Protocol of the Session on March 22, 2012

Sie könnten dem Konzern Grenzen aufzeigen, wenn sie tatsächlich wollten. Stattdessen werden wir heute aber wahrscheinlich wieder Oppositionsschelte erleben. Ich möchte hier feststellen, dass

ich an erster Stelle erwarte, dass die Regierungsfraktionen und die Regierungen handeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Strategie der Regierungsfraktionen, wenn es um das Problem der Werra- und Weserversalzung geht, besteht seit Jahren darin, Aktivitäten vorzutäuschen und sich um Lösungen herumzudrücken. Auszusitzen und mit dem Finger auf Hessen zu zeigen, reicht aber nicht aus.

Gleiches gilt für die Landesregierung. Seit der damalige Umweltminister Sander seinen hessischen Amtskollegen in Golmbach auf dem Sofa mit Erdbeeren gefüttert hat, ist nichts weiter passiert. Butterweich hat sich das Umweltministerium beim Land Hessen beschwert. Die Klage der Kommunen gegen die weitere Einleitung wurde nicht unterstützt. Das Land hat sich zwar am runden Tisch beteiligt, hat aber gegen die niedersächsischen Weseranliegerkommunen agiert und letztlich die Beschlüsse des runden Tisches gemeinsam mit K+S abgelehnt.

Die Handlungsmaxime der Regierung in dieser Sache war und ist: Hessen soll die Probleme lösen. Ihre Ablehnung der Beschlüsse des runden Tisches ist ein bemerkenswerter Vorgang. Er zeigt, wie Ihre Haltung gegenüber solchen Instrumenten der Bürgerbeteiligung aussieht.

Der runde Tisch „Gewässerschutz Werra/Weser und Kaliproduktion“ - so der vollständige Name - war ein Beteiligungsprojekt, das wir anfangs skeptisch gesehen haben, natürlich auch, weil es von K+S finanziert wurde. Die Arbeit dieses runden Tisches hat dann aber überzeugt, und es wurde nach den besten Lösungen gesucht. Es wurde kein Aufwand, kein Gutachten gescheut, und niemand hat grundsätzlich die Arbeitsplätze bei K+S infrage gestellt - im Gegenteil. Aber: Es bedarf Lösungen, die über den Tag hinaus tatsächlich geeignet sind, die Probleme zu beseitigen.

Fakt ist, dass die Weser heute als Kanal für das Kalisalz fungiert und dass diese Lauge am Ende in der Nordsee landet. Fakt ist auch, dass die Halden in Hessen noch 700 Jahre lang Salzlaugen produzieren. Fakt ist auch, dass der Plattendolomit als Lösung ausscheidet. Von daher gilt es, an erster Stelle - da bin ich ganz bei Herrn Schminke - eine maximale Vermeidung vor Ort zu gewährleisten. Das, was heute technisch möglich ist, muss vor Ort gemacht werden. Das muss jetzt durchgesetzt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann reden wir nur noch über die Reste, die technisch nicht vermeidbar sind.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Hocker von der FDP-Fraktion. Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal darf ich zum Ausdruck bringen, dass ich mich darüber freue, dass es nach so langen Beratungen einen gemeinsamen Antrag von CDU, SPD und FDP gibt. Ich freue mich darüber, weil es ausdrücklich um niedersächsische Interessen geht. Ich meine, Herr Kollege Wenzel, da kann das Parteibuch in der Schublade bleiben; denn hier stehen andere Dinge im Vordergrund. So sehe zumindest ich es, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP)

Die Niedersachsen tragen die Hauptlast infolge der Kalieinleitungen in die Werra und später in die Weser und letztendlich auch in das Weltnaturerbe Wattenmeer. Deshalb wäre es meiner Meinung nach eigentlich nur fair - ich bin aber kein Jurist -, wenn Niedersachsen in künftigen Genehmigungsverfahren ein gehöriges Wort mitsprechen könnte. Deswegen ist es für mich eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass wir dabei mitsprechen können, meine Damen und Herren. Daher ist es auch richtig, dass wir in unserem Antrag formuliert haben, inwiefern bei künftigen Genehmigungsverfahren die niedersächsische Stimme gehört werden kann und auch gehört werden muss.

Ich glaube, dass das Problem der Salzabwässer dort gelöst werden muss, wo es entsteht, und zwar beim Verursacher. Deswegen ist es wichtig, dass die Firma K+S endlich eine Salzminderungsstrategie umsetzt und ein Salzminderungsmanagement auf den Weg bringt. Ich würde mich sehr freuen und hoffe, dass sich auch die Grüne-Landtagsfraktion noch dazu durchringen kann, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen, weil es hier um niedersächsische Interessen geht.

