So verkommt dieser rot-grüne Antrag zu einem Antrag, in dem nicht wirklich Falsches drinsteht - das muss man sagen -, der jedoch letztendlich vollkommen inkonsequent ist, um nicht zu sagen: an dieser Stelle scheinheilig.
Es wurden Scheinargumente gebracht wie - ich zitiere -: Der Antrag der Linken sei ein Eingriff in die Tarifautonomie, oder der Antrag der Linken sei gar ein Angriff gegen das Grundgesetz oder die Verfassung. Dabei ist es eine Frechheit,
- es ist eine Frechheit, Frau Helmhold -, ein Kirchenprivileg über die grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit und das Streikrecht zu stellen,
die beide in jahrzehntelangen Kämpfen von der Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung erreicht worden sind.
Da macht es schon nachdenklich, wenn in dieser Eintracht, wie sie sonst selten gegeben ist, von den guten Arbeitsbedingungen und der guten Bezahlung in den kirchlichen Einrichtungen quer über die Fraktionsgrenzen hinweg - außer natürlich von uns - gesprochen wird. Dabei ist es doch gerade das Gegenteil dessen, warum sich die Beschäftigten mehr und mehr wehren, auf die Straße gehen und mittlerweile zusammen mit den Ärzten in Eintracht demonstrieren. Vielleicht ist es aber auch gerade ein Beleg dafür, wie Sie sich bereits von der Realität der Beschäftigten in der Pflege verabschiedet haben.
Wir Linke bleiben bei unserer Forderung nach der Abschaffung des sogenannten Dritten Wegs, für verbesserte Arbeitsbedingungen, für bessere Entlohnung, für die Einhaltung des Grundgesetzes, für mehr Qualität. Kurz: Wir sind für die Interessen der Beschäftigen und der Pflegebedürftigen, und Sie haben diese berechtigen Interessen wieder einmal zugunsten eines antiquierten Kirchenrechts aufgegeben. Das tut mir wirklich leid.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, die Worte und Ausführungen des Kollegen Humke haben sehr deutlich gemacht, wes geistige und politische Grundhaltung hier vorgetragen wird.
Ich muss sehr deutlich sagen, dass eine solche Position überhaupt nicht zu akzeptieren ist und dem bereits im Rahmen einer Kurzintervention deutlich entgegengetreten werden muss; denn es ist eine Unverschämtheit - um es sehr deutlich zu sagen -, sich hier hinzustellen und den Spruch zu bringen, dass die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Dienste der Kirche tätig sind, mit Füßen getreten werden. Das ist eine unglaubliche Aussage, die mit nichts und niemandem in Abstimmung überhaupt zu vertreten ist. Das ist üble Nachrede, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Von einer verfassungsrechtlich eindeutig geklärten Grundposition, nämlich der, dass es einen Dritten Weg gibt, weil es sich bei der Kirche im Sinne des Arbeitsrechts um einen Tendenzbetrieb handelt und weil sich jeder, der dort tätig wird, eben auch mit gewissen grundsätzlichen Positionen auseinandersetzen muss, die mit der allgemeinen arbeitsrechtlichen Wirkung in allen anderen Branchen und Bereichen nicht zu vergleichen sind, also von einem Kirchenprivileg zu sprechen, das eine Frechheit darstellt, ist aufs Schärfste zurückzuweisen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Diese Unverschämtheiten können wir uns eigentlich in diesem Hause nicht leisten. Sie machen auf der anderen Seite aber deutlich, wo die Linken in Wahrheit stehen.
Herr Präsident! Herr Böhlke, wir haben sehr deutlich gemacht, auf wessen Seite wir stehen und wes Geistes Kind wir sind: Wir stehen nämlich an der Seite der abhängig Beschäftigen, der Gewerkschaften und der Beschäftigten.
Das ist eindeutig der Fall. Die SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben diesen Weg in diesem Punkt verlassen; das muss man einfach konstatieren.
Herr Böhlke, ich muss Ihnen einfach mal sagen: Es ist verfassungsrechtlich absolut umstritten - und die Gerichte fangen an, entsprechende Urteile zu fällen; Herr Bsirske hat auf einer Kundgebung noch einmal auf entsprechende Urteile hingewiesen -, ob es möglich sein darf, dass Beschäftigte in ihrem Grundrecht auf Streik behindert werden, indem es verboten wird. Das ist mittlerweile klar gerichtlich geklärt.
Es ist auch nicht möglich, auf Dauer die Rechte von Beschäftigten in den Mitarbeitervertretungen einzuschränken. Das hat nichts mit einem Tendenzbetrieb zu tun. Die Partei DIE LINKE ist auch ein Tendenzbetrieb. Da gibt es einen anständigen Betriebsrat.
