Protocol of the Session on December 10, 2008

Wir lassen uns nicht von Bemerkungen irritieren, die nach der Finanzierbarkeit unserer Haushaltsvorschläge fragen.

(Zuruf von der CDU: Das kann ich mir vorstellen!)

Ich sage zum wiederholten Male: Investitionen in Bildung dürfen nicht der Sparlogik unterworfen werden. Wer in Bildung investiert, investiert in die Zukunft.

(Ursula Ernst [CDU]: Aber die Kinder müssen es doch in Zukunft zurück- zahlen!)

Außerdem legen wir mit unseren Änderungsanträgen zum Haushalt einen Vorschlag auf den Tisch, nach dem es sogar möglich ist, Schulden zurückzuzahlen.

Hier können wohl alle einen Satz unterschreiben: Was ist teurer als Bildung? - Keine Bildung.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Korter das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Klare, ich bin immer wieder fasziniert, wie Sie es schaffen, die Landschaft in Niedersachsen und die Zustimmung zu Ihrer Schulpolitik so selektiv wahrzunehmen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ich danke für das Kompliment!)

Der neueste PISA-Bericht zeigt, dass Niedersachsens Schulen weiter zurückfallen. Die Leistungen der 15-jährigen Gymnasiasten in Mathematik und im Lesevermögen gehen im Vergleich zu den Kin

dern in anderen Bundesländern signifikant zurück. Aber die Kultusministerin sieht sich auf dem richtigen Weg.

Der am vergangenen Freitag vorgestellte Inspektionsbericht offenbart neben durchaus positiven Aspekten erhebliche Mängel in der Unterrichtsqualität. Aber Sie freuen sich, dass Sie überhaupt eine Inspektion haben. Welche Konsequenzen aus dem Bericht zu ziehen sind, wissen Sie noch nicht.

Meine Damen und Herren, seit CDU und FDP in Niedersachsen ihr Unwesen in der Schulpolitik treiben, fällt Niedersachsen weiter zurück.

(Widerspruch bei der CDU)

Nicht nur, dass Sie mit Ihrem Kampf als letzte Ritter der Dreifaltigkeit des gegliederten Schulsystems die falschen Weichenstellungen fortsetzen,

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Was ist das denn jetzt?)

nicht nur, dass Sie die Augen vor den dringend nötigen Verbesserungen verschließen, nein, Sie legen im Kultusbereich einen Haushalt vor, der zeigt, dass Sie die größten Herausforderungen noch immer nicht verstanden haben.

Die Statistik zur Unterrichtsversorgung haben Sie in diesem Jahr bezeichnenderweise erst gar nicht öffentlich vorgestellt. Warum nicht? Sie wussten schon, warum Sie es nicht getan haben. Sie verstecken sie lieber. Nur 98,1 % Unterrichtsversorgung an den Gymnasien im landesweiten Durchschnitt, und das nach dem 1. November, also nach Einstellung der Referendare, das ist wirklich kein Ruhmesblatt. Dasselbe gilt für die viel zu großen Klassen an den von Ihnen angeblich so gepäppelten Turbo-Gymnasien. Zum ersten Mal seit Jahren sinken die Anmeldezahlen für die Gymnasien, weil Sie sie kaputt reformieren. Aber Frau HeisterNeumann schwadroniert im Land über die Chancen des Turbo-Abiturs.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, wo bleiben denn die kleineren Klassen, die Sie vor der Wahl versprochen haben? Weil Sie mit der Rückzahlung der Arbeitszeitkonten nicht klarkommen, können Sie die Klassen nicht verkleinern? Wer soll das eigentlich einer Ministerin glauben, die im Nachtragshaushalt 2008 20 Millionen Euro an den Finanzminister zurückgibt, weil sie sie nicht gebraucht hat?

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

Was ist mit dem Ausbau von Ganztagsschulen? Sie lassen die Kinder in den Turbogymnasien den ganzen Tag lernen und pauken, aber Mittagessen bekommen sie nicht.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Sie müssen einen Antrag stellen!)

Sie rühmen sich, die Zahl der Ganztagsschulen vervielfacht zu haben. Dabei genehmigen Sie ausschließlich „Ganztagsschulen light“ nach dem Billigmodell: nur ein bisschen Ressourcen für die fünften und sechsten Klassen. Das nennen Sie Ganztagsschule. Ich nenne das einen großen Bluff.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ganze 2 Millionen Euro mehr lassen Sie sich die neuen Ganztagsschulen kosten. Wer echte Ganztagsschulen will, der muss wirklich ein bisschen mehr in die Hand nehmen und ehrlicher damit sein. Für die Umwandlung aller Schulen in richtig ausgestattete Ganztagsschulen braucht man bei einem stufenweisen Ausbau nach unseren Berechnungen zusätzliche 500 Millionen Euro in den nächsten Jahren. In unserem Haushaltsantrag haben wir dieses für eine erste Stufe mit 41 Millionen Euro berücksichtigt. Wir haben Ihnen auch gesagt, wie man das finanzieren kann. Ihre Ansätze dagegen sind bestenfalls als mutlos zu bezeichnen.

