Protocol of the Session on June 21, 2012

Es wurde auch die Frage der Akademiker angesprochen. Dazu gibt es ein Rechtsgutachten eines Juraprofessors. Der sagt: Es ist schlichtweg illegal, wenn Akademikerinnen und Akademiker über Monate hinweg umsonst ein Praktikum machen. Sie müssten eine Vergütung bekommen; denn das ist eine Arbeitsdienstleistung. Deswegen ist es auch juristisch in Ordnung, zu sagen: Wir bezahlen die Menschen, die einen fertigen Berufsabschluss haben, ordentlich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Wer soll das sein? Nennen Sie mal den Namen!)

Ich erteile jetzt Frau Kollegin Kohlenberg das Wort für eine Antwort. Bitte schön! Sie haben 90 Sekunden Zeit.

Herr Perli, ich glaube, dass wir eigentlich sehr weit auseinander sind. Sie gehen von vornherein davon aus, dass das eine Arbeitsleistung ist. Das behaupten Sie. Da unterscheiden wir uns bereits. Wissen Sie, wie viele es waren, die ein sechsmonatiges Praktikum gemacht haben? - Außerdem hieß es „bis zu sechs Monaten“. Das alles ist breit gespannt. Deshalb müssen Sie noch einmal nachgucken. Von den 165 waren es 16. Die haben ein Praktikum von bis zu sechs Monaten gemacht. Es können also auch nur vier Monate gewesen sein. Ich finde, dass Sie da schon ganz genau hinschauen müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Außerdem bleibe ich dabei: Grundsätzlich geht es nicht, dass sie eine Arbeitsleistung erbringen. Ich habe vorhin versucht, Ihnen darzustellen, dass das so nicht der Fall ist. Wir sind da völlig auseinander, und da werden wir auch nicht zusammenkommen. Sie können doch nicht denjenigen, die ein Studium abgeschlossen und den Wunsch haben, hier einmal hereinzuschauen, von vornherein sagen, dass das nicht geht. Vielleicht haben einige Ihrer Kollegen ein Praktikum in einer öffentlichen Verwaltung gemacht.

(Victor Perli [LINKE]: Das ist Ausbeu- tung!)

- Das ist Ausbeutung? Deswegen machen Sie es prinzipiell nicht. - Ach so! Dann ist es ja gut.

Also, Herr Perli: Wir kommen da nicht zusammen. Da haben wir völlig unterschiedliche Meinungen. Ich bin darüber enttäuscht, dass Sie das nicht eingeführt haben, als Sie z. B. in Berlin mitregiert haben. Da hätten Sie es doch einführen können. Das haben Sie aber nicht gemacht.

(Zuruf)

- Das hat doch damit nichts zu tun. Als Sie im Land Berlin mitregiert haben - Gott sei Dank tun Sie das jetzt nicht mehr -, haben Sie die Chance nicht ergriffen. Sie sollten sich einmal überlegen, wie das ist.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat sich der Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Klein.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir werden bei unserer Enthaltung aus dem Ausschuss bleiben; denn obwohl wir das Grundanliegen des Antrags der Linken durchaus nachvollziehen können, halten wir den Antrag selbst schlicht und einfach für zu dünn und undifferenziert.

Wahrscheinlich hätten wir uns vor ein bis zwei Jahren noch die Arbeit gemacht und einen Änderungsantrag geschrieben, der zwischen den Arten der Praktika, der Länge der Praktika, ihren Inhalten und den Anbietern unterscheidet. Wahrscheinlich hätten wir Regeln formuliert, mit denen ein Gestaltungsmissbrauch von Praktika verhindert wird, die in der Tat mitunter nichts anderes sind als eine moderne Form der Sklaverei und die mitunter den Tatbestand der Nötigung erfüllen.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist Unsinn, was Sie da sagen!)

- Das ist heute zum Teil so, Herr Nacke. Das können Sie gar nicht abstreiten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Ich weiß ja nicht, wie Sie Ihre Praktikanten bezeichnen? Was ist das für eine Wortwahl?)

- Wir behandeln unsere Praktikanten sehr vorbildlich. Daran können Sie sich sicherlich ein Beispiel nehmen.

(Jens Nacke [CDU]: Wie kommen Sie denn zu solchen Aussagen!)

Meine Damen und Herren, dank der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels geht die Generation Praktika Gott sei Dank dem Ende entgegen. Ich vermute, dass man sich nicht mehr hinter den fahrenden Zug werfen muss. Es ist absehbar, dass vergütungsfreie Praktikaplätze zukünftig nur noch besetzt werden können, wenn sie mit einem kräftigen Gewinn an verwertbarem Wissen, Vorteilen und Kontakten für die Praktikanten verbunden sind. Der Arbeitsmarkt wird zum Anbietermarkt, und damit werden sich die Möglichkeiten der Arbeitsuchenden deutlich verbessern.

Damit verlagert sich der Problemfokus für Praktika von der Forderung nach Fair Pay auf den Bereich von Fair Play. Das heißt für uns: Praktikumsstellen dürfen keine Vollzeitstellen ersetzen. Es muss klar sein, dass es sich um ein Lern- und nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt. Arbeitsanteile müssen selbstverständlich vergütet werden. Praktika sollten in der Regel nicht länger als drei Monate dauern. Zu einem fairen Praktikum gehören ein klarer Aufgabenbereich, ein eigener Arbeitsplatz und ein fester Ansprechpartner. Sinnvollerweise wird all das in einem speziellen fairen Praktikumsvertrag vereinbart.