(Beifall bei der FDP)

Die Pipeline-Lösung, die Sie, Herr Kollege Wenzel, schon seit Jahren propagieren, ist in Wahrheit keine Lösung; denn eine Pipeline würde dazu führen, dass die Halden, die es jetzt schon gibt, nahezu unkontrolliert abgetragen werden können. Das ist nicht die Lösung vor Ort, für die Sie sich selbst ausgesprochen haben. Dieser Salzlaugentourismus, dieser Salzlaugenexport direkt in die Nordsee ist für uns keine Lösung. Ich hoffe, dass Sie diese Position im Laufe der Verhandlungen noch aufgeben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Wenzel, Sie haben sich in den vergangenen Monaten in der Diskussion um die Kürzungen in der Fotovoltaikbranche vor den Karren der Industrie spannen lassen. Ich kann Ihnen nur sagen: Begehen Sie den gleichen Fehler nicht auch noch bei der Firma K+S!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Das sagt ein FDPler!)

Das Wort hat jetzt Herr Herzog für die Fraktion DIE LINKE. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Schutz der Umwelt sowie eine bessere Verwertung der Rohstoffe müssen bei der Kaliproduktion oberste Priorität haben. Es ist deshalb außerordentlich wichtig, vor diesem Hintergrund nochmals eindrücklich niedersächsische Interessen ins Spiel zu bringen. Es ist absolut nicht hinzunehmen, dass die Länder Thüringen und Hessen eine Politik durchsetzen wollen, in der Niedersachsen trotz aller Betroffenheit überhaupt nicht vorkommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Die vom Niedersächsischen Landtag beschlossene Forderung an den Weltkonzern Kali und Salz zur Umsetzung der besten verfügbaren Technik wird dabei weiterhin genauso missachtet wie die Absage an eine Einleitung der Salzabwässer in die Nordsee. Da macht der runde Tisch leider keine Ausnahme. Insofern muss jetzt in der Tat der Rechtsweg beschritten werden, um die niedersächsische Teilnahme zu erstreiten und die andauernden Verstöße gegen deutsches Umweltrecht und die Europäische Wasserrahmenrichtlinie zu beenden.

Meine Damen und Herren, es bleibt dabei: Nur eine umwelt- und ressourcenschonende Kaliproduktion kann die Arbeitsplätze im thüringischhessischen Kalirevier längerfristig sichern.

(Beifall bei der LINKEN)

Für uns Linke ist diese soziale Forderung von der ökologischen nicht zu trennen. Nur eine solche Kaliproduktion kann sich als nachhaltig bezeichnen. Die Trinkwasser schädigende Laugenversenkung in den Untergrund ist zu beenden, die Einleitung in Werra und Weser ebenso. Statt weiterer Aufhaldung müssen Produktionsabfälle unter Tage eingebaut werden. 2 Millionen m3 Haldenabwässer jährlich, die im Untergrund oder in Flüssen landen, passen einfach nicht mehr in die Zeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Es reicht auch nicht, den Teufel im Interesse von K+S mit dem Beelzebub auszutreiben und nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ eine mindestens 500 Millionen Euro teure Pipeline durch das Land zu ziehen, deren Funktionsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Finanzierung übrigens höchst strittig sind. Mittels Eindampfen flüssiger Salzabfälle können zudem wertvolle Rohstoffe zurückgewonnen werden. Durch die Abkehr von versatzlosen Abbauverfahren kann die Nutzung der wertvollen Ressource Kali um mindestens 30 % verbessert werden.

Meine Damen und Herren, die Verdienste des engagierten Kollegen Schminke sind unstrittig. Aber mir ist durchaus bewusst, dass es für eine CDU-geführte Niedersächsische Landesregierung und ein FDP-geführtes Umweltministerium gar nicht so einfach ist, den Parteikollegen in Hessen und Thüringen in die Parade zu fahren. Umso lobenswerter ist an dieser Stelle bisher eine klare Furche. Das sage ich auch ausdrücklich in Richtung der Kollegin Körtner.