Dort werden auf der Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes Konflikte geklärt und nicht, wie es bei den Kirchen der Fall ist, mit reduzierten Rechten der Mitarbeitervertretung. Das müssen Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben. Das ist wirklich eine Unverschämtheit, was Sie hier bringen.
Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich eine Begrüßung vornehmen. Wir haben hier im Hause Besuch aus den USA, und zwar den Herrn Präsidenten Frederik Hansen, Vorsitzender Präsident des Plattduetsche Volksfest Vereen New York & New Jersey. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde in der Kürze meiner Redezeit vor allen Dingen über das Thema Einrichtung einer Pflegekammer sprechen. Herr Kollege Humke, aber nur so viel: Ich würde Ihnen empfehlen, an dieser Stelle doch verbal etwas abzurüsten.
Wir haben Ihnen im Ausschuss immer wieder deutlich gesagt, dass hier zum einen zwei Verfassungsrechte aneinanderstoßen und dass man das sauber abzuwägen hat und dass es zum anderen einem Landtag, einer Fraktion oder wem auch immer nicht ansteht, sich in Tarifangelegenheiten einzumischen; das ist ein ganz wichtiger Grundsatz, und wir gedenken, ihn einzuhalten.
Natürlich sind auch wir für bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte und für eine bessere Bezahlung von Pflegekräften. Nicht zuletzt deswegen haben wir einen Gesetzentwurf zur Errichtung einer Pflegekammer eingebracht. Denn dass es um die Pflege in Deutschland und in Niedersachsen schlecht bestellt ist, wird, glaube ich, niemand bestreiten, der die Vorgänge in der Pflege verfolgt: Fachkräftemangel, Arbeitsüberlastung, schlechte Arbeitsbedingungen und noch schlechtere Bezahlung haben dazu geführt, dass der Pflegeberuf längst kein Traumberuf mehr ist.
Pflegekräfte sind es aus der Vergangenheit gewohnt, dass mehr über sie geredet und bestimmt wird als mit ihnen. Auch aus diesem Grunde fordern sie seit Jahren eine Pflegekammer - so auch in Niedersachsen. Sie sind die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen, sind vielfältig qualifiziert und üben heute neue und ganz andere Aufgaben als früher aus.
Pflege hat heute eine eigene fachwissenschaftliche Grundlage. Die Pflegekräfte handeln gleichberechtigt mit Ärztinnen und Ärzten zum Wohle der Patientinnen und Patienten. Dennoch sind sie immer noch nicht gleichberechtigt mit den akademischen Heilberufen in den gesundheits- und sozialpolitischen Diskurs eingebunden und an entsprechenden Entscheidungen beteiligt.
Frau Kollegin, ich darf kurz unterbrechen. - Wir tagen jetzt eine knappe halbe Stunde. An sich müssten die Neuigkeiten zu Beginn der Plenarsitzung so weit ausgetauscht sein. Wer an dem Thema kein Interesse hat, der kann den Plenarsaal auch verlassen. Ich möchte, dass die Rednerin ungeteilte Aufmerksamkeit erhält. Wir fahren erst dann fort, wenn wieder Ruhe im Plenarsaal eingekehrt ist. - Bitte!
Das ist ja fast symptomatisch: verbale Aufgeschlossenheit gegenüber den Problemen der Pflege bei gleichzeitig gegenteiligem Verhalten in der Praxis, wenn es wirklich darauf ankommt.
Die Pflegenden weisen seit Jahren auf Missstände hin. Sie wollen endlich ihre Angelegenheiten in die eigene Hand nehmen, und es wird Zeit, dass der Gesetzgeber es ihnen ermöglicht. Niemand, meine Damen und Herren, wirklich niemand kann Pflege besser definieren und regulieren als die Pflegenden selbst. Sie wissen nämlich, wovon sie reden.
Die Landesregierung und auch die sie tragenden Fraktionen betonen bei jeder Gelegenheit, wie sehr ihnen die Pflege am Herzen liegt. Die Nervenbahnen, die letztlich zur Umsetzung dieser Herzensangelegenheit in praktisches Handeln führen würden, hat diese Herzensangelegenheit aber ganz offensichtlich noch nicht erreicht. Denn wie die Regierungsfraktionen und die Landesregierung mit den Pflegenden in den vergangenen zwei Jahren in Bezug auf die Einrichtung einer Pflegekammer umgegangen sind, ist - gelinde gesagt - unterirdisch.