Protocol of the Session on February 18, 2009

- Sie können doch Herrn Duin nicht hängen lassen. Oder gilt das nicht, was er sagt?

(Zurufe von der SPD)

- Das gilt nicht? - Deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Suchen Sie sich erst einmal ein wirklich überzeugendes Modell, und dann können wir miteinander reden.

(David McAllister [CDU]: Ich bin für Duin!)

Ich mache Ihnen ein Angebot - das hat Herr Jüttner mir gemacht, ich mache es auch -: Klären Sie erst einmal, was eine gute Schule ist. Wenn Sie das in Ihren Kreisen geklärt haben, ohne immer nur auf die Struktur zu schauen, dann setzen wir uns zusammen und überlegen, welche richtigen

Schlüsse man daraus ziehen muss. Dann kommen wir mit dem Schulfrieden vielleicht weiter.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD]: Das war eine Drohung! Das war gemein!)

Auf den Redebeitrag von Herrn Klare hat sich Frau Korter zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön, Frau Korter! Sie haben anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Klare, Sie haben ja viel geschimpft, dass die Grünen eine neue Schulstrukturdebatte wollten. Ich frage Sie: Was haben Sie denn 2003 mit der Abschaffung der OS gemacht, wenn nicht eine große Schulstrukturreform? - Wenn auch eine aus dem vorigen Jahrhundert.

(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Wir haben die von Gabriel vollendet!)

Was überlegen Sie denn gerade, mit den Haupt- und Realschulen zu tun, wenn nicht eine Schulstrukturreform? - Wir wollen von Ihnen heute wissen, Herr McAllister, Herr Klare, was Sie mit den Haupt- und Realschulen vorhaben.

(David McAllister [CDU]: Warten Sie bis Dienstag!)

Oder haben Sie nach sechs Jahren immer noch kein Konzept? - Sechs Jahre lang haben Sie die Hauptschule kaputt gemacht. Sie stellen sich hier hin und schimpfen über unsere Anträge, haben aber überhaupt kein Konzept.

(David McAllister [CDU]: Dienstag!)

Oder dürfen Sie, Herr Klare, dem Parlament nicht sagen, was Sie vorhaben?

(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Rufen Sie mich am Dienstag an!)

Herr Klare, bitte!

Meine Damen und Herren! Die Abschaffung der Orientierungsstufe, als wir die Regierung übernommen hatten, war eine abgemachte Sache vonseiten der SPD-Landesregierung. Ich sage noch einmal: Das war eine pädagogisch richtige Ent

scheidung, weil wir damit langfristige Bildungsgänge schaffen konnten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Schulform, in der nur zwei Jahre lang unterrichtet werden kann, ist keine Schulform, die auf Dauer und auf Erfolg ausgerichtet arbeiten kann.

Aber da es ganz interessant ist, sollten Sie, Frau Korter, noch einmal in dem Gutachten nachlesen, das Herr Gabriel damals hier im Landtag vorgestellt hat: In einer integrierten Schulform wie der Orientierungsstufe - das war damals die einzige neben den bestehenden Gesamtschulen -, werden die schwachen Schüler in einer Weise benachteiligt, wie sie an keiner anderen Schule benachteiligt werden. - Gutachten der SPD-Landesregierung, hier vorgetragen von Ministerpräsident Gabriel.

(Beifall bei der CDU)

Weiter hieß es da sogar: Durch die ständigen Negativerlebnisse verlieren die Schüler ihr Selbstwertgefühl. - Wissen Sie, das war damals die Orientierungsstufe, eine integrierte Schulform. Das sage ich jetzt nicht zu Ihnen; denn Sie haben immer konsequent die Einheitsschule vertreten. Dazu kann man stehen wie man will. Aber diejenigen, die damals dieses Gutachten herausgegeben haben, sind heute diejenigen, die wieder die Einheitsschule fordern, obwohl sie damals eines Besseren belehrt worden sind. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Körtner von der CDU-Fraktion, ich erteile Ihnen das Wort. Ihnen steht der Rest der von Ihrer Fraktion beantragten Redezeit zur Verfügung, nämlich 7:11 Minuten. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind es inzwischen gewohnt, dass bei jedem Ihrer schulpolitischen Anträge, egal, welchen Titel er hat, immer die Gesamtschule, immer die Einheitsschule mit drin ist. Wir führen in Deutschland regelmäßig alle zehn Jahre Gesamtschul- bzw. Einheitsschuldebatten. Aber daran gewöhnt man sich.

