Protocol of the Session on June 20, 2012

Im Oktober 2009, lieber Herr Klare, haben wir hier den Beschluss gefasst, die Landesregierung möge prüfen, ob man nicht auf das Modell des Ein-FachLehrers oder der kleinen Fakultas zurückgreifen könne, um mehr Musiklehrer zu gewinnen. Aber erst zum kommenden Wintersemester wird hier in Hannover an der Uni und an der Musikhochschule ein erster Studiengang mit der kleinen Fakultas starten. Das heißt, Sie haben drei Jahre verschenkt, um den Musiklehrermangel zu beheben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Erst vor zwei Jahren haben Sie an Haupt- und Realschulen die Anzahl der Unterrichtsstunden in den musischen Fächern gekürzt. Was Sie vorne mit dem Programm „Wir machen die Musik“ aufbauen, reißen Sie hinten bei den Schulen wieder ein. Das „Musikland Niedersachsen“ ist ein Versprechen, das Sie an den Schulen nicht einlösen können.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Im Grund- schulbereich eine Stunde mehr!)

Dabei ist und bleibt die Schule der einzige Ort, an dem Sie wirklich alle Kinder erreichen können, was - an dieser Stelle habe ich eine andere Einschätzung als die Kollegin Behrens - den Musikschulen nicht immer gelingt.

Deshalb, werte Kollegen von CDU und FDP, besteht überhaupt kein Grund zum Jubeln. Im Ländervergleich haben wir noch jede Menge aufzuholen. Den Ton geben andere an, aber bestimmt nicht Niedersachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, für die FDP-Fraktion spricht nun Frau von Below-Neufeldt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Freiheit, Freiheit ist das einzige, was zählt“ - dieses Lied ist für mich für immer mit dem Fall der Berliner Mauer verbunden. Das Motto „Freiheit“ haben nun auch die 25. Niedersächsischen Musiktage in Duderstadt gewählt. - Sind Sie eigentlich schon angemeldet? - Ich finde, dieses Motto passt wunderbar zu Duderstadt; denn Duderstadt liegt an der ehemaligen innerdeutschen Grenze mit mehr als 1 000 Toten durch den dort nicht nur vorhandenen, sondern auch gelebten Schießbefehl. Genau deshalb ist Duderstadt ein guter Ort für diese Musiktage zum Thema Freiheit. - Ich bin übrigens angemeldet.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Festival in Duderstadt ist eines von 100 Festivals mit ungefähr 450 000 Besuchern aus nah und fern, mit Besuchern aus dem In- und Ausland. Diese Art von Festivals macht Niedersachsen nicht nur für die niedersächsischen Bürger, sondern auch für Touristen höchst attraktiv.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Kultur macht attraktiv. Niedersachsen ist ein Land mit vielen Landschaften und einer großen kulturellen Vielfalt. Musik gehört ganz untrennbar dazu. Niedersachsen gibt den Ton an - wir machen die Musik. Herr Hillmer, ich hatte genau die gleiche Assoziation wie Sie: Das wäre ein prima Wahlslogan für unsere erfolgreiche Landespolitik.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, „Wir machen die Musik!“ heißt in Zahlen: etwa 450 000 Laienmusiker

im ganzen Land. Das „Musikland Niedersachsen“ hat den Anspruch an eine systematische und nachhaltige Musikförderung. „Musikland Niedersachsen“ ist eine Bildungsinitiative des Landes Niedersachsen. Institutionell und projektbezogen wurden hier z. B. schon 2010 6,5 Millionen Euro vom Land eingesetzt. Das kann doch nur positiv bewertet werden, und insofern habe ich hier eine völlig andere Wahrnehmung als Sie, Frau Dr. Heinen-Kljajić.

„Wir machen die Musik“ - das ist der Kern der Botschaft. Wir wollen möglichst viele Menschen erreichen. Wir wollen Menschen für Musik begeistern und ihnen den Zugang zur Musik eröffnen. Wir wollen sie Musik erleben lassen und ihnen die Möglichkeit geben, Musik selbst zu machen. Denn eines kann doch schließlich jeder, nämlich singen. Deswegen hat Mitmachen eine ganz gute Voraussetzung.

Meine Damen und Herren, der Kulturbericht 2010 war eine Basis und enthielt eine Bestandsaufnahme. Heute wird Kulturpolitik des Landes völlig neu gedacht: Kulturentwicklungskonzept - KEK - ist das Stichwort. Die Politik setzt den Rahmen, ist aber genauso wenig Akteur wie der Staat. KEK heißt, mit kompetenten Partnern das Entstehen von regional geprägten kulturellen Entwicklungen zu fördern. Außerdem wird - und nun kommt die Wissenschaft ins Spiel - ein Kulturmonitoring erstellt. Ende 2013 wird erstmalig bilanziert. Das ist ein neuer und aufwendiger Weg, aber er überzeugt mich; denn er zeigt Verantwortung und fordert Engagement und Bürgernähe sowie Bürgerinitiative.

Ja, meine Damen und Herren, Initiative ist gefordert. Besonders Kindern und Jugendlichen soll der Zugang zu musikalischer Bildung ohne großen eigenen Kostenaufwand ermöglicht werden. Es ist wunderbar, dass sich so viele Ehrenamtliche im Bereich Musikbildung engagieren, aber selbstverständlich auch die Kirchen, die Kommunen und viele andere Sponsoren. Ihnen allen sage ich an dieser Stelle sehr herzlichen Dank.