Sie erzählen, dass Sie neue Gesamtschulen genehmigen. In Wirklichkeit haben Sie die Hürden aber so hoch gelegt, dass es kaum eine schafft, vor allem nicht in den ländlichen Regionen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wenn Sie neue Gesamtschulen genehmigen, wie z. B. in Schaumburg, dann nur nach dem „Ganztagsschule light“-Modell mit einem bisschen an Ressourcen für die Klassen 5 und 6. Ja, wissen Sie denn überhaupt nicht, wie Integrierte Gesamtschulen arbeiten? Fahren Sie einmal nach Hildesheim zur Robert-Bosch-Gesamtschule, Trägerin des deutschen Schulpreises von 2007 - Herr Försterling war gerade da, Sie nicht, Herr Klare -, und schauen Sie sich an, wie so etwas funktioniert und wie das pädagogische Konzept aussieht.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Wie war es bei denen in den 80er-und 90er-Jahren?)

Meine Damen und Herren, den Sozialfonds für das Mittagessen an Ganztagsschulen wollten Sie ganz

streichen. CDU und FDP haben jetzt ganze 1,5 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt.

(David McAllister [CDU]: Dem Bedarf angepasst!)

Wissen Sie, wie ich das finde? - Das ist einfach skandalös!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie lassen die Kinder an unseren Ganztagsschulen beim Mittagessen zugucken, wenn die Eltern ihnen das Geld dafür nicht mitgegeben haben. Das ist doch unmöglich!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich will Ihnen einmal erklären, wie das mit Ihrem komplizierten Verrechnungsmodell gehen soll. Die Kinder erhalten nur dann einen Zuschuss von 56 bis 74 Cent pro Mittagessen pro Tag, wenn sie an genehmigten Ganztagsschulen Mittag essen - nicht an anderen Schulen -, wenn sie von einem Förderverein noch ein Drittel dazu bekommen und wenn die Eltern auch noch ein Drittel bezahlen. Das ist vielleicht unbürokratisch!

(Filiz Polat [GRÜNE]: Bürokratie pur!)

Dazu kommt: Sie kalkulieren den Preis für dieses Mittagessen mit 2,50 Euro pro Tag im Landesdurchschnitt. Wer soll denn dafür ein gesundes, gutes Mittagessen anbieten können? Das ist viel zu wenig. Warum machen Sie es nicht einfach so: Jedes bedürftige Kind im Leistungsbezug in Niedersachsen bekommt an seiner Schule, sofern es dort Mittagessen gibt, ein kostenloses Mittagessen, und das bezahlen wir aus dem Landesetat. Dafür hat die Fraktion der Grünen 20 Millionen Euro extra angesetzt. Das wäre möglich. Sie müssen es nur wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der LINKEN)

Ich könnte Ihnen, meine Damen und Herren, noch vieles vorrechnen. Bei der Sprachförderung setzen Sie die Mittel viel zu knapp an und konzentrieren sich ausschließlich auf die Förderung der deutschen Sprache. Den herkunftssprachlichen Unterricht haben Sie schon seit Jahren sträflich vernachlässigt.

Nur 250 neue Referendarstellen sind völlig unzureichend. Auch da hat sich das Kultusministerium vom Finanzminister knebeln lassen. Das wird sich bitter rächen. Schon jetzt fehlen uns Lehrkräfte in den Mangelfächern. In den nächsten Jahren wird

uns wegen der Pensionierungswelle der Lehrermangel einholen.

Meine Damen und Herren, Ihr Haushaltsantrag ist nicht der große Wurf. So wird Niedersachsen in den internationalen Vergleichsstudien weiter nach hinten rutschen.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Alles Grünmalerei!)

Wenn man Bildungspolitik wirklich als die wichtigste Zukunftsaufgabe begriffen hat, weil Bildung Armut verhindert, weil Bildung der Schlüssel zur Teilhabe ist und weil unser Land gut ausgebildete junge Menschen und Erwachsene braucht, dann muss man alles auf dieses Ziel ausrichten. Wie schnell war der große Konsens da, als es darum ging, den Banken aus der selbstverschuldeten Krise mit Milliardenbürgschaften zu helfen?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist doch überhaupt nicht zu vergleichen!)

Wie armselig wird hier über kostenloses Mittagessen für Kinder in Armut diskutiert?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Jetzt ma- chen Sie es zu billig!)

Meine Fraktion hat ihre Haushaltvorschläge vollständig auf diesen Bereich der großen Herausforderung konzentriert. Nur wer richtig in Bildung und Klimaschutz investiert, stellt Niedersachsen zukunftsfähig und krisenfest auf.