Protocol of the Session on February 20, 2009

Diese Aufforderung zur Anhebung der Studentenwerksbeiträge wäre, wenn sie denn ernst gemeint wäre, von der Logik her aus Ihrer Sicht zwar stringent; denn es würden wieder einmal die Studierenden zum Stopfen der Haushaltslöcher herangezogen. Aber das wäre in diesem Fall nicht nur unsozial, sondern es würde auch schlicht der Dimension des Problems nicht gerecht werden. In den letzten neun Jahren wurden die Landeszuschüsse für die Studentenwerke - zugegebenermaßen auch zu Zeiten der SPD-Regierung - trotz gestiegener Unterhaltungs- und Betriebskosten um 22 % gekürzt. Gleichzeitig erwarten wir in den nächsten Jahren einen gewaltigen Zuwachs an Studierenden, und wir wollen die internationale Attraktivität unserer Hochschulen stärken. Beides werden wir aber nur bewältigen, wenn wir eine attraktive Infrastruktur für Studierende anbieten können. Genau davon sind wir aber weit entfernt. Der Sanierungsbedarf der Studentenwerke in Niedersachsen hat sich inzwischen auf einen dreistelligen Millionenbetrag aufgestaut. Die Studentenwerke haben - jedenfalls zum Teil - Rücklagen gebildet. Aber es ist völlig utopisch zu glauben, sie könnten damit dieses Sanierungsstaus Herr werden.

Zudem geht Ihr Antrag am Thema vorbei, wenn Sie die Prüfung des Bedarfs zusätzlicher Studentenwohnheime beantragen. Diesen Bedarf gibt es. Er ist im Wissenschaftsministerium bekannt. Er wurde uns im Rahmen der Beratung im Ausschuss vom MWK dargestellt. Zumindest im Bereich der Studentenwerke Hannover, Braunschweig und Göttingen lässt er sich schon heute anhand der Auslastungszahlen und der Wartezeiten belegen. Außerdem geht es nicht nur um Neubau, sondern der größere Teil des Bedarfs besteht im Bereich technischer und energetischer Gebäudesanierung und im bedarfsgerechten Umbau vorhandener Wohneinheiten.

Meine Damen und Herren, wir hätten es daher für richtig gehalten - wie von der SPD vorgeschlagen -, die Studentenwerke zumindest in einer Übergangsphase in die klassische Wohnraumförderung aufzunehmen. Das wollten Sie nicht. Aber sie jetzt nicht einmal im Konjunkturprogramm adäquat zu berücksichtigen, erscheint, ehrlich gesagt, unverständlich. Die bisher geplanten 4,5 Millionen Euro sind angesichts der Summen, die hier im

Raum stehen, ein Tropfen auf den heißen Stein. Nur einmal zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen stellt über das Konjunkturprogramm 120 Millionen Euro für die Studentenwerke zur Verfügung.

Fazit: Die von Ihnen in Ihrem Änderungsantrag gemachten Vorschläge zielen am Problem vorbei und helfen den Studentenwerken in keiner Weise weiter. Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie das auch zugeben. Das heißt, das Thema bleibt weiterhin auf der Tagesordnung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Für die Fraktion die LINKE haben Sie, Herr Perli, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Studentenwerke sind die zentrale soziale Säule des Studiums. Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Gelingen des Studiums. Die Mensen, Cafeterien und Wohnheime sind ein wichtiger Bestandteil der Infrastruktur an jedem Hochschulstandort. Hinzu kommen die unzähligen Beratungs- und Unterstützungsangebote in Fragen der Studienfinanzierung, der Jobvermittlung oder bei Problemen im Studium oder im Privatleben. Ohne Studentenwerke kann Studieren nicht gelingen, daher müssen sie gestärkt werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Alle themenbezogenen Studien weisen auf einen zunehmenden Informations- und Beratungsbedarf an den Hochschulen hin. Laut der Sozialerhebung von 2006 wünschen sich zwei Drittel der Studierenden mehr Informationen. Jeder sechste Studierende hat einen Beratungsbedarf, um den Studienabbruch auszuschließen. Jeder dritte Bachelorstudierende hat Finanzierungsprobleme und leidet an Stress. Mit Studiengebühren, Bachelorterror und steigenden Preisen wird der Bedarf nach Unterstützung und Beratung nicht kleiner werden. Wir brauchen also starke Studentenwerke als integralen Bestandteil des Studiums.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher haben wir für den Haushalt 2009 eine Erhöhung der Mittelzuweisung in Höhe von 3 Millionen Euro gefordert. Das sind 1,6 Millionen Euro mehr als die im SPD-Antrag geforderten 10 %. An diesem Punkt mag es innerhalb der Opposition Differenzen geben. Aber wir sind uns alle einig, dass die von CDU und FDP vorgesehene Aufstockung

um 500 000 Euro nicht weiterhilft und dass dadurch nicht einmal der durch gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise entstandene Mehrbedarf ausgeglichen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Sanierungsbedarf ist weiterhin enorm. Allein das Studentenwerk Osnabrück benötigt für dringende Sanierungsmaßnahmen einen zweistelligen Millionenbetrag.