Wir haben das Schulgesetz geändert, damit die Eltern in Niedersachsen eine größere Wahlfreiheit haben. Von dieser Wahlfreiheit wird auch Gebrauch gemacht: Die Eltern wählen. Sie sind dar

über sehr erstaunt; wir hingegen finden das völlig normal. Deshalb brauchen wir auch keine Gesamtschuldebatten. Die Alternative zum gegliederten Schulwesen ist eben nicht die Gesamtschule, sondern ein verbessertes gegliedertes Schulwesen. Genau das beraten wir zurzeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie, meine Damen und Herren, machen die Bildungspolitik beständig zum Hauptexperimentier- und -kampffeld Ihrer Parteipolitik, oft auch mithilfe der GEW. Genau wie diese Gewerkschaft gerade jetzt bei der Teilzeitregelung machen auch Sie nicht halt vor bewusst falsch in die Öffentlichkeit lancierten Behauptungen. Die Strukturdebatte, die bei Ihnen regelmäßig eine Gesamtschuldebatte ist, nimmt immer irrationalere Züge an. Bei Ihnen bricht geradezu eine kollektive Hysterie aus. Es wird überhaupt nicht mehr seriös und fachlich analysiert - wir haben es bei Frau Korter und Frau Heiligenstadt erlebt -, sondern an die Stelle von Argumentationen treten Ihre Überzeugungen, und das gesamte gegliederte Schulwesen wird einfach verleumdet - immer undifferenziert, immer dilettantisch und niemals wissenschaftlich belegt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

Dabei wird viele Energie verschwendet, ohne dass derartige Debatten zu nachweisbaren Verbesserungen führen.

Meine Damen und Herren, ich möchte nun doch einmal auf Ihre Einheitsschule eingehen, weil Sie immer davon ausgehen und das auch so vermitteln, dass das ein pädagogisch qualifiziertes Zukunftsmodell ist. Sie vermitteln den Eindruck, als sei die Gesamtschule, die IGS, eine einheitliche, eine fortschrittliche Konzeption. Das stimmt nicht. Sie verkaufen uns hier nicht nur ein altes, sondern ein uraltes Modell.

Frau Kollegin Körtner, Frau Kollegin Flauger möchte eine Zwischenfrage stellen.

Melden Sie sich doch bitte zu einer Kurzintervention!

Sie favorisieren Vorstellungen zur Gestaltung der Schule und des Unterrichts, die zwischen 1890 und 1933 von sogenannten Reformpädagogen entwickelt worden sind. Das muss man sich einmal

vorstellen: Grundlage Ihrer Argumentation, meine Damen und Herren, sind überholte Vorstellungen voriger Jahrhunderte.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch von der SPD)

Reformpädagogen waren immer rückwärts gewandt.

(Lachen bei der SPD)

Sie waren immer dogmatisch, und sie waren außerordentlich zerstritten, meine Damen und Herren. Sie waren keine Wissenschaftler, und ihre pädagogischen Vorstellungen waren nachweislich hoch spekulativ. Sie haben sich auch sehr schnell erledigt.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Von den 68ern wurden diese Thesen dann aber wieder aufgenommen. Die Schule für alle, also eine IGS, sollte den neuen Menschen für eine herrschaftsfreie Gesellschaft hervorbringen und durch Gesamthochschulen dann auch noch sozusagen ihre Ergänzung finden.

(Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

- Dass Sie klatschen, ist klar.

Frau Körtner, ich möchte gerne einmal unterbrechen. - Zwischenrufe gehören ja dazu. Aber man muss sie auch verstehen können. Hier ist gerade ein totales Durcheinander. Ich bitte Sie um mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin. - Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - In jeder exakten Wissenschaft, meine Damen und Herren auf dieser linken Seite des Hauses, würde man sich lächerlich machen, wenn man auf derart veraltete Vorstellungen zurückgreifen würde.

(Zuruf von der SPD: Oje!)

Sie predigen, Sie präsentieren uns antiquierte Schulformen als Heilsbringer für unsere Kinder. Sie präsentieren uns eine Schulform von vorgestern.

(Widerspruch von der SPD)