(David McAllister [CDU]: Frau Helm- hold fühlt sich heftig angefasst! Bei dem Verlauf der Debatte würde ich das auch so sehen!)
Herr Focke, es ist ja schon putzig, dass Sie uns im Ausschuss erklären wollen, was Sie schon immer für die Familien getan haben. Ich finde, Sie sollten das hier gleich öffentlich machen und z. B. erwähnen, dass Sie die Hausaufgabenhilfe und die Lernmittelfreiheit in Niedersachsen abgeschafft haben. Das wäre immerhin ein ehrlicher Anfang.
Der Grund, weshalb ich mich gemeldet habe, ist der, dass ich es der CDU nicht durchgehen lassen kann, wenn sie sich einen schlanken Fuß machen will und sagt, sie hätte mit der Hartz-IV-Gesetzgebung nichts zu tun. Ganz im Gegenteil!
Wer hat im Vermittlungsausschuss - ich glaube bis zum 20. Dezember - verhandelt und die Sache dermaßen verschärft, dass wir jetzt versuchen müssen, die Auswirkungen wieder einzufangen? - Das war die CDU! Sie hat nämlich so viel Druck ausgeübt, dass wir am Ende in dieser Sache praktisch überhaupt nicht mehr vorkamen, was uns sehr geärgert hat, wie Sie sich vorstellen können.
Sie können sich jetzt keinen schlanken Fuß machen und sagen, das hätten alles nur die anderen getan. Das war genauso gut Ihr Gesetz, wie von jedem anderen, der damals im Bundestag gewesen ist.
Zum Thema Armut. Die Armut in Niedersachsen - das wüssten Sie, wenn Sie den Bericht lesen würden - hat sich auf hohem Niveau verfestigt, und zwar trotz guter Konjunktur. Das ist allerdings ein beängstigendes Zeichen. Und wenn wir - - -
(David McAllister [CDU]: Sehen Sie doch ein, dass Ihr Antrag Käse ist! - Gegenruf von Ursula Helmhold [GRÜNE]: Nein! Sie können doch nicht so tun, als ob die Kindergelder- höhung den Armen nicht zustehen würde! Ich kriege sie, Sie kriegen sie, aber die Hartz-IV-Empfänger kriegen sie nicht!)
Meine Damen und Herren, jetzt hat Herr Focke das Wort. Frau Helmhold, Herr Focke hat jetzt das Wort.
- Frau Helmhold, durch das Geschrei wird es nicht besser und auch nicht richtiger, was Sie sagen. Das Entscheidende ist: Sie hatten Verantwortung in diesem Land und im Bund. Sie sind die Wege gegangen, die Sie heute kritisieren und von denen Sie sagen: Das ist alles schlecht; das ist alles falsch. - Sie haben das eingeführt. Das müssen Sie anerkennen, und mit dieser Erkenntnis müssen Sie im Zweifel auch leben.
Zur Hausaufgabenhilfe und zur Lernmittelfreiheit. Ich möchte Sie daran erinnern, dass hier in Niedersachsen die Lernmittel für Kinder aus Familien, die Transferleistungen erhalten, vom Land bezahlt werden. Das will ich hier deutlich sagen. Ihre Behauptung ist also falsch.
Der einzige und der richtige Weg hinaus aus den Transferleistungen besteht darin, dass wir weiterhin in Bildung investieren und dass die jungen Leute eine Chance haben, in Ausbildungsplätze und in Arbeit zu kommen, um, wenn sie erwachsen sind, ihre eigene Familie und ihre eigenen Kinder ernähren zu können.
Wir haben für die Sprachförderung eine Menge getan. Wir haben Schulsozialarbeiter eingestellt und das Hauptschulprofilierungsprogramm eingeführt. Ich erinnere an das Programm „Familien mit Zukunft“ und all die vielen Programme, die wir eingeführt haben, um Kindern zu helfen und Familien zu stärken.
Das sollten Sie hier nicht wegdiskutieren. Sie haben den Weg eingeschlagen, als Sie an der Regierung waren. Jetzt müssen Sie mit den Konsequenzen leben.
