzen, sehr richtig finden, übrigens - wie wir Presseberichten entnehmen konnten - wohl zum Missfallen einiger Abgeordneter in der CDU. Umso mehr gilt: Chapeau für diese Haltung. - Herr Hoppenbrock, wundern Sie sich nicht! Reden Sie einmal mit Herrn Schönecke und Herrn Wiese! Die haben ein bisschen Probleme mit dem NE-BahnAusbau.
Ebenso unterstützt uns die DB Netz mit ihren Forderungen nach einem Wachstumsprogramm für die Potenziale im Güterverkehrsmarkt, das auch „die Notwendigkeit von schnell umsetzbaren aufwärtskompatiblen zusätzlich finanzierten Lösungen für den Schienenverkehr beschreibt“. Dazu gehört u. a. der zweigleisige elektrifizierte Ausbau Uelzen–Stendal. Sie erinnern sich: Das hatte uns Herr Wiesheu vom DB-Vorstand im Dezember noch ganz anders dargestellt, nämlich dass die DB gar nicht daran interessiert sei. Nun aber argumentiert die DB Netz gegenüber dem Bundestagsverkehrsausschuss völlig anders - das begrüßen wir sehr -, was das entsprechende Wachstumsprogramm angeht. Die DB Netz fordert jetzt auch den kurzfristigen Ausbau nicht nur der Knoten Ham
burg und Bremen, sondern auch des Knotens Hannover; das ist logisch, weil der Verkehr da auch durch muss.
Deshalb sollten sich Landtag und Landesregierung gemeinsam für die volle Mitfinanzierung dieser Hafenhinterlandsprojekte gegenüber dem Bund einsetzen. Die bedarfsgerechten Ausbauten für den nach der aktuellen Wirtschaftskrise sicherlich weiter dynamisch anwachsenden Hafenhinterlandverkehr sind eine nationale Herausforderung. Was passt besser zu den Klimaschutzzielen, die sich die Bundesregierung selbst gesetzt hat, als eine verstärkte Förderung der umweltfreundlichen Bahn für diese Verkehre?
Dazu müssen natürlich die Prioritäten im Bundesverkehrswegeplan entsprechend verändert werden. Auch die bisherige Weigerung des Bundes, den Ausbau von NE-Bahnstrecken, die im Schienenwegesystem bundesweite Bedeutung bekommen können, ebenso zu finanzieren wie entsprechende DB-Netz-Strecken, muss entsprechend korrigiert werden. Da sehe ich mich einig mit der Landesregierung, zumindest mit dem vorhergehenden Verkehrsminister, Herrn Hirche, der das hier schon zu Protokoll gegeben hat.
Niedersachsen hat zwischen Elbe und Weser mit den Netzen der EVB und der OHE bundesweit den größten Anteil an nicht bundeseigenen Bahnstrecken. Dieses wertvolle Netz, das eine Ergänzung zum DB-Netz ist, hat nach der DLR-Studie das Potenzial, bei entsprechendem Ausbau einen erheblichen Anteil des Güterverkehrswachstums aus den Häfen an der Küste für den Transport an das leistungsfähige DB-Netz im Süden und Osten aufzunehmen. Das Land muss diese Potenziale kurzfristig nutzbar machen. Dazu muss auf Grundlage der DLR-Studie allerdings noch ein technisches Umsetzungsgutachten für die Auswahl der wirtschaftlichsten, verträglichsten und am schnellsten umsetzbaren Ausbauvariante für den Heideraum in Auftrag gegeben werden; denn da ist die DLRStudie bisher indifferent. Sie baut drei oder vier Varianten auf, nennt aber keine Priorität. Da müssen wir entsprechend nacharbeiten lassen. Besonders wichtig sind dabei zwei weitere Aspekte.
