Protocol of the Session on November 8, 2012

Abschließende Beratung: Gleiches Geld für gleiche Arbeit - das muss auch im Schulunterricht gelten - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3626 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 16/5267

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung.

(Unruhe)

- Wenn sich die Diskutierenden auf der linken Seite des Hauses hingesetzt haben, können wir mit der Beratung beginnen. - Danke schön.

Das Wort hat Frau Reichwaldt von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor eineinhalb Jahren haben wir diesen heute zur Abstimmung vorliegenden Antrag hier erstmals beraten. Die Diskussion verlief vergleichsweise konstruktiv. Ich hatte mich auf eine positive Beratung im Ausschuss gefreut. Die Beratung war dann zwar auch intensiv und konstruktiv, aber bewegt hat sich leider nichts.

Nach wie vor stehen wir vor der Situation, dass Lehrkräfte, die ihren Lehrerberuf außerhalb Deutschlands erlernt haben, schlechter bezahlt werden als Lehrer, die in Deutschland ihr Studium absolviert haben. Der springende Punkt ist dabei: Sie machen hier in Niedersachsen die gleiche Arbeit, werden aber unterschiedlich bezahlt.

(Unruhe)

Frau Reichwaldt, ich muss Sie unterbrechen. - Meine Damen und Herren, wenn wir auch über diesen Punkt ohne Aussprache beschließen sol

len, dann müssen Sie das sagen. Oder Sie führen die Gespräche draußen; denn ich kann Frau Reichwaldt hier oben nicht verstehen, weil sich auf allen Seiten des Hauses die Nachbarn miteinander unterhalten.

(Jens Nacke [CDU]: Dann weiter ohne Aussprache!)

Frau Reichwaldt!

Vielen Dank, Herr Präsident.

Auch die neuen Bundesregelungen zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse und die ressortübergreifende interministerielle Arbeitsgruppe haben eine Lösung dieses Problems nicht näher gebracht.

Meine Damen und Herren, wenn die Qualifikation der ausländischen Lehrkräfte oder der Lehrkräfte, die in der ehemaligen DDR ausgebildet wurden, tatsächlich schlechter sein sollte, dann frage ich mich, warum sie hier genau die gleiche Arbeit mit genau der gleichen Verantwortung leisten.

(Beifall bei der LINKEN)

Uns wird gesagt, das sei Tarifrecht, da sei nichts zu machen.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie daran erinnern, dass wir vor einiger Zeit die Petition einer Grundschullehrerin auf dem Tisch hatten, die in der DDR ausgebildet wurde und seit mehr als zehn Jahren in Niedersachsen unterrichtet. Sie wird nicht gleich besoldet. Die Landesregierung bot ihr an, quasi noch einmal zu studieren und ihre Anwärterzeit zu wiederholen. Das Absurde daran ist, meine Damen und Herren, dass diese Lehrerin inzwischen selbst in der Lehrerausbildung tätig ist und die Hochschulabsolventen betreut. Sie soll sich also noch einmal ausbilden lassen für etwas, das sie schon tut. Das ist nicht gerecht. Von allen Seiten wurde im Ausschuss zumindest Verständnis für die Problemlage signalisiert.

Meine Damen und Herren, auch wenn Tarifrecht einer Lösung entgegenstehen sollte: Mit der ungleichen Bezahlung der betroffenen Lehrkräfte - das gilt für beide Gruppen - wird auch ein wichtiger Rechtsgrundsatz verletzt. Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besagt:

„Alle Menschen haben ohne jede unterschiedliche Behandlung das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.“

Das muss natürlich auch in Niedersachsen gelten.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb steht dieser Entschließungsantrag heute zur Abstimmung.

Ich fasse zusammen. Wir fordern nicht ein Unterlaufen der Tarifbestimmungen. Wir fordern eine Initiative zu neuen Tarifverhandlungen, damit das anders geregelt wird, und Einzelfallprüfungen mit Möglichkeiten zur Nachqualifizierung, die nicht bedeuten, dass man die ganze Ausbildung wiederholen muss. Ich fordere Sie auf, diesem Antrag zuzustimmen, damit diese Lehrerinnen und Lehrer, die seit Jahrzehnten die gleiche und gute Arbeit leisten, gerecht behandelt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Das Wort hat nun die Kollegin Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Fachkräftemangel ist längst in Niedersachsen angekommen. Trotzdem werden noch nicht alle Chancen genutzt, ihm wirksam zu begegnen. Eine wichtige Maßnahme wäre nämlich, die im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen hier zügig anzuerkennen und die Erkenntnisse und Erfahrungen, die die Menschen, die aus anderen Ländern kommen, mitbringen, zu nutzen.

