Protocol of the Session on December 5, 2012

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Für die Beratung liegen mir zwei Wortmeldungen vor. Für die CDU-Fraktion hat Herr Dr. Biester das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Thema Sicherungsverwahrung. Damit wird man zwar keine Landtagswahl gewinnen - das ist beim Thema Schule sicherlich anders -, aber die Arbeit muss ja gemacht werden. Schließlich wissen wir, dass die Sicherungsverwahrung ein notwendiges Instrument der Rechtspolitik ist. Es gibt nun einmal Menschen, die nicht therapiewillig oder nicht therapiefähig sind und die gefährlich bleiben, nachdem sie ihre Strafhaft verbüßt haben. Diese Menschen müssen wir nach Verbüßung ihrer Haftstrafe zum Schutz unserer Bevölkerung in Sicherungsverwahrung behalten.

(Zustimmung bei der CDU)

Mit dieser Auffassung unterscheiden wir uns von der Ansicht der SPD-Schattenministerin, die ja meint, man möge nur genug therapieren, dann würde man die Sicherungsverwahrung irgendwann nicht mehr brauchen. - Nein, meine Damen und Herren, dem ist nicht so: Wir werden die Sicherungsverwahrung auch weiterhin brauchen.

Damit wir im Mai 2013 nicht gezwungen sind, Menschen, von denen wir wissen, dass sie gefährlich sind, aus der Haft zu entlassen, müssen wir zwei Dinge tun. Erstens müssen wir eine Haftanstalt zum Vollzug der Sicherungsverwahrung bauen, und zweitens müssen wir in einem Gesetz die entsprechenden Regelungen schaffen. Beides ist in Arbeit und läuft sehr gut. Der Bau der Vollzugsanstalt schreitet voran, und das entsprechende Gesetz werden wir heute mit großer Mehrheit verabschieden.

Wir haben in die Debatte einen, wie wir meinen, guten Gesetzentwurf eingebracht. Aber ich will nicht verhehlen, dass dieser Gesetzentwurf im Laufe der Beratungen noch besser geworden ist. Er ist besser geworden, weil wir ihn intensiv beraten haben, und zwar zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Justizministeriums, den Fachleuten, dem GBD und - das will ich ausdrücklich betonen - in sehr konstruktiven Beiträgen des gesamten Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen. Für diese Mitarbeit, insbesondere für die aus dem Ministerium und beim GBD, möchte ich mich sehr herzlich bedanken.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Herausgekommen ist ein sehr gutes Gesetz, das sich durch folgende Grundsätze auszeichnet - die

Einzelheiten wird gleich meine Kollegin Frau Konrath nennen -:

Das erste Ziel des Vollzugs der Sicherungswahrung ist es, durch Therapieangebote zu erreichen, dass möglichst viele Menschen doch noch zu einer Entlassung kommen. Dabei wissen wir aber - ich verweise auf meine Vorbemerkungen -, dass es nicht alle sein werden.

Das zweite Ziel ist es, Freiheiten einzuräumen, soweit dies im Vollzug - wir befinden uns ja beim Thema Vollzug - möglich ist. Das gilt für die Bereiche Kleidung, Verpflegung, Einkauf, Besuche. Wir haben das Gesetz so gestaltet, dass in diesen Bereichen keine Ermessensentscheidungen der Vollzugsanstalten mehr gegeben sind, sondern dass die Untergebrachten hierauf einen Rechtsanspruch haben, der nur eingeschränkt werden kann, wenn dies entweder aus Gründen der Erreichung des Vollzugsziels oder aus Gründen der Sicherheit der Anstalt unabdingbar ist. Dass möglicherweise die Ordnung der Anstalt gestört werden könnte, reicht nicht aus, um diese Rechtsansprüche zu nehmen.

Nicht geregelt haben wir eine Pflicht zur Arbeit. Aber da wir wissen, dass Arbeit im Vollzug etwas sehr Wertvolles ist, unterstützen wir mit dem Gesetz, dass gearbeitet wird.

Das Gesetz sieht auch keine Zwangsbehandlung vor, mit einer Ausnahme, die ich hier auch ausdrücklich ansprechen will: Wir wollen und können nicht hinnehmen, dass in einem Vollzug - sei es in der Sicherungsverwahrung, sei es in der Strafhaft - ein Suizid geduldet werden muss. Deshalb ist geregelt, dass in einem solchen Fall ein zwangsweises Einschreiten möglich ist.

