Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zu den Verträgen zur Änderung von Verträgen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Niedersachsen und zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes - Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/4842 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 16/4987 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/5007
Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen, sodass wir zur Beratung kommen können. Zunächst hat sich von der CDU-Fraktion Herr Kollege Klare zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute abschließend das Konkordatsgesetz. Seit 1965 waren Konkordatsberatungen in diesem Haus immer von einer vertrauensvollen Zusammenarbeit geprägt. Jede Landesregierung konnte sich darauf verlassen, dass die Vereinbarungen mit dem Heiligen Stuhl und der Niedersächsischen Landesregierung vom Parlament geschlossen getragen wurden.
Die über vier Jahrzehnte gelebte Haltung unseres Hauses im Umgang mit dem Konkordat wurde aktuell durch die Opposition missachtet. Meine Damen und Herren, dieser Schritt, der hier von der Opposition gegangen wird, ist für uns so weitreichend, dass wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen werden. Deswegen beantrage ich gleich zu Beginn meiner Rede namentliche Abstimmung nach der Beratung.
Mit dem Gesetz können Konkordatsschulen ab dem kommenden Schuljahr Oberschulen werden. Das ist ein Rechtsanspruch, nach dem unsere 15 Konkordatsschulen die Entwicklung im öffentlichen Schulbereich nachvollziehen können. Wir haben die Oberschulen eingeführt. Jetzt können auch die Konkordatsschulen Oberschulen werden, weil sie
das Konzept gut finden. Das ist ein ganz normaler Vorgang, so sollte man meinen, wie er vielfach in den letzten 47 Jahren nach dem Konkordat hier im Lande vollzogen wurde. Das war so bei der Einführung der Orientierungsstufe und bei der Abschaffung der Orientierungsstufe und bei vielen anderen Strukturfragen. Immer bestand Einvernehmen, weil sich alle in der Tradition des im Jahre 1965 vereinbarten Vertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Lande verpflichtet fühlten.
Bei der aktuellen Beratung zum Konkordat haben SPD und Grüne mit dieser Tradition gebrochen - ich muss es wiederholen - und - trotz der nur geringfügigen Änderungen - eine aus meiner Sicht geschichtslose Debatte angezettelt. Das ist für mich ein Affront gegen den Heiligen Stuhl.
Zur Sache selbst. Die Konkordatsschulen können bis zu 30 % Kinder anderer Konfessionen aufnehmen. Darüber waren sich alle einig. Auch über die Finanzierung der Konkordatsschulen hat es bis jetzt keine Uneinigkeit gegeben. Mit der Inklusion und dem Rechtsanspruch von Eltern mit behinderten Kindern können diese eine Schule ihrer Wahl besuchen. Es könnte also im Einzelfall passieren, dass ein behindertes Kind, das nicht katholisch ist, diese 30 % unerheblich überschreiten könnte. Genau darin wendet sich die Opposition.
Frau Heiligenstadt, merken Sie eigentlich gar nicht, wie schief Sie hier in Ihrer Argumentation liegen? Wir haben hier gemeinsam mit Ihnen die Schulwahlfreiheit eingeführt. Jetzt führen Sie eine formalistische Diskussion um 30 %. Das geht zulasten von behinderten Kindern, die gerne eine Konkordatsschule besuchen möchten. Das ist die Realität.
Meine Damen und Herren, ich sage es noch deutlicher: Sie instrumentalisieren behinderte Kinder für Ihre politischen Zwecke. - Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren!
Wenn Sie es mit dieser Diskussion ehrlich meinen, dann stellen Sie doch bitte die Frage, ob bei einem behinderten Kind, das nicht katholisch ist, der Charakter einer Konkordatsschule nicht mehr vorhan
den ist oder ob die Werte, die in einer Konkordatsschule vermittelt werden, nicht mehr vermittelt werden können. Dann würden Sie relativ schnell zu der Antwort kommen: Natürlich werden die Werte in der Konkordatsschule weiter vermittelt!