Eine erleichterte Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen ist das eine. Das andere ist, dass wir den zugewanderten Menschen schnellstmöglich in erreichbarer Nähe die Möglichkeit bieten, Qualifikationen nachzuholen, damit sie ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern können. Wir alle kennen Fälle, bei denen mit erstaunlichen Qualifikationen nach Deutschland eingereist wurde, seit vielen Jahren in wichtigen Positionen gearbeitet wird, aber ganz schlecht bezahlt wird.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ein Weiteres ist nämlich, dass die Betroffenen nach einer zügigen Anerkennung ihrer Qualifikation für die gleiche Arbeit auch das gleiche Geld bezahlt bekommen. Das ist doch eigentlich selbst

verständlich, sollte man meinen. Aber doch ist es anscheinend in Niedersachsen so schwierig.

Wir haben uns im Ausschuss lange informieren lassen, das Berufsqualifizierungsgesetz auf Bundesebene und seine niedersächsische Umsetzung abgewartet. Aber noch immer - das hat die Kollegin Reichwaldt ausgeführt - zeichnet sich keine befriedigende Lösung für Lehrerinnen und Lehrer ab, die ihr Studium nicht in Deutschland absolviert haben, und das schon seit langem; ständig haben wir dafür Petitionen auf dem Tisch.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie haben lange genug Zeit gehabt, eine Lösung für Niedersachsen vorzulegen, einen Änderungsantrag zu dem Antrag der LINKEN zu formulieren, wenn Ihnen das Thema denn ernst wäre. Das haben Sie leider versäumt. Wir werden deshalb heute dem Antrag der Linken zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Nächste Rednerin ist für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Weddige-Degenhard.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es gleich vorweg zu sagen: Die SPD-Fraktion lehnt die Ausschussempfehlung ab.

Der Landtag hat sich auf Antrag meiner Fraktion bereits 2010 mit der Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen beschäftigt. Nach ausführlicher Beratung in allen beteiligten Ausschüssen haben sich die Fraktionen der CDU, der FDP, der Grünen und der SPD auf eine gemeinsame Beschlussempfehlung geeinigt. Dabei waren wir uns in dem Bestreben einig, für die Betroffenen verbesserte Informations- und Anerkennungsmöglichkeiten zu schaffen.

Bei dem inzwischen verabschiedeten Berufsqualifikationsgesetz bleibt die Lehrerausbildung allerdings wieder außen vor. Jedes Bundesland erarbeitet für sich Kriterien für die Anerkennung von im Ausland erworbener Lehramtsqualifikation. Wir haben auch hierbei wieder einen Flickenteppich - wie im gesamten Bildungssystem.

Das zentrale Kriterium für den Anerkennungsprozess ist die Gleichwertigkeit - das muss es auch sein -, wobei es für bestimmte Berufs- und Perso

nengruppen durchaus Spezialregelungen gibt, beispielsweise für Spätaussiedler bzw. durch bilaterale Abkommen mit Österreich, Frankreich und der Schweiz.

Vor diesem Hintergrund ist es schwer verständlich, dass es nicht möglich sein sollte, eine Spezialregelung für die kleine Gruppe von ehemaligen DDRLehrern zu ermöglichen. Diese Lehrerinnen und Lehrer, liebe Kolleginnen und Kollegen, unterrichten seit mehr als zehn Jahren in Grund- und Hauptschulen in Niedersachsen. Sie sind Klassenlehrer, Fachleiter und zum Teil auch Schulleiter. Mehr als 20 Jahre nach der Wiedervereinigung erhalten die ehemaligen Unterstufenlehrkräfte deutlich weniger Geld als ihre Westkollegen - für die gleiche Tätigkeit.

Wenig verständlich ist, dass trotz der zugegebenermaßen unterschiedlichen Ausbildung die Landesregierung für diese kleine Gruppe keine Sonderregelung finden wollte. Trotz positiver Signale im Petitionsausschuss hat sich der Finanzminister mit seiner Ablehnung durchgesetzt.

Für die Lehrerinnen und Lehrer, die ihre Qualifikation im Ausland erworben haben und nur eine EinFach-Ausbildung vorweisen können, benötigen wir einen leichteren Weg, um die Qualifizierung in einem weiteren Fach zu erreichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Grundsatz „gleiches Geld für gleiche Arbeit“ ist ein richtiger Anspruch, den wir als Sozialdemokraten grundsätzlich unterstützen, wenngleich wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE nicht in allen Punkten teilen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, für CDU-Fraktion hat nun die Kollegin Ernst das Wort.