Erstens brauchen wir ein wirkungsvolles Konzept gegen den von Güterzügen verursachten Lärm. In Abstimmung mit der EU muss der Lärm durch ein Bundesförderprogramm bereits an der Quelle zwischen Rad und Schiene auf ein moderates, mit
Personenzügen vergleichbares Maß reduziert werden. Das ist technisch möglich und ist auch mit vergleichsweise übersichtlichem Finanzmitteleinsatz machbar, wenn man bedenkt, dass der Bund kürzlich ein 100-Millionen-Euro-Programm für Lärmsanierung aufgelegt hat. Experten veranschlagen nämlich für dieses umfassende bundesweite Programm einen Betrag von 500 Millionen Euro - der Betrag ist also nicht aus der Welt -, der in einem Zeitraum von fünf Jahren - selbstverständlich in einzelnen Tranchen - als Förderung in das Güterverkehrssystem gegeben werden müsste. Damit wären die Lärmsanierung der Wagen und ein entsprechend der Lärmemission weit gestaffeltes Trassenentgelt wirtschaftlich und rechtlich EUkonform durchsetzbar. Das würde nicht nur zu einer Erleichterung für die Anwohner, sondern auch zu einer wirtschaftlichen Lösung führen, weil zukünftig Lärmschutzmaßnahmen an Güterverkehrstrassen nur noch auf diese geminderten Lärmwerte von der Quelle ausgerichtet werden müssten.
Zweitens ist bei allen Ausbaumaßnahmen und in den Betriebskonzepten sicherzustellen, dass der zukünftig wahrscheinlich ausgeweitete Schienengüterverkehr nicht zulasten des Personenverkehrs abgewickelt werden darf. Entsprechend missverständliche Äußerungen vonseiten der DB, aber auch der EU sind nicht akzeptabel. Dies muss durch entsprechende Infrastruktur- und Betriebsplanung von vornherein ausgeschlossen werden.
Für dieses Zukunftskonzept zum Hafenhinterlandverkehr möchte ich im Interesse des Wirtschafts- und Logistikstandortes Niedersachsen um breite Unterstützung bitten. Den Nutzen aus der wachsenden Verkehrsleistung wollen immer gerne alle für sich in Anspruch nehmen. Dass wachsende Verkehrsleistung aber immer auch mit Belastungen verbunden ist, die oft nur wenige Anwohnerinnen und Anwohner entlang der Verkehrswege zu tragen haben, wird dabei allzu gerne vergessen. Sankt Florian ist bei der Suche nach der verträglichsten und wirtschaftlichsten Lösung aber kein guter Berater.
Deshalb müssen wir im Gesamtinteresse des Landes die effektivsten und verträglichsten Lösungen suchen, sie dann im Land gemeinsam vertreten und zügig umsetzen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Entscheidung über den Bau des Tiefwassercontainerhafens JadeWeserPort ist gefallen. Der Hafen, der im Jahre 2011 in Betrieb gehen soll, wird für die Regionen Wilhelmshaven und Nordwestdeutschland offenkundig positive Wirkungen auslösen. Deshalb steht die Linksfraktion dem Projekt grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber.
Wir übersehen aber nicht damit einhergehende Probleme wie ökologische Folgeschäden für die Wattenmeerküste und auch das Hinterland, die deutlich begrenzt werden müssen. Ein Kardinalproblem im Zusammenhang mit dem entstehenden Tiefwassercontainerhafen wird die Bewältigung der sich daraus ergebenden Verkehrsprobleme sein. Der Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP stellt das zwar richtigerweise in den Mittelpunkt. Die einzelnen aufgeführten Verkehrsprojekte wirken aber eher wie ein Warenhauskatalog oder - besser noch - wie ein Wunschbauplan und weniger wie ein konkretes, kontrollfähiges Programm für die Sicherung der Verkehrsinfrastruktur zum JadeWeserPort. Daher ist dieser Antrag abzulehnen.
Die Linksfraktion hat durchaus differenzierende Positionen zu den im Antrag einzeln aufgeführten Projekten. Auf einige unserer Positionen zur Bewältigung des Güterverkehrs will ich jetzt eingehen.
Erstens. Die Linksfraktion befürwortet ausdrücklich, dass vorrangig die Bahnstrecke Wilhelmshaven–Oldenburg zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert wird.
Zweitens. Die Linksfraktion lehnt den Bau der Y-Trasse ab. Wir stehen stattdessen für Alternativen, die den wachsenden Bedarf zügiger, kostengünstiger und umweltfreundlicher erfüllen können.
Drittens. Für die Hinterlandanbindung des JadeWeserPorts und zur Bewältigung der daraus resultierenden massiven Verkehrsströme hat der Ausbau der Bahnknoten Hamburg, Bremen und Hannover eine herausragende Bedeutung. Ein zentra
ler Aspekt des Ausbaus des Eisenbahnknotens Hamburg muss es sein, eine unabhängige Anbindung des westlichen Teils des Hamburger Hafens zu erreichen. Der Ausbau des Eisenbahnknotens Bremen hat für die Hinterlandanbindung ebenfalls eine große strategische Bedeutung.
