Protocol of the Session on April 9, 2008

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das Wort hat jetzt Herr Innenminister Schünemann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist eine Aufgabe aller demokratischen Kräfte und außerdem ein Kernanliegen dieser Landesregierung.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es ist selbstverständlich, dass wir alle geeigneten Mittel ergreifen, um den Rechtsextremismus zu bekämpfen, und zwar sowohl repressive als vor allem aber auch präventive Mittel. Ich bin wirklich froh darüber, dass wir in Niedersachsen hier besonders erfolgreich sind.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, für unerträglich allerdings halte ich es, dass die Sozialdemokraten gerade in den letzten Monaten immer wieder versucht haben, der Öffentlichkeit zu suggerieren, dass nur derjenige, der ein erneutes NPDVerbotsverfahren aktiv betreibt, derjenige sei, der wirklich gegen Rechtsextremismus kämpft.

(Johanne Modder [SPD]: Sie wissen, dass das Quatsch ist!)

Wer so etwas tut, der verabschiedet sich aus der Gemeinschaft der demokratischen Kräfte, die versuchen, wirklich etwas gegen Rechtsextremismus zu tun. Dies sollten Sie nun aber wirklich nicht machen;

(Johanne Modder [SPD]: Das ist ja unverschämt! - Weitere Zurufe von der SPD)

denn es schadet der Sache insgesamt und nützt lediglich der NPD, wie es Herr Briese von der Fraktion der Grünen hier schon gesagt hat.

(Beifall bei der CDU)

Vor wenigen Tagen hat der NPD-Bundesvorsitzende in der ARD Folgendes gesagt:

„Das letzte Verbotsverfahren hat gezeigt, dass es einen sehr großen Solidarisierungseffekt gab, und nachdem das Verfahren im Jahr 2003 eingestellt worden war, erfolgte der erste Wiedereinzug der NPD in den Landtag von Sachsen.“

Meine Damen und Herren, wir müssen alles daransetzen, um zu dem zurückzukehren, was die Innenminister vereinbart haben, nämlich dazu, nicht in der Öffentlichkeit darüber zu streiten, sondern die Fachleute in der Innenministerkonferenz sprechen und regelmäßig prüfen zu lassen, ob es tatsächlich neue Anhaltspunkte dafür gibt, weitere Schritte gegen die NPD einzuleiten.

Herr Minister, gestatten Sie - - -

Nein, im Moment nicht. - Die Wahrheit ist, dass die SPD in den Landtagswahlkämpfen auf dem Bundesparteitag genau diese Vereinbarung gebrochen und dort beschlossen hat, ein erneutes Verbotsverfahren in Angriff zu nehmen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Darauf sind wir stolz!)

Daraufhin ist ein Schreiben von Herrn Struck und vom damaligen Parlamentarischen Geschäftsführer Herrn Scholz an Herrn Schäuble gegangen. Herr Schäuble hat dieses Schreiben aufgenommen und gesagt: Auf Wunsch der SPD-Fraktion sollen alle Bundesländer prüfen, ob neue Erkenntnisse vorliegen, die nach den Regeln des Bundesverfassungsgerichts zu einem Parteiverbot führen können. - So heißt es in diesem Schreiben. Nur „neue Erkenntnisse“!

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist das Ent- scheidende, Frau Modder!)

Aufgrund dieses Schreibens haben wir auf der Innenministerkonferenz gesagt: Nach den Regeln des Bundesverfassungsgerichts müssten zunächst einmal die V-Leute abgezogen werden, weil ansonsten nicht sichergestellt werden kann, dass die Quellen nicht von V-Leuten kontaminiert werden. Dies ist nach den zurzeit vorliegenden Unterlagen aber einfach nicht machbar. Es wäre andernfalls sehr schwierig, wirklich neue Erkenntnisse zu bekommen. Trotzdem haben wir gesagt, dass wir uns das gesamte Material angucken wollen.

Alle CDU-Innenminister haben bis zu dem vereinbarten Termin am 31. März geantwortet und dargestellt, aus welchen Gründen keine wirklich neuen Erkenntnisse vorliegen.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist die Wahrheit, aber nicht das, was Frau Modder hier dargestellt hat!)

