Niedersachsen und seine Bevölkerung befinden sich im Wandel: mehr Senioren, weniger Geburten, ein Nebeneinander von wachsenden und schrumpfenden Regionen und eine interkulturell durchmischte Gesellschaft. Diese Zusammenhänge sind uns nicht neu, meine Damen und Herren. Darum wird auf vielen Ebenen und in den verschiedensten Institutionen für diese vielfältigen Themen nach Lösungen gesucht.
Die demografische Entwicklung bietet die Chance, die Vielfalt der Kompetenzen aller Generationen zur Förderung der Solidarität in allen Lebenslagen zu nutzen. Hier gilt es, die Kompetenzen Älterer zu erkennen und zu fördern und sie überall aktiv mit einzubinden.
Die niedersächsischen Kommunen haben sich bereits vielerorts auf den demografischen Wandel eingestellt. An vielen Stellen finden Veranstaltungen und Seniorenbefragungen statt, um die Bedürfnisse älterer Menschen herauszufinden. Die Landesregierung hat mit der Einrichtung der Seniorenservicebüros z. B. eine Grundlage dafür geschaffen, dass all diese Dinge miteinander vernetzt werden. Uns allen geht es doch vor allem darum, dass eine alterns- und altersgerechte Umgebung
entsteht, die auf die Bedarfe der Bürgerinnen und Bürger abgestimmt ist, und dass das, was wir tun, auch bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt.
Dabei sollten nicht nur pflegerische und gesundheitspolitische Fragestellungen eine Rolle spielen, sondern es sollten vor allem Infrastrukturen geschaffen werden, die dafür Sorge tragen, dass die Selbstständigkeit und Lebensqualität älterer Menschen erhalten bleiben bzw. verbessert werden. Seniorinnen und Senioren müssen dabei natürlich mitgestalten, gerade wenn es um ihre Belange geht.
Die beiden Anträge von SPD und Linken fordern mehr Beteiligungsmöglichkeiten Älterer in der Seniorenpolitik auf Landesebene. Die Räte, die Landkreise können auf der Grundlage der Niedersächsischen Gemeindeordnung bereits den Beschluss fassen, kommunale Beiräte einzurichten. Dies gilt natürlich auch für Seniorenbeiräte. Die geltende Rechtsgrundlage der NGO eröffnet weiter die Möglichkeit, dass Räte andere Personen mit besonderem Sachverstand als Mitglieder in ihre Fachausschüsse berufen können, z. B. auch Vertreter der Seniorenbeiräte.
Schauen Sie doch einfach einmal in die Kommunen und Städte! In Goslar klappt das super. Unsere Seniorinnen und Senioren mischen sich seit Jahren aktiv und sehr erfolgreich in die Politik ein.
Das Gleiche gilt natürlich auch für die parlamentarische Arbeit im Niedersächsischen Landtag. Wie die Kommunen sind auch die Arbeitskreise und Ausschüsse des Landtags keineswegs gehindert - sondern vielmehr gut beraten -, externen Sachverstand einzuholen. Das geschieht ja auch, z. B. durch öffentliche Anhörungen oder Einladungen von externen Sachverständigen in die Sitzungen der Arbeitskreise.
Es ist bereits gängige Praxis in unserer täglichen Arbeit, an den Punkten, an denen es notwendig erscheint, die bestehenden Kenntnisse der Politik zu mehren oder zu ergänzen.
Meine Damen und Herren, bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, darf ich die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden vorliegenden Anträge von SPD und Linken versuchen, das Thema demografischer Wandel im Bereich der Seniorenpolitik zu konkretisieren. Das ist in Ordnung, und die Anträge sind vielleicht sogar ein kleines Stück weiter als das Demografiekonzept, das die Landesregierung vor einiger Zeit veröffentlicht hat.
Wir begrüßen diese beiden Initiativen im Grundsatz. Ich habe aber eine Reihe von Fragen und Anmerkungen, zu denen ich mir durch eine Anhörung von Expertinnen und Experten eine Beantwortung bzw. eine Stellungnahme erhoffe.
Zunächst einmal: Wir tun immer so, als seien Seniorinnen und Senioren eine homogene Gruppe - das sind sie aber nicht. Sie sind genauso unterschiedlich in ihren politischen Anschauungen und in dem, was sie von der Welt wollen, wie jeder Einzelne von uns hier im Raum. Nur weil verschiedene Personen ein bestimmtes Alter erreichen, haben sie noch keine homogene Interessenslage. Ich halte es grundsätzlich für ein bisschen schwierig, wenn man meint, dass Seniorinnen und Senioren die gleichen Interessen haben müssten.
Ein Mensch, der 70 ist, kann sich genauso engagieren wie jemand, der 40, 30 oder 20 ist. Ihm stehen alle Wege offen, die den jungen Menschen auch offenstehen. Das Durchschnittsalter in der Bundesrepublik liegt bei 44 Jahren. Das Durchschnittsalter in diesem Parlament liegt bei 58 Jahren. Das heißt, hier gibt es eigentlich schon eine ziemlich große Seniorenvertretung im Verhältnis zum Durchschnitt der Bevölkerung.