Ob sich dieses Fairplay von allein aus der Marktsituation heraus entwickeln wird oder noch mit arbeitsrechtlichen Regelungen unterstützt werden muss, wie es der Kollege Brinkmann ja gefordert hat, werden wir in Zukunft aufmerksam beobachten, um dann entsprechend zu handeln.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist für die FDP-Fraktion der Kollege Grascha. Ich erteile Ihnen das Wort.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE] und Jens Nacke [CDU] führen ein Ge- spräch)

- Herr Kollege Nacke! - Einen kleinen Moment, Herr Grascha. Wir wollen sehen, ob diese Auseinandersetzung beendet werden kann, bevor Sie anfangen zu reden.

(Jens Nacke [CDU] - zu den GRÜ- NEN -: Ihr seid eine so unterirdische Fraktion geworden!)

- Herr Kollege Nacke, bitte nehmen Sie sich zurück! Wenn Sie sich jetzt echauffieren wollen, dann

gehen Sie bitte raus und klären das mit Herrn Klein. Dann ist das in Ordnung.

(Beifall bei der CDU - Jens Nacke [CDU]: Ich habe ihn doch gefragt!)

Jetzt hat der Kollege Grascha das Wort. Bitte sehr!

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Entschließungsantrag geht es um Praktika in der Landesverwaltung. Das nur noch einmal zur Klarstellung; denn die drei Wortbeiträge der Oppositionsfraktionen haben hier den Eindruck erweckt, als gehe es hier grundsätzlich um Praktika. Nein, es geht um Praktika in der Landesverwaltung.

Ein Weiteres zur Klarstellung: Praktika sind keine Zwangsarbeit. Es wird ja niemand dazu gezwungen, sich bei der Landesverwaltung zu bewerben und ein Praktikum aufzunehmen, sondern das alles geschieht auf freiwilliger Basis. Das muss man immer hinzufügen. Nach der Definition des Begriffes „Praktikum“ handelt es sich hierbei nicht um eine unentgeltliche Arbeit, wie es hier der Kollege Perli zu suggerieren versucht hat, sondern es handelt sich dabei um die Aus- und Weiterbildung von Menschen in unserem Land.

Herr Kollege Grascha, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Adler?

Herr Adler, bitte schön!

Da Sie gesagt haben, dass Praktika freiwillig sind, möchte ich Sie bitten, sich einmal in die Situation eines Praktikanten zu versetzen, der nach Abschluss seines Studiums einen Einstieg in das Berufsleben finden will, aber keinen Arbeitsplatz findet und sich unter dem Druck der Verhältnisse gezwungen sieht, ohne Geld im Praktikum zu arbeiten. Natürlich würde er es nicht machen, wenn er anderswo Geld bekäme. Das macht er doch nur aus der Not heraus, und diese Not wird ausgenutzt. Das ist unser Vorwurf.

(Beifall bei der LINKEN)

Lieber Kollege Adler, wenn sich jemand in der Situation befindet, dass er nach seinem Studium keinen Arbeitsplatz bekommt, dann ist es doch allemal besser, wenn er unentgeltlich Berufserfahrung sammelt und neue Einblicke gewinnt, als wenn er stattdessen zu Hause sitzt. Von daher war auch der Beitrag von Herrn Perli sehr, sehr weit weg von der Realität.

Die Antwort auf eine Kleine Anfrage von zahlreichen Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/4666 hat es zutage gebracht. Eigentlich hat sich dieser Antrag mit der Antwort auf diese Kleine Anfrage erledigt. Nichtsdestotrotz beraten wir ihn heute.

Ein Praktikum ist ein nützliches Angebot für junge Menschen, um erste Erfahrungen im Berufsleben zu sammeln. Genauso ist es bei Praktika in der Landesverwaltung. Es geht darum, dass junge Menschen einen Einblick in die Arbeit der niedersächsischen Verwaltung bekommen. Es steht keine Pflicht zur Arbeitsleistung dahinter, sondern es geht darum, Einblicke zu gewinnen und erste Erfahrungen zu sammeln. Das hilft natürlich auch im weiteren Berufsleben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es geht auch nicht darum, dass reguläre Arbeitsplätze mit Praktikanten besetzt werden, sondern darum, dass diese Angebote zusätzlich unterbreitet werden. Ich habe darauf gewartet, Herr Perli, dass Sie in Ihrem Beitrag einmal ein Beispiel dafür anführen, bei dem es tatsächlich einmal vorgekommen ist, dass ein regulärer Arbeitsplatz besetzt worden ist. Ein solches Beispiel haben Sie aber nicht gebracht. Da war Fehlanzeige.

Aufgrund des demografischen Wandels - darauf ist Frau Kollegin Kohlenberg schon eingegangen - und des Fachkräftemangels kann gerade durch diese Plätze, diese zusätzlichen Qualifikationen und diese zusätzlichen Erfahrungen, die man sammeln kann, etwas Positives gegen den Fachkräftemangel getan werden. Sie haben in einem Redebeitrag zu einem anderen Tagesordnungspunkt bestritten, Herr Perli, dass es so etwas überhaupt gibt. Das zeigt, wie weit weg Sie von der Realität sind.

Kurz und gut kann man sagen: Das, was Sie hier beschrieben haben, dass nämlich eine Ausbeutung und ein Missbrauch stattfinden, trifft nicht zu. Die Vorwürfe, die Sie hier auf den Tisch gelegt haben, sind lächerlich; denn sie entsprechen in

keinster Weise der Realität. Von daher bleibt uns nur, diesen Antrag abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das entspricht Ihrer Realitätssicht!)

Jetzt liegt mir noch die Wortmeldung des Herrn Innenministers vor. Herr Minister, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön!