Protocol of the Session on September 17, 2008

Meine Damen und Herren, die SPD - wie es immer ihre Art ist - würde ein Gesetz von oben verordnen.

(Weitere Zurufe von der SPD)

- Ich verstehe die Aufregung gar nicht. - Die SPD würde - wie es immer ihre Art ist - also ein Gesetz von oben verordnen. Hierfür gibt es ja in der niedersächsischen Hochschullandschaft genügend anschauliche Beispiele. Diese Zeiten - dem Wähler sei Dank - sind in Niedersachsen nun aber zum Glück vorbei. Wir wollen die Menschen mitnehmen und eine Lösung erzielen, die von möglichst allen getragen wird.

Ich wiederhole es: Wir befinden uns am Start. Wir werden in den nächsten Jahren immer wieder darüber diskutieren müssen, wo wir etwas im Gesetz oder in der konkreten Arbeit verbessern können. Vielleicht treten die heute angesprochenen Probleme gar nicht auf. Vielleicht begegnen uns ganz andere Aufgaben. Eines muss uns aber klar sein: Elite und Kernkompetenz entstehen in unserem Land nicht über Nacht. Um international aufzuschließen, braucht es mindestens einige Jahre.

Wir, die FDP-Fraktion, sind auf jeden Fall sehr gespannt und freuen uns auf die Ausschussberatungen sowie die Anhörungen. Für uns ist es wichtig, dass die Beteiligten Vertrauen zueinander entwickeln. Vertrauen ist die Basis für eine gute Arbeit. Deshalb wollen wir darüber nachdenken, wie wir die Konsultationsverfahren zwischen den Beteiligten noch intensiver gestalten können. Denkbar könnte z. B. sein, dass eine Gremienbeteiligung für alle drei Hochschulen bei dem jeweils anderen ohne Stimmrecht einzurichten ist. Denkbar ist auch eine Art Vermittlungsausschuss. Denkbar könnte ferner sein, die jetzt angestrebte Rotation des Präsidiums von zwei Jahren auf ein Jahr zu straffen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ein halbes Jahr wie bei der EU! Auch das hört sich gut an!)

All das sind Details, meine sehr geehrten Damen und Herren, die wir im Ausschuss beraten werden. Klar ist für uns aber auch: Der Gesetzentwurf ist gut. Deshalb soll die NTH zum Anfang des nächsten Jahres schlagkräftig und mit einer guten Perspektive starten können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich Frau Dr. Andretta gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, als böse alte Tante sollte ich jetzt noch etwas sagen dürfen. Herr Kollege Grascha, wenn Sie damit einverstanden sind, dass meine Fraktion das Ministeramt stellt, dann verspreche ich Ihnen, dass ich als Ministerin eine Entscheidung treffen werde. Solange dies aber nicht der Fall ist, muss dieser Minister seine Arbeit machen. Nichts anderes fordern wir hier ein.

(Beifall bei der SPD)

Nun zu Ihrer Anmerkung: Lassen Sie uns doch einmal starten. - Ich möchte an dieser Stelle einmal Herrn Professor Barke zitieren. Ich finde, er hat das Richtige gesagt, Herr Klare. Hannoversche Neue Presse, Herr Barke:

„Ich bin Elektroingenieur und finde, bevor man einen neuen Schaltkreis unter Strom setzt, sollte man noch mal alle Kontakte und Widerstände überprüfen - sonst riskiert man einen Kurzschluss. Und wenn erst mal alles verschmort ist, dann war die ganze Arbeit umsonst.“

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Herr Grascha möchte erwidern. Bitte schön!

Liebe Frau Andretta, natürlich habe ich nicht Sie persönlich als alte Dame beschimpft, sondern ich habe damit ausschließlich die SPD gemeint. Ich bin aber schon der Auffassung, dass in einer Demokratie auch die Opposition Verantwortung zu übernehmen hat. Wenn Sie in diesem Land irgendwann einmal an die Regierung kommen wollen, dann erwarten die Wählerinnen und Wähler von Ihnen, dass Sie klare Aussagen machen. Wenn Sie die nicht machen, ist es kein Wunder, dass Sie die Wahlen verlieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Perli von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die fächerübergreifende Zusammenarbeit für Hochschulen ist für das Forschungs- und Lehrpersonal auch in Braunschweig, Clausthal und Hannover schon heute alltäglich. Woher also kommt die Notwendigkeit für eine NTH? - Es ist das schlechte Abschneiden unserer Hochschulen bei den Exzellenzwettbewerben. Diesen Wettbewerb hat die Landesregierung gemeinsam mit der Bundesregierung entworfen und vorangetrieben. Die Exzellenzinitiative ist nicht nur ein Paradigmenwechsel in der Hochschulpolitik, sie ist auch ein zentrales Instrument zur neoliberalen Umgestaltung der deutschen Hochschulen.

(Beifall bei der LINKEN)

Trotz eines großen Bedarfs werden nicht alle Hochschulen ausreichend finanziert, sondern es stehen nur ein paar Spitzen erheblich besser da. In diesem Zusammenhang ist auch eine NTH nur Teil des Problems, nicht aber Teil der Lösung.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun haben Sie die Hoffnung, dass es trotz der Hochschulkürzungsprogramme, die wir hier erleben mussten, mit der NTH gelingen kann, mehr Fördergelder und eine Profilierung für unsere Hochschulen zu erreichen. Kann diese Hoffnung erfüllt werden? - Die NTH ist ein gemeinsamer Briefkopf, der der besseren Vermarktung dient, ein MarketingGag, mehr nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

So kann kein Qualitätssprung an den Hochschulen gelingen. Dazu gehören mehr als ein schicker Briefkopf und 5 Millionen Euro für die Portokasse. Mit Blick auf die angestrebte NHG-Novelle könnte die NTH sogar ein Schritt nach hinten werden. Die NTH soll Studiengänge harmonisieren. Das hört sich zwar gut an, bedeutet aber, dass in der Realität Studiengänge gefährdet werden. Profilbildungen und Schwerpunktsetzungen bedeuten mittelfristig, dass nicht mehr alle Hochschulen alle Studiengänge anbieten werden. Das ist nicht nur ein Verlust an Vielfalt, es ist auch ein Schritt hin zu monotonen Wissenschaftslandschaften, zu monotonen Wissenschaftsdiskursen: Die vorherrschende Meinung hat immer gewonnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Berufungsrecht der NTH offenbart am besten die Verrenkungen, die gemacht werden mussten. Ohne eigenes Berufungsrecht gibt es keine Chance auf DFG-Gelder. Mit dem neuen Berufungsrecht entstehen nun ein merkwürdiges Geflecht an Entscheidungsstrukturen im laufenden Verfahren und ein verworrenes Netz aus Abhängigkeiten und Loyalitäten für die Berufenen.

Der Weiterentwicklung der Uni Hannover schadet diese Zweiteilung der Lehrstühle gewiss. Diese Kritik der Uni Hannover ist an dieser Stelle verständlich. Die größte Gefahr besteht allerdings darin, dass Sie hier versuchen, den vorliegenden Gesetzentwurf mit aller Brachialität und Schnelligkeit durchzuziehen, ohne die anderen Statusgruppen, die Mitarbeiter und die Studierenden in diesen Prozess offensiv mit einzubeziehen. Bis zum Ende dieses Jahres einen Gesetzentwurf zu verabschieden, der an allen drei Standorten eine Mehrheit findet, halte ich für einen sehr gewagten Versuch. Wenn Ihnen das nicht gelingt, haben Sie den Trümmerhaufen, der hier schon angesprochen worden ist.

Die NTH ist ein Schritt hin zu weniger Demokratie und Mitbestimmung. Sie setzt den Trend hin zu autoritären Präsidialverfassungen der Hochschulen fort. Das gilt für die Zusammensetzung und die geschwächten Rechte des Senats, das gilt für die Besetzung der externen Präsidiumsmitglieder, und das gilt für die Vetorolle des Ministeriums bei Mehrheitsentscheidungen im Präsidium.

Des Weiteren gibt es zig ungeklärte Fragen: Wer trägt die Kosten für den Umzug und das Pendeln von Professoren und Mitarbeitern? - Versetzen wir uns in die Lage einer Sekretärin mit halber Stelle oder einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin mit einem kleine Kind zu Hause! Sollen die jetzt jeden Tag vier Stunden arbeiten und vier Stunden pendeln? Wer trägt die Reisekosten? Ist diese Regelung familienfreundlich? Können die 5 Millionen Euro im Jahr nicht sinnvoller eingesetzt werden? Zum Beispiel eine gemeinsame Doktorantenausbildung halte ich für sinnvoll. Aber der Rest könnte im Haushalt an anderer Stelle sehr viel besser eingesetzt werden.

Fazit: Die Linke befürwortet eine Kooperation der drei technischen Fakultäten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Vielfalt der Lehre muss dabei gewährleistet sein. Gemeinsame Forschungsanträge können

mittels eines Kooperationsabkommens vereinbart und beantragt werden. Das geht ganz ohne eine zusätzliche bürokratische Ebene, ohne negative soziale Folgen für die Beschäftigten und ohne Demokratieabbau. Wir brauchen keine NTH. Das, was sie verspricht, kann man auch ohne sie erreichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ohne eine echte Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lehrende und Studierende wird das aber nicht funktionieren. Da hilft auch ein neuer Briefkopf nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich an beide Fraktionen, die hier im Plenarsaal außen sitzen, die Bitte richten, dass sie ihre Gespräche auch von der Lautstärke her so führen mögen, dass ich es hier oben nicht verstehen kann. Das ist dann einfacher. - Meine Damen und Herren, nächster Redner ist der Kollege Nacke von der CDU.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Niedersächsischen Technischen Hochschule wollen die Technische Universität zu Braunschweig, die Technische Universität Clausthal und die Leibniz-Universität Hannover eine neue, zukunftsweisende Form der Zusammenarbeit aufnehmen. Die Landesregierung bringt heute das Gesetz in den Landtag ein, mit dem diese Zusammenarbeit eine Grundlage erhält.

Was war der Grund, eine solche Zusammenarbeit zu suchen? - Die Universitäten haben gemerkt: So geht es nicht weiter, wie wir bislang aufgestellt sind. Wir müssen neue Formen der Kooperation suchen. - Es gibt gute Gründe für die NTH. Insofern bedanke ich mich zunächst einmal ausdrücklich bei den Kollegen von der SPD und von den Grünen für das klare Bekenntnis zur NTH. Die NTH wird für alle Beteiligten einen Mehrwert bringen. Es gibt keine Verliereruniversität, bei diesem Prozess gibt es nur Gewinner.

(Zustimmung bei der CDU)

Es wird eine gemeinsame Entwicklungsplanung geben. Endlich werden sich die technischen Bereiche der Universitäten aufeinander abstimmen und werden miteinander vereinbaren, welcher Schwerpunkt an welchen Standort welcher Universität gelegt wird. Jeder kann sich darauf verlassen, dass

man Profile bilden kann, ohne die Breite aufzugeben, weil die Breite an der anderen Universität zur Verfügung gestellt wird.

(Zustimmung bei der CDU)

Der Einsatz von Mitteln und Personal wird besser geplant. 479 Professoren, 1 184 wissenschaftliche Mitarbeiter und 1 163 Angestellte werden koordiniert und miteinander vernetzt. Damit, meine Damen und Herren, sind wir überhaupt erst auf Augenhöhe mit den führenden Einrichtungen in Deutschland und Europa, mit Aachen, München und Zürich, wobei ich anmerke, dass beispielsweise die ETH Zürich mit den Drittmittelstellen über 3 500 wissenschaftliche Mitarbeiter zur Verfügung hat.

An dieser Stelle verweise ich noch einmal auf das Verfahren. Die Präsidenten der Hochschulen haben sich in einem Workshop getroffen. Sie haben die Idee der NTH entwickelt und gesagt: Lieber Minister, so würden wir es gern machen. Helfe uns dabei, unterstütze uns dabei! - Der Minister hat gesagt: Selbstverständlich unterstütze ich euch bei einer solchen fortschrittlichen Idee. - Dann hat man sich zusammengesetzt und ein Grundgerüst aufgebaut, gemeinsam vereinbart und unterschrieben. Anschließend hat man in vielen Arbeitskreissitzungen verschiedene Dinge abgewogen und am Ende etwas vereinbart, was nun exakt in dieses Gesetz eingeflossen ist.

Wenn man dieses Verfahren nun kritisiert, indem man von Dilettantismus und der Diffamierung von Kritikern redet und ein Zitat über einen Rentner bringt, das noch nicht belegt ist - an dieser Stelle muss ich einmal fragen, warum „Rentner“ und „alte Tante“ eigentlich als Beleidigung gelten; ich habe damit meine Probleme -, und von „Pleiten, Pech und Pannen“ redet, Frau Heinen-Kljajić, dann weiß ich nicht, ob das die Diskussionskultur ist, die uns hier voranbringt.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sollen wir uns nach Ihrem Vorbild richten?)

Eine solche Diffamierung des Ministers ist aus meiner Sicht gar nicht angezeigt; sie schreckt auch die Menschen ab.