In den Räten ist das Durchschnittsalter im Schnitt sogar noch höher. Ich frage mich deshalb, ob es nicht eigentlich wesentlich sinnvoller wäre, zu fordern, dass bei bestimmten Gesetzesvorhaben Kinder pflichtmäßig angehört werden müssen, die normalerweise überhaupt nicht angehört werden. Eine Pflicht für die Anhörung von Kindern würde ich für richtig gut halten.
Nahezu jede gesellschaftlich relevante Gruppe fordert stärkere Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte. Ich nenne Menschen mit Behinderungen, Seniorinnen und Senioren, Kinder und Jugendliche, bestimmte Religionsgruppen. Auf vielen Ebenen gibt es Gremien, in denen eine solche Beteiligung bereits passiert. Frau Kollegin Prüssner hat auf die Kommunalverfassung hingewiesen: Jeder Rat, jede Gemeinde kann Beiräte einrichten.
Diese Beiräte sind oft aus dem Gefühl heraus entstanden, dass sich die zuständigen Ratsgremien oder Verwaltungen den Sorgen und Nöten bestimmter Gruppen vielleicht nicht im gebotenen Umfang oder nicht ausreichend kompetent annehmen.
Es ist immer gut, wenn sich Politik von erfahrenen Menschen als Experten in eigener Sache beraten lässt. Aber ich hätte z. B. ein Problem damit, wenn man extra für Senioren ein Beteiligungsgesetz auf den Weg bringt. Denn dann müsste man auch Beteiligungsgesetze für andere Gruppen auf den Weg bringen. Ich finde es aber auch grundsätzlich problematisch, wenn neben den demokratisch gewählten politischen Entscheidungsgremien immer mehr Parallelgremien entstehen, die sozusagen einen eigenen Legitimitätsanspruch haben.
Ich finde, man kann durchaus darüber ins Grübeln kommen, ob das nicht auch ein Misstrauen gegenüber unserer verfassungsmäßig verankerten repräsentativen Demokratie ausdrückt, von der ich sehr viel halte. Und wenn wir sie ergänzen, dann sollten wir das über die Formen oder die Stärkung von Elementen direkter Demokratie tun.
Ich komme zum Schluss. - In diesem Bereich muss nicht zwingend ein Gesetz verabschiedet werden. Beteiligung ist gut, aber ich glaube, dass wir gut überlegen müssen, welche Form der Beteiligung wir wählen und ob wir eine Gruppe gegenüber einer anderen benachteiligen. Wir müssen mindestens eine sehr sorgfältige Anhörung machen, um auch einmal zu schauen, wie das in den Ländern läuft, in denen es entsprechende Gesetze gibt.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, die an der Abstimmung teilnehmen wollen, sich wieder zu setzen. Ansonsten verlassen Sie bitte den Raum.
Der Ältestenrat hat vorgeschlagen, die beiden Tagesordnungspunkte federführend an den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration und mitberatend an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Möchte das jemand nicht oder sich enthalten? - Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe: Frau Heinen-Kljajić hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet. Sie hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf die Ausführungen von Finanzminister Möllring von vorhin eingehen. Das war in zweierlei Hinsicht ein ungeheuerlicher Vorgang.
Erstens, finde ich, ist es eine Unverschämtheit, dass uns gegenüber häppchenweise immer nur das eingestanden wird, was sich nicht mehr verbergen lässt, anstatt dass Sie endlich einmal die Gesamtverantwortung für das zweifelhafte Geschäftsgebaren dieser Landesregierung übernehmen.
Zweitens ist das, was uns hier eben vorgetragen worden ist, ein echter Skandal. Da soll im Kabinett beschlossen worden sein, dass man einem Antrag Bayerns im Bundesrat nicht zustimmt, der eine Steuererleichterung für die Versicherungswirtschaft zur Folge gehabt hätte. Im Bundesrat stimmt Ministerpräsident Wulff dann aber plötzlich für diesen Antrag, und zwar auf kurzfristigen Zuruf der Hannover Rück, mit deren Chef Herrn Baumgartl
Und das soll erst jetzt aufgefallen sein? Das soll ein Finanzminister, der für Steuern zuständig ist, erst nach Akteneinsicht gemerkt haben? - Das ist doch abenteuerlich! Für wie naiv halten Sie eigentlich dieses Parlament?
Wir werden hier seit Monaten fortlaufend verschaukelt. Das müssen wir uns als Parlament nicht gefallen lassen.
Deshalb beantragen wir zur Geschäftsordnung, dass uns zum einen die Unterlagen bzw. die Schreiben, aus denen eben zitiert wurde, vorgelegt werden und dass wir am Ende der Tagesordnung eine Aussprache zu diesem Punkt haben.