Protocol of the Session on April 9, 2008

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich will ein zweites Argument anführen. Wenn der Bundesinnenminister sagt, er wolle aufgrund des Materials, das wir in den Ländern gesammelt haben, ein NPD-Verbot zumindest noch einmal vernünftig prüfen, dann haben die Länder das Material gefälligst zu liefern. Das war doch die Verabredung.

(Beifall bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Das ist der Punkt!)

Herr Schünemann, es ist Arbeitsverweigerung, was Sie hier machen, wenn Sie sagen: Nein, mein Material schicke ich nicht nach Berlin. Ich beteilige

mich gar nicht an diesem Prozess. - Liefern Sie die Erkenntnisse, die Sie hier durch Ihre Dienste bekommen haben, nach Berlin! Dann kann vernünftig und objektiv geprüft werden. Dann können wir sehen, ob das Material für ein neues Verbotsverfahren reicht oder eben auch nicht reicht.

Ich finde - in diesem Punkt hat der Kollege von der Linken recht -, eigentlich sind wir jetzt nicht sehr viel weiter als im Jahre 2001. Damals gab es tatsächlich das Problem, dass die V-Leute nicht abgezogen worden sind. Auch heute sagen viele Landesinnenminister: Meine heilige Quelle will ich aus der NPD nicht abziehen. Ich habe diese Leute dort mit viel Mühe eingeschleust. Jetzt habe ich sie in der Partei und will sie nun nicht wieder abziehen. - Ich finde auch, dass es oftmals Nachtschattengewächse sind, die man dort eingeführt hat. Deswegen muss man darüber nachdenken, ob man sie abzieht.

Ich will zum Schluss noch zwei Gedanken vortragen. Man sollte natürlich auch einmal über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz und darüber, ob man die Hürden für ein Parteiverbot etwas absenkt, nachdenken. Das wäre sicherlich richtig.

Zum Schluss will ich noch sagen, dass der niedersächsische Innenminister in dieser Debatte, wie ich finde, auf sehr sonderbare Weise unterwegs ist. Er will üblicherweise, wenn es um gesellschaftliche Probleme geht, gern ein Verbot, ob es sich nun um Killerspiele, um Softairwaffen oder um Graffiti handelt. Er ist dann immer der Erste, der ein Verbot fordert. Bei dieser schwierigen gesellschaftspolitischen Debatte will er von einem Verbot aber gar nichts wissen. Das finde ich sehr irritierend.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Für die CDU-Fraktion erteile ich jetzt Herrn Rolfes das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe eben gerade dem Vertreter der Linken zugehört, der sich erdreistete, demokratischen Parteien vorzuwerfen, dass sie sich nicht verfassungstreu verhalten, und für sich in Anspruch nimmt, uns entsprechende Ratschläge zu geben. Angesichts dessen verweise ich darauf, dass die Linke Vertreter der DKP als Kandidaten auf ihrer Liste hatte. Frau Wegner sagt, dass sie natürlich, wenn es denn erforderlich ist, zukünftig

ihre verbrämte Ideologie mit Stacheldraht, mit Mauer und mit Stasi umsetzen will.

(Zuruf von Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE])

Das sind die, die uns hier Ratschläge geben wollen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich finde, auch die Sozialdemokraten sollten einmal darüber nachdenken, ob das die richtigen Partner sind. Wir als CDU sind jederzeit bereit - über dieses Thema ist ja schon einmal am 12. Oktober in einer Aktuellen Stunde beraten worden -, in einer sachlichen Weise über ein NPDVerbot, über ein Verbot dieser rechtsradikalen Gruppierung zu diskutieren und ein solches Verbot zu prüfen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Umset- zen müssen Sie es! Machen müssen Sie es!)

- Sie sind für mich eher eine schlechte Ratgeberin. Ich möchte gern einmal wissen, wie Sie zur Verfassung stehen. Erklären Sie es hier insgesamt durch Ihr Verhalten und nicht nur durch Ihr Reden.