Wir beschließen, wie ich meine, ein sehr modernes Gesetz; hier sind wir sehr weit vorne. Ich freue mich, dass dieses Gesetz hier im Plenum eine große Mehrheit finden wird.

Meine Damen und Herren, auch für mich ist dies heute der letzte Wortbeitrag. Ich gehöre zu denjenigen Abgeordneten, die wissen, dass sie dem nächsten Landtag nicht mehr angehören werden. Ich nehme dies zum Anlass, Ihnen allen persönlich Wohlergehen zu wünschen. All denen, die dem nächsten Landtag angehören, wünsche ich immer weise Beschlüsse im Interesse der Bürgerinnen und Bürger des Landes Niedersachsen.

Vielen Dank.

(Starker Beifall)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Biester. Ohne meine Kompetenzen zu überschreiten, hoffe ich im Namen aller Abgeordneten des Landtags sagen zu dürfen: Wir bedanken uns bei Ihnen für Ihre stets konstruktive, sachlich engagierte Mitarbeit in den Gremien. Wir wünschen Ihnen für Ihren weiteren Lebenslauf alles Gute, vor allem Gesundheit.

(Beifall)

Nun hat für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Konrath das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Entzug der Freiheit ist der schwerste Eingriff des Staates in die persönliche Lebensgestaltung eines Menschen.

Bei der Personengruppe der Sicherungsverwahrten handelt es sich um Menschen, die schwerste Gewaltstraftaten begangen haben, die verurteilt wurden und langjährige Strafen verbüßt haben und die heute nicht frei sind, weil Wiederholungsgefahr besteht.

Dabei befinden wir uns in dem Interessenkonflikt zwischen dem allgemeinen Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft und dem Recht des einzelnen Sicherungsverwahrten auf seine individuelle Freiheit. Die Güterabwägung ist hier im Einzelfall schwierig.

Niedersachsen ist das erste Bundesland, das ein solches Gesetz auf den Weg bringt, welches den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgt, das Abstandsgebot zum Strafvollzug einzuhalten. Wir sind hier auf einem guten Weg. Wer kürzlich beim Richtfest in Rosdorf dabei war, konnte sich davon überzeugen, dass baulich enorm viel geschaffen worden ist. Schon nach wenigen Monaten war ein Gebäude zu besichtigen, bei dem bereits die Apartments erkennbar waren: helle große Räume mit eigenem Bad und Gemeinschaftsküche. Es ist möglich, nicht nur die Anstaltskost einzunehmen, sondern auch eigenes Essen, auch in Gemeinschaft, zuzubereiten. Es werden also hervorragende Voraussetzungen geschaffen, und ich bin ganz sicher, dass der Bau bis Mai fertiggestellt sein wird.

Neben den baulichen Voraussetzungen ist es wichtig, dass der Geist dieses Hauses ein guter ist. Hier sind die Mitarbeiter des Vollzugs gefordert - das werden besonders geschulte Beamte sein -, aber auch die Therapeuten, die die Menschen

darauf vorbereiten sollen, dass sie nicht für immer dort bleiben, sondern irgendwann auch in die Freiheit entlassen werden.

(Glocke der Präsidentin)

Damit dies gelingt, bedarf es natürlich nicht nur eines sehr guten Baus, sondern auch der Menschen, die darin arbeiten. Deswegen wünsche ich allen, die in wenigen Monaten in Rosdorf tätig sein werden, dass sie dabei eine glückliche Hand haben. Ich denke, wir haben in Niedersachsen schon gezeigt, dass wir im Justizvollzug eine Menge bewegen können. Ich bin ganz sicher, das wird auch in diesem Bereich gelingen.

(Glocke der Präsidentin)

- Meine Redezeit ist um, das ist schade. Man könnte noch so viel darüber reden.

Aber vielleicht darf ich noch so viel sagen, Frau Präsidentin: Es war eine große Freude, im Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ zu arbeiten. Oft war ich auch bei den Beratungen im Rechtsausschuss dabei. Ich habe die konstruktive Diskussion über diesen Gesetzentwurf als höchst erfreulich empfunden und möchte mich bei den Mitarbeitern des Justizministeriums, beim GBD, aber auch bei denen, die bei der Anhörung im September mitgewirkt haben, bedanken. Alle haben ein großes Interesse daran gezeigt, hier etwas Gutes und Positives für eine ganz schwierige Gruppe von Menschen zu schaffen.

Vielen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustim- mung bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Auch Ihnen, Frau Kollegin Konrath, möchte ich im Namen aller Abgeordneten für Ihre engagierte Mitarbeit danken. Ich wünsche Ihnen im Namen aller weiterhin alles Gute, viel Erfolg für all Ihre Vorhaben und vor allem Gesundheit. Danke schön für Ihr Mitwirken!

(Lebhafter Beifall)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Herr Kollege Adler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als dieser Gesetzentwurf in den Land

tag eingebracht wurde, hatte ich in meiner damaligen Rede gesagt, dass wir nach rechtsstaatlichen Kriterien noch einmal gründlich über diesen Gesetzentwurf drübergehen müssen. Das ist im Ausschuss auch passiert. Vor allem dank der Hilfe des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes sind sehr viele Änderungen an dem ursprünglichen Gesetzentwurf erfolgt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das erkennen wir an. An dieser Stelle noch einmal einen ganz besonderen Dank dafür! Denn viele Kritikpunkte, die ich in meiner ersten Rede im Plenum dazu geäußert hatte, haben sich durch die Änderungsvorschläge des GBD erledigt. Aber der Gesetzentwurf entspricht trotzdem noch nicht zu 100 % dem, was wir wollen. Deswegen werden wir ihn auch in der vorliegenden Form ablehnen.

Wir müssen uns über eines im Klaren sein: Die Sicherungsverwahrung ist etwas ganz Problematisches. Da werden Menschen eingesperrt, die ihre Strafe abgesessen haben, und zwar nur aufgrund einer Prognose, die letztlich von Psychologen über das zukünftige Verhalten dieser Menschen getroffen wurde. Und ich behaupte: Auch Psychologen können nicht wirklich in den Kopf eines Menschen hineinschauen. Es gibt immer Unsicherheiten. Das ist auch der Grund, weshalb es eine solche Regelung wie die Sicherungsverwahrung in anderen europäischen Ländern überhaupt nicht gibt.

Wir sollten bei dieser Materie auch nie vergessen, woher das Recht der Sicherungsverwahrung kommt. Es wurde von der NSDAP im Rahmen des sogenannten Gewohnheitsverbrechergesetzes 1933 in die deutsche Rechtsordnung eingeführt. Das ist also ein höchst problematisches Instrument. Ich glaube, dass diese Problematik auch dem Bundesverfassungsgericht klar war, als es die Auflage erteilt hat, dieses Gesetz so umzubauen, dass von einem freiheitsorientierten Vollzug der Sicherungsverwahrung ausgegangen wird. Das bedeutet nun, dass das auch bei den Einzelregelungen umgesetzt werden muss.

Es ist nicht einzusehen, dass sich die Bestimmungen über die Entlohnung für die Arbeit sehr stark an dem orientieren, was im Strafvollzug gezahlt wird. Da müsste es einen wirklichen Abstand geben.

Es ist auch nicht einzusehen, dass die Sicherungsverwahrten nicht frei über ihr eigenes Geld und Vermögen verfügen können. Das ist hier wie im Strafvollzug geregelt. Sicherlich es richtig, die

Regelung zum sogenannten Hausgeld bestehen zu lassen, weil sie dem Sicherungsverwahrten Pfändungsschutz gibt. Aber er kann nicht über das Überbrückungsgeld, das praktisch zwangsweise für ihn für den Fall der Entlassung angespart wird, verfügen. Das Geld ist auch weg, wenn er die Sicherungsverwahrung nicht überlebt.

Der Gesetzentwurf ist zwar in vielerlei Hinsicht verbessert worden, aber er entspricht nicht zu 100 % den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Deshalb werden wir ihn ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Professor Dr. Zielke zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat alle bisherigen Regelungen zur Sicherungsverwahrung für nichtig erklärt und den Gesetzgebern neue Leitlinien vorgegeben. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erfüllen wir diesen Auftrag.