Musik macht Spaß. Das Konzept „Klasse! Wir singen“ nahm seinen Anfang in Braunschweig und wurde zu einer landesweiten Veranstaltung für Tausende von Kindern. Musik fördert nicht nur die kreativen Sinne, sondern auch das Denkvermögen, die Gedächtnisleistung, das räumliche Denken und mathematische Fähigkeiten. Das wissen inzwischen alle, die sich mit dem Thema befassen.

Musik ist wichtig, deswegen ist auch Musikbildung wichtig.

Musik ist auch attraktiv, gerade für junge Menschen. Das ist gut. Umso besser ist, dass das Kultusministerium, der Landesmusikrat und das MWK das Programm „Hauptsache: Musik“ initiierten. Es erreicht viele Kinder - ob arm, ob reich, ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Ungefähr 800 000 Kinder machen schon mit. Das ist doch ein Erfolg!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Musikland Niedersachsen geht gute und richtige Wege, die ausgesprochen vielseitig sind. Ich kann aus Zeitgründen nicht alle Initiativen und Angebote aufzählen, möchte aber zumindest den Praetorius-Musikpreis nennen.

Für die Schul- und Kindergartenausbildung finden in Kooperation verschiedener Akteure diverse wichtige Initiativen statt. Niedersachsen ist breit und gut aufgestellt, es bedarf aber auch der Zusammenarbeit mit vielen Akteuren bei diesem wichtigen Thema. Ich danke nochmals allen Akteuren, die sich so gut für das „Musikland Niedersachsen“ engagieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt Herrn Kollegen Perli für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

(Wilhelm Hogrefe [CDU]: Kann der denn singen? - Karl-Heinz Klare [CDU]: Wie heißt noch mal das Lied der Kommunisten?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe CDU, „Niedersachen gibt den Ton an“ - Sie sind ja lustig! Das letzte Mal, als der Ministerpräsident den Takt angegeben hat, ist die gesamte Regierungsmannschaft im Zwischenahner Meer untergegangen.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in diesen Tagen feiert sich die Musik, nicht nur in Niedersachsen, sondern weltweit. Morgen jährt sich zum 30. Mal die Fête de la Musique, die, ursprünglich aus Paris kommend, inzwischen in mehr als 340 Städten weltweit immer zum Sommeranfang gefeiert wird, darunter mehr als 60 in Europa und zwei Dutzend

in Deutschland. Zu hören gibt es Musik aller Stilrichtungen: für das Publikum gratis, dank all der Musiker, Bands, Orchester, Chöre, Solisten und DJs, die an diesem Tag ohne Honorar auftreten. Hier wird Musik als globales Ereignis inszeniert, das weder Grenzen noch Nationen kennt. Auch rund um den Niedersächsischen Landtag sind Bühnen aufgebaut. Bereits am Wochenende fanden der Tag der Musik des Deutschen Musikrates und in diesem Zusammenhang auch der Musikschultag statt.

„Wir machen die Musik“ - das ist das Musikalisierungsprogramm der niedersächsischen Musikschulen für Kinder. Das ist eine feine Sache, um Kinder früh mit Musik in Verbindung zu bringen und ihnen Spaß am Instrument zu vermitteln.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber, meine Damen und Herren, dass sich die CDU mit ihrer bekanntermaßen ego- und staatszentrischen Haltung selbst dafür feiern will, dass wir engagierte Musiklehrerinnen und Musiklehrer haben, geht eindeutig zu weit.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir hier über Kulturförderung im Allgemeinen und über ein Musikalisierungsprogramm im Besonderen reden, so kann das Ergebnis doch nur lauten, dass wir tolle Musikerinnen und Musiker haben - nicht wegen dieser Landesregierung, sondern trotz dieser Landesregierung.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer steht denn bei der Kulturfinanzierung auf dem letzten Platz in Deutschland? - Das ist das Land Niedersachsen! Wer raubt unseren Kommunen die Luft zum Atmen und zwingt zu massiven Kürzungen, denen immer häufiger Kulturangebote zum Opfer fallen? Wer weigert sich, anzuerkennen, dass der Kauf teurer Musikinstrumente immer noch eine Barriere ist, die Kinder aus finanzschwachen Haushalten benachteiligt?

(Beifall bei der LINKEN)

Wer weigert sich, den Ausbau eines qualifizierten Ganztags mit verlässlichen und verbindlichen Angeboten für Schulen und Kitas zu unterstützen? - Das ist doch diese Landesregierung! Sie hat das alles zu verantworten, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

Nein, nein, es sind die Musikerinnen und Musiker in diesem Land, die die Musik machen, es ist nicht diese Landesregierung.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie, Herr McAllister und Frau Wanka, sind für den Krach bekannt, für Paukenschläge wie einen versemmelten JadeWeserPort, verschluderte Fördermillionen für Duzfreunde, menschenfeindliche Abschiebungen. Niedersachsen ist Schlusslicht bei der Krankenhausfinanzierung, Sie machen die Ohren zu bei den Fakten gegen die Endlager Gorleben und Konrad. Bei den Studiengebühren ist Niedersachsen längst Gebühreninsel. Das sind die Misstöne, die wir von Ihnen kennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, deshalb ist es Zeit, das Orchester zu wechseln. Der Schlussakkord steht an. Ihr Finale furioso wird am 20. Januar sein. Ich kann Ihnen eines sagen: Es gibt in diesem Landtag eine Fraktion, die so musikalisch ist wie sonst keine. Unter uns zehn Abgeordneten haben wir Sängerinnen, Tänzer, Gitarristen und Trommler.

(Zuruf von der SPD: Das sieht man gar nicht! - Björn Thümler [CDU]: Was haben Sie davon?)

Wir wissen, wie wir die Verhältnisse zum Tanzen bringen. Wir machen den Rock’n Roll der sozialen Gerechtigkeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)