Da meine Redezeit knapp ist, komme ich nun auf Herrn Jüttner zu sprechen. Frau Modder hat eben gesagt, der Herr Innenminister solle sich bei der SPD entschuldigen. Dazu kann ich nur sagen: Wir sind jederzeit zu einer sachlichen Diskussion bereit. Ich möchte hier einmal aus der unverschämten Pressemitteilung zitieren, die Herr Jüttner in der letzten Woche abgegeben hat:

„So langsam stellt sich die Frage, aus welchen Beweggründen Herr Schünemann derart vehement auch nur jede Diskussion über ein mögliches NPD-Verbot im Keim ersticken will.“

Das ist nichts anderes als der unverschämte Versuch, diesem Innenminister klammheimliche Sympathie für die Rechtsradikalen zu unterstellen. Diesen Versuch unternehmen Sie!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Unver- schämt!)

Sie unternehmen diesen Versuch, um von der desaströsen Situation der SPD abzulenken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen und Widerspruch bei der SPD)

- Da lachen Sie! Nehmen wir doch einmal Frau Hartmann! Es war ja geradezu eine geniale programmatische Erneuerung, als sie auf Borkum gesagt hat, sie wolle nicht die besten Jahre ihres Lebens in der Opposition verbringen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das war eine geniale programmatische Erneuerung!

Herr Jüttner sagt: Programmatisch brauchen wir eigentlich gar nichts zu ändern. - Dazu kann ich nur sagen: Oppermann und Weil lassen grüßen.

(Zuruf von der SPD: Es geht um das NPD-Verbot!)

Sie sind sehr viel besser in ihrer Analyse. Es ändert nichts daran: Wir sollten gemeinsam gegen Rechtsextremisten angehen und auch ein Verbotsverfahren prüfen.

Allerdings muss man auch einmal darauf hinweisen, dass Rechtsextremisten, also die NPD, bei der niedersächsischen Landtagswahl Stimmenanteile zwischen 0,6 % und 3,6 % erreicht haben. Sie haben nirgends eine politische Chance gehabt. Dennoch bin ich aufgrund des eindeutig verfassungswidrigen Verhaltens in vielen Fällen dafür, dass man prüft, wie man unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu einem Verbot kommen kann. Dazu gehört, dass es möglich sein muss, die V-Leute in der NPD zu belassen, und dass es trotzdem möglich sein muss, den Verbotsantrag zu begründen, ohne dass dabei auf Informationsmaterial von V-Leuten zurückgegriffen wird. Wenn das gelingt, kann, wie ich glaube, ein Verbotsantrag erfolgreich sein. Kein CDU-Innenminister hat sich geweigert, Material zu liefern. Das Material, das abgeliefert wird, muss aber so qualifiziert sein, dass darauf ein Verbotsantrag gestützt werden kann. Alles andere würde nur der NPD nutzen. Das will hier hoffentlich niemand.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als nächster Redner hat Herr Bode von der FDPFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Briese, ich bin Ihnen für die sachliche und ausgewogene Rede, die Sie hier gehalten haben,

dankbar. Sie hat sich wohltuend von den Reden der Vorredner abgehoben, wobei ich Ihnen zugute halte, dass Sie, da die Grünen nicht an der Regierung beteiligt sind, schlicht und ergreifend nicht wussten, wie es um die Materialanforderung und die Materialbewertung steht. Insofern gehe ich davon aus, dass Ihre Vermutung, dass sich Niedersachsen in dieser Hinsicht verweigert hat, nicht böswillig gemeint war, sondern dass Sie einfach Herrn Jüttner und Frau Modder auf den Leim gegangen sind und deren Behauptung wiederholt haben. Die genannten Kollegen wissen es natürlich besser.

Die NPD ist eine unsägliche Partei mit einer unsäglichen Ideologie, die niemand wirklich gut finden kann. Natürlich würde ich, wenn ich es könnte, die NPD eher heute als morgen verbieten und ihr auch die Parteienfinanzierung streichen. Ich kann das aber nicht, weil wir in einem Rechtsstaat leben sowie ein Grundgesetz und ein Bundesverfassungsgericht haben. Es gibt also entsprechende Regeln, die eingehalten werden müssen. Auch wenn wir mit einem Verbot durchkämen, würden wir die Ideologie und das Gedankengut, das von Rechtsextremisten verbreitet wird, nicht ausmerzen können.

