Protocol of the Session on September 18, 2008

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Man muss auch zuhören können!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fakten muss man dann auch einmal zur Kenntnis nehmen. Gute Oppositionsarbeit heißt auch, Fakten zu realisieren. Davon sind Sie allerdings weit entfernt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das kön- nen Sie uns in der nächsten Legisla- tur vormachen!)

So gibt es konkrete Erfolge von Bildungs-, Wirtschafts- und Sozialpolitik. Diese scheinen Sie auszublenden. Ergriffene Maßnahmen zeigen Wirkung für mehr Beschäftigung, mehr Wirtschaftswachstum und mehr Teilhabe aller Bevölkerungsbereiche gegen Alters- und Kinderarmut und die Spaltung der Gesellschaft.

Ich will hier ein paar Fakten nennen: Erstens. Die Zahl der SGB II-Bedarfsgemeinschaften mit Kindern unter 15 Jahren in Niedersachsen hat im Vergleich von Dezember 2006 zu Dezember 2007 um 4 399 abgenommen. Daraus ergeben sich insgesamt mindestens 7 070 Kinder, die nicht mehr von SGB II-Transferleistungen abhängig sind. Die Quote der relativen Armut ist von 2005 bis 2006 in Niedersachsen zum dritten Mal in Folge weiter zurückgegangen. Damit liegt Niedersachsen unter dem Bundesdurchschnitt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

1,2 Millionen ehemalige Arbeitslose in Deutschland zählen mittlerweile zur Mittelschicht. Der Sozialstaat zeigt, dass er funktioniert. Der Aufschwung kommt bei allen an.

(Lachen bei der LINKEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: Und morgen kommt der Weihnachtsmann!)

Niedersachsen steht im Ländervergleich in der Tat gut da.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das, was Frau Helmhold hier zum Bundesrat ausgeführt hat, zeigt wieder einmal, dass sie ausschließlich Rosinenpickerei betreibt und das weglässt, was sonst noch stattgefunden hat, nämlich dass Niedersachsen mit Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr einen Entschließungsantrag für einen eigenen Kinderbedarf bei Regelleistungen und Regelsätzen durchgesetzt hat.

(Beifall bei der CDU)

Damit wäre auch eine zentrale Forderung Ihres Entschließungsantrages erfüllt.

Frau Helmhold, Sie haben etwas zu der Frage des Mittagessens für Kinder ausgeführt. Vielleicht ist es manchmal auch schwer, auf der Oppositionsbank zu sitzen und einem Experten, der eine Rede zum Haushalt hält, aufmerksam zuzuhören. Wenn Sie das gehört hätten, was Herr Althusmann gesagt hat, dann hätten Sie sich diesen Text zu diesem Bereich heute sparen können.

(Beifall bei der CDU - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Genau!)

Lesen Sie es einmal nach. So viel kann ich Ihnen verraten: Die weitere Gewährung der Mittel für Mittagessen an Ganztagsschulen und auch die damit verbundenen Kriterien werden ausgesprochen konstruktiver Bestandteil unserer Haushaltsberatungen sein. Lassen Sie sich überraschen. Vielleicht hören Sie beim zweiten Part besser zu und verinnerlichen das, was Sie hören.

An weiteren Maßnahmen in Niedersachsen nenne ich 100 Millionen Euro für das Programm „Familien mit Zukunft“, beitragsfreies letztes Kindergartenjahr, Sprachunterricht, so viele Lehrer in Niedersachsen wie noch nie, so viele Ganztagsschulen in Niedersachsen wie noch nie. All das sind Maßnahmen, die gegen Armut wirken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es gibt Konzepte zur Verschuldungsprävention insbesondere für Kinder und Jugendliche im Hinblick auf Handy und Internet. Es gibt 76 Schuldnerberatungsstellen und 155 Beratungsstellen zur außergerichtlichen Insolvenzberatung. Weiterhin nenne ich Ihnen den Kombilohn, der einen aktiven Beitrag zur Eingliederung Langzeitarbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt darstellt.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Sie lassen aber gar nichts aus!)

Dadurch hat es Tausende von zusätzlichen, neuen Arbeitsplätzen gegeben. Sie müssen einfach realisieren: Das beste Mittel gegen Armut ist Arbeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es gibt einen Ausbildungspakt mit Kammern, Verbänden und Arbeitsagenturen. Es gibt ein Stufe-2Programm für den schnellen Jobeinstieg von Jugendlichen, die nach der Ausbildung arbeitslos sind. Es gibt ein Programm, nach dem Unternehmen, die einen jungen Menschen mit Ausbildung einstellen, 500 Euro pro Monat bekommen.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Adler?

Aber gerne doch.

(David McAllister [CDU]: Was sagt die DKP?)

Frau Kollegin, Sie haben eben gesagt: Das beste Mittel gegen Armut ist Arbeit. - Stimmen Sie mir denn zu, dass die Arbeit dann auch so vergütet werden muss, dass man davon leben kann, und folgt daraus nicht, dass wir endlich einen gesetzlichen Mindestlohn brauchen?

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Herr Adler, es gibt in Niedersachsen bereits ein Erfolgsrezept. Ich habe das gerade ausgeführt. Der Kombilohn greift hervorragend. Ich meine, alles andere sollten Sie noch einmal zurückstellen und genauer überdenken.