Es muss doch völlig egal sein, meine Damen und Herren, ob das behinderte Kind katholisch oder evangelisch ist oder einer anderen Religionsgemeinschaft angehört. Ich finde Ihr Verhalten in dieser Frage geschmacklos! Ich sage es so deutlich.
Ich möchte an diejenigen Mitglieder der SPDFraktion und der Grünen-Fraktion appellieren, die sich an diese historische Bedeutung des Konkordats erinnern und sich ihr verpflichtet fühlen. Meine Damen und Herren, holen Sie die kämpferischen Sprecherinnen von Grünen und Roten bitte wieder auf den Teppich.
(Stefan Schostok [SPD]: Das ist un- glaublich! - Stefan Wenzel [GRÜNE]: In welchem Film sind Sie, Herr Klare? Was macht Ihr Koalitionspartner? Er will den Sonntag abschaffen!)
Es ist langsam unerträglich, was hier passiert: ein erbitterter Konkurrenzkampf zwischen Frau Heiligenstadt und Frau Korter, wer denn wohl Ministerin werden kann! Das ist die Grundlage! Ich kann Ihnen eines sagen, meine Damen und Herren:
(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ste- fan Wenzel [GRÜNE]: Herr Klare, kümmern Sie sich lieber um Ihren Ko- alitionspartner! Der will den Sonntag plattmachen!)
Meine Damen und Herren, ich sage das so deutlich, damit Sie es wissen: Am Ende werden Sie leer ausgehen, weil die Menschen merken, dass sich Ihr diskriminierendes Vorgehen gegen Kinder, die eine inklusive Beschulung wollen, genau gegen die Kinder richtet. Die Leute merken auch, dass es hier um persönliche Interessen geht. Das werden wir aufdecken, meine Damen und Herren.
Ich greife den zweiten Ablehnungsgrund auf. Bei der Umwandlung der Konkordatsschulen in Oberschulen haben diese selbstverständlich das Recht, ein gymnasiales Angebot zu beantragen. Darüber wird übrigens zusammen mit den örtlichen gymnasialen Trägern entschieden. Dieser Anspruch ergibt sich einwandfrei aus dem Schulgesetz und aus dem Konkordat; auch das wissen Sie. Auch hier wird eine ignorante Haltung gegenüber dem Heiligen Stuhl offengelegt, weil Sie plötzlich ein Problem damit haben, meine Damen und Herren.
Dahinter steckt die Angst, dass überall im Lande die hoch anerkannte Oberschule mit ihren guten Konzepten,
mit ihrer guten Ausstattung den Gesamtschulen den Rang abläuft. Meine Damen und Herren, überall dort, wo es Oberschulen insbesondere mit einem gymnasialen Bereich gibt, verstummen die Rufe nach Integrierten Gesamtschulen.
Ich sage das hier in aller Klarheit: Sie führen hier den letzten Kampf gegen die Oberschulen und missbrauchen dafür das Konkordat. Das ist unlauter! Das ist reiner Wahlkampf! Und das hat in dieser Angelegenheit überhaupt nichts zu suchen!
Ich sage es Ihnen noch deutlicher: Was Sie hier veranstalten, geht im Sinne der gelebten Tradition von 1965 gegen die Ehre dieses Hauses. Ein solches Verhalten ist unangebracht und für uns unakzeptabel.
(Beifall bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Herr Klare, merken Sie nicht, dass Sie sich hier mit dieser Nummer lächerlich machen? - Wider- spruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie abschließend dringend, diesen gesellschaftlichen Prozess der Inklusion nicht durch vordergründige politische Absichten kaputtzuschlagen.
Ich bitte Sie, weiterhin in der Tradition des Konkordats zu arbeiten, wie es alle Ihre Vorgänger in Ihren Fraktionen und alle Vorgängerregierungen gemacht haben.
Wir als CDU-Fraktion werden mit dem Respekt vor dem Vertrag mit dem Heiligen Stuhl und in der guten Tradition dieses Hauses dem vorgelegten Gesetzentwurf heute zustimmen.