(Johanne Modder [SPD]: Das hat auch niemand behauptet!)

Dummheit kann man nicht verbieten.

(Beifall bei der FDP)

Wir müssen die Grundlage dafür schaffen, dass sie sich nicht verbreitet.

Wir müssen in die Bildung investieren. Wir müssen jungen Menschen eine Perspektive bieten. Wir dürfen nicht eine öffentliche Streitkultur in Bezug auf die NPD pflegen. Die Folgen wären entsetzlich. Den Nutzen hätte allenfalls die NPD. Sie spielen der NPD mit einer solchen Debatte, die Sie lostreten, in die Hände. Das ist etwas, was mir wirklich Sorge macht.

(Johanne Modder [SPD]: Wer hat denn die Verabredung gebrochen?)

- Frau Modder, wir hatten in dieser Frage bisher immer einen Konsens. Die SPD hat diesen verlassen. Wir lassen es auch nicht durchgehen, dass Sie der Öffentlichkeit weismachen wollen, dass dort die Guten sitzen, die gegen die NPD und deren Gedankengut sind, und hier die Bösen sitzen, die insgeheim dafür sind. Das ist ein falsches Bild.

Niedersachsen ist beim Kampf gegen den Neofaschismus vorbildlich.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben in Niedersachsen bei der Verhinderung von Haus- und Immobilienankäufen, bei der Verhinderung von Rockkonzerten und bei der Verhinderung des Verteilens von Schulhof-CDs hervorragende Arbeit geleistet. Das alles konnten wir tun, weil der Verfassungsschutz hervorragend gearbeitet hat, weil es die V-Leute gibt und weil es entsprechende Informationen von ihnen gibt. Auf diese Weise konnten Straftaten verhindert werden.

Herr Bartling, Sie wissen doch auch, dass dann, wenn beim Verfassungsgericht ein mehrjähriges Verfahren läuft, während dieses Verfahrens keiner der erwähnten Kontakte mehr nutzbar ist. Das muss man ehrlicherweise sagen. Wir werden dann nicht verhindern können, dass die Schulhof-CDs verteilt werden. Das werden wir nicht schaffen. Wir werden auch die Immobilienverkäufe in dieser Zeit nicht verhindern können. Das muss man als Risiko entsprechend sehen und auch immer wieder abwägen. Bei dieser Abwägung unter Einbeziehung der Tatsache, dass das Material nach den Maßstäben des Verfassungsgerichtes vorbelastet ist, weil V-Leute bei der Beschaffung einbezogen waren, ergibt sich, dass dies kein gangbarer Weg ist. Das muss man leider sagen.

Da Niedersachsen all diese Erfolge verzeichnen kann, stellt sich für mich die Frage, warum die SPD dieses Thema überhaupt zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde gemacht hat. Ich glaube, Sie wollen zum einen von Ihrer eigenen Situation, zum anderen aber auch noch von etwas Anderem ablenken, Herr Jüttner, wie der Redebeitrag der Fraktion der Linken heute noch einmal gezeigt hat. Ihnen ist es inzwischen nämlich unangenehm, dass Herr Bartling und Sie selbst bei der Fraktion der Linken in der Zwischenzeit neue Freunde gefunden haben, die im Huckepack jemanden in den Landtag gebracht haben, der für die Wiedereinführung der Staatssicherheit auf deutschem Boden ist und erklärt hat - ein neuer Freund von Ihnen, wie wir heute in der Zeitung lesen konnten -, die DDR - ich füge hinzu: mit ihrer Menschenverachtung - wäre immer noch der beste Staat gewesen, den es je auf deutschem Boden gegeben hat.

Dazu kann ich nur sagen: Herr Jüttner, lösen Sie sich von Ihren neuen Freunden! Sie können hier und heute einen guten Schritt in diese Richtung machen. Entschuldigen Sie sich bei Innenminister

Schünemann! Er hat im Gegensatz zu den SPDMinistern gute Arbeit gegen die NPD geleistet.

Vielen Dank.