Meine Damen und Herren, eine weitere Fraktion hat sich zu dem Antrag zu Wort gemeldet. Ich gebe Herrn Watermann von der SPD das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Diskussion um diesen Antrag anhört, muss man zu der Erkenntnis kommen, dass die Diskussion, die ich mit dem Kollegen Humke-Focks ja schon über mehrere Plenarsitzungen geführt habe, inzwischen teilweise Erfolg hat. Ich muss erkennen, dass inzwischen nur noch die SPD zu der Reform, zu der ich stehe und die ich verteidige, weil ich sie für richtig empfinde, Ja sagt. Das war eine gute Sache, und wir haben etwas Gutes bewegt. Andere sind von Herrn Rüttgers Linksüberholmanöver angesteckt worden und versuchen jetzt, sich davonzumachen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der Reform ging es darum, die Sozialhilfe und die Arbeitslosenhilfe zusammenzulegen.
Diese Zusammenlegung und die vernünftige Umgestaltung des Systems für diejenigen, die in der Sozialhilfe waren, haben keinen Menschen arm gemacht. Arm macht es, wenn man arbeitslos ist. Diese Leistungssysteme können nicht arm machen, sondern die Armut nur nicht richtig bekämpfen; denn Grund der Armut ist die Arbeitslosigkeit.
Bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit haben gerade das Konjunkturprogramm und viele andere Dinge etwas nach vorne gebracht.
Sicherlich muss man darüber reden, ob wir mit den Kinderregelsätzen richtig aufgestellt sind. Wir sind fest davon überzeugt, dass dieser Weg noch nicht zu Ende gegangen ist. Ob es jetzt allerdings richtig ist, das Kindergeld zu erhöhen, muss ich ein bisschen infrage stellen. Irgendwann muss man ja begründen, warum ich die zehn Euro in irgendeiner Weise anrechne oder nicht, den Rest aber auf jeden Fall anrechne. Deshalb treten wir dafür ein, weiter daran zu arbeiten, die Regelsätze für Kinder nach vorn zu bringen.
- Ja, natürlich. Die ersten Schritte sind ja schon gemacht worden. Vielleicht merken auch Sie das bei Gelegenheit mal. Da Sie positive Entwicklungen gar nicht wahrnehmen können, weil Sie sie nicht wahrnehmen wollen, sondern immer nur die Hartz-Gesetzgebung in den Mittelpunkt Ihrer politischen Arbeit stellen, werden Sie positive Entwicklungen auch niemals nach vorn bringen. Ihnen geht es in Wirklichkeit ja auch gar nicht um die Betroffenen, sondern nur um Polemik.
Deshalb sage ich: An dieser Stelle wollen wir mitarbeiten. Wir wollen, dass an diesen Kinderregelsätzen weitergearbeitet wird. Der erste Schritt war gut, die neue Klasse der Sechs- bis Dreizehnjährigen einzuführen und den betroffenen Eltern 35 Euro mehr zu geben.
Meines Erachtens wäre es vernünftig, darüber nachzudenken und auch dahin gehend Druck zu machen, dass das Schulstarterpaket über die Klasse 10 hinaus gewährt wird. Außerdem muss darüber nachgedacht werden, noch einen weiteren entscheidenden Punkt nach vorn zu bringen. Diese Forderung richtet sich auch an die Regierungskoalition hier in Niedersachsen. Wir müssen auch darüber nachdenken, dass es für die Eltern das Beste ist, sie von den Kosten für Betreuung und Bildung freizustellen.
Wir müssen hier aber auch einen Umkehrschluss ziehen, der auch auf die heutige Diskussion über das Konjunkturprogramm aufgesetzt werden kann. Deshalb finde ich es spannend, in den bevorstehenden Ausschussberatungen all das, was auf Halde liegt, nach vorne zu bringen, sich auch dazu zu bekennen, dass man etwas Vernünftiges auf den Weg gebracht hat, und zu gucken, wie man Armut vernünftig bekämpfen kann. Die wichtigste Grundlage dafür ist, den Menschen Arbeit und eine vernünftige Bildung zu geben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Watermann, ich wollte hier einmal kundtun - ich beziehe hier auch den Beitrag des Kollegen Riese ein -, dass Sie genauso wie wir von der CDU und Herr Riese verstanden haben, worum es geht. Ich freue mich auf eine zielgerichtete Diskussion im Ausschuss. Dort werden wir mit Sicherheit gute Beschlüsse zum Wohl der Kinder fassen. Ich möchte Ihnen noch einmal ganz herzlich für Ihren Beitrag danken. Klar ist, dass wir auch über die Regelsätze für die 14- bis 18Jährigen sprechen müssen. Das werden wir auch tun. Das wird im Ausschuss eine gute Beratung.