Fakt ist, dass wir 44 Pro-Aktiv-Center zur Beratung von Jugendlichen haben. Es gibt frauenspezifische Arbeitsmarktförderung durch Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt und mehr als 100 Jugendwerkstätten. Ich könnte diese Liste noch weiterführen, aber ich glaube, bei Ihnen kommt das sowieso nicht an.

Insofern stelle ich nur fest: Es hat sich viel getan. Es hat sich einiges bewegt. - Diesen Weg wollen wir auch weiterhin beschreiten. So sieht konkrete Politik aus, um armen Familien und Kindern nachhaltig zu helfen. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen und auch entsprechend anerkennen. Wenn

Sie mir allerdings nicht glauben wollen, sage ich Ihnen: Gucken Sie in die wissenschaftliche Sozialberichterstattung. Schauen Sie sich die Zahlen an, die die Arbeitsagenturen auf den Tisch legen. Verfolgen Sie auch einmal die Berichte in den Medien. Eine Überschrift dort lautet: Weniger Menschen von Armut bedroht. - In der Zeitung ist die Überschrift zu lesen: Die Ungleichheit bei Einkommen geht zurück. - Besonders bemerkenswert finde ich die Schlagzeile: Eine Gesellschaft ohne sozialen Zusammenhang sieht anders aus.

Das macht deutlich, dass in Niedersachsen viel geschehen ist, dass wir wirklich einiges erreicht haben. Das belegen die Fakten, Daten und Zahlen. Dass wir diesen Weg auch weiterhin beschreiten wollen, hat Herr Althusmann in seiner Haushaltsrede deutlich gemacht. Ich habe das noch einmal unterstrichen. Frau Helmhold, für Sie bietet sich in der Tat die Chance, das Ganze zu unterstützen und nicht weiterhin solch ein Zerrbild zu zeichnen, wie Sie das tun.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es gibt zwei Wünsche nach Kurzinterventionen. Zunächst hat Frau Helmhold von den Grünen das Wort.

(David McAllister [CDU]: Es ist doch alles gesagt, Frau Helmhold!)

Frau Kollegin Mundlos, was Sie hier vorgetragen haben, zeigt, wie ich finde, dass Sie bei diesem Thema an einem gewissen Realitätsverlust zu leiden scheinen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Wolfgang Jüttner [SPD]: Man kann auch sagen: Sie ist ahnungslos!)

Ich finde es auch bezeichnend, dass Sie mir hier sagen, ich solle in Armutsberichte schauen. Wir fordern seit 2003, dass diese Landesregierung hier endlich einmal einen Armutsbericht vorlegt.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich konzediere - ich habe das eingangs meiner Rede gesagt -, dass es marginale Verbesserungen im Armutsbereich gibt. Ich gehe jetzt noch einen Schritt weiter: Selbst wenn es 50 % weniger arme

Kinder gäbe und nicht jedes sechste, sondern nur jedes zwölfte Kind in Armut lebte, muss man doch trotzdem etwas für diese Kinder tun.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich habe hier auf zwei Punkte hingewiesen. Es sind zwei sehr konkrete Punkte. Erstens haben Sie den Sozialfonds in den Haushalt nicht eingestellt. Ich vermute, das wird die Spielmasse für die Koalitionsfraktionen sein, damit sie sich ein soziales Mäntelchen umhängen können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zweitens nenne ich die Bundesratsinitiative. Frau Mundlos, Sie sagten, Niedersachsen habe eine schöne Entschließung formuliert. Eine Entschließung bedeutet nichts und zwingt die Bundesregierung nicht zum Handeln. Deswegen muss es eine Gesetzesinitiative sein, die aus dem Bundesrat kommt. Das wären Nägel mit Köpfen. Exakt das fordern wir in unserem Antrag von Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Zu einer Kurzintervention hat nun Herr Dr. Sohn das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Mundlos, es gibt doch unterschiedliche Nuancen in Ihrer Rede und der Rede von Frau Meißner, die immerhin den Versuch gemacht hat, auf den vorliegenden Antrag einzugehen. Frau Mundlos, was Sie hier abgeliefert haben, war eine allgemeine und beschönigende Erklärung zur Kinderarmut hier im Lande Niedersachsen. Sie sind auf die konkreten Vorschläge, die in dem Antrag enthalten sind, überhaupt nicht eingegangen. Sie sind auf den Vorschlag einer Überprüfung der Kinderregelsätze überhaupt nicht eingegangen. Sie sind auf die Frage der kostenlosen Mittagstische und die anderen hier konkret vorgeschlagenen Maßnahmen ebenfalls überhaupt nicht eingegangen. Sie haben stattdessen sozusagen eine Wundertüte hier hingestellt. In Ihrer Antwort auf die Kurzintervention würde ich von Ihnen gern einen Blick in diese Wundertüte geworfen bekommen. Sie haben gesagt: Lassen Sie sich überraschen. Die Vorschläge werden für uns konstruktiver Bestandteil bei den Haushaltsberatungen sein. - Sie sind ja eine ordentliche, gestandene Parlamentarierin. Das gilt

auch für Frau Meißner. Nun sagen Sie hier doch beide einmal oder wenigstens Sie, Frau Mundlos: Die Vorschläge im Haushaltsplanentwurf der Landesregierung sind schlecht. Wir brauchen tatsächlich die Fortführung des Sozialfonds. Wir brauchen einen kostenlosen Mittagstisch für Grundschulen. Das wäre dann doch immerhin einmal ein ordentliches Frauenwort.

(Beifall bei der LINKEN - David McAl- lister [CDU]: Von Kommunisten lassen wir uns nicht belehren!)