Auch die Einbeziehung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie in die Argumentation gegen die Salzverklappung findet unsere absolute Zustimmung,

(Beifall bei der LINKEN)

dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der Vergangenheit eine nachhaltige ganzheitliche Denkweise durchaus nicht immer dominiert hat. Ich erinnere in diesem Zusammenhang z. B. an unsere Auseinandersetzung um die Eutrophierung der Flüsse und Küstengewässer durch zu hohe Stickstoffeinträge.

Also: Weiter so! Wir stimmen diesem Antrag zu. Natürlich stünden wir auch drunter, wenn es nicht immer noch den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU gäbe.

(Beifall bei der LINKEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist kindisch!)

Für die CDU-Fraktion spricht jetzt die Kollegin Körtner. Bitte sehr, Frau Körtner!

Danke schön. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 20. Januar - der Kollege Schminke und die Vorredner haben darauf hingewiesen - hat der Niedersächsische Landtag in großer Gemeinsamkeit - natürlich ohne die Grünen - klar und unmissverständlich Position zu den schädlichen Salzeinleitungen in Werra und Weser durch die Firma Kali und Salz bezogen und Forderungen gestellt.

Dass dieses Einfordern unserer niedersächsischen Interessen bei den Kaliabbauländern Thüringen und Hessen und vor allem bei K+S selbst nicht auf offene Ohren stoßen würde, war uns klar. Klar war uns auch, dass unsere niedersächsischen Möglichkeiten durchaus begrenzt sind. Das kann eigentlich nur jemand mit einer sehr schmal segmentierten Weltsicht und Realitätssicht derart anders sehen. Wir sind nicht Genehmigungsbehörde. Von daher ist das klar.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber, meine Damen und Herren, dass unser beharrlicher Kurs, den auch die Landesregierung am sogenannten runden Tisch konsequent und engagiert vertritt, nämlich abzulehnen, nicht nur wahrgenommen wird, sondern Wirkung zeigt, sieht man auch daran, dass Kali und Salz nicht mehr uneingeschränkt seine Anträge genehmigt bekommt. Bisher folgte die Genehmigungsbehörde Hessen jedem Antrag von Kali und Salz. Jetzt hat das Regierungspräsidium in Kassel die Versenkerlaubnis und die Gesamtmenge der Salzabwässer erstmals entgegen den Anträgen von Kali und Salz drastisch begrenzt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch die zuständige Fachbehörde in Thüringen hatte endlich einmal das Kreuz - man kann auch sagen: den Hintern in der Hose -, zu sagen: Jetzt ist Schluss! Es gibt mit uns keine weiteren Grundwasser schädigenden Verpressungen in den Un

tergrund! - Man sieht also, dass die vielfältigen Interventionen und Proteste nicht ohne Auswirkungen auch auf einen Marktgiganten wie Kali und Salz geblieben sind. Deshalb ist es auch so wichtig, dass aus dem Niedersächsischen Landtag hier und heute das Signal ertönt „Mit uns nicht!“, und zwar in großer Geschlossenheit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir wollen keine schädlichen Einleitungen in unsere Flüsse. Wir lehnen Maßnahmen mit einseitiger Fokussierung auf die Unterlieger entschieden ab. Eine Verlagerung der Salzeinleitungsstelle von der Werra in die Weser kommt für uns nicht in Frage. Und, meine Damen und Herren, natürlich lehnen wir die von den Grünen nach wie vor favorisierte Ewigkeitspipeline, die Leitung in die Nordsee, mit aller Entschiedenheit ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Denn die Kaliabwässer von Kali und Salz weisen im Vergleich zum Nordseewasser zehn- bis zwölfmal höhere Anteile an Kalium und Magnesium auf. Das ist Fakt. Insbesondere Kalium und Magnesium aber wirken in derart überhöhten Konzentrationen toxisch auf die Meeresumwelt, insbesondere auf die Muscheln und auf Wattorganismen.

Die Grünen beziehen sich immer in einer Art Alibifunktion auf den runden Tisch und sagen: Na ja, die wollen das auch. - Aber was ist denn der runde Tisch? - Er ist eine Stiftung, die von Kali und Salz und den Ländern Hessen und Thüringen getragen und finanziell ausgestattet wird. Die Gutachten des runden Tisches werden alle von Kali und Salz bezahlt. Insbesondere die Grünen, Herr Wenzel, mit ihrer zarten Seele und Befindlichkeit rufen nach neutralen Gutachten, wenn es um andere Bereiche geht - ich nenne Asse und Gorleben. Hier, wo die Gutachten, auf die Sie sich beziehen, sogar von Kali und Salz bezahlt werden, hängen Sie sich ein.