Die einzigen, die bis dahin nicht geantwortet haben, waren die SPD-Innenminister. Erst jetzt habe ich aus der Zeitung erfahren, dass sie irgendetwas gesammelt haben. Ich bin gespannt darauf, was es ist. Das werden wir uns genau ansehen. Aber auch die Präsidenten der Verfassungsschutzbehörden in den SPD-geführten Ländern hatten uns schon damals gesagt, dass es keine neuen Erkenntnisse geben kann. Wenn die SPD-Arbeitsgruppe zu neuen Erkenntnissen gelangt sein sollte, werden wir uns diese Erkenntnisse ganz seriös angucken. Das ist überhaupt keine Frage.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt ist klar: Wenn wir ein Parteiverbotsverfahren betreiben wollen, müssen wir für die Dauer des gesamten Verfahrens alle V-Leute aus den Führungsetagen der NPD abziehen. Diese dürften parallel zu den Verfahren nicht dort verbleiben. Das würde bedeuten, dass wir drei bis fünf Jahre lang auf alle Erkenntnisse der V-Leute im Bereich der NPD und der Kameradschaften verzichten müssten. Dazu sage ich Ihnen als Innenminister dieses Landes Folgendes: Auf diese Erkenntnisse will ich ganz bewusst nicht verzichten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich will nämlich wissen, welche Strategien die NPD und die rechtsextreme Szene fahren, um an Jugendliche heranzutreten und diese mit rechtsextremer Musik für ihre Ideale zu ködern. Dagegen will ich vorgehen.

(Zuruf von der LINKEN: Rechts und links muss man auseinanderhalten! - Weitere Zurufe)

Ich möchte Informationen darüber haben, damit ich rechtzeitig handeln kann. Ich bin froh darüber, dass ich gerade in Niedersachsen über breite Informationen verfügen kann. Ich sage Ihnen auch: Ich möchte verhindern, dass hier in Niedersachsen Anschläge geplant werden. Außerdem möchte ich auch in Zukunft sichergestellt wissen, dass mit Hilfe der Polizei dann, wenn ein so verächtlicher Anschlag wie der in Sittensen durchgeführt wird, der Täter innerhalb von drei Stunden gefasst wer

den kann. Dazu benötige ich aber entsprechende Informationen. Darauf zu verzichten, wäre fatal.

Deshalb, meine Damen und Herren, sollten wir endlich wieder einmal zum Kern zurückkommen und im Bereich der Repression, aber auch im Bereich der Prävention alles daransetzen, um den Rechtsextremismus erfolgreich zu bekämpfen. Das ist doch die Frage. Darüber sollten aber die Fachleute insbesondere auf der Innenministerkonferenz diskutieren. Nutzen Sie dazu aber nicht die öffentliche Debatte, mit der Sie der NPD - was Sie sicherlich auch nicht wollen - aus ihrer momentan schwierigen Lage heraushelfen würden; denn sie hat zurzeit Führungsprobleme und einen Parteienfinanzierungsskandal. Sie ist am Ende. Sie freut sich darüber, dass sie fast jeden Tag in der Presse erscheint, was in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen ist. Das ist fatal. Ich bitte Sie nun, wirklich einmal zur Sachlichkeit zurückzukehren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt möchte ich Ihnen noch einen letzten Punkt zugestehen, weil er mich genauso bewegt wie Sie. Es ist unerträglich, dass 40 % der Parteifinanzen der NPD aus Steuergeldern erbracht werden. Wir müssen wirklich noch einmal darüber nachdenken, wie wir dieses Problem in den Griff bekommen können. Was das Parteiverbot anbelangt, müssen wir sehen, was passiert. Dann nennen sich die Rechtsextremisten wieder anders. Die sind sehr flexibel. Sie können zwar eine Partei verbieten, aber nicht das Gedankengut. Die Betreffenden werden sich dann wahrscheinlich in einer anderen Gruppierung, in einer anderen Partei wieder neu darstellen.

Deshalb ist es sinnvoll - wie wir es auf der Innenministerkonferenz besprochen haben -, z. B. im Bereich der Stiftungen eine klare Kante zu zeigen, wie wir es hier in Niedersachsen mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit bereits getan haben. Das ist völlig klar. Es muss aber auch geprüft werden, ob durch eine Verfassungsänderung nicht auch eine Trennung von Parteienverbot und Parteienfinanzierung vorgenommen werden kann. Ich bin gemeinsam mit Verfassungsrechtlern gerade dabei, einen entsprechenden Vorschlag zu erarbeiten, über den wir zu gegebener Zeit diskutieren müssen. Auch das ist ein schwieriger Weg. Keine Frage. Es lohnt sich aber, einmal darüber nachzudenken, das Ziel nicht nur über ein Parteienverbot zu erreichen, sondern auch über einen darunter angesiedelten weiteren Weg. Das ist klar. Wir müs

sen alles versuchen, damit so eine Partei nicht noch weiter mit Steuergeldern unterstützt wird.

