Protocol of the Session on September 17, 2008

Für die eigentliche Zielsetzung, nämlich ein erfolgreiches Auftreten im Rahmen des Exzellenzwettbewerbs, ist dies keinesfalls zielführend. Die NTH in der jetzigen Form ist weder Fisch noch Fleisch. Aus diesem Zwiespalt führen nur zwei grundsätzlich denkbare Wege hinaus: Entweder entscheidet sich das Land für die Errichtung einer eigenständigen Volluniversität, am besten als selbstständige Stiftungsuniversität mit eigenem Haushalt, eigenem Personal und eigenen Studierenden unter wesentlicher Mitwirkung von zwei oder drei Hochschulkooperationspartnern, oder - der andere Weg - das Land bekennt sich dazu, dass die Durchsetzung

eines solchen Modells gegen den Willen der drei bestehenden Universitäten hochschulpolitisch nicht vertretbar bzw. durchsetzbar ist. Dann bleibt nur die gesetzlich geregelte Kooperation der drei bestehenden Hochschulen im Rahmen eines Zweckverbandes.

Meine Fraktion geht nach dem derzeitigen Beratungsstand von dieser Lösung aus. Eine gemeinsame Hochschulentwicklungsplanung wird in den Zweckverbandsorganen auf Vorschlag der Hochschulen erarbeitet und verabschiedet. Auf der Grundlage der gemeinsamen Planung werden Professoren von den Mitgliedsuniversitäten berufen, Studienangebote koordiniert und Forschungsverbünde abgesichert. Die NTH kann Forschungsgelder einwerben und teure Berufungen unterstützen. Das Land verpflichtet sich, den Zweckverband finanziell auszustatten. Mittel aus dem VW-Vorab könnten zweckgebunden für die NTH eingesetzt werden. Alles dies geht ohne zusätzliche Bürokratie. Die zusätzlichen Gremien können entfallen. Und, meine Damen und Herren, ein Zweckverband könnte auch als eine erste Stufe in Richtung auf eine wirkliche Hochschule verstanden werden, am besten in der Form einer Stiftungsuniversität. Das mag heute noch Zukunftsmusik sein, aber vielleicht kommt die Zukunft ja schneller, als man denkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe vier zentrale Punkte genannt, in denen die SPD Beratungs- und Änderungsbedarf sieht. Was nicht herauskommen darf, ist ein formaler Kraftakt, an dessen Ende eine leere Hülle steht, auf der zwar „NTH“ steht, in der aber nichts als heiße Luft ist.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dies mag vielleicht ausreichen, damit der Minister sein Gesicht wahren kann. Den Preis dafür zahlen aber die Hochschulen. Sie werden gezwungen sein, ein bürokratisches Monstrum auf den Weg zu bringen, dessen forschungs- und wissenschaftspolitischer Nutzen mehr als fragwürdig ist.

Wir möchten in der Beratung erreichen, dass die NTH vom Kopf wieder auf die Füße gestellt wird. Die Hochschulen haben es verdient.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nächste Rednerin zu Punkt 20 ist Frau Heinen-Kljajić von den Grünen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ziel des vorliegenden Gesetzes, eine verrechtlichte Plattform zur Koordination der Entwicklungsplanung im Bereich der Natur- und Ingenieurwissenschaften zwischen den Hochschulen Braunschweig, Hannover und Clausthal, findet nach wie vor unsere Unterstützung. In der vorliegenden Form ist der jetzt eingebrachte Gesetzentwurf aus unserer Sicht allerdings an zentralen Punkten überholt und bedarf einer Änderung. Dass nicht ein einziger der im Rahmen der schriftlichen Anhörung geäußerten Kritikpunkte im jetzt eingebrachten Gesetzentwurf aufgegriffen wurde, ist meines Erachtens ein Beleg für die Politikunfähigkeit dieser Landesregierung.

Als die Idee der NTH in der letzten Wahlperiode aus den Reihen der Hochschulen geboren wurde, tat Minister Stratmann das einzig Richtige: Er griff die Idee auf und versprach den Hochschulen in Clausthal, Braunschweig und Hannover, in enger Abstimmung mit den Präsidien einen Gesetzentwurf zu entwickeln. Aber dann nahm das Malheur seinen Lauf. Was uns als Sternstunde schwarzgelber Hochschulpolitik angekündigt wurde, endete inzwischen im persönlichen Waterloo des Ministers.

Herr Minister Stratmann, schon in der Koalitionsvereinbarung wurde deutlich, dass Ihnen als zuständigem Ressortminister offensichtlich nach fünf Jahren Regieren die Luft ausgegangen war. Ihre Hochschulpolitik beschränkt sich längst im Wesentlichen auf die Verwaltung von Bundesprogrammen. Und da, wo Sie vom Verwalten zum Gestalten unterwegs sind, legen Sie eine Pannenserie hin, die wirklich ihresgleichen sucht.

(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Was?)

Schon bei der Präsentation Ihres neuen Konzeptes für die Landesmuseen, über die wir gestern sprachen, konnte man feststellen, dass Ihre Kommunikationsstrategie - um es vorsichtig auszudrücken - verbesserungswürdig ist. Aber aus Schaden gelernt haben Sie aus der NTH-Geschichte offensichtlich nicht. Im Gegenteil: In Sachen „Pleiten, Pech und Pannen“ war der „Museumsstreit“ offensichtlich noch zu toppen. Sie haben es geschafft, dass das, was mit der NTH eigentlich intendiert war, nämlich das engere Zusammenrücken der genannten Hochschulen, vorerst ins Gegenteil verkehrt wurde. Statt gegenzusteuern und die an vielen Stellen geäußerte Kritik am vorgelegten Gesetzentwurf aufzugreifen, verharren Sie in Schockstarre und

sehen untätig zu, wie ein zukunftsweisendes Kooperationsmodell, das den Hochschulstandort Niedersachsen nachhaltig stärken könnte, zu scheitern droht.

Seit Wochen prasselt eine Flut von Kritik zu zentralen Punkten des NTH-Gesetzes auf Sie nieder, von den leitenden Gremien der Leibniz-Universität über den Landesrechnungshof bis hin zu bundesweit namhaften Hochschulexperten, wie dem Leiter des CHE oder dem Leiter der ZEVA, und Sie verfahren nach dem Motto „Augen zu und durch“. Sie sind nicht in der Lage, eine fachliche Debatte zu führen, schlimmer noch: Sie haben in Sachen NTH die Deutungshoheit verloren. Sie finden in der Debatte praktisch nicht mehr statt. Die Debatte wird von Ihren Kritikern geführt. Wenn Sie, obwohl es ein hochschulpolitisches Thema wohl selten so häufig auf die Seite eins der Tagespresse geschafft haben dürfte, verlauten lassen, es sei nicht üblich, auf Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen zu reagieren, dann ist das eigentlich schon eine Bankrotterklärung. Aber selbst da können Sie noch einen nachlegen und verkünden am Wochenende nach dem Motto „Haltet den Dieb“: „Der Impuls zur NTH stammt nicht von mir.“

Lieber Herr Minister Stratmann, statt sich in Rückzugsgefechten zu üben und sich auf Medien- und Oppositionsschelte zu beschränken, sollten Sie sich lieber an die Arbeit machen. Vieles von dem, was an Kritik geäußert wird, hätte bei einer Überarbeitung des Gesetzentwurfes längst entschärft werden können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte beispielhaft auf einige zentrale Punkte eingehen.

Zunächst komme ich auf das Rotationsprinzip zu sprechen. Das Rotationsprinzip in der Frage des Sitzes der NTH, das als Kompromisslösung gedacht war, um lokale Befindlichkeiten im Zaume zu halten, ist erstens als Kompromisslösung schlicht gefloppt, nachdem wenigstens ein wichtiger Partner, nämlich die Uni Hannover, diesen Kompromiss aufgekündigt hat. Zweitens wird diese Lösung von niemandem, aber auch wirklich niemandem, offensichtlich noch nicht einmal vom Minister selbst für sachgerecht gehalten. Wer mit dem ehrgeizigen Ziel antritt, sich weltweit in den oberen Wissenschaftsligen einen Namen zu machen, sollte als Marketingstrategie vielleicht mit klügeren Hinguckern als einem permanent wechselnden Firmensitz arbeiten.

Der aus Hannover stammende Vorschlag, die Leibniz-Universität als Sitz der NTH zu installieren, ist plausibel. Hannover ist jedenfalls nach der Zahl der Studierenden und der Zahl der Hochschulen der größte Hochschulstandort in Niedersachsen. Hannover ist zudem als Messestandort weltweit bekannt.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Brandes?

Aber selbstverständlich.

Geschätzte Frau Kollegin Dr. Heinen-Kljajić, Sie sind ja gegen die Rotation. Machen Sie doch einmal einen Vorschlag, wo Sie den Standort der NTH platzieren würden.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das hat sie gerade gesagt!)

Lassen Sie mich meine weiteren Ausführungen machen. Ich werde Ihnen gleich einen solchen Vorschlag machen. Ich finde, aus rein fachlicher Sicht wäre es wenigstens genauso plausibel, Braunschweig als Hauptsitz zu nehmen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Eben haben Sie Hannover gesagt!)

- Lassen Sie mich doch einfach einmal ausreden. Dann werden Sie merken, worauf ich hinaus will. - Auch in Braunschweig gibt es eine Vielzahl von Forschungseinrichtungen und exzellente Rahmenbedingungen. Die Region Braunschweig ist die Region mit der höchsten Forschungsdichte in Europa, und alle Beteiligten in Braunschweig stehen hinter dem Projekt. Letztlich kann die Frage des Sitzes daher nur politisch entschieden werden. Wenn wir politisch entscheiden werden, werden wir auch eine Mehrheit für einen Standort finden. Ich will damit nur ausdrücken - das ist für mich in dieser Frage entscheidend -, dass die Frage des Sitzes nicht die Frage sein darf, an der die NTH zum Schluss scheitert. Genau das werden Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, zu verantworten haben, wenn Sie sich in der Frage des Sitzes nicht endlich bewegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Außerdem werden wir bei der anstehenden Beratung im Ausschuss zu klären haben, welche rechtlichen Voraussetzungen die NTH erfüllen muss, um überhaupt antragsberechtigt zu sein. Die hier geäußerten Bedenken sind ernst zu nehmen. Diese Bedenken einfach zu ignorieren, ist schlicht grob fahrlässig; denn diese Frage ist für die Hochschulen und übrigens auch für das Gelingen der NTH von zentraler Bedeutung.

Zudem scheint das Gesetz an Stellen, wo die Rechte der Selbstverwaltungsorgane berührt sind, nicht immer mit dem Hochschulgesetz kompatibel zu sein. Die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den Senaten oder die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den Präsidien - Frau Dr. Andretta hat dies eben zum Teil ausgeführt - ist nicht immer klar. Ich will die Punkte hier jetzt nicht im Einzelnen anführen; sie werden Gegenstand der Ausschussberatungen sein. Aus grüner Sicht gibt es hier aber Änderungsbedarf bzw. Klärungsbedarf.

Die Entsendung von zwei Präsidiumsmitgliedern aus dem Wissenschaftsministerium halten wir allerdings nicht für zielführend. Ebenso ist die angedachte Lösung, die von den Hochschulen eingeforderte Bauherreneigenschaft unter den Vorbehalt des Finanzministers zu stellen, in Sachen Hochschulautonomie Ausdruck des Restaurationsgeistes, an dem schon die letzte NHG-Novelle gekrankt hat.

Sodann bleibt noch die Finanzierung zu erwähnen. Wenn die NTH mit 5 Millionen Euro zusätzlich ausgestattet wird, muss man zur Kenntnis nehmen, dass vorher im Rahmen des HOK jährlich um 16 Millionen Euro gekürzt wurde. Die 5 Millionen Euro stammen aus einem Haushaltsansatz, der schon heute für die Kooperation von Hochschulen gedacht ist. Das ist also eher ein kleiner Taschenspielertrick.

Lassen Sie mich nun ein Fazit ziehen. Herr Minister Stratmann - diese Mahnung ist auch an die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP gerichtet -, wenn Sie über die genannten Punkte, die ich hier aufgrund der Kürze der Zeit nur anreißen konnte, weiter hinweggehen, nur weil Sie nicht als Verlierer dastehen wollen, wird die NTH der Verlierer sein. Wenn dieses Gesetz am Ende der Beratung nicht von allen betroffenen Hochschulen getragen werden kann, wird die Idee eines neuen Kooperationsmodells zur Zwangsehe werden. Wozu das führt, sehen wir gerade am Beispiel der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven.

Wir fordern Sie deshalb auf, das NTH-Gesetz ergebnisoffen und ohne Zeitdruck mit der gebotenen Sorgfalt zu beraten. Wenn Sie den Entwurf, der Gegenstand der Anhörung war, mit der Koalitionsmehrheit unverändert durch die Beratung peitschen wollen - das lässt zumindest der Zeitpunkt des Inkrafttretens, an dem Sie bisher noch festhalten, nämlich der 1. Januar 2009, befürchten -, wird vom NTH-Gesetz nichts anderes als eine Trümmerlandschaft übrig bleiben, in der eine wie auch immer geregelte Kooperation zwischen niedersächsischen Hochschulen auf viele Jahre ein Tabuthema sein wird. Dann werden Sie, Herr Minister Stratmann, nicht als Geburtshelfer der neuen Superuni, sondern als Totengräber niedersächsischer Hochschulkooperationen in die Geschichte eingehen.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Herr Grascha von der FDPFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Diskussion über die Niedersächsische Technische Hochschule dreht sich vieles um Details. Das haben wir gerade schon gehört. Unter anderem geht es um den Sitz. Darauf werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch eingehen. Es geht darum, wie die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen in Braunschweig, Clausthal und Hannover aussehen kann.

Lassen Sie mich zunächst auf den Kern zurückkommen. Es geht darum, die niedersächsischen Hochschulen im nationalen und vor allem im internationalen Wettbewerb zu stärken. Darauf hat der Minister schon hingewiesen. Die Bündelung der Kräfte und ein gemeinsames strategisches Vorgehen sind die Grundvoraussetzung für die Steigerung der Attraktivität von Forschung und Lehre in unserem Land. Aus diesem Grund sind die beteiligten Hochschulen zu Recht auf die Politik zugegangen und haben eine Regelung mit diesem Ziel gewünscht. Von der Wissenschaftlichen Kommission ist dieser Weg ebenfalls als positiv bewertet worden.

Die Politik hat nun die Verantwortung, einen verlässlichen und handlungsfähigen Rahmen zu schaffen. Wir von CDU und FDP werden auf jeden Fall gemeinsam mit den Technischen Hochschulen einen handlungsfähigen Rahmen schaffen.

Nun hat leider eine manchmal typische Diskussion für unser Land begonnen. Bevor das Kind NTH das Licht der Welt erblickt hat, wird es schon von der eigenen Familie schlechtgeredet. Die Eltern, also die Hochschulen und ein Teil der Politik, spekulieren schon, welche Schwächen der kleine Sprössling wohl haben könnte. Mit wem versteht er sich vielleicht nicht? Wo wird er wohnen und, und, und? - Meine Damen und Herren, und dann gibt es, wie es in einer Familie immer der Fall ist, eine böse Tante. Diese böse Tante heißt SPD.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Eine alte, böse Tante!)

Die böse Tante SPD denkt, sie weiß alles besser. Eigentlich weiß sie aber gar nicht, was sie will. Im Übrigen redet sie alles schlecht.

(Widerspruch bei der SPD)

Zuerst haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, im Jahre 2007 ein Gesetz gefordert. Dann sind Sie plötzlich gegen ein Gesetz und plädieren für einen losen Verbund. Danach kritisieren Sie, dass die Hochschulautonomie eingeschränkt ist, und stellen im gleichen Atemzug die Aussage in den Raum, dass die NTH eine Dame ohne Unterleib werden soll. Es heißt, die NTH solle mehr zu sagen haben. Wie soll das aber gehen, ohne dass man in den Partneruniversitäten Kompetenzen an die NTH abgibt? - Wir als Freie Demokraten bleiben dabei: Die NTH befindet sich in einer Startphase, und als solche sollte man dieses Gesetz auch begreifen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir wollen dieses Projekt gemeinsam mit den Hochschulen zum Erfolg führen. Bei allen Diskussionen und Querschüssen, die sicherlich manchmal ärgerlich sind, bleibt zu sagen: Wir wollen die NTH, wenn sie auch von den Hochschulen gewollt ist. Und das ist so.

Frau Dr. Andretta, in Ihren Erklärungsversuchen machen Sie immer wieder deutlich, wohin die Reise mit der SPD gehen würde. Am Beispiel des Sitzes wird deutlich, wie Sie die Verantwortung in der Opposition wahrnehmen. Bekennen Sie sich doch zu einem Standort, und sagen Sie: Ja, ich bin für Hannover. Ja, ich bin für Braunschweig. Ja, ich bin für Clausthal. - Dazu bekennen Sie sich aber eindeutig nicht.

(Zurufe von der SPD - Karl-Heinz Kla- re [CDU]: Die sind für alle drei!)

Meine Damen und Herren, die SPD - wie es immer ihre Art ist - würde ein Gesetz von oben verordnen.