Aber auch aufgrund regelmäßiger Standortverlagerungen von Teilen der Hochschulen und einer fehlenden Landesentwicklungsplanung für Hochschulen, muss beim Wohnheimangebot ständig nachgesteuert werden. Es ist doch ganz logisch: Man kann keine Wohnheime auf einen Lkw packen und von Clausthal nach Lüneburg fahren. In Buxtehude gibt es heute sogar ein Wohnheim ohne Hochschule. Der hohe Leerstand an einzelnen Standorten ist eine Folge der mangelhaften oder viel zu wechselhaften Entscheidungen der Landesregierung.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Zeche dafür zahlen die Studierenden mit einem steigenden Eigenanteil. So stiegen in Braunschweig die Beiträge im Jahre 2007 um 33 % bzw. 10 Euro, nämlich von 31 auf 41 Euro.

Meine Damen und Herren, es bleibt ein Rätsel, wie die Studierendenwerke in dieser Situation noch mehr Rücklagen bilden sollen. Zum einen werden schon jetzt im Rahmen der Möglichkeiten Rücklagen gebildet. Zum anderen sind die Studierendenwerke zu einem Ausbau ihrer Rücklagen nicht in der Lage, solange sie keine höheren Landeszuschüsse bekommen. Unter diesen Umständen könnte ein Ausbau der Rücklagen zur Ausgabenzurückhaltung führen. Angesichts der wachsenden Bedeutung ihrer Aufgaben und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung wäre das eine völlig falsche Weichenstellung.

Eine andere Option wäre die Mehrbelastung der Studierenden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, wollen Sie höhere Mensapreise? Wollen Sie höhere Wohnheimpreise und dergleichen? Das ist keine Lösung im Interesse der Studierenden von heute und morgen.

Meine Damen und Herren, eine bessere Auslastung der Wohnheimplätze zur Rücklagenbildung ist schon rein kapazitiv nicht möglich. Das geht bestenfalls an einigen Standorten. Dort ist aber häufig

die Nachfrage nach Studienplätzen geringer und der Bedarf an Wohnraum daher auch.

Also bleibt eine Lösung, die mitzutragen ich Sie hiermit auffordere: Die Landesregierung wirkt auf die Bildung von Rücklagen hin, indem sie die finanziellen Zuschüsse erhöht. Wenn Sie das mit Ihrem Antrag bezwecken wollen, dann könnten wir sogar übereinkommen und einen gemeinsamen Antrag machen. Aber leider sind Ihre Forderungen bislang substanzlos, es sei denn, Sie stellen noch spontan einen Änderungsantrag zum Nachtragshaushalt, den wir gleich beraten werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Perli. - Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Stratmann zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mir die Frage gestellt, ob ich nach der kurzen, aber sehr überzeugenden Einlassung meines Kollegen Möllring hierzu überhaupt noch etwas sagen muss; denn Ihr Antrag ist damit als das entlarvt, was er tatsächlich ist: Hier geht es nämlich auch wieder nur darum, sich an einem Thema populistisch abzuarbeiten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sonst hätten Sie gleich entsprechende Anträge gestellt.

Ich erinnere mich auch sehr gut daran, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass Ihr Fraktionsvorsitzender zu Beginn der Debatten um das Konjunkturpaket II gefordert hat, dass sämtliche Millionen den Kommunen zufließen, was wiederum bedeutet hätte, dass es nicht einen einzigen Euro für die Hochschulen und erst Recht nicht für die Studentenwerke gegeben hätte.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Angesichts dessen stellt man sich schon die Frage, was jetzt gilt.

Zu Nordrhein-Westfalen seien mir zwei Hinweise erlaubt. Erstens. Nordrhein-Westfalen bekommt doppelt so viel Geld aus dem Konjunkturpaket wie