Meine Damen und Herren, mit den Vorwürfen, die Sie gerade in meine Richtung erhoben haben, können Sie mich überhaupt nicht treffen, weil sie so absurd sind. Ich kann Ihnen aber Folgendes sagen: Der Ort, an dem wir über das in Rede stehende Problem insgesamt diskutieren sollten, ist vor allem die Innenministerkonferenz, weil sie gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden die Verantwortung trägt. Es ist eine Fachfrage, die nicht zum Gegenstand parteipolitischen Populismus gemacht werden sollte, um von anderen Dingen abzulenken. Dazu ist das Problem einfach viel zu ernst.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zu Tagesordnungspunkt 1 d. liegen mir weitere Wortmeldungen nicht mehr vor.

Ich darf aber feststellen, dass die Landesregierung ihre Redezeit bereits überschritten hat. Deshalb halte ich das Haus damit für einverstanden - denn auch einige Fraktionen sind bezüglich der Redezeiten bereits an ihr Limit gestoßen -, dass ich allen Fraktionen für die Beratung des letzten Punktes der Aktuellen Stunde jeweils fünf Minuten zusätzlich zubillige. Wenn diese fünf Minuten abgelaufen sind, werde ich durch ein Klingelzeichen entsprechend darauf hinweisen. Wenn Sie damit einverstanden sind, gehen wir so vor.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 1 e auf:

Partnerschaften mit China brauchen Einsatz für Menschenrechte - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/70

Das Wort hat Frau Helmhold.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unruhen beim Transport des olympischen Feuers, der blutig niedergeschlagene Aufstand der unterdrückten Tibeter, hohe Haftstrafen für Menschenrechtler, weitergehende Einschränkungen der Pressefreiheit - die jüngste Vergangenheit zeigt, dass das Thema Menschenrechte bei der chinesischen Führung einen, gelinde gesagt, nur äußerst geringen Stellenwert einnimmt. Die Hoffnung, dass sich mit der Vergabe der Olympischen

Spiele an China die Menschenrechtslage verbessern würde, hat sich leider nicht erfüllt. Die Kluft, die zwischen Anspruch und Wirklich klafft, ist immens. Die Realität hat wenig gemein mit dem, was uns versprochen worden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Völlig unrealistisch und in meinen Augen geradezu abwegig sind in diesem Zusammenhang die Äußerungen einiger Politikerinnen der Linken, wie z. B. die Vergleiche des Dalai Lama mit dem Ayatollah Khomeini der Kollegin Schneider aus Hamburg. Das ist wirklich sehr neben der Spur gewesen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, in der vergangenen Woche war der stellvertretende Ministerpräsident, Wirtschaftsminister Hirche, in China. Im Vorfeld war zu lesen, er wolle die Menschenrechtslage im Auge behalten. Politische Gespräche seien allerdings nicht vorgesehen. Herr Hirche, das interessiert uns allerdings schon: Haben Sie oder haben Sie nicht und, wenn ja, wie haben Sie?

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Das ist aber eine verfängliche Frage, Frau Helmhold!)

Denn nach der Rückkehr von Ihrer Reise war von Wachstumsmärkten in China, von Geschäftskontakten, von Einweihungen und von einem Letter of Intent zur Eröffnung eines German Industrial Park zu lesen. Herr Minister, ich frage mich: Haben Sie dabei vielleicht das Thema Menschenrechte aus den Augen verloren? Nur, meine Damen und Herren, dass wir uns nicht falsch verstehen: Ich meine ausdrücklich, dass man Kontakte pflegen soll, gerade als hoher politischer Repräsentant. Aber man soll die politischen Chancen nutzen, die sich dabei ergeben. Man muss Stellung beziehen zu den drängenden Themen Demokratie und Menschenrechte in Ländern, in denen Menschen auf die Straße gehen und mit ihrem Leben dafür büßen, wenn sie dies einfordern.