Bis auf die Relation Hamburg–Ruhrgebiet muss der gesamte Verkehr von Wilhelmshaven, Oldenburg und Bremerhaven durch den Bremer Hauptbahnhof geführt werden. Zugleich sollten Maßnahmen getroffen werden, die eine Umfahrung des Bremer Hauptbahnhofs ermöglichen. Dafür bietet sich eine Ostumfahrung Bremens an. Der Ausbau käme nämlich gleichzeitig dem Schienenpersonennahverkehr zugute.
Viertens. Die Linksfraktion befürwortet ausdrücklich den Ausbau der Verbindung Bremen–Soltau– Uelzen. Mit dem Ausbau der sogenannten Amerikalinie wird die viel befahrene Strecke Verden– Nienburg entlastet, weil Güterzüge aus Richtung Bremen gleich Richtung Osten abgeleitet werden können.
Fünftens. Zwingend notwendig ist es, dass auch die nicht bundeseigenen Eisenbahnnetze zur Bewältigung des zu erwartenden Güterverkehrs aus dem JadeWeserPort beitragen können.
Sechstens. Die geplante Küstenautobahn A 22 und die A 39 - Lüneburg–Wolfsburg - lehnen wir aufgrund fehlender verkehrlicher Bedeutung und somit zur Vermeidung unnötiger Subventionen sowie der ökologischen Risikofaktoren ab.
Der wachsende Güterverkehr wird aber auch eine Belastung für die an den Bahnstrecken wohnenden Menschen werden. Es müssen daher ausreichende Lärmschutzmaßnahmen entlang dieser Strecken ergriffen werden. Auch die Modernisierung von Loks und Waggons ist unabdingbar und ein weiterer Beitrag zum Lärmschutz.
Da der Änderungsantrag der Grünen u. a. auch viele dieser genannten Aspekte aufgreift, werden wir ihn im Ausschuss und letztendlich in der Abstimmung nach der zweiten Beratung unterstützen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Häfen in Niedersachsen wachsen enorm, auch wenn zur Zeit der Wirtschaftskrise dieses Wachstum verzögert wird - verzögert, aber nicht aufgehoben. Den Ausbau der Hafenhinterlandanbindungen weiterhin zu beschleunigen, um für die Zeit nach der Krise gut aufgestellt zu sein und um vom Wachstum zu profitieren, ist nach wie vor wichtig und richtig. Wenn wir heute nicht die Weichen für die Zukunft richtig stellen, werden sich andere Länder freuen.
Der Antrag der Grünen geht einmal wieder - wen wundert es? - von einer völligen Übernahme des Güterverkehrsaufkommens durch die Schiene aus.
Das ist, wie schon so oft bei Ihnen, völlig realitätsfern. Mehrfach habe ich versucht, Ihnen zu erklären, dass auch bei besten Bedingungen die Möglichkeiten des Transportes auf der Schiene nicht über 20 % der gesamten Güterverkehrsleistung hinausgehen werden. Sie verlangen ja schon heute einen unangetasteten Vorrang des SPNV. Das soll auch so bleiben. Wir stehen zu unserer Aussage.
Im Übrigen werden Sie der Debatte von heute Morgen nicht gerecht; denn Conti verkauft keine Reifen an die Schienenverkehre. Ignorieren und verteufeln Sie den Lkw-Verkehr also nicht! Er bleibt mit Abstand der flexibelste Verkehrsträger.
Lassen Sie uns zu den Anträgen zurückkehren! Wir konnten nicht alle Maßnahmen aufführen, es sind die vordringlichsten. Leider ist aber das Bundesverkehrsministerium nicht in der Lage, die Dringlichkeit dieser Maßnahmen zu erkennen. Ohne sich darüber klar zu werden, dass wir hier in Niedersachsen die Schlüsselqualifikation zum erwarteten Wachstum bereitstellen müssen, finanziert es lieber im Süden des Landes. Aber was wir nicht weitertransportieren können, kommt im Süden erst gar nicht an.
Der Antrag der Grünen enthält zumindest in der Überschrift den Lärmschutz. Ich weiß nicht, wie ich den bewerten soll. Ist das Ihr Ernst? Mehr haben Sie zu so einem wichtigen Punkt nicht zu sagen? - Das sehen wir von CDU und FDP aber anders. Dieses Thema ist so wichtig, dass wir es gesondert behandeln wollen. Das geht sowohl die Schiene als auch die Straße an, die Sie wieder einmal völlig ausblenden.