Niedersachsen, weil dieses Land doppelt so viele Einwohnerinnen und Einwohner hat. Zweitens. Obwohl dies so ist, gibt Niedersachsen rund 130 Millionen Euro an die Hochschulen, Nordrhein-Westfalen aber nur 60 Millionen Euro. Nordrhein-Westfalen bekommt doppelt so viel Geld, gibt aber nur halb so viel an die Hochschulen. Wir haben uns für eine andere Prioritätensetzung entschieden und verfolgen das Ziel, die Studienbedingungen unserer Studentinnen und Studenten zu verbessern. Dies ist auch der Grund für die Einführung von Studienbeiträgen. Aber jedes Land muss selbst entscheiden, wie es mit diesem Thema umgeht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich erinnere daran, dass CDU und FDP in ihrer Koalitionsvereinbarung Planungssicherheit für die Studentenwerke versprochen hatten. Wie es bei uns üblich ist, haben wir Wort gehalten. Zum Haushalt 2009 haben wir die Finanzhilfe um 0,5 Millionen Euro auf 14,5 Millionen Euro per annum erhöht und dies über eine Verpflichtungsermächtigung bis zum Haushaltsjahr 2012 abgesichert. Mit dieser Erhöhung haben wir den Preissteigerungen der jüngsten Vergangenheit Rechnung getragen. In Klammern füge ich als Randbemerkung hinzu: Jetzt verzeichnen wir in einigen Bereichen wieder drastische Preisreduzierungen. Zieht dies nach sich, dass Sie Anträge stellen, den Landeszuschuss im Einzelfall wieder zu kürzen? Das kann ich mir kaum vorstellen, auch wenn ich etwa an die Ankündigung einiger Energieversorgungsunternehmen denke, die Preise demnächst um 14 % zu reduzieren.

(Victor Perli [LINKE]: Sie haben sie vorher um 30 % erhöht!)

Trotz unseres Konsolidierungskurses - dies wurde schon erwähnt, und ich wiederhole es gerne - liegt Niedersachsen im Ländervergleich mit seinem Landesanteil an der Finanzierung der Studentenwerke über dem Bundesdurchschnitt, während die durchschnittlichen Studentenwerksbeiträge der Studierenden unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Mit diesem Hinweis will ich lediglich deutlich machen, dass wir so schlecht nicht sind. Damit verknüpfe ich nicht die Forderung an die Studentenwerke, die Beiträge zu erhöhen. - So viel zu einer Bemerkung von Frau Heinen-Kljajić.

Mit dem Beschluss der Landesregierung, den Studentenwerken das Eigentum an den von ihnen genutzten Landesgrundstücken unentgeltlich zu übertragen - herzlichen Dank an den Finanzminis

ter; das war keineswegs eine Selbstverständlichkeit -,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

haben wir einen weiteren Grundstein zur deutlichen Verbesserung der Wirtschaftlichkeit gelegt. Diese Grundstücke haben immerhin einen Wert von insgesamt 25 Millionen Euro. Dadurch, meine Damen und Herren, erhöht sich die Eigenkapitalquote. Dieses Argument hat auch die Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss überzeugt. Deshalb sage ich an dieser Stelle auch diesen Kolleginnen und Kollegen Dank dafür, dass sie so weitsichtig gehandelt haben.

Es gibt bessere Bankkonditionen, und die Erbbaurechtszinsen, die dafür gezahlt werden mussten und 370 000 Euro betragen, können Sie im Prinzip zu dem Erhöhungsbetrag von 500 000 Euro hinzuzählen, sodass die Erhöhung insgesamt 870 000 Euro ausmacht. Dies halte ich für durchaus bemerkenswert.

Ich bestreite nicht, Frau Heinen-Kljajić, dass es bei vielen Wohnheimen, die in den 60er- und 70erJahren und teilweise auch noch Anfang der 80erJahre entstanden sind, einen sehr hohen Sanierungsbedarf gibt. Hinzu kommt ein Bedarf an neuen Studentenwohnheimen an den bereits erwähnten Standorten Göttingen, Hannover und Braunschweig. An den anderen Standorten ist das nicht so. Dennoch muss man auch für Niedersachsen sagen - ich habe dies in anderem Zusammenhang schon erwähnt -, dass es bei uns einen relativ großen Markt für preiswerte private Wohnungen gibt. Dies ist hier ganz anders als in den Oberzentren Hamburg und erst recht München. Auch dies muss erwähnt werden dürfen.

In den nächsten Jahren werden wir uns bemühen - dafür haben wir im Rahmen des Konjunkturpaketes die ersten Signale gesetzt -, den Sanierungsstau zu beheben zu helfen. Dort, wo es echte Bedarfe gibt, werden wir uns nicht der Verantwortung entziehen, sondern das tun, was im Rahmen unserer Möglichkeiten getan werden kann. Diese Möglichkeiten reichen aber nicht so weit, dass wir Weihnachten und Ostern an einem Tag feiern könnten. Dies ist immer wieder eine Forderung der Opposition. Das kann sie machen, das ist das Recht der Opposition; aber verantwortliches Handeln ist das nicht. Wir wollen verantwortlich handeln, und das bedeutet, dass es einer Ausgewo-

genheit zwischen Konsolidierung einerseits und richtiger Politik in Sachfragen andererseits bedarf.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Ich schließe die Beratung.

Bevor ich zur Abstimmung komme, bitte ich Herrn Kollegen Bley, die Terminabsprachen draußen vorzunehmen. - Das ist nett, danke schön.

Wir kommen nun zur Abstimmung.